Kos:
Zur Zeit als man die Offensive begann hatte man eigentlich keinen Munitionsmangel. Da sah es vorübergehend sogar noch so aus, als ob man die Russen im Konterartilleriefeuer klein kriegen könnte. Das russische Artilleriefeuer brach ein, HIMARS wirkte sehr gut, die Russen mussten erst alles umstellen, außer Reichweite bringen und dislozieren und die ganze Munition welche sie aus NK und sonstwoher gezaubert haben war noch nicht da. Von daher lag es nicht unbedingt an der Artillerie dass die Offensive scheiterte - spezifischer aber nicht an einem Munitionsmangel derselben.
Nur: man hat dann während der Offensive die eigenen Munitionsreserven sehr zügig verbraucht, die Europäer (und andere) haben aber nicht so nachgeliefert wie zugesagt (!) und man erhielt also nicht den Nachschub den man für einen Verbrauch in derartiger Größenordnung benötigt hätte. Das zeichnete sich schon im Frühsommer 23 so ab, ich schrieb explizit darüber. Man hat für die Offensive sehr viel Munition verbraucht, aber nicht so viel wie notwendig nachgeliefert bekommen und gerade eben daraus resultiert der aktuelle Munitionsmangel.
Was da fehlte ist das was ich immer mit buchhalterische Vorsicht bezeichne. Man sollte und darf sich einfach nie darauf verlasssen, dass die lieben Partner einem das geben werden was man benötigt und man benötigt immer Reserven. Die Ukrainer haben aber ihre Reserven in die Offensive investiert, statt sie auszubauen und zu vergrößern. Auch das habe ich schon vor der Offensive so beschrieben und als Fehler benannt.
Zitat:Dazu hatten sich die Russen auch noch massiv eingegraben.
Nicht überall. Sondern spezifisch da am stärksten wo man die Offensive angesetzt hat. Weshalb man mit einer Offensive an einer anderen Stelle durchaus wesentlich erfolgreicher hätte sein können - wenn das Ziel der Offensive ein möglichst gutes Abtauschverhältnis gewesen wäre, also die Vernichtung russischer Einheiten, statt Gelände zu besetzen.
Kongo Erich:
Zitat:könnte man daraus schließen, dass jetzt das letzte Aufgebot an Mannschaften an die Front geschickt wird - der "Volkssturm" sozusagen - weil die jüngeren wehrfähigen Jahrgänge (soweit nicht zurück gestellt) schon ausgefallen sind, getötet oder verwundet?
Nicht nur. In den 90er Jahren wurde in der RF sehr wenige Kinder gezeugt. Das produzierte da eine demographische Lücke, welche sich jetzt im Krieg erheblich auswirkt und den Altersdurchschnitt der Soldaten dort noch über die Verluste hinaus künstlich hochdrückt. In der Ukraine übrigens das gleiche. Deshalb steigt der Altersdurchschnitt bei den einfachen Soldaten schneller an als dies mit den Verlusten erklärbar wäre. Ganz allgemein ist die russische Armee vergleichsweise "alt", dass war schon vor Kriegsbeginn so. Wenn man die Wehrpflichtigen rausrechnet war das Durchschnittsalter der Russen sogar schon vor Kriegsbeginn querschnittlich etwas höher als in anderen Armeen üblich.
Und die hohen Verluste und dieser Effekt zusammen haben dass nun sehr schnell in die Höhe schnellen lassen.
Allgemein:
Noch eine interessante Feststellung: die Verluste bei den Mobiks, über die man sich ja während der Mobilisierung im Netz allgemein lustig gemacht hat sind im Verhältnis und Angesichts der Umstände eigentlich erstaunlich "niedrig". Und gerade die Mobik Einheiten haben sich in der Verteidigung teilweise herausragend gut geschlagen. Die allgemein Vorstellung im Westen, dass die Mobiks allesamt Kanonenfutter sind, die von den professionellen Soldaten als lebender Kugel- und Schrappnellfang voraus geschickt werden stimmt so auch nicht. Teilweise betrachten die Ukrainer manche Mobik-Einheiten als schwierigere Gegner als die russischen Berufssoldaten.
Meine Erklärung dazu wäre, dass die Mobiks rein von Intelligenz, Befähigung und zivilen Fähigkeiten querschnittlich deutlich besser sind als die Berufssoldaten die sich in Russland oft aus Abschaum und Bodensatz rekrutieren.