(04.05.2022, 22:24)Pogu schrieb: [ -> ]Ich vermute, die Rechnung würde für die russische Seite aufgehen. Sie wissen jetzt sehr genau, was sie erwartet. In der Geschichte haben die Russen immer eine längere Einschwingphase gebraucht. Die ukrainische Seite hingegen wird nicht mehr viel Erwartungswidriges aufbringen können.
Ich gehe von höchstens drei Monaten nach einer Mobilmachung aus und der ukrainische Widerstand ist erstickt.
Da bin ich anderer Auffassung.
Auf russischer Seite lassen sich die bestehenden Probleme durch eine Mobilmachung nur teilweise lösen.
Wesentliche Teile der russischen Armee sind vernichtet worden, die materiellen Verluste sind substantiell.
Da fehlt es mittlerweile nicht nur an Personal sondern auch an jeder Menge Material um dem Krieg in der Ostukraine noch eine entscheidende Wendung zu geben.
Es wird da nicht reichen die verschlissenen Einheiten einfach mit genügend frischen Personal /Kanonenfutter aufzustocken um den Gegner zu erdrücken. Das endet nur mit einen Blutzoll, den auch die Russen sich nicht leisten können werden. Schlicht weil der politische Blowback zu groß wird wenn die Verlustzahlen deutlich ins Sechsstellige gehen. Und das wird nun mal passieren, wenn hier demotivierte Reservisten mit mangelhafter persönlicher Ausstattung und minimaler Vorbereitung gegen einen vorbereiteten Gegner antreten soll.
Insofern würde eine Mobilmachung den Russen es bestenfalls ermöglichen, eingenommenes Gebiet leichter gegen Ukrainische Gegenstöße zu halten. Für alles weitere muss neben personellen auch materielle Reserven an die Front geschafft werden Da stellt sich zuallererst die Frage, inwieweit überhaupt noch ausreichend Material im Nutzbaren Zustand vorhanden ist, um ganze Reserveverbände (jenseits von AK47 mit Stahlhelm und Flasche Vodka) kriegstauglich auszustatten. Ich habe meine Zweifel.
Ebenso halte ich es für sehr optimistisch, dass die Russen es innerhalb von wenigen Monaten schaffen würden, diese Reserven nicht nur zu aktivieren (Generalüberholung, Einweisung am Gerät, Training im Verband) sondern auch an die Front zu verlegen, in die bestehende Befehlskette zu integrieren und geschlossen einzusetzen.
Das hat schon mit der Garde und intakter Logistik nicht funktioniert und soll jetzt mit irgendwelchen Bauerntöpeln und T-62 die Wendung bringen? Na dann.
Auf der anderen Seite - mein Eindruck ist nicht, dass die Ukrainer durch die russische Offensive im Donbass aktuell maximal belastet sind. Meiner Einschätzung nach sind die eher dabei eine strategische Reserve für den Sommer zu generieren und ansonsten Gelände gegen russisches Blut und maximalen Zeitgewinn einzutauschen.
Ich erwarte da, dass sie die sich abzeichnende operative Pause nach dem Auslaufen der Donbassoffensive effektiver Nutzen können werden als die Russen. Im Sommer dann werden die russischen Reservisten auf neu ausgehobene mit westlichen Material ausgestattete Einheiten treffen. Der Blutzoll wird hoch sein aber unterm Strich wird da nichts bei rumkommen.