22.03.2023, 13:45
IMO ist Bakhmut keine Falle; Bakhmut wird mit mittlerweile erheblichen Verlusten bis zum äußersten gehalten weil die politische Führung hofft, die Stadt bis zum kulminieren der russischen Offensivbemühungen halten zu können. Militärisch wäre es nach den erfolgreichen russischen Vorstößen an den Flanken sinnvoller gewesen (und ist es immer noch) aus der Stadt zurückzuweichen und die verzögernde Verteidigung in den mittlerweile befestigten Ortschaften jenseits der Stadt mit akzeptableren Verlusten fortzuführen. Zumal die Russen dort eh so abgenutzt sind, dass selbst mittelfristig keine raumgreifende Vorstöße zu erwarten sind.
Dass die Ukrainer nicht zurückgehen (Quintus würde sagen, nicht rechtzeitig zurückgegangen sind) liegt IMO schon daran, dass Zelensky hier politischen Befindlichkeiten der Vorzug gegeben und unnötig hohe Verluste in Kauf nimmt, nur damit Bakhmut gehalten werden kann. Sei es weil er die Stadt persönlich propagandistisch zu sehr überhöht hat, sei es weil er um jeden Preis verhindern möchte, dass noch unversehrte Städte und Ortschaften jenseits von Bakhmut zum Frontgebiet werden oder sei es weil er sich schlicht verrannt hat und die vielen Opfer doch nicht umsonst gewesen sein dürfen. Am Ende ist es wohl eine Rechtfertigung aus all diesen Aspekten.
Jedenfalls, da man sich entschieden hat wurde es notwendig, die Vorstöße an den Flanken einzufangen um eine Einkesselung der Stadt zu verhindern. Dies gelang spätestens nachdem jetzt frische und besser ausgestattete Kräfte (die Videos mit APCs als Schützenpanzer) herangeführt wurden, wobei mein Eindruck wir gesagt ist, das den Vorstößen über Bakhmut hinaus schon vorher die Luft ausgegangen ist und eine Einkesselung nicht unmittelbar zu erwarten gewesen wäre.
Seis drum, im Ergebnis geht der Kampf im Stadtgebiet mit unveränderter Brutalität weiter, die Ukrainer weiche sukzessive Häuserblock für Häuserblock zurück (bzw. werden an der unmittelbaren Kontaktlinie schlicht zerschlagen) und im Ergebnis wird Bakhmut fallen, egal wo jetzt genau südlich und nördlich die Umfassungsbemühungen der Russen liegen geblieben sind. Insofern ist Bakhmut für eine noch weiter ausgedehnte Verteidigung schlicht zu klein.
Was jetzt ukrainische Gegenoffensiven angeht – sie werden allgemein von allen Seiten erwartet (die russische Winteroffensive allerdings auch). Und freilich dient der Komplex Bakhmut dabei dazu, die Russen möglichst abzunutzen und sie zu verleiten möglichst viele Kräfte dort zu binden. Insofern, es wäre doch für den geneigten Beobachter keine Überraschung, wenn nach Ende der Rasputiza ein, zwei größere Ukrainische Angriffsbewegungen erfolgen.
Es wurde ukrainischerseits mehrfach klar kommuniziert, dass man den Winter nutzt um Reserven aufzubauen bzw. es zumindest versucht. Tatsächlich scheinen dann auch an der Front keine substantiellen Verstärkungen eingetroffen zu sein, insbesondere im Westen ausgebildete Kräfte verschwinden gerne in einem großen schwarzen Loch. Ähnliches gilt erhebliche Teile des vom Westen gelieferten Materials. So zumindest mein Eindruck.
Als Erklärung dafür taugt dann wahlweise nur, dass die Verluste (auch jenseits von den vllt. mehreren Tausend in Bakhmut) substantiell höher sind und wird davon fast nichts mitbekommen, oder das eben Reserven gebildet wurden und nun für das Frühjahr vorgehalten werden.
Wenig beachtet dabei übrigens auch der Umstand, dass die US-Offizielle Anfang vor dem ganzen Panzerdrama Anfang des Jahres sehr hektisch nach Kiev gereist sind und es hinter hieß, man habe die Ukrainer überzeugt, nicht anzugreifen bevor nicht im Frühjahr westliches schweres Gerät zuläuft.
Die Frage in Bezug auf Bakhmut ist halt, inwieweit (jetzt) Kräfte dorthin verlegt wurden die später bei einer Frühjahrsoffensive andernorts fehlen werden und die Stadt insofern eher zu einer Falle für die Ukrainer als für die Russen geworden ist. Auch ist denkbar, dass sich die Ukrainer angesichts der (politischen) Lage mittlerweile dazu entschieden haben eben (auch) bei Bakhmut in die Offensive zu gehen. Meines Erachtens wäre dies ein schwerer Fehler, zumindest wenn eine Offensive dort bedeutet, dass kein erfolgversprechender Angriff mit Stoßrichtung Asowsches Meer erfolgen kann.
Dieses Ziel muss in 2023 die höchste Priorität haben, schlicht weil es den Krieg strategisch entscheidend würde. Gelingt es der Ukraine bis zum Asowschen Meer durchzubrechen fällt perspektivisch alles westlich davon, inklusive der Krim und zwar zwangsläufig, sobald die Kertsch-Brücke zerstört ist. Schließlich ist es unrealistisch, dass Russland seine Soldaten westlich von Melitopol mit Helikoptern und Schiffen über das Asowsche Meer hinweg versorgen könnte. Eine Kapitulation der Truppen dort wäre nur eine Frage der Zeit und dann ist der Krieg unabhängig davon wo jetzt die Front genau im Osten verläuft effektiv entschieden.
Gemessen daran ist das was um Bakhmut geschieht völlig irrelevant. Tatsächlich halte ich das was da um Bakhmut stattfindet politisch und medial völlig überhöht. Gefechte im nicht allzu viel geringerem Ausmaß fanden/finden auch im Raum vor Svatove, um Avdiivka und natürlich Vuhledar statt ohne das damit Wohl und Wehe des ganzen Kriegsverlauf verknüpft wird. Die Lage um Bakhmut ist schwierig, für die dort eingesetzten Soldaten ist sie mehr als brutal und sehr wahrscheinlich ist die ukrainische Führung hier auch der einen oder anderen Fehleinschätzung unterlegen.
Aber global betrachtet bleibt die Stadt irrelevant und man kann nur hoffen, dass die Ukraine hier nicht substanziell Kräfte verbraucht hat (oder gar plant dort weitere einzusetzen) und in ein, zwei, drei Monaten vor Tokmak liegen bleibt.
Rückblicken halte ich dabei übrigens auch die Offensiven bei Kharkiv und insbesondere die Befreiung Khersons für einen Fehler. Nachdem sich die Hoffnungen im letzten Jahr, dass die Ukraine noch im Spätherbst eine Offensive aus dem Raum Zaporizhzhia führen würde nicht erfüllt haben wäre es schon damals wahrscheinlich sinnvoller gewesen, alle verfügbaren Kräfte mit dem Ziel Asowsches Meer einzusetzen. Kherson fällt bei Zerschlagung der Russischen Landbrücke sowieso und so beeindruckend die Gegenoffensive bei Kharkiv gewesen sein mag – eine womöglich mögliche strategische Entscheidung wurde damit verpasst. Man kann da nur hoffen, dass sie in 2023 nicht wieder den gleichen Fehler begehen und mit einer Offenisve Bakhmut befreien und die Russen dort einige Dutzend Kilometer zurückwerfen.
Stattdessen wie Ben Hodges diese Tage meinte, 50-60 Kilometer breiter Angriffskeil nach Süden. Ich meine mit der Achse Orikhiv – Huliaipole, Stoßrichtung Tokmak an der westlichen Flanke und dann nach Osten hin ausfächernd über Polony und Kinski an der T0815 und T0819 entlang nach Süden auf Berdjansk. Eindringtiefe weniger als 100km über Straße. Wenn die USA ein paar hundert Abrams geliefert hätten wäre das eine triviale Entfernung.
Dass die Ukrainer nicht zurückgehen (Quintus würde sagen, nicht rechtzeitig zurückgegangen sind) liegt IMO schon daran, dass Zelensky hier politischen Befindlichkeiten der Vorzug gegeben und unnötig hohe Verluste in Kauf nimmt, nur damit Bakhmut gehalten werden kann. Sei es weil er die Stadt persönlich propagandistisch zu sehr überhöht hat, sei es weil er um jeden Preis verhindern möchte, dass noch unversehrte Städte und Ortschaften jenseits von Bakhmut zum Frontgebiet werden oder sei es weil er sich schlicht verrannt hat und die vielen Opfer doch nicht umsonst gewesen sein dürfen. Am Ende ist es wohl eine Rechtfertigung aus all diesen Aspekten.
Jedenfalls, da man sich entschieden hat wurde es notwendig, die Vorstöße an den Flanken einzufangen um eine Einkesselung der Stadt zu verhindern. Dies gelang spätestens nachdem jetzt frische und besser ausgestattete Kräfte (die Videos mit APCs als Schützenpanzer) herangeführt wurden, wobei mein Eindruck wir gesagt ist, das den Vorstößen über Bakhmut hinaus schon vorher die Luft ausgegangen ist und eine Einkesselung nicht unmittelbar zu erwarten gewesen wäre.
Seis drum, im Ergebnis geht der Kampf im Stadtgebiet mit unveränderter Brutalität weiter, die Ukrainer weiche sukzessive Häuserblock für Häuserblock zurück (bzw. werden an der unmittelbaren Kontaktlinie schlicht zerschlagen) und im Ergebnis wird Bakhmut fallen, egal wo jetzt genau südlich und nördlich die Umfassungsbemühungen der Russen liegen geblieben sind. Insofern ist Bakhmut für eine noch weiter ausgedehnte Verteidigung schlicht zu klein.
Was jetzt ukrainische Gegenoffensiven angeht – sie werden allgemein von allen Seiten erwartet (die russische Winteroffensive allerdings auch). Und freilich dient der Komplex Bakhmut dabei dazu, die Russen möglichst abzunutzen und sie zu verleiten möglichst viele Kräfte dort zu binden. Insofern, es wäre doch für den geneigten Beobachter keine Überraschung, wenn nach Ende der Rasputiza ein, zwei größere Ukrainische Angriffsbewegungen erfolgen.
Es wurde ukrainischerseits mehrfach klar kommuniziert, dass man den Winter nutzt um Reserven aufzubauen bzw. es zumindest versucht. Tatsächlich scheinen dann auch an der Front keine substantiellen Verstärkungen eingetroffen zu sein, insbesondere im Westen ausgebildete Kräfte verschwinden gerne in einem großen schwarzen Loch. Ähnliches gilt erhebliche Teile des vom Westen gelieferten Materials. So zumindest mein Eindruck.
Als Erklärung dafür taugt dann wahlweise nur, dass die Verluste (auch jenseits von den vllt. mehreren Tausend in Bakhmut) substantiell höher sind und wird davon fast nichts mitbekommen, oder das eben Reserven gebildet wurden und nun für das Frühjahr vorgehalten werden.
Wenig beachtet dabei übrigens auch der Umstand, dass die US-Offizielle Anfang vor dem ganzen Panzerdrama Anfang des Jahres sehr hektisch nach Kiev gereist sind und es hinter hieß, man habe die Ukrainer überzeugt, nicht anzugreifen bevor nicht im Frühjahr westliches schweres Gerät zuläuft.
Die Frage in Bezug auf Bakhmut ist halt, inwieweit (jetzt) Kräfte dorthin verlegt wurden die später bei einer Frühjahrsoffensive andernorts fehlen werden und die Stadt insofern eher zu einer Falle für die Ukrainer als für die Russen geworden ist. Auch ist denkbar, dass sich die Ukrainer angesichts der (politischen) Lage mittlerweile dazu entschieden haben eben (auch) bei Bakhmut in die Offensive zu gehen. Meines Erachtens wäre dies ein schwerer Fehler, zumindest wenn eine Offensive dort bedeutet, dass kein erfolgversprechender Angriff mit Stoßrichtung Asowsches Meer erfolgen kann.
Dieses Ziel muss in 2023 die höchste Priorität haben, schlicht weil es den Krieg strategisch entscheidend würde. Gelingt es der Ukraine bis zum Asowschen Meer durchzubrechen fällt perspektivisch alles westlich davon, inklusive der Krim und zwar zwangsläufig, sobald die Kertsch-Brücke zerstört ist. Schließlich ist es unrealistisch, dass Russland seine Soldaten westlich von Melitopol mit Helikoptern und Schiffen über das Asowsche Meer hinweg versorgen könnte. Eine Kapitulation der Truppen dort wäre nur eine Frage der Zeit und dann ist der Krieg unabhängig davon wo jetzt die Front genau im Osten verläuft effektiv entschieden.
Gemessen daran ist das was um Bakhmut geschieht völlig irrelevant. Tatsächlich halte ich das was da um Bakhmut stattfindet politisch und medial völlig überhöht. Gefechte im nicht allzu viel geringerem Ausmaß fanden/finden auch im Raum vor Svatove, um Avdiivka und natürlich Vuhledar statt ohne das damit Wohl und Wehe des ganzen Kriegsverlauf verknüpft wird. Die Lage um Bakhmut ist schwierig, für die dort eingesetzten Soldaten ist sie mehr als brutal und sehr wahrscheinlich ist die ukrainische Führung hier auch der einen oder anderen Fehleinschätzung unterlegen.
Aber global betrachtet bleibt die Stadt irrelevant und man kann nur hoffen, dass die Ukraine hier nicht substanziell Kräfte verbraucht hat (oder gar plant dort weitere einzusetzen) und in ein, zwei, drei Monaten vor Tokmak liegen bleibt.
Rückblicken halte ich dabei übrigens auch die Offensiven bei Kharkiv und insbesondere die Befreiung Khersons für einen Fehler. Nachdem sich die Hoffnungen im letzten Jahr, dass die Ukraine noch im Spätherbst eine Offensive aus dem Raum Zaporizhzhia führen würde nicht erfüllt haben wäre es schon damals wahrscheinlich sinnvoller gewesen, alle verfügbaren Kräfte mit dem Ziel Asowsches Meer einzusetzen. Kherson fällt bei Zerschlagung der Russischen Landbrücke sowieso und so beeindruckend die Gegenoffensive bei Kharkiv gewesen sein mag – eine womöglich mögliche strategische Entscheidung wurde damit verpasst. Man kann da nur hoffen, dass sie in 2023 nicht wieder den gleichen Fehler begehen und mit einer Offenisve Bakhmut befreien und die Russen dort einige Dutzend Kilometer zurückwerfen.
Stattdessen wie Ben Hodges diese Tage meinte, 50-60 Kilometer breiter Angriffskeil nach Süden. Ich meine mit der Achse Orikhiv – Huliaipole, Stoßrichtung Tokmak an der westlichen Flanke und dann nach Osten hin ausfächernd über Polony und Kinski an der T0815 und T0819 entlang nach Süden auf Berdjansk. Eindringtiefe weniger als 100km über Straße. Wenn die USA ein paar hundert Abrams geliefert hätten wäre das eine triviale Entfernung.