21.11.2013, 17:41
So. Ich komme leider erst nun wieder dazu, zu antworten. Bei mir ist derzeit recht viel los. Sorry. Nun, aber um zu antworten...
1.) Nightwatch:
Angesichts der Verflechtungen in Nahost ist es quasi zudem unmöglich, eine Wiederholung der Geschichte im Sinne von Weltkrieg Zwo bezüglich Iran anzunehmen. Einer möglichen Expansion des Iran wären enge Grenzen gezogen, quasi müsste er sich auf die Gebiete mit dem schiitischen Einfluss (Iran, Irak, teils Syrien und Libanon sowie einige Emirate) begrenzen (d. h. also dort, wo er schon heute seinen Einfluss besitzt). Ein großangelegter "Lebensraum-Krieg" wäre indessen sofort innerhalb der Umma zum Scheitern verurteilt sein und würde aus iranischer Sicht auch keinen Sinn ergeben. Ebenso wenig ist anzunehmen, dass der Iran einen Kollektivsuizid durch einen unsinnigen Angriff auf Israel riskieren würde, trotz aller Scharfmacher-Tiraden aus Teheran.
2.) Shahab3:
Was nun die Wortwahl betrifft: Es mag sein, dass die Iraner eher von Gegenschlägen sprechen. Aber: Wenn zuerst die verumglimpfenden bis drohenden Spitzen gegen Israel kommen, man dort dann aus der aus der Historie resultierenden Angst vor der möglichen Vernichtung (und Israel gilt gemeinhin als ein Staat, der als "one bomb country" angesehen wird) sich zu drohenden Erstschlagsgedanken veranlasst sieht, so ist es schon ein wenig heuchelnd, wenn man sich dann aus iranischer Perspektive hinter dem Mäntelchen des reinen Verteidigenwollens, ja hinter dem Defensivargument versteckt. Dazu weiß man in Teheran zu gut, was die Untergangsdrohungen in der Psyche Israels anrichten...
3.) Patriot:
Aktuell sicherlich, was aber genau genommen nicht verwundern kann. Man darf aber a) nicht vergessen, dass es auch schon große Schritte in der Vergangenheit gab, wo Israel seine Bereitschaft zur friedlichen Koexistenz, ja zur Anerkennung und zur Annäherung erkennen und Taten folgen ließ, und b) dass damals auch die betreffende arabische Seite diesen Schritt gehen wollte (Sadat, Mubarak, Arafat, teils auch Jordanien). Nur ist es eben heute so, dass ich in Iran diese Absicht nicht erkenne. Wen wundert es da, dass man in Israel kompromisslos ist?
Schneemann.
1.) Nightwatch:
Zitat:@ SchneemannSagen wir so: Im Ansatz kann man oft Parallelen ziehen zwischen Situation A und Situation B, weil historische Entwicklungen teils sich auf den ersten Blick ähnelnde Ursachen haben können (besonders in religiösen und teilweise auch politischen Problemfällen), identisch bzw. übertragbar sind sie damit aber nicht. Ein Bsp. hierfür wäre die These, die Erich und die auch ich mal formulierten, welche darauf abzielte herzuleiten und zu fragen, ob dem Islam denn im Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten ein "neuer 30-jähriger Krieg" drohen würde. Man kann und muss dies nur als reines historisierendes Schlagwort, als reine Begriffswahl zwecks einer gewissen Deutbarkeit auslegen, aber mit Sicherheit sollte nicht gesagt oder belegt werden, dass unabsehbare identische Abläufe so wie im 17. Jahrhundert nun zugegen wären. Dies geht auch schlicht nicht nur im technischen oder zeitlichen Sinne nicht, sondern vor allem auch im religiösen, geographischen und politischen Rahmen nicht. Sobald man insofern den Kontext des reinen "Deutungsspektrums" verlässt, ja einen realen Faktor impliziert, wandert man in Richtung des reinen Spekulierens, wobei dann oftmals der Versuch mit einhergeht, den potenziellen Gegner negativ konotiert bis schlicht verunglimpfend darzustellen und ihm die Untaten der Gegner der Vergangenheit zu unterstellen. Bsp. hierfür wären irgendwelche Vergleiche, die den Zweiten Weltkrieg und die Nahost-Problematik betreffen. Insofern: Genauso wenig wie man Gaza mit dem Warschauer Ghetto vergleichen kann (war auch schon mal Zentrum einer Debatte hier im Forum), sollte man den schiitischen Gottesstaat Iran heute mit Hitlerdeutschland von vor 70 Jahren auf eine Stufe stellen, auch wenn er zehnmal eine Diktatur ist.
Ich meine das wir hier Zeitzeugen einer Urkatastrophe des 21. Jahrhunderts werden, die sich vor allem dadurch auszeichnet, dass wir sie im letzten Jahrhundert mit genau dem gleichen Politikanasatz schon mal durchexerziert haben. Am Ende gab es dann Sechzig Millionen Tote. Das zu toppen wird eine Kleinigkeit.
Ich halte es für unverantwortlich nicht darauf hinzuweisen das sich hier Weltgeschichte auf tragische Art und Weise wiederholen wird.
Ein Argument oder eine Hilfe ist das aber in der Tat nicht, das man soetwas schon anführen kann und muss ist sagt schon alles über die Tragik der ganzen Entwicklung.
Angesichts der Verflechtungen in Nahost ist es quasi zudem unmöglich, eine Wiederholung der Geschichte im Sinne von Weltkrieg Zwo bezüglich Iran anzunehmen. Einer möglichen Expansion des Iran wären enge Grenzen gezogen, quasi müsste er sich auf die Gebiete mit dem schiitischen Einfluss (Iran, Irak, teils Syrien und Libanon sowie einige Emirate) begrenzen (d. h. also dort, wo er schon heute seinen Einfluss besitzt). Ein großangelegter "Lebensraum-Krieg" wäre indessen sofort innerhalb der Umma zum Scheitern verurteilt sein und würde aus iranischer Sicht auch keinen Sinn ergeben. Ebenso wenig ist anzunehmen, dass der Iran einen Kollektivsuizid durch einen unsinnigen Angriff auf Israel riskieren würde, trotz aller Scharfmacher-Tiraden aus Teheran.
2.) Shahab3:
Zitat:Die Iraner haben jedenfalls scheinbar auch ohne Atomwaffen keine Angst vor der Auslöschung. Da der Konflikt aus ideologischen Gründen beiderseits nicht aus der Welt zu schaffen ist, werden sie sicherlich weiterhin an Israels "Untergang" mitarbeiten, aber dass der Iran die ausschlaggebende Kraft am Zerfall des zionistischen Staates sein wird, hat er offen gelassen. Insofern sehe ich darin noch keine direkte Drohung eines bevorstehenden Angriffs oder gar Genozids, oder ähnliches. Das ist die Sprache die tatsächlich Israel verwendet. In der iranischen Kommunikation ist in der Regel von Gegenschlag und Verteidigungsfall die Rede. Israel ist die Partei, die den Erstschlag kommuniziert.Ich kann mich aber auch erinnern, wie du sagtest, dass der Konflikt mit dem atomar bewaffneten Pakistan den Iran im Falle einer Eskalation zum Bau einer eigenen Bombe motivieren könnte. Weiterhin: Die Konzentration mancher iranischer Politiker auf Israel ist eher ein reines Ablenkungsmanöver, man weiß sehr wohl, dass man aktiv nicht an einem "Untergang" Israels "arbeiten" kann. Man muss derweilen eher daran arbeiten, den eigenen Untergang zu verhindern, vor allem im Kontext zu Saudi-Arabien und der dortigen nuklearen Option und auch in den Konflikten mit den sunnitischen Staaten um einen herum (Syrien, Libanon, Pakistan, teils auch die Türkei; es bleibt auch abzuwarten, wer in Afghanistan an die Macht kommt, wenn die ISAF weg ist, zumindest werden dort aber nicht die schiitischen Hazara das Steuer übernehmen können). Dass man sich dennoch ab und an der Hetze gegen Israel bedient, hat weniger damit zu tun, dass einem die Palästinenser am Herzen liegen - das war noch nie, auch bei anderen nahöstlichen Staaten, der Fall -, eher geht es darum, durch propalästinensische und antiisraelische Positionen ein wenig ideologisches Terrain von den zunehmend mit Iran verfeindeten und teils noch eher propalästinensischen Sunniten zurückzugewinnen.
Was nun die Wortwahl betrifft: Es mag sein, dass die Iraner eher von Gegenschlägen sprechen. Aber: Wenn zuerst die verumglimpfenden bis drohenden Spitzen gegen Israel kommen, man dort dann aus der aus der Historie resultierenden Angst vor der möglichen Vernichtung (und Israel gilt gemeinhin als ein Staat, der als "one bomb country" angesehen wird) sich zu drohenden Erstschlagsgedanken veranlasst sieht, so ist es schon ein wenig heuchelnd, wenn man sich dann aus iranischer Perspektive hinter dem Mäntelchen des reinen Verteidigenwollens, ja hinter dem Defensivargument versteckt. Dazu weiß man in Teheran zu gut, was die Untergangsdrohungen in der Psyche Israels anrichten...
3.) Patriot:
Zitat:Der Begriff "Koexistenz" ist in der aktuellen israelischen Außenpolitik ein Fremdwort.
Aktuell sicherlich, was aber genau genommen nicht verwundern kann. Man darf aber a) nicht vergessen, dass es auch schon große Schritte in der Vergangenheit gab, wo Israel seine Bereitschaft zur friedlichen Koexistenz, ja zur Anerkennung und zur Annäherung erkennen und Taten folgen ließ, und b) dass damals auch die betreffende arabische Seite diesen Schritt gehen wollte (Sadat, Mubarak, Arafat, teils auch Jordanien). Nur ist es eben heute so, dass ich in Iran diese Absicht nicht erkenne. Wen wundert es da, dass man in Israel kompromisslos ist?
Schneemann.