Rudi:
Willkommen im Forum !
Zitat:Ich denke, die "Zurückhaltung" anfangs hatte ja Gründe, und zwar eine massive Fehleinschätzung. Man dachte ja anscheinend wirklich, die Ukraine mehr oder weniger kampflos in kurzer Zeit zu nehmen. Und wenn ich dieser Fehleinschätzung unterliege, macht es eben keinen Sinn die Infrastruktur massiv zu zerstören, da es nach meiner Einschätzung den Sieg nicht beschleunigt und ich hinterher alles wieder aufbauen muß.
Dem kann ich voll und ganz zustimmen. Auch meiner Ansicht nach war das der Grund, warum man diese Option anfangs nicht wahrgenommen hat.
Zitat:Und die USA haben ihn gewarnt, sollte atomarer Fall-Out NATO-Gebiet erreichen, würden sie das als Angriff auffassen.
Diese Aussagen sind genau so wertlos wie Putins aktuelle nukleare Drohungen. Wenn nicht belegbar ist, wodurch der GAU verursacht wurde, wird die NATO in keinster Weise Russland angreifen. Ich halte es sogar für höchst problematisch solche "roten Linien" zu ziehen, weil man sich damit zu sehr festlegt und dies vom Feind exploriert werden kann. Man verliert dann in jedem Fall.
Zitat:Und ein KKW zu zerstören und zu behaupten, dies sei durch feindlichen Beschuß geschehen, kann sicherlich widerlegt werden.
Das AKW wird seit Wochen regelmässig beschossen, wodurch es bereits dort zu Störfällen kam, die viel kritischer waren als dies gemeinhin wahrgenommen wird. Und bis heute ist nicht belegbar welche Seite das AKW beschossen hat und wer dafür verantwortlich ist und die Russen und Ukrainer beschuldigen sich jeweils gegenseitig.
Es ist eben nicht so, dass man in jedem Fall dies feststellen können wird.
Außerdem "fliegt" ein AKW nicht einfach so "in die Luft", dass ist ein Prozess der einige Zeit in Anspruch nimmt und auch aus kleineren Ursachen heraus Stück für Stück stattfinden kann. Entsprechend könnte man dann sogar noch die eigenen Soldaten vor Ort evakuieren etc.
Und es wird nicht herausfindbar sein wer für den Beschuss verantwortlich ist, ganz genau so wie es auch jetzt aktuell nicht herausfindbar ist, wer für den zur Zeit stattfindenden Beschuss verantwortlich ist.
Aber ich will gar nicht so sehr auf diesem Einzelpunkt herum reiten. Er sollte nur ein illustrierendes Beispiel sein, was für eine Wirkung ad extremum durch unkonventionelle Kriegsführung erzielt werden kann.
Zitat:unkonventionelle Kriegsführung können die Ukrainer auch
Betreiben sie ja schon. Es gibt in Russland zuhauf Aktionen der Ukrainer, von Angriffen auf Eisenbahnlinien über Angriffe auf Treibstoffdepots bis hin zu gezielten Morden.
Nurso:
Zitat:Wer glaubt denn wirklich, dass sowas nicht aufzuklären ist?
Und dann wäre "Polen offen". Sprich : Die Ukraine würde zurück schlagen.
Nun ein konkretes Szenario:
Als russischer Geheimdienst suche ich mir in Russland einen psychisch kranken Ukrainer den ich instrumentalisiere. Es leben jede Menge Ukrainer in Russland, darunter sich auch etliche Ultranationalisten und unter diesen sicher auch irgend jemand der psychisch krank ist und/oder entsprechend manipulierbar ist. An diesen trete ich jetzt heran und gebe mich ihm gegenüber als der ukrainische Geheimdienst aus. Ich lenke / manipuliere den Ukrainer dann im vermeintlichen Auftrag der Ukraine einen massiven Anschlag mit Botulinustoxin auf die Trinkwasserversorgung in St. Petersburg durchzuführen. Mehrere tausend Russen sterben.
Der Täter kann (quelle surprise) sogar lebend gefangen werden. Er glaubt selbst für den ukrainischen Geheimdienst gehandelt zu haben. Selbst wenn westliche Ermittler ihn vernehmen würden, käme nicht anderes heraus. Entsprechend deklariere ich einen Angriff der Ukraine auf Russland mit einer biologischen Massenvernichtungs-Waffe.
Und dann schlage ich
zurück. Und setzte in legaler und legitimer Selbstverteidigung taktische Nuklearwaffen gegen die kritische Infrastruktur der Ukraine und deren Kommandozentren ein. Gleichzeitig setzte die ich gesamten Nuklearstreitkräfte auf die höchste Alarmstufe und rufe damit das Blatt der NATO auf. Wird nun die NATO Russland angreifen?
Dazu noch eine rechtliche Frage ! Auf welcher Rechtsgrundlage soll eigentlich so ein NATO Angriff auf russische Streitkräfte stattfinden ?! Ein Angriff der NATO auf Russland wäre ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg, es gäbe dafür keine völkerrechtliche Grundlage und man wäre erneut bei den Konstrukten des Kosovo Krieges, dass man ohne UN Mandat und ohne dass man selbst angegriffen wurde hier einfach einen anderen Staat angreift, so wie damals Serbien vollständig völkerrechtswidrig angegriffen wurde. Damit stärkt man das russische Narrativ weltweit, schiebt der NATO die Rolle des Agressors zu und kann die eigene Agression damit überdecken.
Wird nun die NATO einen globalen Nuklearkrieg führen, für einen scheinbaren Angriff der Ukraine mit eine biologischen Waffe auf Russland, nachdem Russland ja
nur zurückschlägt ?! Da das russische Regime in einer Verlustsituation ist, die für die Spitzen dieses Regimes zunehmend lebensgefährlich ist, kann dieses Regime solche höheren Risiken viel eher eingehen als wird. Und ich bin mir sehr sicher, dass die NATO dann keinen vollumfänglichen Angriff auf die russischen Streitkräfte durchführen würde.
Und selbst wenn sie dann beispielsweise rein konventionell die russischen Streitkräfte in der Ukraine angreift, kann ich mich immer noch als Friedensengel gerieren, aus der Ukraine abziehen und die teilweise nuklearverseuchte Trümmerwüste als wortwörtlich vergiftetes Geschenk dem Westen überlassen, einschließlich der Folgekosten die das für den Westen verursacht. Dann stelle ich mich als den Guten und den Retter der Menschheit dar, die allein deshalb noch existiert weil ich nachgegeben habe. Somit kann ich in weiten Teilen der Welt dann das Narrativ etablieren, dass Russland die Menschheit gerettet hat, welche die NATO in höchst fahrlässiger Weise gefährdete. Und da der Ukrainekrieg ohnehin gescheitert ist, kann ich mir damit auch die hohen Wideraufbaukosten für die Zerstörungen dort sparen.
Und wie man es dreht und wendet: die Ukraine ist als Staat für sehr lange Zeiträume erledigt und fällt damit als Gefahr für mich aus, und das für den Preis von ein paar tausend russischen Zivilisten die ich alternativ zu mehreren zehntausenden weiteren russischen Soldaten geopfert habe.
Nur ein Szenario von sehr vielen die denkbar sind und die vor allem anderen dem Denkschemata des aktuellen russischen Regime entsprechen.
Klingt zu finster ?! Klingt zu weit hergeholt ?!
Mal ein reales Beispiel:
1999 sprengte der FSB in Russland mehrere Wohnhäuser. Es starben 367 Russen und mehrere tausend Russen wurden verletzt. Durch diese Anschläge konnte die russische Bevölkerung für den zweiten Tschetschenienkrieg motiviert werden und Putin konnte sich im Amt als Präsident etablieren. Und bis heute gibt es nur Indizien dass es der FSB war, aber keine wirklichen Beweise und die ersten Indizien dazu tauchten erst auf, als der Tschetschenienkrieg schon vorbei war.
Dazu eine Buchempfehlung:
Darkness at Dawn: the Rise of the Russian Criminal State von Satter
Zitat:was sagen dann die Mütter der dabei getöteten russischen Soldaten?
Querschnittlich werden sie dann folgendes sagen: Dass man gegen die Ukraine mit allen Mitteln Krieg führen muss.