Schneemann:
Zitat:Das wäre dann die Frage, wie die Gefechte geführt werden. Ziehe ich los und schlage mich vllt. tagelang durchs Unterholz oder durch unzugängliche Regionen, wo ich/die Gruppe auf mich/sich alleine gestellt bin/ist - etwa wie in Vietnam -, oder aber kämpfe ich wie in Afghanistan, wo ich mich fast nur in gepanzerten Konvois bewege oder wo mich ständig Hubschrauber begleiten bzw. absetzen? In ersterem Fall ist sicher mehr Munition notwendig, in letzterem Fall sehe ich diese Notwendigkeit nicht wirklich.
Exakt diese Auffassung hat die Führung der BW so auch geteilt und das Ende vom Lied war dann in Afghanistan, dass bei mehreren Gefechten welche Stunden dauerten die Munition für die Handfeuerwaffen ausging. In einem intensiven Gefecht dass zwei Stunden dauerte sogar bei den MG zuerst während die G36 noch Mun hatten. So viel dazu, dass man am Mann keine Mun braucht weil man ja das "Mutterschiff", den Konvoi, den Hubschrauber etc hat. Auch aus diesem Grund halte ich dieses ganze "Mutterschiff"-Denken für völlig grundfalsch und die derzeitige BW "Infanterie" Doktrin des ständig auf- und absitzenden Einsatz kleiner Inf-Gruppen mittels Gefechtstaxi (Hit and Run and Hit and Run usw) für eine Fehlentwicklung.
Infanterie muss zuvorderst so aufgestellt und ausgerüstet werden, dass sie ohne Fahrzeuge agieren kann. Zweifelsohne nett wenn man Fahrzeuge dabei hat, aber bis auf die Ebene eines Bataillons sollte alle Ausrüstung der Kampftruppe zur Fuß verlastbar sein, ein komplettes Infanterie-Bataillon auch völlig unabhängig von Fahrzeugen agieren können.
Die Notwendigkeit dafür ergibt sich aus dem Gelände in dem Infanterie arbeitet und der Zielsetzung von Infanterie im Allgemeinen. Je durchschnittener das Gelände, desto kleiner die Räume in denen man wirken kann, desto wichtiger die Quantität des Feuers, desto wichtiger ist eine große Zahl an Infanterie und die Erhöhung der Feuerkraft durch eine Steigerung der Zahl der Schützenwaffen (sowie so weit möglich deren Feuerkraft selbst).
Zitat:Die meisten Encounter in Afghanistan waren ja Überfälle auf Compounds oder Konvois.
Und regelmäßig ging dabei (anfangs) die Munition für die Handfeuerwaffen aus, insbesondere bei den abgesessenen Kräften und immer wieder mal kamen diese trotz allem Unterstützungsfeuer von den Fahrzeugen aus nicht so einfach zu diesen zurück.
Zitat:Es gibt sicher auch die Situation, in denen mehr Munition notwendig ist, aber das dürften dann eher die Operationen von alleine agierenden Kommandoeinheiten sein, die eben tagelang alleine unterwegs sind.
Das primäre Vorbild für die moderne Infanterie sollte der Fernspäher sein! Die Fähigkeiten und die Einsatzweise von Fernspähern sollten das Leitbild moderner leichter Infanterie werden und es ist mehr als bedauerlich, dass wir hier unsere Fähigkeiten in diesem Bereich derart achtlos weggeworfen haben.
Jede leichte Infanterie muss in der Lage sein, tagelang alleine unterwegs zu sein. Gerade darin sollte ihre Befähigung liegen.
Zitat:"Bessere" Sturmgewehre ersetzen kein Maschinengewehr, zudem ist die Panzerabwehr doch eingeschränkt.
Ernsthafte Panzerabwehr durch leichte Infanterie selbst im LOS Bereich ist eine Illusion. Das raubt der Infanterie Gewicht und Platz für andere wichtigere Systeme. Stattdessen sollte die Infanterie Panzerabwehr primär dadurch betreiben, dass sie entsprechende NLOS Systeme von "weiter hinten" abrufen kann und selbst dafür nur aufklärt.
Und echte Sturmgewehre können durchaus lMG und MMG innerhalb einer Gruppe ersetzen, dass ist ja gerade eben der Punkt. Um 1945 herum haben viele kampferfahrene Veteranen der Wehrmacht vorher gesagt, dass gurtgefütterte MG auf Ebene der Gruppe im weiteren sinnfrei seien.
Zitat:Ich halte den Kommandomörser zwar für keine schlechte Idee - obwohl der auch einiges wiegen kann und die Hinweise auf "ultraleicht" und "schallgedämpft" doch eher nette Euphemismen sind -,
Ein Fly-K Mörser (wie er übrigens bei der französischen Armee eingeführt wurde und sich bei Kämpfen in Afghanistan herausragend bewährt) hat wiegt gerade mal ca 4,5 kg. Durch Verwendung von Titanstahl/Kohlenstoff etc könnte man hier und heute Mörser selbst in einem 81mm Kaliber mit unter 10 kg realisieren! Hier ist das Problem natürlich wieder das erhebliche Geschossgewicht. Im Kaliber 60mm welches ich am geeignetsten halten würde, wäre sowohl das Gewicht des Mörsers wie der Munition wiederum geringer und die Reichweite höher als beim Fly-K wie ihn die Franzosen verwenden (dort "nur" ca 700m), und könnte auf bis zu 1200m leicht verwirklicht werden und dies bei erhöhter Wirkung die bei neueren Munitionstypen an die Wirkung einer früheren 81mm heran reicht bzw diese sogar übertreffen kann.
Zitat:habe aber mit den Gewehrgranaten meine Probleme. Erstens sind diese ziemlich ungenau, zweitens für die Panzerabwehr recht ungeeignet und drittens fällt damit die Waffe als eigentliche Schusswaffe wiederum aus
Das ist nur ein illustrierendes Beispiel dafür wie viel Schuss an Flächenwaffen (hier 28) man im Vergleich zu dem 1 Schuss deiner Panzerfaust realisieren kann und dabei insgesamt noch ca. 5 kg Gewicht spart. Rein persönlich aber bin ich durchaus von Gewehrgranaten überzeugt. Die Genauigkeit ist heute deutlich besser als früher, die Waffe fällt keineswegs aus weil auf die Granate folgend sofort hinterher geschossen werden kann (moderne Gewehrgranaten werden durch die ganze normale Munition abgefeuert, also indem man ganz normal eine Patrone abfeuert) und die Reichweite muss gar nicht so groß sein, wenn man Infanterie primär als ein Mittel des Nahkampfs versteht bzw Infanteriekampf im LOS Bereich primär in stark durchschnittenen Räumen stattfindet. Und Panzerabwehr ist hier nicht im Ansatz die Aufgabe, sondern die Bekämpfung anderer Infanterie mittels Splitter/HE/HEI usw usf es gibt heutzutage sogar Airburst-Gewehrgranaten.
Zitat:Wenn man also von sieben Mann weiterhin ausgeht: Letztlich wären also vermutlich nur drei Mann mit dem direkten Schießen mit dem Gewehr beschäftigt, zwei versuchen ungezielt Gewehrgranaten aus Deckungen heraus in die Landschaft zu schießen und ein, zwei weitere stecken erst einmal den Mörser zusammen, ehe der genauso ungenau recht kleine Granaten verschießen könnte.
Der Mörser muss nicht zusammen gesteckt werden und kann durch eine Person bedient werden. Die "kleinen" Granaten des Mörser haben die gleiche Flächenwirkung wie sie früher ein 81mm Mörser hatte.
Gewehrgranaten werden im weiteren keineswegs ungezielt verschossen und darüber hinaus kann nach dem Abfeuern der Gewehrgranate sofort mit dem Sturmgewehr weiter geschossen werden. Es entsteht hier keine Verzögerung.
Das heißt, 1 Mann schießt mit dem Mörser (so wie bei dir 1 Mann die Panzerfaust abfeuern würde). Und 6 Mann schießen mit den Sturmgewehren (und bei Bedarf mit den Gewehrgranaten). Beispielsweise könnte man bei einem Feuerüberfall auf der Stelle 6 Gewehrgranaten abfeuern und dann sofort mit den Sturmgewehren hinterher feuern.
Zitat:also, dass drei Mann mit StG erst einmal sieben Mann mit StG oder/und einem MG bekämpfen und in Schach halten müssten,
Ein 1 zu 1 Schlagabtausch ist so oder so sinnfrei und sollte unter allen Umständen vermieden werden. Das ist ein völlig praxisfremder und sinnfreier Vergleich. Aber mal rein theoretisch:
In der Realität kann nur selten die ganze Gruppe feuern. Meist haben einige die Köpfe unten bzw haben gar kein freies Sichtfeld. Aber nehmen wir mal selbst das rein theoretisch an. Dann kann ich NLOS aus Deckung heraus mit dem Mörser auf der Stelle deine Gruppe niederhalten während du komplett auf LOS Feuer angewiesen bist. Darüber hinaus hast du nur 1 Schuß als Flächenwaffe und auch diesen LOS. Die praktische Realität ist, dass du mit deinen Kugelwaffen nur mit höherem Aufwand und erst mit der Zeit Treffer erzielen kannst. Während die viel größere Anzahl von HE Waffen auf meiner Seite sowohl schneller Treffer erzielt als auch eine viel stärkere niederhaltende Wirkung hat.
Das Ergebnis in diesem sehr theoretischen Szenario wäre, dass deine Gruppe in kürzester Zeit weitgehend niedergehalten wäre und dann selbst nicht mehr wirken könnte und schließlich dem folgend steigende Verluste hätte. Selbst vergleichsweise ungezielte Schüsse mittels Gewehrgranaten und Mörser würden deine Gruppe aufgrund der Flächenwirkung der Splitter und der Explosionseffekte viel effektiver niederhalten als umgekehrt das Kugelfeuer und dieses tritt bei mir ja noch dazu. Während bei dir primär dass MMG die niederhaltende Wirkung erzielt (also nur 1 Waffe!) können dies bei mir bis zu 7 Sturmgewehre leisten. Selbst 3 bis 4 dieser Sturmgewehre haben dabei eine größere Niederhaltende Wirkung als dein vereinzeltes MMG. Und was wenn dieses niedergehalten wird oder ausfällt? Dann fällt dein ganzer Feuerschwerpunkt weg und deine Gruppe wird schlagartig massivst geschwächt.
Und das läuft umso eher und umso einfacher genau so, je mehr wir hier von einem durchschnittenen Gefechtsfeld ausgehen, beispielsweise in einem OHK. Während du überall LOS wirken musst, kann ich dich problemlos NLOS aus deinen Räumen/Stellungen usw heraus schießen. Und die Kampfentfernungen sind hier so gering, dass hier Gewehrgranaten ihr Potential voll ausschöpfen können.
Man könnte aber natürlich auch eine andere Lösung anstreben und beispielsweise anstelle von Gewehrgranaten/Kommandomörser eine größere Anzahl von Unterlaufgranatwerfern mit entsprechenden Zielsystemen einführen. Auf welche Weise exakt man den Anteil von HE/Flächenwaffen innerhalb der Infanteriegruppe erhöht, ist genau genommen weniger wichtig als dass er so weit wie möglich erhöht wird.
Zitat:Und ein Panzer dürfte da in dem Konzept auch nicht auftauchen.
Ebenso wieder eine völlig theoretische Diskussion, denn ein Panzer kommt seltenst allein. Und selbst dann hast du gerade mal 1 Schuss und setzt auch noch voraus dass du in Reichweite bist, der Panzer ausreichend langsam und seine Panzerung unzureichend und dass er kein Hardkillsystem hat.
Auch in deinem Konzept darf daher kein Panzer auftauchen.
Die Idee, dass eine Gruppe mittels 1 Panzerabwehrhandwaffe (in Worten Einer) einen Panzerangriff abwehren kann ist schlicht und einfach abenteuerlich.
Ich bin nicht gegen Raketenwerfer, im Gegenteil. Aber sie sollten nicht gegen Panzer hin spezialisiert sein, sondern im Gegenteil ebenfalls auf eine möglichst große HE/HEI Wirkung. Daher halte ich beispielsweise viel vom Wirkmittel 90 und wenig von der Panzerfaust 3 als Waffe einer Infanteriegruppe.
Panzerabwehr durch Infanterie muss heute ganz anders laufen womit ich wieder beim Fernspäher/Späher als Leitbild moderner Infanterie bin. Dabei greift die Infanteriegruppe dann das Panzerabwehrfeuer wesentlich leistungsfähigerer Systeme "weiter hinten" ab. Daher brauchen wir spezialisierte kompakte Panzerabwehrkompanien als eigenständige Untereinheit eines Bataillon oder eventuell sogar eigenständige Panzerabwehr-Bataillone als Untereinheit einer Brigade/Kampfgruppe. Dazu tritt die immer extremer werdende Panzerabwehrkraft der Artillerie.
Das hat zudem den Vorteil, dass man die Infanterie ansonsten auf ihre eigentliche Kernaufgabe hin optimieren kann, indem man sie von der Wahnvorstellung befreit, leichte Infanterie könnte selbstständig ernsthafte Panzerangriffe aufhalten. Deshalb sind die jetzt angedachten schweren Züge in jeder normalen Jäger-Kompanie auch eine so krasse Fehlentwicklung. Man betrachte hier nur mal die Struktur: 1 Zugführungsgruppe (inkl Tech), 1 Scharfschützengruppe, 1 Granatmaschinengruppe und 1 PALR-Gruppe. Mal ernsthaft: was soll diese PALR Gruppe den bewirken?
Leicht gepanzerte Fahrzeuge und Technicals des Feindes etc bekämpft man besser mit einer Waffe wie dem Wirkmittel 90 dessen HE Wirkung ausreichend ist. Gibt auch andere HEI Waffen die dafür vollauf geeignet sind. Ernsthafte Panzer aber kann man mittels einer derart verkleckerten Panzerabwehr die kaum zu einer ernsthaften Konzentration fähig ist nicht betreiben. Und Panzerabwehrhandwaffen verlieren im Zeitalter von Hardkillsystemen zunehmend an Bedeutung. Zudem geht die Idee schwerer Züge und einer immer größeren Anzahl von Unterstützungswaffen im Verhältnis zur Gesamtzahl der leichten Infanteristen völlig anderen Wesen vorbei: dass auch und gerade heute in einer uneingeschränkten Beweglichkeit zur Fuß liegen muss. Daher sollten wir gerade eben den umgekehrten Weg gehen und die Infanterie von diesen Unterstützungswaffen befreien und diese in von der Infanterie klar getrennten selbstständigen Kompanien / Bataillonen zusammen fassen.