11.12.2022, 08:28
Ein kleiner Zwischenstandsbericht zur aktuellen Lage - insgesamt gesehen sind die Kampftätigkeiten, von einigen wenigen Brennpunkten und von sporadischen Schusswechseln über die Linien hinweg abgesehen, in erheblichem Umfang zurückgegangen.
Zwar wird z. B. um Bakhmut und Kreminna nachwievor erbittert gefochten, aber insgesamt betrachtet stehen wir vor einem Einschlafen der Gefechte, was sicherlich auch dem Umstand geschuldet sein mag, dass wir in den letzten Tagen in der Ostukraine und im Süden heftige Regen- und Schneefälle erlebt haben. Hinzu kommt, dass es zudem nur relativ sanfte Minusgrade und starke Temperaturschwankungen insg. gab (in Charkow etwa schwankte die Temperatur im Mittel der letzten zwei Wochen grob zwischen +8 Grad und -4 Grad), d. h. die Schlammphase ist derzeit immer noch gravierend und hemmt die Bewegungen, der Boden also noch keineswegs durchgehend gefroren genug. Auch die Schneedecke ist nicht überall geschlossen, sondern immer wieder von Schlamminseln und matschigen Brachen zerfasert.
Zur möglichen Unterstützung Russlands seitens des Iran mit ballistischen Raketen (und offenkundig gibt es auch weitere, mögliche Optionen, bis hin zu dem Umstand, dass Iraner in Russland auf Su-35 trainiert werden könnten):
Ich schätze, wir werden die vollen Auswirkungen dieser Absprachen und Lieferungen erst im kommenden Frühjahr sehen. Abgesehen davon, dass wir bis dahin dafür sorgen sollten, dass die Ukrainer entsprechende Abwehrsysteme zur Verfügung haben, ist diese Zusammenarbeit zwischen Moskau und Teheran bemerkenswert.
Man darf nicht vergessen, dass es eigentlich eine Zweckzusammenarbeit ist. Aber eine unter bemerkenswert veränderten Vorzeichen. Die großen Feindbilder in Iran waren nicht mal die USA oder die Israelis, sondern historisch gesehen vor allem das British Empire und Russland bzw. die Sowjetunion. Selbst in der Anfangszeit nach dem Umsturz in Iran 1979 und der Besetzung der US-Botschaft schrien die aufgehetzten Massen nicht nur "Markbar Amerika" (also Tod den USA), sondern genauso oft "Markbar Schurawi" (d. h. Tod den [gottlosen] Sowjets).
Das ganze aufgesetzte Gemeckere bzgl. Israel kam erst in den 1980ern auf. D. h. der 'gottlose' Kommunismus (und wer erinnert sich, dass die Sowjets 1941 gemeinsam mit den Briten das damalige Persien mehr oder minder überfielen, um den "persischen Korridor" für westalliierte Nachschublieferungen an die Sowjets zum Kampf gegen Hitler zu öffnen?) war anfangs noch stärker das Feindbild bei den Persern als Washington. Und umgekehrt haben die Moskowiter Machthaber den Mullah-Staat immer mit hohem Misstrauen betrachtet, da man befürchtete, der revolutionär-fundamentalistische Eifer könnte auf die zentralasiatischen, späteren GUS-Republiken überspringen.
Man hat sich also zusammengerauft. Und es ist interessant, dass nicht der Iran die Russen um Waffen bitten muss, sondern dass umgekehrt Moskau in Teheran geradezu hektisch auf Waffensuche gehen musste. Die Vorzeichen haben sich also geändert, und es ist ein weiterer Beweis, wie sich die geostrategischen Kräfte verschieben und wie heruntergewirtschaftet das heutige Russland ist, so dass es bereits beim eigentlich wenig gemochten Iran um Waffenhilfe nachsuchen muss - wobei die Iraner diese Chance gerne nutzen, um sich ein Zubrot zu verdienen und auch um die Westmächte, allen voran die USA, ein wenig zu ärgern -, um einen noch weniger gemochten Krieg überhaupt führen zu können. Eine Zeitenwende quasi, wenn man diesen Begriff mal entführen will, aber eine, die Russland langfristig zum Nachteil gereichen wird und die im Grunde das Ende der moskowitischen Hegemonie über bedeutende Teile Osteuropas und Zentralasiens final eingeleitet hat.
Schneemann
Zwar wird z. B. um Bakhmut und Kreminna nachwievor erbittert gefochten, aber insgesamt betrachtet stehen wir vor einem Einschlafen der Gefechte, was sicherlich auch dem Umstand geschuldet sein mag, dass wir in den letzten Tagen in der Ostukraine und im Süden heftige Regen- und Schneefälle erlebt haben. Hinzu kommt, dass es zudem nur relativ sanfte Minusgrade und starke Temperaturschwankungen insg. gab (in Charkow etwa schwankte die Temperatur im Mittel der letzten zwei Wochen grob zwischen +8 Grad und -4 Grad), d. h. die Schlammphase ist derzeit immer noch gravierend und hemmt die Bewegungen, der Boden also noch keineswegs durchgehend gefroren genug. Auch die Schneedecke ist nicht überall geschlossen, sondern immer wieder von Schlamminseln und matschigen Brachen zerfasert.
Zitat:Russia-Ukraine war: List of key events, day 290 [...]https://www.aljazeera.com/news/2022/12/1...ts-day-290
- Russian forces shelled the entire front line in the Donetsk region in eastern Ukraine, Ukrainian officials said, part of what appeared to be the Kremlin’s scaled-back ambition to secure only the bulk of territory it has claimed.
- Fierce fighting was reported near the towns of Bakhmut and Avdiivka, and Russian troops were also trying to advance near Lyman, which was recaptured by Ukrainian forces in November, regional Governor Pavlo Kyrylenko said.
- The Ukrainian general staff said its forces attacked Russian positions and troop assembly points in at least half a dozen towns in the south of Ukraine. [...]
- Russia will not sell oil to any country that imposes a price cap on its oil exports and is considering reducing its oil production, Putin said in response to a decision by Western nations to place a $60 per barrel price limit on Russian oil exports.
- The number of Russian oil tankers waiting to exit the Black Sea through the Turkish straits continued to rise.
Zur möglichen Unterstützung Russlands seitens des Iran mit ballistischen Raketen (und offenkundig gibt es auch weitere, mögliche Optionen, bis hin zu dem Umstand, dass Iraner in Russland auf Su-35 trainiert werden könnten):
Zitat:Russia wants 'hundreds' of ballistic missiles from Iran and is offering 'unprecedented' military support in return, UK envoy sayshttps://www.businessinsider.com/russia-w...rn-2022-12
Russia is looking to secure a massive supply of ballistic missiles from Iran, and in return, it is offering the country "unprecedented" military support, a top UK envoy said on Friday.
"Russia is now attempting to obtain more weapons, including hundreds of ballistic missiles. In return, Russia is offering Iran an unprecedented level of military and technical support," Barbara Woodward, the UK's permanent representative to the United Nations, told reporters after a Security Council meeting. [...] The NBC report noted an example of recent support that Russia has provided to Iran, revealing that Iranian pilots traveled to Russia during the spring to train how to fly the Sukhoi Su-35 fighter jet. On the other side of the partnership, Russian officials previously traveled to Iran so they could learn how to operate explosive drones that would later go on to become a weapon of choice for Moscow. [...]
"Iran's weapon proliferation poses a real and significant threat well beyond the region — to the whole international community — and jeopardizes the work of the Security Council, not only on Ukraine, but on many other issues," the UK's Woodward said Friday at the UN.
Ich schätze, wir werden die vollen Auswirkungen dieser Absprachen und Lieferungen erst im kommenden Frühjahr sehen. Abgesehen davon, dass wir bis dahin dafür sorgen sollten, dass die Ukrainer entsprechende Abwehrsysteme zur Verfügung haben, ist diese Zusammenarbeit zwischen Moskau und Teheran bemerkenswert.
Man darf nicht vergessen, dass es eigentlich eine Zweckzusammenarbeit ist. Aber eine unter bemerkenswert veränderten Vorzeichen. Die großen Feindbilder in Iran waren nicht mal die USA oder die Israelis, sondern historisch gesehen vor allem das British Empire und Russland bzw. die Sowjetunion. Selbst in der Anfangszeit nach dem Umsturz in Iran 1979 und der Besetzung der US-Botschaft schrien die aufgehetzten Massen nicht nur "Markbar Amerika" (also Tod den USA), sondern genauso oft "Markbar Schurawi" (d. h. Tod den [gottlosen] Sowjets).
Das ganze aufgesetzte Gemeckere bzgl. Israel kam erst in den 1980ern auf. D. h. der 'gottlose' Kommunismus (und wer erinnert sich, dass die Sowjets 1941 gemeinsam mit den Briten das damalige Persien mehr oder minder überfielen, um den "persischen Korridor" für westalliierte Nachschublieferungen an die Sowjets zum Kampf gegen Hitler zu öffnen?) war anfangs noch stärker das Feindbild bei den Persern als Washington. Und umgekehrt haben die Moskowiter Machthaber den Mullah-Staat immer mit hohem Misstrauen betrachtet, da man befürchtete, der revolutionär-fundamentalistische Eifer könnte auf die zentralasiatischen, späteren GUS-Republiken überspringen.
Man hat sich also zusammengerauft. Und es ist interessant, dass nicht der Iran die Russen um Waffen bitten muss, sondern dass umgekehrt Moskau in Teheran geradezu hektisch auf Waffensuche gehen musste. Die Vorzeichen haben sich also geändert, und es ist ein weiterer Beweis, wie sich die geostrategischen Kräfte verschieben und wie heruntergewirtschaftet das heutige Russland ist, so dass es bereits beim eigentlich wenig gemochten Iran um Waffenhilfe nachsuchen muss - wobei die Iraner diese Chance gerne nutzen, um sich ein Zubrot zu verdienen und auch um die Westmächte, allen voran die USA, ein wenig zu ärgern -, um einen noch weniger gemochten Krieg überhaupt führen zu können. Eine Zeitenwende quasi, wenn man diesen Begriff mal entführen will, aber eine, die Russland langfristig zum Nachteil gereichen wird und die im Grunde das Ende der moskowitischen Hegemonie über bedeutende Teile Osteuropas und Zentralasiens final eingeleitet hat.
Schneemann