Auch wenn man annehmen kann, dass die signalisierte Bereitschaft zu Verhandlungen seitens Moskaus (von Ende Oktober)...
Zitat:Auftritt in Moskau
Putin: USA sollen Kiew zu Gesprächen drängen
Bei einem Auftritt in Moskau sprach Wladimir Putin über den Krieg in der Ukraine. Die Ukraine käme nicht am Verhandlungstisch vorbei, die USA müssten dazu drängen, so Putin. [...] Fast vier Stunden dauerte der Auftritt von Wladimir Putin bei einer Diskussionsveranstaltung in Moskau. [...]
Der russische Präsident Wladimir Putin hat nach mehr als acht Monaten Krieg gegen die Ukraine seine Bereitschaft zu Verhandlungen bekräftigt. [...] Russland sei bereit zum Dialog mit der Ukraine zur Beendigung des Konflikts, Kiew wolle aber nicht an den Verhandlungstisch. Dabei könnte das Problem einfach gelöst werden, sagte Putin: Die USA müssten die Ukraine zu Friedensgesprächen drängen. [...]
Die "historische Periode" einer Dominanz des Westens neige sich dem Ende zu, meinte der 70-Jährige. In der Diskussion warf Putin den westlichen Regierungen auch "systematische Fehler" vor, die zu Energie- und wirtschaftlichen Krisen führten. Mit einem "Diktat" eines "neokolonialen Westens" werde sich Russland nicht abfinden. Es entstünden etwa in Asien und Südamerika andere Machtzentren und eine multipolare Welt, sagte Putin.
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/p...d-100.html
...eher auch dem Umstand eines total verbockten und desaströs ablaufenden Krieges geschuldet sein kann (so rennt man nachwievor erfolglos gegen Bakhmut an und erleidet wohl erneut horrende Verluste; angeblich hetzen Wagner-Söldner auch weniger kampferfahrene Reservisten nach vorne, nur um so auszuloten, wo Ukrainer sich verborgen halten)...
Zitat:Ukrainian troops fire on Russians with captured weapons near key city
BAKHMUT, Ukraine, Nov 4 (Reuters) - Ukrainian forces using captured weapons fired at Russian targets near the key eastern city of Bakhmut on Friday as fighting dragged on in an area that Moscow is trying hard to capture.
Russian forces have repeatedly launched attacks against Bakhmut and nearby Avdiivka in the Donetsk region but are being pushed back with what Kyiv says are heavy losses. [...] Reuters journalists saw a captured Russian T-80 tank and a 2S23 Nona SVK self-propelled mortar, now controlled by Ukrainian crews, firing at targets outside Bakhmut. Ukraine's military says both were seized in March and took months to be refitted. The eight-wheel Nona - commanded by Moriak - has a 120 mm mortar capable of firing a maximum of 10 rounds per minute. [...] Britain's defence ministry says the Wagner Group private military company "likely remains" heavily involved in the Bakhmut fighting. Wagner, staffed by veterans of the Russian armed forces, was founded in 2014 after Russia annexed Crimea and started providing support to pro-Russia separatists.
https://www.reuters.com/world/europe/ukr...022-11-04/
...haben die USA den Hinweis Putins wohl aufgegriffen und geben Kiew zu verstehen, dass man zumindest die Bereitschaft signalisieren solle, auf Verhandlungen einzugehen, wenn man die bisherigen Unterstützungsleistungen nicht gefährden wolle:
Zitat:+++ US reportedly urging Ukraine to talk to Russia +++
The US is privately encouraging Ukraine’s leaders to drop their public refusal to engage in peace talks unless President Vladimir Putin is removed from power, the Washington Post reports. The newspaper cites unnamed sources as saying the request by American officials was a calculated attempt to ensure Kyiv maintains the support of other nations.
https://www.aljazeera.com/news/liveblog/...-to-russia
Hintergrund ist auch, dass man in Washington durchaus bemerkt hat (und worüber wir hier im Forum auch schon gesprochen haben), dass es ein schleichendes Anwachsen der Mischung aus Kriegsmüdigkeit und Desinteresse an diesem Krieg in den westlichen Staaten gibt. Das sieht man nicht nur in den USA, wo einige Republikaner schon indirekt vom Unterstützungskurs Bidens abweichen, sondern auch in Deutschland, wo es kritische (und populistische) Stimmen und Demonstrationen gegen den Krieg gibt - freilich ohne eine direkte, für alle Parteien akzeptable Lösung anzubieten. Und diese Entwicklung sieht man auch im Kreml (er ist zwar sonst derzeit wohl nicht sonderlich gut informiert, aber diese Information hat er sicher), und man erkennt darin den Rettungsanker, den man ausnutzen kann, um aus dem völlig verbockten Ukrainekrieg irgendwie herauszukommen.
Die Frage ist nun, wie man mit diesem Herantasten an eine Verhandlungslösung umgehen soll? Vorab: Sie wirklich ernst nehmen, sollte man sie nicht unbedingt. Es ist ein Taktieren, quasi der Versuch der Moskauer Kamarilla, irgendwie den Kopf aus der Schlinge des gegenwärtigen Desasters heraus zu bekommen - und es ist der Versuch des Systems Putin, irgendwie an der Macht zu bleiben. Und ja, man muss damit rechnen, dass es, wenn man jetzt einen Waffenstillstand aushandelt, kein wirklicher Frieden wäre, sondern nur ein Aufschub für die "zweite Runde" in einigen Jahren.
Und nun gilt es abzuwägen, was für uns besser wäre (Quintus hatte dies auch schon mal umrissen):
1.) Führt man den Krieg weiter bis zum Sturz Putins, der irgendwann durch Kräfte in Russland selbst geschehen wird, wenn der Krieg weiter so desaströs abläuft? Und riskiert man dann, dass noch wirrere (aber weniger korrupte und vielleicht militärisch fähigere) Spinner ans Ruder kommen, die für uns ggf. noch ein schlimmeres Problem darstellen könnten? (Der Gaspreis dürfte dadurch übrigens nicht sinken.)
2.) Oder opfert man die vier annektierten Gebiete in der Ostukraine und an die 100.000 Tote auf dem Verhandlungstisch (und auch auf den deutsche Gasrechnungen) und hilft Putin zu einem gewissen Erfolg, so dass er bzw. seine Banditen noch auf Jahre in Moskau herrschen, was Russland durch Korruption und Vetternwirtschaft weiter schwächt und ihm den Wiederaufbau einer ernstzunehmenden Armee auf die nächsten 15 Jahre unmöglich macht? (Was für uns militärisch betrachtet besser wäre.)
Schneemann