29.09.2012, 10:24
Unter Bezug auf diese Meldung von Hurriyet stellt sich mir die Frage:
wozu militärisch genutzte Raketen dieser Reichweite, wenn nicht ...
wozu militärisch genutzte Raketen dieser Reichweite, wenn nicht ...
Erich schrieb:Unter Bezug auf diese Meldung von Hurriyet stellt sich mir die Frage:
wozu militärisch genutzte Raketen dieser Reichweite, wenn nicht ...
Shahab3 schrieb:Ich habe es mehrfach angesprochen. Innerhalb kurzer Zeit hat die Türkei einen strategischen Wandel von der berühmten "Zero-Problem Strategie" hin zu einer durchaus recht aggressiven und selbstbewussten Konfliktstrategie gemacht. Nicht zuletzt passieren die neuerlichen Entwicklungen in der Türkei ja vor dem Hintergrund selbst gekappter Beziehungen mit Israel, Syrien, Irak, Iran, Griechenland und Zypern. Aucgh die Beziehung zu den NATO-Bündnispartnern hat die Türkei seit 2003 ebenfalls massiv heruntergefahren. Das ist ein klarer und sehr bewusster Pariah-Kurs. Warum wandelt sich die Türkei so selbewusst von "Everybodies Darling" zum neuen "Enfant-Terrible"?
Man könnte versuchen das psychologisch zu ergründen und mit einer deutlichen Renaissance des Islam in der Türkei in Verbindung mit einem neu entstandenen oder besser gesagt - wieder entdeckten- türkischen Selbstverständnis erklären. Auch dafür gibt es Gründe, die auch in der deutlichen Ablehnung der europäischen Bevölkerung gegenüber der türkischen Kultur liegen. Die Türken haben erkannt, dass sie keine Europäer sind, sondern ihre kulturellen Wurzeln und Einflussbereiche im asiatischen und arabischen Raum haben. In der EU und NATO hat die Türkei ihre gewünschte Rolle nicht gefunden und die jahrelange Bevormundung und wirtschaftliche wie politische Abhängigkeit (ehemals hoch verschuldetes Entwicklungsland) hat den Türken nicht gefallen. Wir erleben mit der türkischen Politik ist eine Wendung gen Osten.
Die Türkei emanzipiert sich deshalb in geradezu revolutionärer Weise und versucht Stärke zu demonstrieren und im eigenen Namen und Willen zu agieren.
Da das alles Neuland für die heutige Türkei ist, muss sie letztlich ihre neuen Grenzen selbst ausloten und ihre neue Rolle in der Region erst noch finden. Das konnte bis heute nicht passieren. Der Begriff "revolutionär" ist durchaus nicht falsch gewählt, da die Türkei Jahrzehnte lang im starren Korsett der Generäle (eine Art Militäroligarchie) gefangen war. Es hat mit der AKP tatsächlichen einen Machtwechsel, ja fast eine Änderung des politischen Systems gegeben. Das aggressive Vorgehen der AKP gegen die Militärs ist ein Mittel zur Untermauerung dieser inner-türkischen Revolte.
Meine persönliche Hoffnung ist, dass irgendwann eine Regierung in der Türkei an der Macht ist, wo man schlicht und einfach weiß wen man vor sich hat. Freundlich, feindlich, was auch immer. Aber nicht jede Woche ein neuer Sinneswandel. Derzeit ist die Türkei ein unkalkulierbarer Faktor.
Zitat:Die Türkei hat in den vergangen Jahren ein groß angelegtes ziviles Atomprogramm aufgelegt. Die heimische Wirtschaft wachse und brauche mehr Strom.und interessanter: Sowohl Rosatom wie auch die Japaner-Franzosen haben wie üblich den 60jährigen Betrieb, die Bereitstellung des erforderlichen Urans und die Rücknahme der abgebrannten Brennelemente angeboten - die Türkei hat in beiden Fällen darauf verzichtet. Sowohl Uranlieferung wie Entsorgung erfolgen in eigener, nationaler Verantwortung.
2011 beauftragte Ankara die russische Forma Rosatom für 15 Milliarden Euro mit dem Bau eines großen Reaktorkomplexes an der Mittelmeerküste, etwa 300 km östlich von Antalya.
Zwei Jahre später folgte eine ähnliche Vereinbarung mit einem japanisch-französischen Konsortium zum Preis von 17 Milliarden.
Zitat:... seit Mitte der 80er Jahre entwickelt die Türkei Kurzstreckenraketen mit einer Reichweite von maximal 150 Kilometern.weiter habe Erdogan im Dezember 2011 die nationale Rüstungsindustrien aufgefordert
Zitat: Langstreckenraketen zu entwickeln.und -
Zwei Monate später begann die Türkei offenbar mit der Entwicklung einer Mittelstreckenrakete. Einen Raketentyp mit einer Reichweite von immerhin schon 1500 Kilometern testeten die Türken 2012.
Eine Mittelstreckenrakete mit 2500 Kilometer Reichweite soll (frühestens) ab 2015 einsatzbereit sein.
Zitat:Mittelstreckenraketen eignen sich aufgrund ihrer geringen Zielgenauigkeit und Nutzlast nur für Massenvernichtungswaffen.
Zitat:Die Türkei wird nicht zulassen, dass ein Nachbarland Waffen hat, über die die Türkei nicht verfügt.Mit dem Verweis auf den Iran - und den politischen Vorstellungen der Türkei als "nicht zweitrangiger" Regionalmacht schließt sich dann der Kreis wieder.
Nightwatch schrieb:Das ist nur wieder ein weiterer Puzzelstein der schon heute zeigt, wie katastrophal das angloamerikanische Einknicken vor dem Iran 'wegen ISIS' - rofl - sein wird.Ich kann dieser Verbindung nicht folgen. :roll: Erklär dich mal.
Zitat:"Die Türkei wird nicht zulassen, dass ein Nachbarland Waffen hat, über die die Türkei nicht verfügt"nicht das israelische Atomprogramm gemeint haben, und nicht - wie Nightwatch in seiner reflexartigen Äusserungen uns glauben machen möchte, den Iran?
Erich schrieb:Schließlich ist Israels Atombombe dezidiert schon lange bekannt - und könnte dann noch viel mehr die Initialzündung für türkische Überlegungen gewesen sein.Genau, das war auch mein erster Gedanke.
Zitat:Man sieht, wie Atomwaffen eines Staates zu einem entsprechenden Bewaffnungsprogramm in der Region führen.Für mich auch schlüssig!
Zitat:Und im Endeffekt führt das deutlich vor Augen, dass die Atomwaffenfreiheit der Region nur unter Einbeziehung der israelischen Atomwaffen erreicht werden kann.Für mich halt auch die Inkonsequenz des Westens / USA, dass man das Israel zugesteht und anderen eben nicht. Wenn man schon die hehre Absicht hat, dann muss man auch bei den "eigenen" die gleiche Logik anwenden (atomwaffenfreie Zone).
Zitat:Daran hängen dann die Türkei, der Iran - und in der Folge auch Pakistan, Indien und China.Supermächte mit über einer Milliarde Einwohner würde ich zwar den Versuch der "Entwaffnung" angehen, ist aber für mich nicht zentral (scheitert an der Realität). Aber dass da jeder "Staat" sich mit Atomwaffen rüstet, muss man wirklich verhindern, so es denn möglich ist.
phantom schrieb:Im Austausch für iranische Unterstützung im Kampf gegen ISIS wird man es praktisch aufgeben den Bau der iranischen Bombe zu stoppen.Nightwatch schrieb:Das ist nur wieder ein weiterer Puzzelstein der schon heute zeigt, wie katastrophal das angloamerikanische Einknicken vor dem Iran 'wegen ISIS' - rofl - sein wird.Ich kann dieser Verbindung nicht folgen. :roll: Erklär dich mal.
Erich schrieb:nicht das israelische Atomprogramm gemeint haben, und nicht - wie Nightwatch in seiner reflexartigen Äusserungen uns glauben machen möchte, den Iran?Hä was?
Schließlich ist Israels Atombombe dezidiert schon lange bekannt - und könnte dann noch viel mehr die Initialzündung für türkische Überlegungen gewesen sein.
Während ich Nightwatch nach dem "Floriansprinzip" einordne (Oh heiliger Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd s'andre an), halte ich die zeitliche Abfolge in Bezug auf das israelische Potential wesentlich logischer.
Man sieht, wie Atomwaffen eines Staates zu einem entsprechenden Bewaffnungsprogramm in der Region
führen.
Erich schrieb:Und im Endeffekt führt das deutlich vor Augen, dass die Atomwaffenfreiheit der Region nur unter Einbeziehung der israelischen Atomwaffen erreicht werden kann.Das ist sehr naiv gedacht. Die Wahrheit ist: Sowohl Ab- als auch Aufrüstung erzeugt Instabilität. Die Welt kann sich weder das eine noch das andere leisten, es müssen alle Register gezogen werden den heutigen Status Quo zu erhalten.
Daran hängen dann die Türkei, der Iran - und in der Folge auch Pakistan, Indien und China.
Kurz und gut:
die weitere Verbreitung von Atomwaffen - die ich für bedenklich, um nicht zu sagen, gefährlich halte - kann letztendlich nur verhindert werden, wenn der zweite Teil des Atomwaffensperrvertrages erfüllt wird, und die atomar bewaffneten Staaten auch ihr Systeme abrüsten und eleminieren.
Ansonsten wird die weitere Verbreitung (schon in Bezug auf den Nachbarn in der Region) kaum aufzuhalten sein.
Nightwatch schrieb:....wie ich aus dem WELT-Artikel entnommen habe, wird das türkische Atomprogramm seit den 80er Jahren ohne Unterbrechung und konsequent voran getrieben, also seit bekannt werden des israelischen Atomwaffen-Programms (1985).
Das ist eigentlich nicht weiter schwierig zu verstehen. Durch das israelische Atomprogramm gab es vor allem in den Achtzigern eine gewisse Orientierung hin zu arabischen Atomprogrammen. Hierzu zählen auch die Anfänge des türkischen Programms. Genauso wie auch ägyptische und saudische Bemühungen. Aus einer Reihe politischer, strategischer und wirtschaftlicher Neuorientierungen wurde daraus aber nie mehr. Vielmehr verstand man im Gegenüber mit Israel und auch den USA, dass es keinen gesteigerten Sinn macht den politischen und strategischen Status Quo in der Region durch Nuklearwaffen zu verändern.
Dies hat sich bis heute in Bezug auf Israel nicht geändert. Die israelischen Nuklearwaffen führen heute jetzt nicht plötzlich dazu, dass die Atomprogramme der Anrainer weiter vorangetrieben werden. Das fand die letzten 25 Jahre nicht statt und war kein Problem.
Zitat: Das ist sehr naiv gedacht.also darf ein Zwergstaat wie Israel, weil es schon Atomwaffen hat, aber eine Regionalmacht wie Iran oder die Türkei darf nicht? Wie naiv ist das denn??
...
es müssen alle Register gezogen werden den heutigen Status Quo zu erhalten.
Zitat: ....dann muss ich aus Sicht des Iran darauf verweisen, dass es mit Pakistan beginnt - einem äusserst instabilen multitpolaren Atom-Waffen-Staat mit religiösem Bürgerkrieg und fundamentalen Endzeitkulturen, direkt als iranischem Nachbarn, der in ständiger Gefahr steht, von eifernden Fundamentalisten sunnitisch-wahabtischer Prägung übernommen zu werden.
Und das beginnt mit dem Iran. Wenn der Iran die Bombe bauen darf ist das ein Dammbruch und es gibt kein Halten mehr. Die folge wäre unweigerlich ein nuklearer Holocaust in der Region bis Mitte des Jahrhunderts.
Multipolare Systeme mit Religionskriegen und fundamentalen Endzeitkulten können sich nicht stabilisieren.
Erich schrieb:wie ich aus dem WELT-Artikel entnommen habe, wird das türkische Atomprogramm seit den 80er Jahren ohne Unterbrechung und konsequent voran getrieben, also seit bekannt werden des israelischen Atomwaffen-Programms (1985).Das hat doch keine Logik. Das türkische Programm ist seit einem Viertel Jahrhundert nicht über einige erste beschränkte Schritte hinausgekommen. Das ist vieles aber mit Sicherheit kein konsequentes Vorantreiben.
Also nichts von wegen "das war zwischendurch gestoppt" und ist ´"erst jetzt mit dem iranischen Atomprogramm wieder aufgelebt."
Erich schrieb:] also darf ein Zwergstaat wie Israel, weil es schon Atomwaffen hat, aber eine Regionalmacht wie Iran oder die Türkei darf nicht? Wie naiv ist das denn??Das ist dein eigentliches Problem, nicht?
Zitat: ....Der Iran wird durch Pakistan nicht bedroht und das wird dort auch nicht so wahrgenommen.
dann muss ich aus Sicht des Iran darauf verweisen, dass es mit Pakistan beginnt - einem äusserst instabilen multitpolaren Atom-Waffen-Staat mit religiösem Bürgerkrieg und fundamentalen Endzeitkulturen, direkt als iranischem Nachbarn, der in ständiger Gefahr steht, von eifernden Fundamentalisten sunnitisch-wahabtischer Prägung übernommen zu werden.
Und als Pakistani zeige ich dann auf Indien - als Inder aber auf China.
Das ist überhaupt nicht naiv gedacht, sondern schlichte Realität. Jede atomare Bewaffnung eines Staates führt dazu, dass die konkurrierenden unmittelbaren Nachbarn ebenfalls in den Besitz der ultimativen Bombe kommen wollen.
Nightwatch schrieb:Tatsache ist aber nunmal, die Sicherheitsarchitektur der Region funktióniert mit israelischen Kernwaffen. Sie wird nicht mehr funktionieren wenn man vier weitere Player dazunimmt oder Israel seine Kernwaffen abgibt.Und wenn man die gleiche Logik die Israel für sich ausnimmt, für jeden Staat in der Region auch anwenden würde. Sprich ISIS nicht HMVEEs und Panzer, sondern an Atomwaffen käme, weil Letztere rund um die Welt in jeder Ecke verteilt wären?
Zitat:Deine Sichtweise ist viel zu einfach. Eine nukleare Bewaffnung hängt von viel mehr Faktoren ab als 'whaa mein Nachbar hat welche, will auch'.Deine Konsequenz aus deinem angestrebten "Status Quo" wäre doch, dass jeder Staat seine eigenen Atomwaffen hätte. Wenn man deine Logik verfolgen würde, hätte am Schluss jeder diese Waffe.