(07.09.2023, 20:07)Jason77 schrieb: [ -> ]Die Verantwortung für den Fighter liegt alleine bei einer französischen Firma. Subsysteme und der Rest was noch so zu FCAS gehört ist aufgeteilt…
Das ist schon nicht korrekt, und noch weniger lässt sich die Situation eben übertragen. Es geht beim MGCS zur Zeit um die Entwicklung des Systems und die Festlegung der Bestandteile. Da jetzt den Kampfpanzer als Kernelemente vorweg zu definieren und Rheinmetall in Alleinverantwortung zu übertragen ergibt in meinen Augen keinen Sinn.
Noch einmal die Frage, aus welchem Grund wird Rheinmetall hier so überhöht?
(07.09.2023, 20:49)Broensen schrieb: [ -> ]Wir sind ja hinsichtlich unserer Wunschvorstellungen gar nicht weit auseinander. Was diese Betrachtung hier angeht, habe ich den Eindruck, dass (im Gegensatz zu sonstigen Überlegungen) in diesem Fall mal ich es bin, der einfach etwas mehr Realismus hinzuzieht, während du noch optimistisch daran zu glauben scheinst, es könnte tatsächlich funktionieren, dass sich die Industrien einigen und die Politiker in die Pötte kommen.
Die Industrie wird das nicht regeln, schon allein, weil Rheinmetall daran keinerlei Interesse zeigt. Das Projekt muss politisch entschieden werden, und was da vor einigen Wochen vereinbart wurde ergibt Sinn und verdient meiner Ansicht nach eine Chance. Große Hoffnung auf ein Gelingen habe ich indessen nicht, schon allein deshalb, weil in Deutschland die Erkenntnis um die Notwendigkeiten auf politischer Ebene nicht in einer Breite vorhanden zu sein scheint, die es für die Umsetzung braucht.
Und nein, was ich beschreibe sehe ich nicht als Wunschvorstellung oder als mein persönliches Optimum, sondern schlicht als Notwendigkeit. Was sich in meinen Augen abzeichnet ist die politische Versenkung des deutschen Panzerbaus in die Bedeutungslosigkeit, nicht kurzfristig, nicht schnell, sondern zermürbend auf lange Sicht. Es ist genau die gleiche Entwicklung, die wir beispielsweise im Flugzeugbau erlebt haben, oder in anderen Feldern der Rüstungsindustrie. Und sie wird Auswirkungen auf die europäische Souveränität haben, deutlich stärker, als das der Politik augenscheinlich bewusst ist (oder es ist ihr egal).
Aus dem Grund finde ich die Diskussion auch so unsinnig und müßig, es spielt gar keine Rolle, mit wem irgendwas entwickelt werden soll, wenn wir es nicht hinkriegen, wenn wir es nicht finanziert bekommen, wenn nicht langsam klar wird, was anderswo konzipiert wird und welche Auswirkungen das langfristig haben wird.
Zitat:Du folgst da gerade genau dieser mMn falschen Vermischung der Elemente MGCS-Ausstieg, Entwicklung einer neuen Generation und Technologiesprung.
Ich folge da nur der tatsächlichen Entwicklung. Die Ansicht, dass man aus dem MGCS aussteigen sollte, dass eine Fortentwicklung des Leopard reicht, und das man damit schon irgendwie eine konkurrenzfähige neue Generation auf den Markt bringen kann, wird politisch vorgebracht, wird industriell vorgebracht, und augenscheinlich auch hier im Forum diskutiert. Genau diese Vermischung in der Form sehe ich als Problem.
Zitat:Diese neu gebauten Leoparden werden noch lange Zeit gemeinsam mit ihrem Nachfolger eingesetzt werden, weshalb ich hierfür den Begriff "Halbgeneration" zutreffend finde.
Es ist eine neue Leopard-Generation, die bereits mit dem 2A7 eingeläutet wurde (ich folge da der Ansicht ausgewiesener Experten auf diesem Gebiet). Aber mit Blick auf die Gesamtentwicklung im Panzerbau teile ich diese Ansicht nicht, weil die Veränderungen dafür in einem größeren Rahmen betrachtet zu gering sind. Letztlich ist das aber Semantik, mir geht es um die Kombination von technologischem Stand und dem Zeithorizont.
Zitat:Natürlich wäre das so richtig. Ich glaube nur nicht daran, dass sich das in einem deutsch-französischen Projekt noch umsetzen lässt.
Abwarten. Papier ist geduldig, und Medien sind Geier. Aktuell ist mir da zu viel Geschrei, und zu wenig Substanz. Das kann natürlich alles stimmen, muss es aber nicht. Der neue Ansatz kann auch Früchte tragen. Ich bleibe geduldig.
Zitat:Das ist mir persönlich komplett egal, weil ich weiterhin der Meinung bin, dass eine französische Projektbeteiligung den Interessen aller anderen Beteiligten mehr Schaden als Nutzen bringt.
Das sehe ich anders, gerade aufgrund der von dir genannten Argumente dagegen, weil Deutschland in meinen Augen einen starken Gegenpol braucht. Aber ich würde nicht so weit gehen, dass es zwingend Frankreich sein muss. Für mich muss es auch nicht zwingend das MGCS sein. Nur glaube ich nicht, dass es realistisch betrachtet in einer anderen Konstellation besser wird.
Zitat:Weil Rheinmetall nur entweder führen wird oder nicht dabei sein darf, wie bereits erläutert.
Das wurde erwähnt, aber nicht erläutert. Und mir fehlt immer noch die Erklärung dafür, warum das so sein sollte. Mit den richtigen politischen Rahmenbedingungen könnte man meines Erachtens Rheinmetall durchaus als Partner integrieren, dafür braucht es nur klare Festlegungen. Und solche sind nicht neu, gerade auch für die beteiligten Unternehmen nicht. Optimal ist die Situation natürlich nicht, darüber wurde hier schon genug geschrieben.
Zitat:Ein wichtiger Grund für diese Zwickmühle ist halt, dass rein technisch betrachtet, KMW mit einigen nachgeordneten Partnern (MTU, Renk, Diehl...) alleine eigentlich schon etwa die Hälfte zur Fahrzeugplattform beisteuern müsste, weil sie da einfach besser sind als die anderen. Somit sind die deutschen 50%-Projektanteil aufgebraucht und Rheinmetall kriegt nichts mehr ab, es sei denn, man bohrt das ganze Projekt soweit auf, dass die Fahrzeugplattform nur noch ein Viertel des ganzen ausmacht, was aber schlicht keinen Sinn macht im aktuell bestehenden binationalen Rahmen des Projektes....
Das sehe ich nicht so, weil ich den elektronischen Komponenten einen höheren Stellenwert beimesse. Und hier hat gerade wenn es um den Punkt der Vernetzung und Steuerung geht Frankreich durchaus einiges zu bieten, dass elementar für ein solches Programm ist, und dass einen guten Gegenpol zu der mechanischen Fahrzeugkonstruktion darstellen könnte.
Da ein Rückschritt auf den Stand KNDS ja augenscheinlich nicht möglich (weil nicht gewollt) ist, könnte man sich überlegen, wie man die jeweiligen Rüstungsindustrien auf beiden Seiten des Rheins breiter einbindet. Möglich ist das durchaus, schwierig sicherlich.
Aber selbst wenn man das als unmöglich betrachtet, als welchem Grund sollte man dann Rheinmetall die Führerschaft übertragen? Was für Vorteile sollte das innerhalb oder außerhalb eines MGCS konkret bieten? Die Fragen stelle ich wiederholt, ich kriege aber nur die Antwort, dass das so sein muss.
(07.09.2023, 23:30)Schaddedanz schrieb: [ -> ]Das Schützenpanzerchassis bietet an weil damit erstmal die wichtigsten 3 Varianten präsentiert werden können. Richtig ist dabei auch das ein so entstehender Kampfpanzer für ein anderes Taktisches Verhalten gedacht ist als die Bauweise des Leopard 2/EMBT, grundsätzlich weder schlechter noch besser einfach anderes. Damit kann man Testen ob man damit Arbeiten kann (und ja das kann auch bedeuten das es nicht mit der gewünschten Doktrin vereinbar ist.
Das spricht für ein Experimentalmodell, gegen das nichts einzuwenden ist, aber nicht für einen "kurzfristig" serienreifen Kampfpanzer, den jeder haben will.
Für mich sind es aber zudem zwei andere Punkte aus technischer Hinsicht. Zum einen hast du völlig recht, dass ein solches Fahrzeug erstmal primär anders, aber nicht grundsätzlich besser oder schlechter wäre. Allerdings empfinde ich den Ansatz, ein Fahrzeug so zu gestalten, weil man zwingend ein vorhandenes Element verwenden möchte, als einen grundsätzlich schlechten Weg. Es muss in meinen Augen erst das Grundkonzept geklärt werden, und dann kann man schauen, welche Komponenten man von vorhandenen Entwicklungen ableiten kann.
Zum anderen ist rein von den Rahmenbedingungen (bspw. Gewicht) der Unterschied zwischen einem zukünftigen Kampfpanzer und einem vorhandenen Schützenpanzer so groß, dass sich der Aufwand für die Anpassung meiner Ansicht nach nicht groß von einer Neukonstruktion unter Verwendung bestehender Komponenten unterscheidet. Weil aber eine solche Neukonstruktion mehr Flexibilität bei der Fahrzeuggestaltung bietet, wäre sie bei einem ähnlichen Aufwand zu bevorzugen.
Am Ende mag es so sein, dass man ein Einheitschassis für alle drei Komponenten hat, vielleicht würde es sogar wesentliche Anleihen am Lynx nehmen. Aber den umgekehrten Weg halte ich nicht für sinnvoll, und schon gar nicht in einem solch kurzen Zeitrahmen für erfolgsversprechende Option.
Zitat:Was die Schlagkraft angeht kann man die 130mm bauen aber viel interessanter wäre es dieses Konzept sowohl für die Kampfpanzerausführung wie auch die Artillerieausführung auf 155mm anzusetzen.
Schon amüsant, aus meiner Perspektive stelle ich mir eher die Frage, ob man überhaupt auf eine Kalibererhöhung gehen sollte, ob die Hauptbewaffnung nicht grundsätzlich überdacht werden sollte und welche Wege es dafür geben könnte, um die Gefechtsautonomie auch zeitlich zu erhöhen, etwa indem mehr Munition mitgeführt werden kann. Und dann kommst du mit so einer Idee, für die in meinen Augen nichts spricht, aber so viel dagegen, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Zum Glück hat Broensen da schon etwas zu geschrieben.
Zitat:Und jetzt kommen wir zum ersten Schritt, Ungarn für aktuell den Lynx ein heimisch produziert, damit kann man die Prototypen für einen Test des Konzepts direkt produzieren und ausprobieren, bevor man sich an die effektive Verbesserung von Panzerung/äußere Formgebung dran gibt (was dann im Endeffekt auch den größten, weil unveränderlichen, Risikoblock beim MGCS darstellt).
Ich kann dir nicht folgen, welchen Vorteil sollte es bieten, den Prototypen in einer Fabrik für die Serienproduktion zu fertigen, anstatt da, wo das Fahrzeug letztlich entwickelt werden würde? Das ergibt für mich überhaupt keinen Sinn, geschweige denn ergeben sich daraus irgendwelche Vorteile.
Zitat:Damit steckt da genug Potenzial drin, für ein vollwertiges MGCS-Konzept.
Für mich sind die von dir genannten Aspekte, unabhängig davon ob ich deine Ansichten teile oder nicht, die am wenigsten relevanten Punkte der MGCS-Entwicklung.