srg:
Zitat:die Doktrin alles zu panzern um die Verluste zu minimieren ist zwingend notwendig, weil die Verluste sonst auf ein Niveau steigen würden, welches vom Volk nicht mehr akzeptiert werden würde
Der entscheidende Passus ist hier der Begriff
Alles.
Und ob man alles Panzern muss ist eine Frage der Vorgehensweise. Wenn man so vorgeht wie wir, dann muss man dies zweifelsohne. Das bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass es richtig ist, sondern dass die Vorgehensweise falsch ist.
Der Zwang alles zu panzern resultiert aus einer falschen Vorgehensweise, einer falschen Taktik und einer falschen Doktrin.
Würde man eine andere Doktrin und Taktik und damit eine andere Kampfweise verwenden, bräuchte man im weiteren eben nicht
alles zu panzern.
Zudem ist Panzerung nicht gleich Panzerung. Die Frage ist, wogegen panzert man das Fahrzeug und wie stark soll diese Panzerung sein. Heute legt man ein immenses Primat auf den Schutz gegen Minen/IED. Das steigert das Volumen und die Höhe der Fahrzeuge erheblich und auf zweifache Weise das Gewicht der Panzerung: 1 Mehr Volumen und Höhe heißt mehr Außenfläche - also mehr Panzerung 2 die Panzerung muss schwerer sein weil sie bizarr starken Sprengfallen stand halten soll.
Dies ist eine Fehlentwicklung aus drei Gründen: 1 die Feinde werden einfach stärkere Sprengfallen verwenden, diesen Wettlauf kann die Panzerung nur verlieren 2 in einem konventionellen Krieg sind Sprengfallen nicht die primäre Gefahr 3 die immer schwerer werdende Panzerung zwingt die Panzer auf einen immer kleineren Bereich der Fläche zusammen und erleichtert damit dem Feind die Bekämpfung der Panzer, weil diese sich auf immer mehr Engstellen konzentrieren (müssen).
Darüber hinaus steigen die Kosten pro Fahrzeug immens an und damit sinkt die Zahl der Fahrzeuge ab.
Damit kann der Feind seine
begrenzten Mittel auf immer weniger Fahrzeuge auf einer immer kleineren Fläche konzentrieren. Eine absolute Fehlentwicklung, so dass am Ende der Feind die Panzer leichter bekämpfen kann als wenn sie weniger stark gepanzert wären.
Was haben nun all diese Ausführungen mit Raketenartillerie zu tun?!
Eine
leichte Raketenartillerie wie hier skizziert würde es ermögilchen, sehr weit "vorne" eine immens hohe Feuerkraft bereit zu stellen welche direkt organisch in den Bataillonen der Kampftruppe geführt wird und damit ohne höhere Ebenen direkt abgerufen werden kann. Somit kann viel mehr Feuerkraft viel schneller und viel effektiver bereit gestellt werden. Feuerkraft aber ist ein Schutz für sich selbst.
Wenn man nun eine andere Kampfweise, eine andere Taktik also andenkt, so kann man den Feind mit dieser Feuerkraft sogar relativ leicht vernichten ohne dass diese eine Möglichkeit hat an die leichter gepanzerten Plattformen überhaupt heran zu kommen.
Wenn diese Raketen sekundär die Kampftruppe auch noch gegen Luftziele schützen können und bedingt CRAM leisten können, erhöht dies den Schutz noch weiter, insbesondere auch in ernsthaften Kriegen in denen Artillerie für Panzer das primäre Problem ist. In jedem größeren Krieg werden Panzer primär durch LNU und Artillerie zerstört werden, und nicht durch Sprengfallen oder RPG-7. Gegen letztgenannte hat man zudem die Hardkillsysteme als sehr weitgehenden Schutz.
Deshalb bin ich der Überzeugung, dass eine leichte organische Artillerie direkt in die Kampftruppen-Bataillone gehört bzw in die Kampfgruppen, noch unterhalb der Brigade-Ebene. Aufgrund ihrer Dualen Funktion als Artillerie (auch gegen Panzer) wie Luftabwehr eignet sich hier für Raketenartillerie mehr als Rohrartillerie. Zudem kann solche Raketenartillerie schneller eine höhere Feuerkraft ins Gelände bringen, hat dafür aber eine geringere Durchhaltefähigkeit, was aber im Gefecht selbst nicht so von Belang ist da hier die Gefechtsdauer wie die zu erwartenden Verluste dies weniger bedeutsam machen.
Man braucht also ein System der Missile Troops (Archer-Jones) möglichst weit unten - und das geeigneteste System dafür ist Raketenartillerie.
Diese meine These läuft völlig konträr zu dem was heute dafür angedacht ist: nämlich Raketenartillerie möglichst weit oben einzugliedern (frühestens auf Divisions-Ebene, eher noch auf Korps-Ebene). Das verengte die Raketenartillerie auch zunehmend auf Systeme hoher bis sehr hoher Reichweite welche auf taktischer Ebene damit schlecht praktisch genutzt werden können.
Einen gewissen Übergang zu den normalen PALR bieten hier auch PALR hoher Reichweite welche auch NLOS wirken können. Systeme wie die Tamuz 2 und Tamuz 4 sind hier gute Beispiele für ein System dass eher eine Raketenartillerie als eine PALR ist.
Solche Systeme muss man im weiteren nur dazu befähigen, auch Luftziele zu bekämpfen und schon hat man die LART welche ich als Systemansatz andenke: eine Luftabwehr-Artillerie. Solche kann man auch als Rohrartillerie realisieren, aber gerade in den Bataillonen der Kampftruppen macht hier aus dne oben genannten Gründen eben eine
leichte Raketenartillerie mehr Sinn.
Und hat man durch eine solche leichte Raketenartillerie sowohl Schutz gegen feindliche Luftangriffe (was die Verluste reduziert !) wie auch bedingt CRAM (was die Verluste reduziert !) dann kann man damit auch die Feinde weitgehend vernichten bevor sie ihre Waffenwirkung richtig zum tragen bringen können (was die Verluste reduziert !). Um aber eine solche leichte Raketenartillerie in signifikantem / wirksamen Umfang einsetzen zu können, braucht man viel davon, auch um damit entsprechende feindliche Gegensysteme sättigen zu können. Und das geht aus logistischen wie auch taktischen Gründen nur auf leichten Plattformen, also nicht so stark gepanzerten Plattformen.
Das hat auch noch folgenden Grund: im modernen Krieg gegenüber einem ernsthaften Gegner schützt noch so viel Panzerung kaum noch. Das einzige was hier gegenüber der feindlichen Feuerkraft schützt ist 1 Tarnung 2 ständige schnelle Bewegung und 3 eine möglichst weite Verteilung aller Einheiten in der Fläche.
Und alle 3 wesentlichen Punkte werden durch die Größe des Fahrzeuges und eine schwere Panzerung erheblich behindert. Insbesondere auch der Punkt 3 ist es, welcher uns praktisch schwer zu schaffen macht, immer schwerere Panzer werden auf einer immer kleineren Fläche zusammen gedrängt und können auch nur dort auftreten mit dem Ergebnis dass es sowohl leichter ist sie aufzuklären wie zu bekämpfen, wie auch ihre Geschwindigkeit immer mehr reduziert wird.
Was nützt also ein überschwerer Radpanzer mit immensen Minenschutz der gerade mal ein MG und 8 Jäger hinten drin hat, wenn jede moderne Artillerie ihn mit Leichtigkeit zerstören kann, er im Gelände eingeschränkt ist und als fahrendes Scheunentor nicht zu tarnen ist ?! Der nützt allenfalls, wenn man auf eine solche ebenso bizarre wie perverse Weise einen Pseudokrieg gegen absurd schwache Feinde führt, wie wir das in Afghanistan getan haben. Ein solches Fahrzeug ist also der reinste Ausfluss der Afghanisierung, und einer falschen, weil untauglichen und für jeden ernsthaften Krieg falschen Doktrin.
Umgekehrt würde ein halbes dutzend solcher Raketenwerfer auf entsprechenden leichten Fahrzeugen (bei gleichen Kosten wie der oben skizzierte Radpanzer) immens viel nützen und würde sogar sekundär in einer Luftverteidigungs- und CRAM Rolle eine Menge Schutz für jedes andere System im Raum bieten. Vor allem würden diese Einheiten immens viel mehr Feuerkraft bieten und damit die Möglichkeit den Feind tatsächlich zu vernichten.
Zitat:weil die Verluste sonst auf ein Niveau steigen würden, welches vom Volk nicht mehr akzeptiert werden würde.
Wir sollten ohnehin grundsätzlich weg von dieser Konzentration aller Dinge auf die eigenen Verluste, hin zu einer Konzentration aller Dinge darauf: dem Feind Verluste zuzufügen. Das oberste Bestreben sollte es gerade eben nicht sein, eigene Verluste krampfhaft unter allen Umständen vermeiden zu wollen - sondern so viele Feinde wie nur irgendwie möglich so schnell wie nur irgendwie möglich zu töten.
Diese Fixierung auf uns selbst, auf unsere Verluste, auf die Panzerung hat ja noch viel weiter reichende Folgen: sie führt zu einer verzagten, schwächlichen und defensiven und passiven Grundeinstellung ! Das färbt auf die ganze Armee ab, immer mehr und mehr. Und führt beispielsweise zu der fatalen Fehlerkultur in der BW (genauer genommen der krankhaften Fehlervermeidungskultur der Checklisten-Offiziere). Selbst die Verteidigungsministerin hat mehrfach schon diese krampfhafte Fehlervermeidungskultur als ein primäres Problem der BW genannt, und ebenso hat sich der Wehrbeauftragte in seinem letzten Bericht dazu detailliert ausgelassen.
Wir müssen weg von diesem Denken: Mehr Panzerung damit wir nicht getötet werden - hin zu einem Denken: mehr Feuerkraft und Beweglichkeit und Tarnung damit mehr Feinde schneller getötet werden können. Im Krieg geht es nicht darum selbst nicht zu sterben, sondern den Feind zu töten.
Und dazu eignet sich eine leichte hochmobile Raketenartillerie nunmal wesentlich besser als ein Maschinengewehr auf einem bizarr überpanzerten Radfahrzeug !
PS: Schwere Einheiten braucht man auch, keine Frage. Aber man braucht sie als Spezialisten, als eine kleine notwendige Ergänzung der anderen Systeme. Kurzum: als schwere Panzer, welche als primäre Einbruchs-Einheit dienen. Aber selbst solche Spezialisten kommen heute nicht voran, wenn sie nicht ausreichend mit Feuerkraft unterstützt werden und dafür braucht man ein System welches direkt der Kampftruppe in den Bataillonen abwärts zur Verfügung steht.
Dafür in den von mir skizzierten Jäger-Regimentern immer die Raketen-Kompanie oder in den Kampfgruppen und Bataillonen abwärts die LART Einheiten etc