Forum-Sicherheitspolitik

Normale Version: European Amphibious Initiative (EAI)
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wie ich hier schon schrieb, könnte ich mir eine "amphibische Komponenten" auf europäischer Ebene vorstellen, unter gewissen Umständen (die im Strang dort nicht näher erläutert werden sollten, weil der Thread-Starter nur eine technische Diskussion wollte).
Insofern bietet dieses neue Thema die Möglichkeit für die politische Diskussion.

Nur kurz zu den Fakten:
Im Jahr 2000 wurde von Frankreich, Großbritannien, Italien, den Niederlanden und Spanien die EAI zur besseren Kooperation (Ausbildung, Übungen, Standardverfahren) amphibischer Operationen gegründet.
Damit sollte eine schnelle und effektive Aufstellung eines europäischen Krisenreaktionsverbandes für den Einsatz unter EU- oder NATO-Führung ermöglicht werden.
Die bestehenden Verbände (UK/Netherlans Amphibious Fore - UKNLAF -, die Spanish/Italien Amphibious Force - SIAF-, und die French Amphibious Force - FRAF) wurden unter der neuen Organisation vereinigt.

Eine weit beachtete "Bewährungsprobe" wurde 2010 bei Dakar / Senegal mit der Landung von 2.500 Soldaten bei "Emerald Move 2010" bestanden. Seinerzeit - vor 5 Jahren - hätten sogar schon drei Brigaden (zu je 3.000 Soldaten) angelandet werden können.

Anfang Mai haben sich weitere Staaten der Initiative angeschlossen, die jetzt auch Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Portugal und die Türkei umfasst. Die einzelnen Staaten können dabei ggf. auf das amphibische Potential der Initiative zurückgreifen, auch wenn sie selbst nur Geräte und Truppen einbringen können.
(Quelle)

Der Strang soll der Diskussion über die Ausstattung und (mögliche) Einsätze der EAI dienen.
Ein Vergleich der Einheiten der beteiligten Länder zeigt m.E. ganz gut die unterschiedlichen Konzepte für amphibische Operationen:
Die Briten haben mit den Royal Marines eine spezielle, der Royal Navy zugehörige Einsatztruppe. Sie umfaßt eine Gruppe für Landeoperationen ( Assault Group), eine Kampfeinheit (3 Commando Brigade), ein Musikkorps und den Special Boat Service (SBS), das Gegenstück zu den US Navy SEALs. (Link -hier-)
Zum Transport der Marines dienen zwei Landungsschiffe (HMS Albion, HMS Bulwark) und ein Helikopterträger (HMS Ocean). Zur weiteren Unterstützung gibt es 3 Docklandungsschiffe (LSD) der Royal Fleet Auxiliary: RFA Cardigan Bay, RFA Lyme Bay, RFA Mounts Bay. (Link -hier-)
Zwei oder drei JSS wären für die Marine eine Komponente welche gut passen sollte. Bezahlbar und erhöht das Einsatzspektrum ganz erheblich.
<!-- m --><a class="postlink" href="https://www.fsg-ship.de/102-0-Joint-Support-Ship.html">https://www.fsg-ship.de/102-0-Joint-Support-Ship.html</a><!-- m -->
Die Franzosen und Niederländer beteiligen sich ja auch an der EAI - daher nur kurz zur Zusammenstellung der Einheiten:
Die niederländische Marine hat Ende April (nachdem das Schiff vorher schon eingesetzt war) das Joint Logistics Support Ship (JLSS) KAREL DOORMAN in Dienst gestellt, und damit die Nachfolge des Seeversorgers AMSTERDAM (nun Peru) formal geregelt.
In Frankreich wurde 17 Jahre nach seiner Indienststellung das Docklandungsschiff SIROCO aus dem Dienst genommen. Damit wird in der Summe die Zahl der Einheiten um einen Seeversorger reduziert.
Frankreich betreibt derzeit 3 Helikopterträger der "Mistral"-Klasse (MIstral, Tonnerre, Dixmude), die in ihrem Schwimmdock Landungskatamarane (L-Cat) und normale Landungsboote mitführen können. (Link -hier-).
Einen netten virtuellen Rundgang mit scrollbaren 360°-Aufnahmen findet man -hier-.
Zum Einsatz an Land sind die Heereseinheiten der "Troupes de Marine" vorgesehen (Link -hier-), welche auch die Besatzungen der französischen Überseegarnisonen stellen.
Zum Transport von Einheiten in den Überseegebieten gibt es darüberhinaus LST-Landungsschiffe der "Batral"-Klasse (Link -hier-), die aber derzeit ausgemustert werden. Ihre Nachfolger verfügen nicht mehr über die Fähigkeit, einen geeigneten Strand anzulaufen und Fahrzeuge direkt über die Bugrampe abzusetzen.
Ein Beispiel echter europäischer Kooperation wäre:
- Deutschland kauft die Mistrals, eines wird sofort eingemottet, das andere vom Hersteller DCNS möglichst analog der französischen "Dixmude" ausgerüstet.
- die Niederlande motten eines ihrer Landungsschiffe ein, schicken die Crew zur Schulung nach Frankreich und bemannen die zweite Mistral. Vermutlich läßt sich eine Konstruktion zum Betrieb finden (luxemburgische Flagge ?).
- in Den Helder lernen das Seebataillon und -sobald verfügbar- deutsche Matrosen das Handwerk von den Niederländern. Haupt"kunden" wären das ndl. Korps Mariniers und die deutsche "Division Schnelle Kräfte".
- sobald eine Übernahme durch die Deutsche Marine sinnvoll erscheint (das könnte mehrere Jahre dauern), wird die eingemottete Mistral von DCNS "auf Stand" gebracht; vermutlich werden sich im Lauf der Trainingsphase und durch die Erfahrungen der Niederländer noch diverse Verbesserungsmöglichkeiten ergeben. Außerdem gibt es ja sicher spezifisch deutsche Vorschriften, die eingehalten werden müssen...
- die Niederländer entmotten ihr Landungsschiff
- die deutsche Besatzung übernimmt die zweite Mistral, die erste wandert in die Werft.

Resultat:
- Frankreich findet einen renommierten Kunden für seine MIstrals,
- Deutschland verfügt in überschaubarer Zeit über zwei erstklassige Einheiten, die ihr Handwerk in Kooperation mit den Niederlanden gelernt haben,
- die Niederlande erhalten für ihre Ausbildungstätigkeit ensprechende Kompensationen und haben zukünftig außer den Royal Marines noch einen zweiten Kooperationspartner.

Schwachfug oder mit entsprechendem politischen Willen (und Geld) umsetzbar?
@PKr
Es klingt zwar gut durchdacht, ist aber unrealistisch.
Wo es eine europäische Kooperation im militärischen Bereich gibt funktioniert sie meist nicht, ich denke da etwa an das deutsch-französische Brigade.
Ein Problem bei deinem Szenario dürfte auch die deutsche Werftindustrie sein. Sie hat schon längst Landungsschiffe für den deutschen Bedarf entworfen, die aber noch nicht bestellt und gebaut wurden - und da soll man die Mistral-Klasse beschaffen, die noch nicht einmal für die Anforderungen der deutschen Marine ausgelegt ist?
Was ich auch nicht so ganz verstehe ist warum man die deutschen Besatzungen nicht direkt in Frankreich auf der Mistral-Klasse anlernt. Nur damit die niederländische Marine Verbesserungsmöglichkeiten findet?
1.) Wieso funktioniert die deutsch-französische Brigade nicht?
2.) MIr geht es um eine Einsatzmöglichkeit und nicht um Werftenhilfe. Frankreich hat große Erfahrungen in "Expeditionary Warfare" und im Bau von Landungsschiffen. Der Erwerb der "Mistral" dürfte praktikabler und risikoärmer sein als der mit Sicherheit wesentlich teurere Entwurf einer deutschen Werften-ARGE.
3.) Angeblich wäre die deutsche Marine nicht in der Lage, kurzfristig die Besatzung für eine Mistral zusammenzukratzen.
@PKr
Zitat:Wieso funktioniert die deutsch-französische Brigade nicht?
Man arbeitet bei der deutsch-französischen Brigade eigentlich nicht wirklich zusammen, sondern nur nebeneinander. So zieht Frankreich etwa aus ihre regelmäßig Truppen für Auslandseinsätze ab, an denen Deutschland nicht teilnimmt. Man arbeitet eigentlich sogar nur im Hauptquartier zusammen.
Hinzu kommt, das die deutschen und französischen Truppen eine unterschiedliche Grundausbildung haben, und man auch über keine einheitliche Ausrüstung und Bewaffnung verfügt, was zu erheblichen logistischen Problemen führen dürfte. Tatsächlich gibt es daher manche Abteilungen in der deutsch-französischen Brigade doppelt! Es kommt aber noch schlimmer: Noch nicht einmal die Führungs- und Kommunikationssysteme sind miteinander kompartibel!
Nicht zu unterschätzen sind auch Sprach- und Mentalitätsprobleme. Wer lernt denn in Deutschland heute noch in der Schule Französisch? Zudem gibt es auch Unterschiede in der Mentalität, was sich etwa auch darauf, wie Entscheidungen getroffen werden auswirkt. So sind etwa auch in Frankreich Hierarchien traditionell stärker ausgeprägt als in Deutschland.
Die bedeutet, das Führungspersonal bei der deutsch-französischen Brigade lernen muß, sich gleichzeitig in die Befindlichkeiten der Partnerseite hineinzuversetzen - nur um trotzdem nach ein paar Jahren versetzt zu werden!
Mittlerweile droht der deutsch-französischen Brigade sogar die Auflösung.

Zitat:MIr geht es um eine Einsatzmöglichkeit und nicht um Werftenhilfe. Frankreich hat große Erfahrungen in "Expeditionary Warfare" und im Bau von Landungsschiffen. Der Erwerb der "Mistral" dürfte praktikabler und risikoärmer sein als der mit Sicherheit wesentlich teurere Entwurf einer deutschen Werften-ARGE.
Quintus Fabius hatte sich hier mal negativ über die Qualität französischer Rüstungsgüter ausgelassen:
<!-- l --><a class="postlink-local" href="http://www.forum-sicherheitspolitik.org/viewtopic.php?f=38&t=2395&start=60">viewtopic.php?f=38&t=2395&start=60</a><!-- l -->
Zudem ist es immer eine Herausforderung, ein fremdes Produkt in Betrieb zu halten. Bei eigenen Rüstungsgütern ist man eher damit vertraut. Bei einem deutschen Entwurf würde man zwar mehr für die Beschaffung bezahlen, aber vielleicht deutlich weniger um das Schiff einsatzbereit zu halten.

Zitat:Angeblich wäre die deutsche Marine nicht in der Lage, kurzfristig die Besatzung für eine Mistral zusammenzukratzen.
Angeblich soll der Personalmangel bei der deutschen Marine in erheblichem Maße auch darauf zurückzuführen sein, das sie ihre Besatzungen regelmäßig nutzt um jene von Exportkunden im Gebrauch ihrer neuen Kriegsschiffe einzuweisen.
Tiger schrieb:Bei einem deutschen Entwurf würde man zwar mehr für die Beschaffung bezahlen, aber vielleicht deutlich weniger um das Schiff einsatzbereit zu halten.
Das lassen wir mal dahingestellt.

Mein Ansatz mit dem Erwerb der "Mistralski" hätte mehrere Effekte:
Einmal könnte Deutschland sehr zügig mit dem Aufbau einer m.E. dringend benötigten Fähigkeit beginnen, zum Anderen würden die Bau- und Nutzungskonzepte der Franzosen von den einsatzerfahrenen Niederländern geprüft. Auch deutsches Personal könnte Erfahrungen sammeln und ggf. Verbesserungspotentiale erkennen.
Damit hätte die zweite Mistral mit Sicherheit eine höhere Praxistauglichkeit als ein von deutschen Werften "am grünen Tisch" konzipiertes und vielleicht in zehn Jahren verfügbares Schiff.
Und falls die Instandhaltung wirklich Schwierigkeiten bereiten sollte, könnte man immer noch einen deutschen Entwurf -basierend auf den mit den Mistral gesammelten Erfahrungen- in Angriff nehmen und die Mistrals an eins der Länder verkaufen, die jetzt auf Schnäppchenjagd sind.
(18.07.2015, 17:47)Erich schrieb: [ -> ]Nur kurz zu den Fakten:
Im Jahr 2000 wurde von Frankreich, Großbritannien, Italien, den Niederlanden und Spanien die EAI zur besseren Kooperation (Ausbildung, Übungen, Standardverfahren) amphibischer Operationen gegründet.
Damit sollte eine schnelle und effektive Aufstellung eines europäischen Krisenreaktionsverbandes für den Einsatz unter EU- oder NATO-Führung ermöglicht werden.
Die bestehenden Verbände (UK/Netherlans Amphibious Fore - UKNLAF -, die Spanish/Italien Amphibious Force - SIAF-, und die French Amphibious Force - FRAF) wurden unter der neuen Organisation vereinigt.


Wie stehen die beiden JSS für die dt. Marine dazu im Kontext ?

Forderung der NATO ?
Wunsch der Marine ?
Naumann-Arche ?
(24.10.2019, 20:22)Mike112 schrieb: [ -> ]Wie stehen die beiden JSS für die dt. Marine dazu im Kontext ?

Forderung der NATO ?
Wunsch der Marine ?
Naumann-Arche ?
M.E. definitiv nicht Wunsch der Marine. Die haben schon zuwenig Ressourcen für die jetzigen Aufgaben und brauchen eine solche und komplett neue Aufgabe aus ihrer Sicht so dringend wie einen Kropf.
Vermutlich meinst Du mit "Naumann-Arche", daß der Wunsch eher vom Heer kommt?