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Normale Version: Bundeswehr – quo vadis?
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(12.07.2024, 19:04)alphall31 schrieb: [ -> ]Quelle RND
Zitat:Deren größte Kommanditistin [des RND] ist mit einem Anteil von 23,1 % die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft, das Medienbeteiligungsunternehmen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD)
Kein Wunder, dass denen eine Selbstinszenierung des Oppositionsführers nicht schmeckt. Trotzdem scheint es mir unangebracht, von einem Rechtsbruch zu sprechen. Sogenannte Familiarisation Flights für politische Entscheidungsträger oder Personen des öffentlichen Lebens zu Werbezwecken gehen nicht selten damit einher, dass jemand mal den Stick halten darf. Merz war dazu vermutlich sogar besser befähigt als dieser Youtuber, dessen Namen ich vergessen habe, dessen Typhoon-Mitflug vor einiger Zeit durch die Medien geisterte.

Die Bundeswehr darf durchaus Eigenwerbung betreiben und die Nähe zu Entscheidungsträgern suchen.
(30.07.2024, 08:19)muck schrieb: [ -> ]Die Bundeswehr darf durchaus Eigenwerbung betreiben und die Nähe zu Entscheidungsträgern suchen.
Nur weil etwas legal ist, heißt das nicht automatisch, dass es auch legitim ist.
Bei dem Thema Kosten und Mildmächenrechnungen, muss ich stets an folgenden Sachverhalt denken:

https://www.pharmazeutische-zeitung.de/b...en-116717/

Zitat:Bundeswehr-Apotheken sollen wieder Desinfektionsmittel herstellen
03.04.2020

Wegen der Corona-Pandemie und Engpässen in der Versorgung will die Bundeswehr wieder Desinfektionsmittel selbst herstellen. Die Eigenproduktion war vor einigen Jahren aus Kostengründen eingestellt worden. Das rächt sich nun.
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Die Großproduktion pharmazeutischer Produkte durch die Streitkräfte war nach einem kritischen Prüfbericht des Bundesrechnungshofes aus dem Jahr 2012 deutlich eingeschränkt und auf den Standort der Bundeswehrkrankenhaus-Apotheke in Ulm konzentriert worden. Anfang der 2000er-Jahre sei diese für rund 20 Millionen Euro modernisiert worden, um die Eigenproduktion in kritischen Situationen zu sichern. Die Rechnungsprüfer hatten jedoch 2012 die Eigenherstellung durch die Streitkräfte als zu teuer bewertet und den Einkauf auf dem freien Markt empfohlen.

Einen Fall wie die Coronavirus-Epidemie habe man dabei damals nicht bedacht, gibt ein damals beteiligter Bundestagsabgeordneter heute gegenüber der Tageszeitung zu. Womöglich sollte die Entscheidung noch einmal überdacht werden, auch im Hinblick auf die zunehmende Abhängig von der Pharmaproduktion in Ländern wie China und Indien. Der Aufbau von Fähigkeiten zur Grundstoff-Synthese wie Antibiotika sei allerdings nicht geplant, hieß es aus dem Verteidigungsministerium.
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vs.

https://www.tagesschau.de/investigativ/n...g-100.html

Zitat:..................
Das Innenministerium teilt mit, dass man bis in den September 2020 insgesamt 7,9 Millionen Liter Desinfektionsmittel zum Preis von 50,2 Millionen Euro gekauft habe.

Im Frühjahr 2022 habe die Regierung dann beschlossen, die restlichen 6,7 Millionen Liter an ein Versorgungsunternehmen zu verkaufen - für 725.000 Euro, womit "eine sehr kostspielige Gefahrgutentsorgung vermieden werden konnte", wie das Innenministerium auf Anfrage von NDR, WDR und SZ mittelte.
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Noch Fragen??
Was soll den das bitte für ein Desi sein, dass sich nicht hält und als Gefahrgut entsorgt werden muss?

Die allermeisten einfachen Desi sind schlussendlich einfach nur Industriealkohol mit Zusätzen. Was für Stoffe sollen den hier bitte sehr produziert werden ?! Reinen Alkohol kann man zu Spottpreisen überall beziehen, dafür braucht man keine Eigenproduktion. Und der kann dann auch praktisch nach belieben eingelagert werden und hält sich.

Von was für Stoffen / Substanzen sprechen wir hier den bitte ?! Und warum sollten diese entsorgt werden msüsen ?!
(01.08.2024, 21:44)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Was soll den das bitte für ein Desi sein, dass sich nicht hält und als Gefahrgut entsorgt werden muss?

Die allermeisten einfachen Desi sind schlussendlich einfach nur Industriealkohol mit Zusätzen. Was für Stoffe sollen den hier bitte sehr produziert werden ?! Reinen Alkohol kann man zu Spottpreisen überall beziehen, dafür braucht man keine Eigenproduktion. Und der kann dann auch praktisch nach belieben eingelagert werden und hält sich.

Von was für Stoffen / Substanzen sprechen wir hier den bitte ?! Und warum sollten diese entsorgt werden msüsen ?!

Na das Ablaufdatum was drauf steht muss halt stimmen Big Grin

Da verdienen halt Einige sehr gut daran.
Bei Abnahme von solcher Menge trotzdem recht stolzer Preis .
Zwei Jahre Haltbarkeit hat aber auch 80% Alkohol den man in der aphoteke bekommt
(02.08.2024, 01:41)alphall31 schrieb: [ -> ]Bei Abnahme von solcher Menge trotzdem recht stolzer Preis .
Nicht wirklich für den Zeitpunkt. Dürfte durch die große Menge deutlich unter dem damaligen Marktpreis gewesen sein.

Zumal nicht genannt ist um welche Art Desinfektionsmittel es sich handelt. Billiger (3-4 Euro/l) kriegst du auch heute fast nur Flächendesinfektionsmittel von einer Art, die du dir nicht wirklich über die Haut kippen willst.

(01.08.2024, 21:44)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Was soll den das bitte für ein Desi sein, dass sich nicht hält und als Gefahrgut entsorgt werden muss?
Alle Desinfektionsmittel sind aufgrund ihrer bioziden Wirkung Gefahrstoffe nach Gefahrstoffverordnung.

Unterliegen dementsprechend auch den entsprechenden Lager- und Transportvorschriften. Während der Pandemie wurden teilweise (z.B. beim BMVI 2020) übergangsweise "Duldungsregeln" erlassen, die von einer Verfolgung von Verstößen hiergegen absahen. 2022 war aber absehbar dass diese Duldungen recht schnell auslaufen.

Ansonsten: https://vah-online.de/files/download/vah...M_1_23.pdf
Oh Gott, ich habe mich gerade mal ein wenig in die Gefahrstoffverordnung eingelesen. Habe ich bisher immer ignoriert und wusste nichts darüber. Es wäre für mein Seelenheil besser gewesen, es wäre so geblieben Sad

Das ist ja mal übel !

Unterliegt die Bundeswehr vollständig dieser Verordnung ? Stichwort Gefahrguttransporte - Munition - entsprechende Vorschriften etc etc ?!
(02.08.2024, 20:25)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Unterliegt die Bundeswehr vollständig dieser Verordnung ? Stichwort Gefahrguttransporte - Munition - entsprechende Vorschriften etc etc ?!
Ja, wobei man eigene akkreditierte Messstellen, Prüfzentren etc hat.

Gefahrgutrechtliche Qualifikationen und Aufgaben sind im Logistikbereich übrigens in der Laufbahn Fachunteroffiziere verortet. Also da, wo auch die Sachkunde Munition 1 und die entsprechenden Aufgaben liegen.
Ergänzend:

https://www.tagesschau.de/investigativ/n...g-100.html

Zitat:Rechnungshof rügt Spahns Krisenmanagement
Stand: 01.08.2024 18:08 Uhr

Der Bundesrechnungshof hat in nicht-öffentlicher Sitzung im Bundestag eine Bilanz seiner Kritik am Pandemie-Management der Bundesregierung gezogen. Für die Zukunft stellen die Rechnungsprüfer Empfehlungen auf.
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Damit soll das Thema Corona auch reichen. Ich wollte nur auf das Dilemma aufmerksam machen, dass der Bundesrechnungshof 2012 die Kapazitäten der Krisenvorsorge als zu teuer wertete. Diese wurden in den Folgejahren abgeschafft und als die Krise 2020 dann da war, musste das Zeug für teuer Geld eingekauft werden. Das kritisiert der Bundesrechnungshof 4 Jahre später....

Lange Rede, kurzer Sinn: Sicherheit und Krisenvorsorge kostet nunmal Geld.
Und da sind wir wieder beim unzureichenden Verteidigungshaushalt.
Zitat: Lange Rede, kurzer Sinn: Sicherheit und Krisenvorsorge kostet nunmal Geld.
Und da sind wir wieder beim unzureichenden Verteidigungshaushalt.

Warum kriegen dann andere Länder mit dem gleichen oder weniger Geld bedeutend mehr auf die Reihe ?
Am fehlenden Geld scheitert es definitiv nicht bei uns .
Die Frage ob Geld fehlt oder nicht, ist relativ zu den Kosten die man hat und was für eine Kaufkraft man mit dem Geld erzielen kann. Beispielsweise können die Russen deshalb mit sehr viel weniger Geld immens viel mehr Truppen und Waffen kriegsfähig aufstellen, oder kranken die Engländer an den gleichen Problemen wie wir, es kommt also auf die Umstände an und ist nicht eine rein Bundeswehr-spezifische Sache.

Die Bundeswehr hat ein signifikantes Problem mit den Personalkosten und anderen solchen Betriebskosten sowie den Versorgungskosten. Im weiteren wird für Forschung, Erprobung und Beschaffung viel zu wenig ausgegeben, weil das Geld mit anderen Kostenstellen gebunden ist.

So weit so einfach und allen hier bekannt.

https://de.statista.com/statistik/daten/...teidigung/

Entsprechend gibt es nur folgende Möglichkeit: man muss die ganzen Betriebskosten stabil halten, und zugleich die Militärausgaben erhöhen und dieses Geld dann dezidiert in investive Ausgaben etc. investieren. Alles andere ist unrealistisch und bringt nichts. Und deshalb nützt der Verweis auf eine Wehrpflicht genau so wenig wie der Hinweis das andere mehr mit viel weniger hinkriegen. Irrelevant, weil wir nicht diese anderen sind und daher nicht deren spezifischen Umständen unterliegen.

Das heißt vor allem anderen, dass wir die Personalstärke bewusst nicht erhöhen sollten, sondern im Gegenteil (kontraintuitiv) über eine kleinere Armee nachdenken müssen. Beispielsweise könnte und sollte man die Bundeswehr auf 150.000 Mann verkleinern !

Dem folgend ist es notwendig, bewusst keine ganzheitliche Streitkraft mehr zu betreiben, die sich über alle militärischen Aufgaben hinweg zieht, sondern Schwerpunkte zu bilden und bewusst bestimmte Fähigkeiten innerhalb der Bundeswehr aufzugeben. Jede Landesverteidigung ist ohne Bündnis für uns ohnehin nicht machbar, diese Erkenntnis sollte am Anfang stehen.

Die Versorgung (Pensionen etc) muß aus dem Wehretat raus.

Und der Wehretat muss deutlich erhöht werden, und dem folgend das frei werdende Geld für eine möglichst gute Ausrüstung der verkleinerten Armee verwendet werden.

Ich halte das für den einzig wirklich realistischen gangbaren Weg, um eine deutlich größere militärische Schlagkraft zu entwickeln, denn eine solche entsteht nicht aus Reservisten und einer höheren Quantität an Soldaten, sondern an einer möglichst großen Feuerkraft pro Kopf und diese wird eben nicht durch eine größere Kopfzahl erreicht.

In diesem Kontext muss man auch über eine weitgehend roboterisierte Kriegsführung sprechen, in welcher Maschinen in großer Zahl diese Feuerkraft die Einsatzmöglichkeiten der geringen Zahl an Soldaten drastisch erhöhen.

Zusammenfassend: der Weg der Bundeswehr wird entweder einer des totalen militärischen Scheiterns sein, wenn wir so weitermachen wie bisher oder gar versuchen eine Massenarmee aufzubauen, als ob unsere Gesellschaft einen langwierigen Zermürbungskrieg überhaupt führen könnte, ODER, wir machen den ersten Schritt hin zu einem spezialisierten Element innerhalb unserer Bündnisse, welches aber innerhalb seiner Spezialisierung tatsächlich eine immense Kampfkraft aufweist und damit Verbündete die ums uns herum liegen, entscheidend unterstützen kann.

Das wäre dann eben keine (ganzheitliche) Streitkraft mehr, sondern eine "Nicht-Streitkraft", aber dennoch ein erheblicher militärischer Vorteil, auch und insbesondere in Bezug auf eine Landesverteidigung.
(04.08.2024, 19:08)alphall31 schrieb: [ -> ]Warum kriegen dann andere Länder mit dem gleichen oder weniger Geld bedeutend mehr auf die Reihe ?
Am fehlenden Geld scheitert es definitiv nicht bei uns .
Ineffizienz und Missmanagement existieren v.a. im Beschaffungswesen, keine Frage. Aber: Es liegt dennoch am fehlenden Geld.

Wenn Du keinen Bock hast, pro Jahr 10€ für Motoröl auszugeben, darfst Du Dich nicht wundern, wenn Dir nach zehn Jahren der Motor um die Ohren fliegt und Dir plötzlich eine Rechnung für 10.000€ ins Haus flattert.

In den Medien und auch durch die Politik wird immer wieder der Eindruck erweckt, mit einem Etat von 2% des BIP im Jahr wäre alles im Lot. Doch tatsächlich müsste Deutschland letzten Endes zusätzlich zu den anfallenden Ausgaben für den laufenden Betrieb und neue Anschaffungen noch das Geld hinblättern, das seit Jahrzehnten eingespart wurde, und finanziell den Schaden ausgleichen, der dadurch entstanden ist, dass man wichtige Investitionen versäumt hat.

Durch die Fachpresse geistert immer wieder die Zahl von Einmalinvestitionen in Höhe von €300 Mrd. plus €100 Mrd. jährlich, die die Bundeswehr benötigen würde, um in den nächsten zehn Jahren (!) die Versäumnisse der Vergangenheit nachzuholen. Und selbst diese Vorhersage beruht auf der Annahme, dass man nicht unnötig Geld versumpft, Behörden und Politik so schnell wie möglich arbeiten, und, und, und.

Tatsache ist: Wir haben v.a. unseren Sozialstaat auf Kosten unserer Verteidigungs- und Verkehrsinfrastruktur aufgebläht. Die Situation der Bundeswehr ist die gleiche wie die Situation der Deutschen Bahn.
Was man auch nicht vergessen darf, die Pensionskosten werden aus dem Etat BMVg bezahlt. Selbst wenn jetzt gesagt wird, man will den Wasserkopf abbauen, dann spart das erstmal nur wenig Geld. Der goldene Handschlag hat was zu den Zeiten gebracht, als die Pensionen des BMVg aus dem Etat des BMI gezahlt wurden. Aber das ist heute nicht mehr so.
Ein primäres Problem ist meiner Ansicht nach auch der gerade im Militär immer besonders beharrungsresistente Konservatismus. Gerade eben deshalb neigen Streitkräfte immer mehr als andere Organisationen zu Strukturextrapolierung.

Man könnte durchaus mit dem gleichen Geld viel mehr erreichen, nur halt nicht auf die bisherige konventionelle Art und Weise und mit den Konzepten und Ideen welche man bisher in Bezug auf die Kriegsführung so hatte.

Gerade die LV ist hierfür das beste Beispiel. Man könnte sehr leicht Deutschland in Bezug auf die LV mit dem Geld was man jetzt hat uneroberbar machen. Dazu müsste man aber komplett neue Wege gehen und dagegen wäre der Widerstand innerhalb der Armee viel zu groß, weil dann zu viele Interessengruppen zu viel verlieren würden, insbesondere die Generalskaste.

Deshalb halte ich stattdessen eine Verkleinerung der Bundeswehr aktuell für das radikalst-mögliche. Selbst das wird immens schwierig sein, weil auch dagegen der Widerstand der wie zufällig nebenbei bewaffneten Bürokratie mit ihren "Wehr"beamten bereits immens sein wird. Aber immerhin noch eher machbar als eine wirkliche Militärreform mit völlig anderen Strukturen und Konzepten.

Die Bundeswehr muss auf 150.000 Mann verkleinert werden, eventuell sogar noch etwas mehr. Nur so kann nachhaltig genügend Geld für eine materielle Ausstattung bereit gestellt werden, die zumindest im Rahmen des Bündnisses tatsächlich einen Unterschied machen würde.