Das Problem hat meiner Auffassung nach auch eine sozialkulturelle Wurzel: selbst wenn sie als Soldat besser verdienen würden, und nicht per se gegen Krieg und das Soldatsein sind, entscheiden sich viele gegen diesen Beruf, schlicht und einfach weil sei die Bundeswehr selbst ablehnen. Das sind gar nicht so wenige. Die würden kämpfen, wären die Umstände andere und ums Geld geht es also auch nicht.
Und dazu kommt noch meiner Ansicht nach die Frage der langfristigen Perspektive: die heutigen jungen Männer suchen nach einer langfristigen Perspektive und langfristiger Berufssicherheit. Und exakt diese kriegen sie bei der Bundeswehr in Wahrheit nicht geboten und insbesondere nicht in den unteren Dienstgraden.
Und exakt deshalb fehlen SaZ. Denn das ganze SaZ Konzept ist schon an sich das Problem. Wir haben keine echte Berufsarmee, sondern eine Freiwilligen-Armee, daraus resultiert ein Gros der aktuellen Probleme.
(10.02.2025, 07:22)alphall31 schrieb: [ -> ]Wenn ich in den EP14 schaue gibt es kein Personalproblem.
Selbstverständlich gibt es ein Personalproblem. Das Durchschnittsalter der Truppe ist zu hoch, und die höheren Dienstgrade sind überrepräsentiert.
(10.02.2025, 07:22)alphall31 schrieb: [ -> ]Wie sollten Wehrpflichtige denn das Personalproblem lösen wenn uns SaZ fehlen ? Natürlich entscheiden sich aus der Wehrpflicht heraus immer einige zu verlängern . Aber wenn sich jeder zehnte oder fünfzehnte entscheidet Saz zu werden ist das Verfahren ziehmlich kostspielig.
Die Wehrpflicht leistete seinerzeit einen spürbaren Beitrag zur Personalgewinnung. Und was die Kosten anlangt, sind noch andere Vorteile in Rechnung zu stellen, v.a. das Hervorbringen einer Personalreserve. Daran scheitern die meisten Berufsarmeen.
(10.02.2025, 07:22)alphall31 schrieb: [ -> ]Mit Demokratie brauch man keinem mehr kommen nachdem was hier geboten wird in letzter Zeit..
Soso.
Der Witz ist ja, dass der Soldatenberuf seit 2022 an Ansehen gewonnen hat, weil wieder mehr Menschen im Bewusstsein haben, dass Demokratie und Freiheit auch von Außen bedroht sein können. Letztes Jahr gab es laut Pistorius 15% mehr Bewerber bei der Bundeswehr. Es reicht halt nur nicht, um dorthin zu kommen, wohin Gesellschaft und Armee kommen müssen.
Meines Eindrucks nach war die Karrierepyramide der BW lange Zeit von unten nach oben prinzipiell so aufgebaut (die Zahlen sind nur beispielhaft da sehr variabel):
Aus 12 WDL wurden 4 als SAZ gewonnen.
Aus 4 SAZ wurde 1 zum BS ernannt.
Bei rund 200.000 WDL im Jahr 1990 bzw. 150.000 WDL im Jahr 2000, war der Kreis der Interessenten zur Weiterverpflichtung wesentlich höher als bei den knapp 10.000 FDWL im Jahr 2024.
Und jetzt kommt das Hauptargument was gegen eine Berufsarmee spricht:
Aus diesen Bewerberpool konnte eine Auslese der Willigen betreiben werden.
Gerade dass SAZ-Modell hat doch dann für die BW und den Soldaten den Vorteil, dass man sich nur zeitlich befristet bindet. Wenn es für beide Seiten passt, wird die Dienstzeit verlängert oder es folgt sogar die Ernennung zum BS.
Dabei war es auch früher schon so: Wer eine andere (zivilberufliche) Perspektive hatte, von der BW die Nase voll hatte oder gänzlich ungeeignet war schied im Regelfall nach dem Ende der festgesetzten Dienstzeit aus der BW aus.
Wenn ich mir die heutigen Zahlen so anschaue so habe ich den Eindruck, dass überproportional viele SAZ zum BS ernannt werden. Die Gründe sind im Prinzip selbsterklärend. Ich bin mir nicht sicher, ob jene Kameraden auch zu früheren Zeiten BS geworden wären.
Als Resultat dieses Systems bleiben zuviele Häuptlinge auf zu wenig Indianer, Dienstgradinflation, mangelnde Perspektive/ Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb der Verwendung und die Frustration des Einzelnen. Dieses Problem scheint aber auch auf einige Polizeien zuzutreffen:
In Bundesbehörden : Jedes Jahr wollen 1000 Beamte nicht mehr Beamte sein
Zitat:In Bundesbehörden : Jedes Jahr wollen 1000 Beamte nicht mehr Beamte sein
Unkündbar im Staatsdienst, die Versorgung gesichert – dennoch verzichten viele freiwillig auf ihren Beamtenstatus. Ihre Zahl steigt seit einigen Jahren. Bundespolizei und Zoll sind besonders betroffen.
Hier könnte die Wiedereinführung des PVB auf Zeit gerade der Lösungsansatz sein.
Grundsätzlich werden sich die Personalprobleme sowohl hier als auch dort nicht durch eine höhere Besoldung lösen lassen.
Zitat: Der Witz ist ja, dass der Soldatenberuf seit 2022 an Ansehen gewonnen hat, weil wieder mehr Menschen im Bewusstsein haben, dass Demokratie und Freiheit auch von Außen bedroht sein können. Letztes Jahr gab es laut Pistorius 15% mehr Bewerber bei der Bundeswehr. Es reicht halt nur nicht, um dorthin zu kommen, wohin Gesellschaft und Armee kommen müssen
Vom Bewerber bis zum Soldaten ist schon noch ein Stück . Sonst hätten wir nicht sinkende zahlen monatlich
Die Reichswehr genoss großes Ansehen in Folge dessen man sich vor bewerbern kaum retten konnte. Was ist das Ansehen heute also noch wert?
Zitat: Die Wehrpflicht leistete seinerzeit einen spürbaren Beitrag zur Personalgewinnung. Und was die Kosten anlangt, sind noch andere Vorteile in Rechnung zu stellen, v.a. das Hervorbringen einer Personalreserve. Daran scheitern die meisten Berufsarmeen.
Personalreserve zieht man auch aus SaZ.
Zitat: Selbstverständlich gibt es ein Personalproblem. Das Durchschnittsalter der Truppe ist zu hoch, und die höheren Dienstgrade sind überrepräsentiert.
Alter und DG haben nichts mit Personalproblem zu tun . Personalproblem besteht wenn die im Haushalt vorgesehen stellen relevant abweichen zu den besetzten Stellen. Auf politischer Ebene wird anders gerechnet.
(10.02.2025, 09:43)Garten-Grenadier schrieb: [ -> ]Meines Eindrucks nach war die Karrierepyramide der BW lange Zeit von unten nach oben prinzipiell so aufgebaut (die Zahlen sind nur beispielhaft da sehr variabel):
Aus 12 WDL wurden 4 als SAZ gewonnen.
Aus 4 SAZ wurde 1 zum BS ernannt.
Bei rund 200.000 WDL im Jahr 1990 bzw. 150.000 WDL im Jahr 2000, war der Kreis der Interessenten zur Weiterverpflichtung wesentlich höher als bei den knapp 10.000 FDWL im Jahr 2024.
Korrekt. Das BMVg hat mehrmals in Karlsruhe recht unverblümt erkennen lassen, dass sich die Einziehungspraxis der späten Nullerjahre mit den erwarteten Weiterverpflichtungszahlen deckte. Demnach wären pro Jahrgang etwa 50.000 Wehrpflichtige nötig, um die erhofften Weiterverpflichtungen zu erreichen.
(10.02.2025, 10:09)alphall31 schrieb: [ -> ]Vom Bewerber bis zum Soldaten ist schon noch ein Stück . Sonst hätten wir nicht sinkende zahlen monatlich
Im jährlichen Mittel stagnieren die Zahlen eher. Was vor allem daran liegt, dass die Abbrecherquote sehr hoch ist.
Die Probleme sind bekannt.
Manche gehen mit völlig falschen Vorstellungen zur Bundeswehr und sind schon überrascht, dass sie früh aufstehen sollen. Viele schmeißen aber auch hin, weil sie in der Wirtschaft ein besseres Angebot erhalten haben, oder, weil der Bund nicht hält, was der Seelenfänger versprochen hat.
(10.02.2025, 10:09)alphall31 schrieb: [ -> ]Personalreserve zieht man auch aus SaZ.
Das genügt offensichtlich bei Weitem nicht. Erinnerung: Letztes Jahr hat der IBuK einen Bedarf an 260.000 Reservisten ausgerufen.
(10.02.2025, 10:09)alphall31 schrieb: [ -> ]Alter und DG haben nichts mit Personalproblem zu tun.
Das Durchschnittsalter in den Streitkräften liegt bei über 33 Jahren. Es gibt zu viele Häuptlinge und zu wenige Indianer. Ich habe in der Panzertruppe schon Hauptleute als Zugführer gesehen. Und durch die inflationäre Erhebung von Zeitsoldaten in den Berufssoldatenstand fehlen Dienstposten an der Basis.
Man hätte nach der Aussetzung der Wehrpflicht den goldenen Handschlag einführen müssen. Es hat sich zwar einiges gebessert, aber im Kern ist die Bundeswehr immer noch so strukturiert, als sollte sie durch Wehrpflichtige aufwachsen, die es nicht mehr gibt.
Da gibt es so vieles was man hätte machen müssen oder was abzusehen war.
Mit der Abschaffung des Uffz in seiner ursprünglichen Art kann man anfangen , das wird man aber nicht mehr einfangen können. Als vor mehr als dreißig Jahren die Soldaten der ehem. NVA eingegliedert wurden mussten diese eine Herabstufung erdulden. Das wäre heute auch zwingend nötig . Gleichzeitig eine Festsetzung von mind. Dienstzeit bei Mannschaftsbeförderung .
Man kann es nur immer wieder und wieder schreiben, dass allerwesentlichste wäre die vollständige Entkoppelung des Sold von den Beamtengehältern und die völlige Trennung des Soldaten vom Beamtentum.
Mit dem Gehalt hab ich nun kein Problem . Dazu bietet der Status auch einen gewissen Schutz.
(22.02.2025, 12:04)veut schrieb: [ -> ]Netter Artikel- nichts Neues aber trotzdem mal Interessant...
https://www.ifw-kiel.de/fileadmin/Dateiv..._Final.pdf
Das ist nicht mehr als eine Shoppingliste. 1000 hiervon, 500 davon und alles wird gut. Diese Art von Sicherheitspolitik hat uns die Lage gebracht in der wir jetzt sind.
Ja, aber wenn das von immer mehr Seiten kommt wird der Druck auf die nächste Bundesregierung weiter erhöht! Wenn wir dann noch die Schlafmütze Scholz und die Realitätsverweigerer Esken und Mützenich los werden...
Und selbst wenn es alle 84mio Bundesbürger im Chor rufen wird’s davon nicht wahrer. „Sandkastengeneräle“ die vor 3 Jahren entdeckt haben, dass Wikipedia Bestandslisten über Streitkräfte führt, haben wir schon mehr als genug.
Richtig! Aber das ganze ist trotzdem in vielen Köpfen noch nicht angekommen... und solange das so ist, können Politiker die Realitäten ignorieren. Erst wenn Politiker die in der Sicherheitspolitik schlafen genau deshalb nicht mehr gewählt werden ändert sich etwas.
Aber dieser Zustand existiert in der Politik so überhaupt nicht mehr (außer bei Randparteien). Sowohl in den Wahlprogrammen als auch in der aktuellen Realpolitik hat sich seit 2022 ne Menge geändert. Geschlafen wird schon längst nicht mehr, aber Aufrüstung nach mehr als fast 30 Jahren Vernachlässigung braucht eben Zeit. Hier greift jetzt einfach nur das, was schon seit 15 Jahren ein grundsätzliches Problem mit der deutschen Medienlandschaft ist. Alles, was bei der BW mal irgendwann, irgendwo und irgendwie mal nicht rund läuft wird zum staatsgefährdenden Totalschaden deklariert, häufig völlig ungerechtfertigt. Schonmal darüber nachgedacht, warum in 99% dieser Artikel kein Vergleich zum europäischen (oder generellem) Ausland gezogen wird? Böse Zungen würden jetzt behaupten, dass sich so die Fassade des deutschen Exzeptionalismus nicht bewahren lässt, was Medien und Politik ne Menge Empörungsfutter rauben würde, aber was weiß ich schon
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