10.01.2023, 13:35
(09.01.2023, 06:28)KheibarShekan schrieb: [ -> ]Eine Reihe von NATO Staaten sind imho definitiv als Kriegspartei zu bezeichnen. Es werden u.a. Positionen russischer Einheiten aufgeklärt und an die Ukrainischen Streitkräfte als Zielkoordinaten übermittelt und Waffen explizit und ausdrücklich mit konkreter Zweckbestimmung in die Ukraine geliefert. Ein weiteres Indiz für das übersteigen rein kommerzieller Intention bei Waffendeals ist, wie stark damit eigene Reserve-Bestände belastet werden und dies unentgeltlich erfolgt. Es werden militärische Operationen gemeinsam mit NATO Beratern geplant. Worüber auch relativ wenig berichtet wird, ist das eine ganze Reihe von Waffensystemen ohne ausgebildetes Personal gar nicht betrieben werden können. Insofern sind mehrere hundert NATO Soldaten quasi direkt in Kriegshandlungen involviert. Darüber hinaus wird auch im Informationsraum ein Krieg mit Russland geführt. Man führt zweifelsohne einen Krieg an der Seite der Ukraine gegen Russland.
Da bin ich definitiv anderer Meinung und das Völkerrecht gibt das auch nicht her. Vor allem das von Dir angeführte "rein kommerzielle Intention bei Waffendeals" spielt überhaupt keine Rolle bei dieser Frage. Kannt Du belegen, daß NATO-Soldaten in der Ukraine in Kriegshandlungen, ich interpretiere dies als aktive Kampfhandlungen, involviert sind ? Ich denke, darüber wäre von Rußland schon ganz groß berichtet worden.
"Selbst die Ausbildung ukrainischer Soldaten an deutschen Waffen in der Ukraine erfüllt nicht den Tatbestand des Einsatzes von Waffengewalt, es sei denn die Einweisung in die Waffen erfolgte im Rahmen aktiver Kampfhandlungen unter Beteiligung deutscher Soldaten.
Waffenlieferungen und die Ausbildung ukrainischer Soldaten machen Deutschland nicht zur Kriegspartei. Dies zeigt auch die Staatenpraxis. So liefern zum Beispiel die USA seit vielen Jahren Waffen an Saudi Arabien und bilden saudische Soldaten sowohl in Amerika als auch in Saudi Arabien an diesen Waffen aus, ohne dass die USA dadurch zur Partei in dem von Saudi Arabien seit 2015 geführten Krieg im Jemen geworden wären. Auch Weißrussland, das die russische Aggression gegen die Ukraine in vielfältiger Weise unterstützt, ist dadurch nicht zur Kriegspartei geworden. Die UN-Generalversammlung missbilligte lediglich dessen „Beteiligung an der rechtswidrigen Gewaltanwendung“ der Russischen Föderation gegen die Ukraine.
Da das Neutralitätsrecht im Falle einer völkerrechtswidrigen Aggression heute nicht mehr zur Anwendung kommt, richten sich die Rechtsbeziehungen zwischen Deutschland und den Kriegsparteien nach dem Friedensvölkerrecht. Dieses erlaubt es den Staaten, im Rahmen ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit grundsätzlich Waffen an andere Staaten zu liefern und deren Soldaten an diesen auszubilden. Während Waffenlieferungen an Russland im vorliegenden Fall als Unterstützung eines völkerrechtswidrigen Angriffskriegs rechtswidrig wären, steht einer Unterstützung des Aggressionsopfers rechtlich nichts entgegen. Ganz im Gegenteil. Es handelt sich dabei um Beihilfe zur Ausübung des naturgegebenen Rechts der Ukraine zur individuellen Selbstverteidigung.
Ganz unabhängig davon, ob Deutschland Kriegspartei ist oder nicht, richtet sich die Frage, ob Russland als Antwort auf die Waffenlieferungen und die Ausbildung ukrainischer Soldaten gewaltsame Gegenmaßnahmen gegen Deutschland ergreifen darf, nach dem jus ad bellum, dem Kriegsführungsrecht. Nach Art. 2 Abs. 4 der UN-Charta müssen die Staaten in ihren internationalen Beziehungen grundsätzlich jede Androhung oder Anwendung von Gewalt unterlassen, es sei denn, sie handeln aufgrund eines Mandats des UN-Sicherheitsrats oder sie verteidigen sich gegen einen bewaffneten Angriff im Rahmen des Selbstverteidigungsrechts. Keiner der beiden Ausnahmetatbestände greift im vorliegenden Fall. Insbesondere stellen Waffenlieferungen, Ausbildung und andere Unterstützungshandlungen keinen bewaffneten Angriff dar. Auch könnten Angriffshandlungen der ukrainischen Streitkräfte Deutschland allein aufgrund dieser Hilfsleistungen nicht zugerechnet werden. An solchen Handlungen fehlt es im vorliegenden Fall ohnehin, denn nicht die Ukraine hat Russland angegriffen, sondern Russland die Ukraine. Russland kann damit von vornherein kein Recht auf Selbstverteidigung gegen die Ukraine und deren Unterstützer geltend machen.
Die Fixierung der Debatte auf die Rechtsstellung als Kriegspartei führt in die Irre. Weder wird Deutschland durch Waffenlieferung und Ausbildung zur Kriegspartei, noch würde allein aus dem Status als Kriegspartei ein Recht zur Gewaltanwendung gegen Deutschland erwachsen."
https://verfassungsblog.de/kriegspartei-...die-frage/