01.10.2022, 07:58
@PKr
Zwar hat das Zarenreich nicht so arg gelogen wie jetzt die Kamarilla um Putin, aber die massive Überheblichkeit war damals ähnlich. 1904 ging man von einem "kurzen Krieg gegen den japanischen Zwerg" aus und in Petersburg haben Offiziere geprahlt, man könne Tokio mit nur 10.000 Soldaten niederkämpfen. Man hat dann ziemlich böse eine Klatsche eingefangen und im Kontext dieser Niederlage wurde auch ersichtlich, wie desolat die Lage des eigenen Heeres und die Versorgung und Planung innerhalb der Flotte waren. (Wobei man fairerweise anmerken muss, dass die damals schon von ihren eigenen Vorgesetzten brutal und überheblich behandelten russischen Soldaten in Fernost vor Port Arthur und Mukden durchaus wenigstens noch gekämpft und den Japanern auch einige empfindliche Verluste bereitet haben, während die jetzige russische Armee [derzeit] nur noch ein Gespinst und kein wirkliches Gespenst mehr ist.) Und nachfolgend gab es dann auch die ersten Meutereien (die Potemkin-Meuterei etwa); zwar war dies noch nicht der Todesstoß für das Zarenreich, aber die Weichen waren gestellt und rund zehn Jahre später (1917) brach alles zusammen.
Und ähnlich überheblich ging man auch jetzt vor, quasi eine "Polizeiaktion" mit unzureichenden, unterversorgten Kräften, die von einer arroganten und kleptokratischen Herrscherschicht gegen den "Zwerg Ukraine", wo ja nur ein paar "Nazis" regieren, ins Gefecht geschickt wurden. Und wieder hat man eine Klatsche kassiert, und wieder gärt es massiv in den Reihen der eigenen Streitkräfte, die verheizt und angelogen und unterversorgt losgeschickt wurden.
Der Unterschied ist allerdings, dass damals (1904/05) die Kräfte, die den Aufstand gegen den Zaren trugen, eher noch anarchistisch-sozialrevolutionär, teils sogar sozialdemokratisch eingestellt waren, der Bolschewismus dominierte hier übrigens noch nicht (es gab ihn zwar schon, aber die zaristische Geheimpolizei hatte ihn [noch] recht gut im Griff). Aktuell jedoch scheint dieses Gären in den Reihen des Militärs gegen das Regime Putin allerdings eher getragen zu werden - was Quintus auch schon ansprach - von Nationalismus, teils Rassismus und neobolschewistischen Attitüden. Und das ist neu. D. h. ja, es gärt. Aber es gärt anders. Insofern: Man kann die Parallelen durchaus ziehen, aber die Hinter- und Beweggründe, die den jetzigen Unmut befeuern, sind anders aufgestellt und ausgerichtet und politisch gesehen gefährlicher, instabiler und sogar irrationaler als damals.
Schneemann
Zitat:Vielfach wird die aktuelle Situation mit dem russisch-japanischen Krieg von 1905 verglichen und die militärische Kompetenz von Putin teils mit Hitler, teils mit Zar Nikolaus II. gleich gesetzt.Ein guter Hinweis. Zwar kann man natürlich geschichtliche Ereignisse nie eins zu eins vergleichen, aber die Entwicklungen sind durchaus ähnlich, wenngleich die Beweggründe wiederum sich anders Bahn zu brechen drohen.
Da baut sich Druck auf.
Zwar hat das Zarenreich nicht so arg gelogen wie jetzt die Kamarilla um Putin, aber die massive Überheblichkeit war damals ähnlich. 1904 ging man von einem "kurzen Krieg gegen den japanischen Zwerg" aus und in Petersburg haben Offiziere geprahlt, man könne Tokio mit nur 10.000 Soldaten niederkämpfen. Man hat dann ziemlich böse eine Klatsche eingefangen und im Kontext dieser Niederlage wurde auch ersichtlich, wie desolat die Lage des eigenen Heeres und die Versorgung und Planung innerhalb der Flotte waren. (Wobei man fairerweise anmerken muss, dass die damals schon von ihren eigenen Vorgesetzten brutal und überheblich behandelten russischen Soldaten in Fernost vor Port Arthur und Mukden durchaus wenigstens noch gekämpft und den Japanern auch einige empfindliche Verluste bereitet haben, während die jetzige russische Armee [derzeit] nur noch ein Gespinst und kein wirkliches Gespenst mehr ist.) Und nachfolgend gab es dann auch die ersten Meutereien (die Potemkin-Meuterei etwa); zwar war dies noch nicht der Todesstoß für das Zarenreich, aber die Weichen waren gestellt und rund zehn Jahre später (1917) brach alles zusammen.
Und ähnlich überheblich ging man auch jetzt vor, quasi eine "Polizeiaktion" mit unzureichenden, unterversorgten Kräften, die von einer arroganten und kleptokratischen Herrscherschicht gegen den "Zwerg Ukraine", wo ja nur ein paar "Nazis" regieren, ins Gefecht geschickt wurden. Und wieder hat man eine Klatsche kassiert, und wieder gärt es massiv in den Reihen der eigenen Streitkräfte, die verheizt und angelogen und unterversorgt losgeschickt wurden.
Der Unterschied ist allerdings, dass damals (1904/05) die Kräfte, die den Aufstand gegen den Zaren trugen, eher noch anarchistisch-sozialrevolutionär, teils sogar sozialdemokratisch eingestellt waren, der Bolschewismus dominierte hier übrigens noch nicht (es gab ihn zwar schon, aber die zaristische Geheimpolizei hatte ihn [noch] recht gut im Griff). Aktuell jedoch scheint dieses Gären in den Reihen des Militärs gegen das Regime Putin allerdings eher getragen zu werden - was Quintus auch schon ansprach - von Nationalismus, teils Rassismus und neobolschewistischen Attitüden. Und das ist neu. D. h. ja, es gärt. Aber es gärt anders. Insofern: Man kann die Parallelen durchaus ziehen, aber die Hinter- und Beweggründe, die den jetzigen Unmut befeuern, sind anders aufgestellt und ausgerichtet und politisch gesehen gefährlicher, instabiler und sogar irrationaler als damals.
Schneemann