Da ist durchaus etwas dran, was ja auch einer der primären Gründe ist, warum ich eine Wehrpflichtarmee befürworte um die Kosten für die lebendige Wehrkraft zu senken. Deine Rechnung verkennt aber, dass auch jedes Fahrzeug, jedes technische System erhebliche Kosten für lebendige Wehrkraft nach sich zieht.
Deine Rechnung ist ja nur 5 Infanteristen für 1 Mio pro Jahr gegenüber einem technischem System (welches durchaus mehr Einheiten umfassen kann, beispielsweise mehrere Mini-Drohnen etc) welches 1 Mio kostet.
Diese Rechnung lässt außer Acht, wie gering die Folge- und Nebenkosten sind.
Erstens können Infanteristen sehr weitgehend aus dem Land leben und brauchen in Wahrheit eine viel geringere Versorgung (insbesondere wenn sie als echte leichte Infanterie agieren), sie verursachen also einen insgesamt geringeren logistischen Fußabdruck (der Regieaufwand für hochtechnische Systeme ist immens viel größer!).
Zweitens sind vollautonome technische Systeme leider hier und heute nicht realisierbar bzw nicht so realisierbar dass sie einen ernsthaften praktischen Nutzen im konventionellen Krieg hätten. Deine Rechnung lässt damit außer Acht, dass dein technisches System also ebenso Bediener braucht, Techniker und Inst-Einheiten und diese wiederum ebenso versorgt werden müssen und dann müssen sie aber auch noch gesichert werden weil sie sich im Gegensatz zu einer Kampftruppe der Infanterie nicht selbst sichern können.
Du hast durchaus recht, dass die Kosten für die lebendige Wehrkraft heute ebenso ein massives Problem sind! Aber gerade die Verwendung von viel Technik erhöht diese menschlichen Kosten, weil mehr Menschen mit so einem System gebunden sind.
Ad extremum nimm mal ein Kampfflugzeug. Nur damit ein 4 Gen Jet wie der Eurofighter fliegt sind nicht nur der Pilot (und eventuell eine Ersatzbesatzung für mehr Einsätze in Folge) notwendig, sondern es sind hunderte von Menschen notwendig um das System einsatzfähig zu erhalten und alles in allem (mit angehängten Transportbataillonen, Sicherungsstaffel usw) Tausende.
Selbst die von dir favorisierten strategischen Drohnen (strategisch als Begriff aufgrund der von dir angedachten Einsatzweise, also nicht aufgrund der technischen Konzeption der Drohne sondern lediglich aufgrund der Einsatzweise !) erzeugen einen erheblichen Personalaufwand!
Nehmen wir mal eine MQ 9 Reaper. Mit der Drohne und ein paar Piloten ist es hier ja bei weitem nicht getan. Selbst so ein System bindet insgesamt mehrere hundert Menschen welche allesamt ganz genau so kosten wie ein Infanterist. Darüber hinaus kann eine MQ9 für sich alleine gar nicht operieren. Sie werden immer in 4 Einheiten zusammen eingesetzt um eine ausreichende Einsatzdichte erzeugen zu können. Eine solche Einheit erzeugt beispielsweise nicht weniger als 120 Millionen Dollar Kosten.
Demgegenüber kannst du für das gleiche Geld selbst bei deiner Rechnung von 1 Millionen Euro für 5 Infanteristen nicht weniger als 600 Infanteristen dafür einsetzen.
Auf der einen Seite hast du also 1 Drohne. Auf der anderen Seite für das exakt gleiche Geld 600 Infanteristen mit vollständiger Bewaffnung.
Und solche Vergleiche kann man im Endeffekt für eine Vielzahl von Systemen stellen.
Insbesondere aber für Fahrzeuge und insbesondere für schwer gepanzerte Fahrzeuge (um den Bogen zurück zu spannen zum Armata) gilt ohne Ausnahme, dass sie einen erheblichen logistischen Fußabdruck erzeugen und dass es die bloßen Kosten für die Beschaffung pro Einheit nicht sind.
Dazu treten die vielen Soldaten welche so ein System bindet, welche aber nicht als Kampftruppe direkt einen Beitrag zum Kampf liefern, sondern nur indirekt dem System der Kampftruppe zuarbeiten. Je technisierter ein solches System, je mehr Goldrandlösung, und je mehr verschiedene Systeme man hat, desto höher der Anteil der rückwärtigen Dienste und damit kommen wir zum primären Problem:
den menschlichen Kosten. Den die Kosten für die Menschen sind ähnlich hoch, völlig egal ob ich sie nun als Kampftruppe der Infanterie einsetze oder in den rückwärtigen Diensten für die Unterhaltung eines Kampfpanzers. Wenn die "Manpower" das ist, was bei uns viel kostet, dann geben wir immens viel für Einheiten aus, welche keine Kampftruppe sind, also nichts zum Kampf beitragen.
Und exakt dass ist die Gefahr der Übertechnisierung der Streitkräfte, dass wir durch ein Übermaß an rückwärtigen Diensten welche die Kampftruppe eigentlich nähren sollen, ihr den Kampf ermöglichen sollen anfangen, diese im Kampf sogar zu behindern bzw einzuschränken.
Den die Kosten für die Menschen hast du trotzdem, nur dass diese Menschen nichts zum Kampf direkt beitragen. Auch der Verwaltungssoldat einer Transportkompanie kostet Unterkunft, Lohn, Verpflegung und Ausrüstung, kostet kaum weniger als ein Infanterist.
Du schreibst explizit, dass der menschliche Anteil bei der Infanterie höher ist als bei anderen Truppentypen. Dem ist gerade eben nicht so. Je technischer das System, je aufwendiger und komplexer, desto mehr Menschen werden damit gebunden, nur eben nicht in der Kampftruppe sondern an anderer Stelle. Diese Menschen welche also ebenso erhebliche Kosten verursachen, tragen aber dann eben nichts zum Kampf bei.
Bei Kampffahrzeugen spricht dies beispielsweise durchaus für die propagierte Automatisierung und möglichst weitgehende Ersetzung von Menschen durch Rechner etc, aber hier gibt es eben noch technische Grenzen. Ein praktisches Beispiel:
Eine Infanterieeinheit (Bataillon) hat 400 Mann Kampftruppe (frei aus der Luft heraus). Zum Transport hat sie Fahrzeuge mit 8 Mann Absitzstärke. Dann braucht sie insgesamt 50 solcher Fahrzeuge. Jedes der Fahrzeuge hat Fahrer, Schütze und Kommandant. Dann binden die Fahrzeuge nicht weniger als 150 Mann nur weil sie da sind. Darüber hinaus braucht man GSI, Inst, Versorgung usw für die Fahrzeuge, Betriebsstoffe und Tankstellen, Werkstätten und Ersatzteillager, die Fahrzeuge müssen ebenso gewartet werden usw usf jedes einzelne Fahrzeug bindet noch weiter mehrere Soldaten.
Es sind diese
versteckten menschlichen Kosten auf die ich hinaus will. Jedes technische Systeme bindet einen Haufen Menschen welche direkt zum Kampf wenig bis nichts beitragen, und die Kosten für so viele Menschen addieren sich.
Nehmen wir nun mal an, wir hätten Fahrzeuge mit nur einem Fahrer und 15 Mann Absitzstärke (gibt es hier und heute). Das praktische Ergebnis wären dann ca halb so viele Fahrzeuge wie im ersten Beispiel (27 Fahrzeuge im Vergleich zu 50 Fahrzeugen), nur 27 Mann Besatzung statt 150 Mann Besatzung und weil es viel weniger Fahrzeuge sind auch viel weniger Inst, Werkstätten, viel weniger Betriebsstoffe usw usf
Man spart schlicht und einfache eine Menge Menschen ein. Es geht mir also gar nicht so sehr darum, die Zahl der für die direkte Verwendung der Systeme im Kampf benötigten Menschen zu vergleichen, sondern die Zahl der Menschen miteinander zu vergleichen, welche im ganzen Rattenschwanz welcher da hinten dran hängt mit berücksichtig werden müssen.
Und gerade deshalb ist die Rechnung von 5 Infanteristen für 1 Mio gegenüber einem technischen System für 1 Mio so falsch.
Das Problem des ARMATA wie jedes anderen Panzers ist also nicht, dass dieser ca 3,5 Mio pro Einheit kostet wofür man sich nach deiner Rechnung ca 18 Infanteristen mit Waffen leisten kann, sondern dass dazu ja immer noch die Besatzung, Pioniere, Bergepanzer, die Soldaten der Versorgungsdienste, die für die Distribution der Betriebsstoffe benötigten Kräfte usw hinzu treten.
Selbst der ARMATA mit nur 3 Mann Besatzung bindet zumindest als Besatzung 3 Soldaten, welche exakt die gleichen menschlichen Kosten verursachen wie ein Infanterist.
Nehmen wir mal 2 ARMATA und gehen sogar davon aus, dass 6 Panzerfahrer nur 1 Mio pro Jahr kosten während 5 Infanteristen auch 1 Mio kosten - die Panzerfahrer also billiger sind (was sie nicht sind, weil sie üblicherweise eine höheren Dienstgrad haben und mehr Gehalt beziehen).
Dann kommen wir für die zwei Kampfpanzer allein auf 8 Mio, also einem Äquivalent von bereits 40 Infanteristen mit Bewaffnung (einschließlich Panzerabwehrwaffen).
Damit ist es bei den Kampfpanzern im Gegensatz zur Infanterie aber eben nicht getan. Es treten hinzu: Pionierpanzer, Bergepanzer, GSI, Inst, Werkstätte, Betriebsstoffe usw.
Nehmen wir mal an, dass bindet auf die 2 Kampfpanzer herunter gebrochen 12 weitere Soldaten die auch nur 2 Mio kosten sowie Fahrzeuge, Ausrüstung und Betriebsstoffe im Wert von einer weiteren Mio, stehen wir hier bereits bei 13 Mio.
Für zwei Kampfpanzer im Feld kannst du hier also 65 Infanteristen einsetzen. Abhängig von Terrain und Auftrag ist hier jeweils die eine oder die andere Seite überlegen.
Deshalb halte ich es für verfehlt, Infanterie hohe menschliche Kosten im Vergleich zu Panzern, Drohnen usw vorzuwerfen, weil diese technischen Systeme ebenso hohe menschliche Kosten verursachen und darin keinen wirklichen Vorteil haben, weil deine Rechnung die versteckten menschlichen Kosten der technischen Systeme außer Acht lässt.
Zitat:Du kannst heute einen hochkomplexen Computer durch hohe Automatisierung und Standardisierung unglaublich günstig produzieren, wahrscheinlich um den Faktor 50 günstiger als noch in den Anfängen. Technik ist nicht generell teuer.
Nicht alle Technik ist teuer, keine Frage. Aber auch günstige Technik erzeugt wenn sie im Krieg eingesetzt wird menschliche Kosten, was du meiner Ansicht nach außer Acht lässt. Jede Technik die du einsetzt bindet Menschen und erzeugt menschliche Kosten durch ihren Einsatz - und autonome Systeme sind hier noch Zukunftsmusik.
Zitat:echnik könnte viel günstiger als Infanteristen sein, wenn man sie massenweise herstellen könnte.
Zweifelsohne, aber die Herstellungskosten sind nicht alles. Der Einsatz erzeugt dann immer ebenso menschliche Kosten, nur dass die Menschen selbst hier halt keine Kampftruppe mehr sind sondern diese Aufgabe entsprechend von dem technischem System erledigt wird - das hat aber immer hohe menschliche Kosten zur Folge und zwar umso höhere, je leistungsfähiger und komplexer ein solches System ist und diese Komplexität kannst du nicht nach belieben reduzieren weil du sonst einem einfachem Menschen gegenüber nicht die notwendige Redundanz hast.
Um vereinfacht Sven Ortmann zu zitieren: selbst 50 perfekt unsichtbare Drohnen mit extremst präziser Munition können keinen Angriff von 10 000 Pick-Ups mit AK Schwingern abwehren. Lange bevor die Drohnen ernsthafte Wirkung erzielen würden, wären ihre Startplätze bereits überrannt, ihre rückwärtigen Verbindungen und ihre Logistik abgeschnitten.
Gerade deshalb eignen sich Drohnen für die strategische Luft-Kriegsführung gegen unterentwickelte Gegner in Übersee, aber nicht für den konventionellen Krieg.
Und in Bezug auf den ARMATA muss man hier festhalten, dass dieser gerade eben ein gutes System für den konventionellen Krieg ist, auf welches wir eine Antwort finden müssen welche vor allem auch eine bestimmte notwendige Quantität aufweist und dies kann nur dann gehen, wenn man nicht in allen Bereichen der Streitkräfte hochtechnisierte Systeme für alles und jedermann anstrebt, weil dann die versteckten Kosten der Technik die notwendige Quantität verhindern.