(29.07.2024, 10:37)ObiBiber schrieb: [ -> ]Die Bundeswehr benötigt keine amphibischen Dickschiffe a la Mistral.
Dennoch benötigt man Einheiten für solche Spezialeinsätze.
Zur Abstützung von Seebataillon und Spezialkräften.
Die Kräfte des Seebataillons, die ein solches Schiff sinnvoll nutzen können, sind in ihrer Zahl äußerst bescheiden, wir reden da von vier Zügen plus ggf. ein paar Spezialisten. D.h. es ist nur ein Zug für eine Einschiffung regulär einplanbar, was aber auch eine zusätzliche Belastung dieser Einheiten darstellt; sie würden dadurch quasi Teil der 3er-Rotation der Schiffsbesatzungen und säßen dann auch für die Einsatzdauer auf dem Schiff fest mit nur begrenzten Möglichkeiten zur Übung während der Verlegungen, wenn man sie nicht extra hinterher fliegen will. Verzichtet man auf diese regelmäßige Einschiffung, fehlt den Soldaten die erforderliche Übung für Einsätze von diesen Schiffen aus.
Zitat:4-6 Helikopter und diverse Landungsboote sind hier mehr als ausreichend.
Das ist sogar übertrieben viel, denn mit 4 NH90 ließe sich die gesamte regulär einschiffbare Infanteriekomponente auf einmal absetzen. 4-6 davon plus Landungsboote könnten die komplette Küsteneinsatzkompanie in 3 Wellen anlanden. Die müsste man aber erstmal überhaupt auf das Schiff bekommen. D.h. Anlandungskapazitäten in der Dimension wären nur dann nutzbar, wenn der Einsatz früh genug geplant werden kann, um das Schiff passend auszustatten und ins Einsatzgebiet zu verlegen, in das parallel auch die Marineinfanteristen verlegt werden müssen, um dann Einsatzraum-nah eingeschifft und in der Folge angelandet zu werden. Denn die 240 Mann Einschiffungskapazität sind sicher nicht für eine dauerhafte Stationierung an Bord geeignet, sondern -wie bei diesen Schiffen üblich- nur für kurzfristige Einschiffung unmittelbar vor dem Einsatz. Zudem wird diese Kapazität -zumindest im MilEvac- dann auch für die Evakuierten gebraucht, so dass eine volle Ausnutzung mit Marineinfanterie wenig sinnvoll erscheint.
Landungen in dieser Dimension sind nichts, was im Aufgabenprofil der BW vorgesehen oder zumindest auch einfach nur sinnvoll wäre. Denn solche Aktionen selbstständig auszuführen, kommt für uns nur im MilEvac in Frage und da hat man die erforderliche Zeit einfach nicht. Da muss die Einheit bereits in der Region sein und auch das nötige Personal an Bord haben bzw. kurzfristig von der Luftwaffe übernehmen können.
Kurzum: Diese Dimension an Landekapazitäten ist nicht erforderlich, selbst wenn ein MPV120 das leisten könnte.
Zitat:Gleichzeitig hat die MPV120 ausreichend Selbstschutz um auch alleine operieren zu können.
Gleichzeitig dient das Schiff als Versorger... egal welche andere Rolle das Schiff hat... mit der 2,5 fachen Kappa der bisherigen Tender!
Die Wiederholung macht es für mich trotzdem nicht glaubhafter, dass all diese Fähigkeiten gleichzeitig im selben Schiff von diesen Dimensionen integriert werden können. Ich bin weiterhin überzeugt davon, dass es sich bei allen Angaben um Maximalwerte handelt, die nur bei einer entsprechenden Fokussierung in der Auslegung zulasten anderer Fähigkeiten zu erreichen wären.
Zudem ist mit der Integration der für einen eigenständigen Einsatz erforderlichen Waffen und Sensoren in ein FüWES auch sicher kein Preis von 400 Mio. zu halten, erst recht nicht, wenn das BAAINBW mitzureden hat. Und ein Verzicht bei Waffen, Sensoren und Standfestigkeit macht das Ganze extrem ineffizient, weil die Schiffe dann ständig Geleitschutz benötigen oder keine unabhängigen Aufträge übernehmen können. Letzteres ist aber unbedingt erforderlich, damit sie sich im potentiellen Einsatzraum aufhalten, um bei Bedarf nicht erst aus der Heimat anreisen zu müssen.
Zitat:+MPV120 kann Gleichzeitig als Drohnenträger für UAV uns USV Drohnen dienen.
Klar, nur wie konkret sieht das Einsatzprofil eines solchen Schiffes als Drohnenträger für dich aus, speziell für die BW? Wo sollen die mit welchem Ziel wie agieren?
Um damit im IKM zu arbeiten, braucht es eine starke Selbstschutz-Bewaffnung des Mutterschiffs sowie eine ausreichende Besatzungsstärke, um ausdauernd Einsätze zu bestreiten. Das ist es, was ich auch als Option für eine F125-Nachfolge ins Spiel gebracht habe. Das erfordert allerdings keinerlei Tender-Fähigkeiten. Die wären nur dann gefragt, wenn man den wenig effizienten Weg geht und die Bewaffnung dieser Einheiten vernachlässigt, um dann eine Korvette oder gar Fregatte dazu zu stellen, was aber wenig Sinn ergibt für eine Personal- und Flaggenstock-arme Marine wie die unsere.
In der Ostsee für LV/BV kann das (außer im MCM) nur dann sinnvoll funktionieren, wenn die UUV/USV ausdauernd genug sind, um weit entfernt des Mutterschiffs zu agieren. Das hatte ich ebenfalls angesprochen, da würde sich eine Auslegung als Tender lohnen, mit geringem Selbstschutz, dafür aber großem Welldeck und den notwendigen Versorgereinrichtungen für FCSS/XLUUV etc.
Zitat:+Basis Minenabwehr
+Kann zur Minenabwehr eingesetzt werden
Im Bereich MCM ist ein solches Design natürlich eine gute Basis. Dazu sollte man sich dann aber mal die FR/NL/BE-Minenabwehrschiffe anschauen, insbesondere hinsichtlich der Dimension, die diese Schiffe haben im Verhältnis zur Leistung, die sie bringen. Eine entsprechend spezialisierte Einheit auf Basis eines MPV120 wäre zwar vermutlich leistungsfähiger, jedoch eben auch darauf spezialisiert. Will man diese Fähigkeiten aber in einen multifunktionalen MPV120-Entwurf integrieren, erhält man das gleiche Leistungsniveau, nur zu einem höheren Aufwand. Hinzu kommt bei diesem Aufgabenfeld, dass es keinen Sinn ergibt, diese Fähigkeiten auf einem solchen Schiffsmuster zu integrieren, ohne deren Einsatz von diesem Muster aus dann auch ständig zu beüben, wodurch dann min. eine einsatzbereite Einheit dieser Klasse permanent gebunden wäre.
Zitat:+Kann zur U-Jagd als zentrale Plattform eingesetzt werden (ASW-Helikopter, U-Jagd Drohnen Mutterschiff usw)
Ja, kann es. Benötigt dann aber eben auch eine hinreichende eigene Sensorik und Bewaffnung, um sinnvoll in ASW-Verbänden eingesetzt werden zu können. Außerdem gilt da das gleiche: Dann muss dafür ständig eine Einheit für Übungen bereitstehen.
Zitat:Die Vielseitigkeit dieses Konzeptes ist enorm.
Sicherlich, nur kann diese Vielseitigkeit in der Praxis aus den vorgenannten Gründen nicht sinnvoll abgerufen werden. Denn diese Vielseitigkeit bezieht sich auf zwei Aspekte: Zum einen sicher die missionsspezifische Ausstattung, zum anderen aber auch die unterschiedliche Grundauslegung beim Bau. Hier wird für jede der genannten Verwendungen eine spezifische Grundkapazität eingeplant werden müssen, wodurch sich die Flexibilität bei der Missionsausstattung einschränkt.
Hinzu kommt der Bedarf an einsatzbereiten Einheiten in den jeweiligen Ausstattungsvarianten, der sich aus der Notwendigkeit der Inübunghaltung für jede Fähigkeit ergibt.
Beides zusammen genommen schränkt die Vielseitigkeit des Grundmusters enorm ein.
Zitat:was wäre denn die Alternative?
3-4 EGV light + 2-3 spezialisierte Landungsschiffe? + 4-6 Mutterschiffe für Drohnen/U-Jagd/Minenabwehr?
Das hängt von den gewünschten Fähigkeiten ab. Aber generell sind mehrere spezialisierte Klassen sicher die bessere Lösung, ja. Denn ob nun 9 Allzweckschiffe gebraucht werden, um ständig je eins für die Inübunghaltung der Aufgaben IKM/Amphibik, ASW und MCM einsatzbereit zu haben oder ob man dafür jeweils 3 Spezialisten beschafft, kommt hinsichtlich der erforderlichen Mittel grob auf's gleiche raus, die jeweils zu erzielenden Leistungen sind jedoch ungleich höher.
Einziger Vorteil wäre, dass man im Bedarfsfall mal mehr als eine Einheit gleichzeitig mit der gleichen Aufgabe betrauen kann, sofern man es denn auch hinbekommt, das dafür erforderliche Spezialistenpersonal zu mobilisieren und ausreichend modulare Ausrüstung dafür vorhält.
Andere Vorteile hinsichtlich Ausbildung und Betriebslogistik ließen sich auch anders erzielen, bspw. dadurch, dass man die spezialisierten Varianten auf der gleichen technischen Basis aufbaut. So ließen sich bspw. alle drei (oder mehr) auf Fassmers MPV-Reihe aufbauen, während man aber je nach Bedarf auch auf die Modelle MPV 90 und 100 zurückgreift.
BTW: Ich verstehe gar nicht, dass hier im Forum einerseits die Modularität der F126 gescholten, andererseits aber ein Schweizer Taschenmesser für die Triphibik gefordert wird. (Ich will damit nicht unterstellen, es wären immer die selben Foristen, die beides fordern, das habe ich jetzt nicht überprüft)
Zitat:bei einem Rotationsfaktor von 1:3 (Einsatz, Ausbildung, Werft) benötigt man von jedem Spezialschiff mindestens 3 Einheiten... und nur 1 davon steht zum Einsatz bereit.
Weswegen ich z.B. für eine entsprechende IKM-Variante eine Intensivnutzung mit Faktor 2 fordern würde, weil das für die potentiellen Einsätze einer solchen Einheit sehr sinnvoll wäre, da man diese so selten wie möglich aus dem Einsatzraum in die Heimat verlegen sollte. Denn ihre Existenzberechtigung wäre ja primär die Krisenreaktion in diesem Raum. Das erfordert aber natürlich auch eine entsprechende Spezialisierung.
Zitat:Beim MPV120 hätte ich 3-4 Einheiten im Einsatz... kann diese aber in jeglicher Rolle Einsätzen... wenn gerade U-Jagd wichtig ist... dann lasse ich 3 Schiffe für U-Jagd auslaufen, wenn Minenabwehr wichtig ist dann Minenjagd, wenn Geiselbefreiung wichtig, dann habe ich 2 Schiffe dafür...
Nein, hätte ich nicht. Insbesondere für die Geiselbefreiung habe ich nur die Schiffe, die gerade in der Nähe und dabei zufällig auch noch passend ausgestattet sind.
Und brauche ich die Schiffe plötzlich alle für die U-Jagd, dann muss ich gleichzeitig alle Operationen einstellen, für die Tender benötigt werden, muss sie erst umrüsten und außerdem die erforderlichen Crews zur Verfügung haben. Das wird in der Praxis so auch nicht passieren, denn man wird eben kaum in eine Situation kommen, in der ausschließlich eine der Fähigkeiten gebraucht wird, während die anderen alle wegfallen können. Das wäre höchstens im Krisenreaktionsfall/MilEvac der Fall und dafür reichen eben die Reaktionszeiten nicht aus.
Man kann sich in einem gewissen Rahmen sicherlich solchen Austauschbarkeiten annähern, aber das hat seine Grenzen. Bspw. wäre es durchaus denkbar, ein Mutterschiff-Konzept aufzulegen, das in der Ostsee gleichzeitig für ASW und auch für MCM einsetzbar ist. Das wäre etwas, was sich miteinander vereinbaren lässt. Allerdings natürlich trotzdem mit Abstrichen in der Leistungsfähigkeit und Effizienz gegenüber spezialisierten Schiffen und Crews.
Man kann auch sicher spezialisierte Einheiten gelegentlich zweckentfremden. So könnte bspw. ein ASW-Hubschrauberträger auch mal kurzerhand für eine MilEvac-Aktion herangeführt werden oder ein Drohnenmutterschiff mit Einsatzbooten statt den USVs Piraten jagen.
Aber das lässt sich halt nicht beliebig erweitern.
Zitat:wenn ich nur Versorger brauche... dann habe ich nur Versorger...
die nötige einzuschiffenden Subsysteme werden eine höhere Verfügbarkeit haben...
Es geht aber nicht nur um die Verfügbarkeit der Subsysteme, sondern eben auch um Personal und Übung. Habe ich regulär nur Versorger, weil die Auftragslage das so erfordert (6xMUsE ersetzen 6xTender404), dann fehlt mir im Ernstfall das geschulte ASW- oder MCM-Personal, weil diesem die Schiffe nicht für Übungen zur Verfügung standen.
Ich bin sehr für Modularisierung und missionsspezifische Auslegung, jedoch hat das seine Grenzen und die sind mMn dann erreicht, wenn die Kernaufträge zu weit voneinander abweichen. Wenn Fregatten oder Zerstörer mal ihren Schwerpunkt zwischen AAW und ASW, Geleit- und Verbandsschutz oder zwischen IKM und LV/BV verschieben, dann ist das die eine Sache. Wenn aber Versorger mal ASW, mal IKM, mal Amphibik und mal Minenkampf betreiben sollen, dann führt das einfach nicht mehr zu einem ausreichenden Leistungsniveau in den jeweiligen Einsatzfeldern.