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Normale Version: Geschichte und Ethnogenese der Juden
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Teil 3 Die Diaspora

Die jüdische Diaspora begann nicht in der römischen Zeit und war nicht die Folge der Zerstörung des Tempels bzw der Vertreibung von Juden aus Jerusalem.

Bisher habe ich ja die jüdische Geschichte primär bezogen auf das jüdische Königreich bzw die Siedlungsgebiete der Juden im Gebiet des heutigen Israel dargestellt.

Schon sehr viel früher aber siedelten Juden ganz massiv in anderen Ländern. Diese jüdische Diaspora begann mit den Persern (und vereinzelt sogar schon davor!). Schon zur Zeit des Großkönigs Kurus dienten viele Juden den Persern als Söldner. Und erhielten für ihre Söldnerdienste aufgrund von Finanziellen Problemen der Perser anstelle von Geld auch Land zugewiesen. Die ersten ausländischen jüdischen Gemeinden entstanden in dieser Zeit in Ägypten, wo die Juden einen erheblichen Teil der persischen Besatzungstruppen bildeten. Aber auch davor schon hatten Juden beispielsweise in Ägypten gelebt, wo sie eine kleine Kolonie hatten.

Wie ich aber in Teil 2 ja ausgeführt habe, sind Juden zu dieser Zeit weder sprachlich noch von der Abstammung her ein Volk, sondern es handelte sich um ein Volk das sich selbst rein theologisch definierte (was bis heute in der Doppelstellung von Religion und Volk nachschwingt). Diese Juden die in anderen Ländern siedelten stammten daher aus verschiedenen Völkern, hatten verschiedene Sprachen, und eine gemeinsame Monotheistische Religion.

Das Judentum war in der Antike zudem eine Missionierende Religion, das heißt das die Juden zu dieser Zeit noch aktiv versuchten andere Menschen zum Judentum zu bekehren. Die Missionsarbeit der Juden wuchs dann in der Zeit des Hellenismus noch an und war während der Herrschaft der Diadochenreiche sogar recht erfolgreich. Dies läßt sich auch eindeutig durch die Demographie belegen. Allein in Ägpyten lebten zu dieser Zeit über 1 Millionen Juden. Nur durch die Auswanderung allein läßt sich diese Zahl aber nun nicht erklären. Selbst bei einer sehr hohen Reproduktionsrate wäre es den wenigen jüdischen Auswanderern nicht möglich gewesen, in so kurzer Zeit eine solch hohe Anzahl zu erreichen.

Die zum Judentum bekehrten, Proselyten genannt machten binnen kurzer Zeit einen bedeutenden Anteil und in manchen Gegenden sogar die Mehrheit der Juden in der Diaspora aus. Das hatte wiederum auch wirtschafltiche Hintergründe. Denn die Juden waren zur Zeit der Diadochenreiche wirtschaftlich priveligiert. Diese Besserstellung der Juden in etlichen Fragen war ein Versuch der Diadochen, die Juden für sich zu gewinnen und den erheblichen militärischen Widerstand den die Juden leisteten zu brechen. Die Folge war jedoch lediglich ein rasches Anwachsen der ausländischen jüdischen Gemeinden durch Bekehrungen.

Mit dem extremen Anwachsen des Handels im Mittelmeerraum zur Zeit der Diadochenreiche breiteten sich dann diese Ausländischen jüdischen Gemeinden die oft weitgehend in den Handel involviert waren im ganzen Mittelmeerraum aus. So gab es beispielsweise bereits 200 v Chr bedeutende jüdische Gemeinden in Italien. Und auch in der anderen Richtung, insbesondere im Zweitstromland breitete sich die jüdische Religion aus, hier jedoch schon früher, vor den Diadochenreichen, also zur Zeit der Perserherrschaft.

Als die Makabäer dann die Hellenen aus den jüdischen Gebieten militärisch vertrieben hatten und das Königreich der Hasmonäer seine Herrschaft mit extremer Gewalt ausdehnte, führte dies in den angrenzenden Ländern zu einer zunehmenden Judenfeindschaft. Diese Judenfeindschaft, am besten belegt für Ägypten führte dann wiederum zu einem Zusammenschluß der dortigen Gemeinden, die ja ursprünglich aus ganz vielen verschiedenen Quellen und Völkern stammten. Erst die Verfolgung brachte dann diese bis dahin (bis auf die Religion) grundverschiedenen Gruppen zusammen.

Lange vor der Zerstörung des Tempels (und der angeblichen ! Vertreibung der Juden aus dem Gebiet des heutigen Israel) lebten auf diese Weise mehr Juden im Ausland in der Diaspora als in Judäa.

Es gab damals im Königreich der Hasmonäer gerade mal um die 1 Milionen Juden. Im Mittelmeerraum aber lebten zu dieser Zeit bereits um die 4 Millionen Juden und im Zweistromland und in Persien eine weitere Millionen.

Und eine Mehrheit davon waren Konvertiten, also keine gebürtigen Juden, sondern Bekehrte, da gerade zur Zeit der Hasmonäer das Judentum eine sehr stark missionierende Religion war. Ein großer Teil dieser Juden in der Diaspora war Griechischer Sprache ! Das ganze führte schließlich so weit, daß diese Griechischen Juden versuchten, religiöse Texte bzw die Thora ins Griechische zu übersetzen. Es entstanden dann in dieser Zeit ganz wiedersprüchliche Zweige der jüdischen Religion, mit den beiden Hauptzweigen der radikal fundamentalistischen Gruppen in Judäa selbst die ihre Wurzeln betonten und dem Hellenistischen Judentum das die ins Griechische übersetzte Thora verwendete.

Die erste Form dieser griechischen Thora wurde übrigens schon im 3 Jahrhundert vor Christus erstellt.

Während die jüdische Theologie und das jüdische Geistesleben unter dem Primitivismus der fundamentalisten in Judäa abstarben, entwickelte sich die jüdische Religon getrennt vom ursprünglichen jüdischen Volk vor allem in der Diaspora weiter. Auch das zeigen die heutigen jüdischen Schriften noch ganz klar, beispielsweise hat der Babylonische Talmud ! auch heute noch Vorrang.


Was ist aus diesen Fakten zu folgern? Schon vor der (angeblichen ! dazu später mehr) Vertreibung der Juden durch die Römer, lebte der größte Teil der Juden außerhalb Judäas und war weder sprachlich noch von seiner Abstammung her jüdisch. Er war noch nicht einmal Semitischer Abstammung und konnte dies auch gar nicht sein. Obwohl die jüdische Religion so ausschließlich war, führte die Abstammung der vielen Konvertiten zu einem Hellenistischen Judentum und dann sogar zur Übersetzung der Thora ins Griechische.

Wer will nun behaupten, daß die Juden allesamt Semitische Gene haben die noch heute nachweisbar sind?! Wenn der allergrößte Teil der Juden schon in der Antike keine Semitische Abstammung mehr hatte....

Und wer wollte behaupten, daß die heutigen Juden von den Juden abstammen, die von den Römern aus Judäa vertrieben wurden, wenn schon lange vor der Zerstörung des Tempels mindestens 5 Millionen Juden in der Diaspora lebten, aber gerade mal 1 Millionen in Judäa?!

Wie aber verhält es sich mit der Vertreibung der Juden durch die Römer und der Zerstörung des Tempels? Dazu mehr im nächsten Teil, der Zerstörung des Tempels und den Juden in der Spätantike.
@Quintus Fabius
Zitat:Dieser herrschte dann über die Juden als römischer Vasallenkönig, nachdem die Römer das Königreich der Hasmonäer erobert hatten.
Mir war zwar bekannt das Judea ein Klientelstaat des römischen Reiches war - aber wann haben denn die Römer Judea erobert?

Zitat:Der jüdische König Herodes war also ein Araber und beherrschte im Auftrag der Römer die Juden.
Wieviel tatsächliche Macht hatte eigentlich Herodes?
Wir wissen z.B. das der im neuen Testament erwähnte Kindermord zu Bethlehem nicht historisch ist. Tatsächlich ist er sogar aus älteren mesopotamischen Sagen, wie z.B. jener um Sargon von Akkad, abgeschrieben. Diese Geschichte um den Kindermord war ein beliebtes und altbewährtes Mittel um die Auserwähltheit des Helden der Geschichte darzustellen.
Rom hätte wohl Herodes ein derartiges Massaker nicht durchgehen lassen. Sein Nachfolger wurde von Rom sogar wegen weit geringerer Verfehlungen abgesetzt.
Zitat:Mir war zwar bekannt das Judea ein Klientelstaat des römischen Reiches war - aber wann haben denn die Römer Judea erobert?

Das Königreich der Hasmonäer wurde im Jahr 63 v Chr durch die Römer unter dem Befehl von Pompeius Magnus erobert. Pompeius verzichtete jedoch nach der militärischen Eroberung von Palästina darauf, dieses Gebiet zu einer römischen Provinz zu machen, dazu hätte er Besatzungstruppen dort belassen müssen und seine Soldaten brauchte er woanders. In der Folge dessen errichtete Pompeius das Klientelkönigreich. Die Hasmonäer hatten übrigens auch nach ihrer Niederlage gegen die Römer immer noch das Amt des Hohepriesters inne was Pompeius gerade recht war, weil so zwei sich gegenseitig bekämpfende Gruppierungen in Judäa entstanden (die alten und die neuen Machthaber) was die römische Oberhoheit stabiliserte (Teile und Herrsche).

Die Familie des Herodes kam dann über ihre Dienste für die Hasmonäischen Hohepriester an die Macht. Der Vater von Herodes dem Großen war ein Berater des Hohepriesters Johannes Hyrkanos. Die Römer versuchten ihn aufgrund seiner Machtstellung auf ihre Seite zu ziehen, indem sie ihn zum römischen Statthalter in Judäa ernannten. Die Familie des Herodes wurden aufgrund dessen Klienten des Pompeius und waren damit in das römische Klientelwesen eingebunden. Im römischen Bürgerkrieg wechselte die Familie jedoch mehrfach die Seiten ohne das dies Nachteile für sie gebracht hätte. Am Ende waren sie Klienten Caesars.

Herodes der Große selbst begann seine Karriere auf die gleiche Weise. Er wurde von seinem Vater den Römern als Staathalter von Judäa vorgeschlagen und erhielt diesen Posten. Um weiter aufzusteigen nahm er eine Hasmonäerin zur Frau um eine zukünftige Herrschaft über die Juden zu legitimieren.

40 v Chr fielen jedoch die Parther in das Klientelkönigreich ein und so kam dort kurzfristig ein anderer Zweig der Hasmonäer an die Macht (wenn auch von Gnaden der Parther). Herodes der Große floh darauf hin nach Rom selbst und mobilisierte römische Hilfe. Unter dem Oberbefehl von Marcus Antonius wurden die Aufständischen vernichtend geschlagen und die Herrschaft Roms über Palästina bis zum Jahr 37 v Chr wieder hergestellt. Herodes gelang es dann als römischer Statthalter seinen Schwager zum Hohepriester zu machen und die Priesterschaft des Tempels durch Bestechungen und allerlei Versprechen auf seine Seite zu ziehen.

Zitat:Wieviel tatsächliche Macht hatte eigentlich Herodes?

Während der Kämpfe zwischen Marcus Antonius und Octavian verriet nun Herodes seinen Patron Antonius und ging zu Octavian über. Dafür verlangte und erhielt er von Octavian die Königskrone und Zugeständnisse bei der Machtausübung die ihm im Vergleich mit anderen Klientelkönigen deutlich mehr Freiheiten ließen. Horodes erwies sich nach einigen Anfangsschwierigkeiten als ein eigentlich sehr guter König. Er verwaltete das Klientelkönigreich sehr geschickt und erlangte aufgrund seiner klugen Machtpolitik immer größere Freiheiten. Trotz seiner hervorragenden Verwaltung und insbesondere seiner sehr klugen Wirtschaftspolitik geriet das Land aus religiöser Hysterie immer mehr in Aufruhr. Trotzdem gelang es Herodes wegen seiner bis zu seinem Tode eine de facto Unabhängigkeit seines Königreiches zu erlangen. In den letzten Lebensjahren des Herodes konnte er de facto völlig unabhängig agieren.

Nach seinem Tod aber ließ der Imperator Augustus sein Königreich wegen eines angeblichen Aufstandes der Juden (eher wohl eine durch Hunger und Versorgungsprobleme bedingte Unruhe in einigen Teilen des Landes) in drei Teile spalten und verteilte diese an die drei Söhne des Herodes. Höchstwahrscheinlich war dem Imperator das Königreich viel zu unabhängig geworden.

Bis 41 n Chr war dann das Königreich in drei Teile gespalten, die Schritt für Schritt unter totale römische Kontrolle gerieten. Einer der Nachkommen des Herodes, der Herodes Agrippa hieß, war in dieser Zeit in Rom aufgewachsen und erzogen worden. Er hatte dort die Freundschaft einiger Personen am Kaiserhof erlangt und insbesondere das fragwürdige Vertrauen des Caligula errungen. Dieser setzte seinen „Freund“ dann 37 n Chr als König von Judäa ein. Von dem Imperator Claudius erhielt er dann weitere jüdische Gebiete in der Region zur Herrschaft. Trotzdem wurde die wirkliche Macht inzwischen fast völlig von den römischen Staathaltern ausgeübt. Mit seinem Tod im Jahr 44 n Chr verwandelten die Römer dann das Königreich Judäa in eine reguläre römische Provinz. Interessant in diesem Kontext ist es vielleicht noch, daß eine der beiden Töchter dieses Herodes die Geliebte des römischen Imperators war, die andere die Ehefrau des römischen Provinzgouverneurs der dann die Macht nach Herodes Agrippa direkt ausübte.

Beschließend ist noch anzumerken, daß aufgrund der grassierenden religiösen Hysterie der Juden inPalästina in dieser Zeit schon Herodes seine Herrschaft trotz aller Exzellenz seiner Regierung nur mit Gewalt und Unterdrückung aufrecht erhalten konnte. Seine Söhne und Nachfolger aber herrschten nicht nur als Gewaltherrscher, sie waren darüber hinaus auch unfähig und korrupt.



Nachtrag zur Diaspora:

Warum eigentlich breitete sich das Judentum als Religion in der Zeit des Hellenismus im ganzen Mittelmeerraum so stark aus? Die Antwort ist, daß es in dieser Zeit im ganzen Hellenistischen Gebiet und angrenzenden Ländern zu einer sehr starken religiösen Desorientierung kam. Die Alten Kulte und Götter überzeugten nicht mehr, die abgeklärten und/oder extrem anspruchsvollen griechischen Philosophien überforderten die Antiken Menschen.

Auf der Suche nach echten Religionen wandte man sich daher im ganzen Mittelmeerraum in dieser Zeit verstärkt Orientalischen Kulten zu. Das Judentum war da nur einer dieser Kulte. Selbst so exotische und bizarre Kulte wie der der Isis oder der Kybele verbreiteten sich so in dieser Zeit bis nach Rom. Diese orientalischen Kulte boten mit ihrer logischeren Konstruktion, ihrer extremen Frömmigkeit und ihrem Fanatismus den zweifelnden Menschen echte Religion, was die althergebrachten und erstarrten alten Kulte und Götter oft nicht mehr bieten konnten.

Im Endeffekt ist also die Griechische "Aufklärung", dieser Höhepunkt der griechischen Philosophie zur Zeit des Hellenismus daran "schuld", daß sich die überforderten antiken Menschen echten Religionen, also den Orientalischen Kulten zuwandten.

Besonders auffällig ist dies beispielsweise in Alexandrien, wo eine sehr große jüdische Gemeinde entstand. Während zugleich in Alexandrien griechische Philosophen den Erdumfang richtig und mit erstaunlicher Genauigkeit berechneten, erste Versuche mit Dampfmaschinen machten, und über Atome diskutierten, wandte sich das Volk mehrheitlich von diesen Philosophen ab und vielen verschiedenen orientalischen und ägyptischen Geheim- und Mysterienreligionen zu.

Das Judentum war hier aber besonders erfolgreich aus folgendem Grund: Die Jüdische Religion war nicht obskurantistisch, sondern im Gegenteil besonders kompatibel mit dem logischen Denken der Griechen. Sie war eben keine Mysterienreligion sondern bei aller Frommheit und extremen Religiösität eine in sich logische Religion. Sie war im Gegensatz zu anderen orientalischen Kulten die sich ausbreiteten schriflich eindeutig cofiziert und von besonderer Klarheit. Der Monotheismus war dann genau das religiöse Plus gegenüber den althergebrachten Göttern, bot ein Religiöse Gefühle ohne sich wirren Mysterien ausliefern zu müssen.

Selbst in den römischen Gebieten gab es daher schon im Jahr 200 v Chr eine rasch zunehmende Anzahl von Juden.
Teil 4 Die Zerstörung des Tempels und die Juden in der Spätantike

A Die Zerstörung des Tempels und die „Vertreibung“

Ich fasse noch mal kurz zusammen was wissenschaftliche Fakten sind, die durch Archäologische Funde bewiesen sind:

1 Das Judentum ist viel jünger als es in der jüdischen Geschichtsschreibung behauptet wird

2 Die Juden sind in der Antike als Volk nicht greifbar denn:

3 Es gab Zwangskonvertierungen anderer Völker zum Judentum und

4 die Diaspora entstand VOR den Römern und lange vor der Zerstörung des Tempels überwiegend durch Missionierung

5 die Zahl der Juden in der Diaspora war VOR den Römern bereits 5 mal so groß wie die Zahl der Juden in Palästina


Nun zur Zerstörung des Tempels und der angeblichen Vertreibung der Juden aus Palästina:

Dazu schreibe ich mal einen Text aus einem offiziellen deutschen Geschichtsbuch ab, wie Geschichte in deutschen und jüdischen Schulen offenbar gelehrt wird: Zitat:

„Nach dem gescheiterten Aufstand und der Zerstörung des Tempels ist den Juden das Betreten Jerusalems bei Todesstrafe verboten. Der jüdische Nationalstaat endet mit der Vertreibung der Juden aus Israel und mit dem Verlust des Tempels als politischem und kulturellem Mittelpunkt. Für die Juden beginnt das Leben in der Diaspora, deren geistiger Mittelpunkt die Synagoge wird.“

Wie aber sieht der archäologische Befund aus und was steht tatsächlich in den historischen Texten:

Genau genommen wird Juden das Betreten Jerusalems erst nach dem Aufstand des Bar Kochba verboten. Dieser Aufstand findet 132 n Chr bis 135 n Chr statt. Der Tempel wurde aber schon 70 n Chr durch die Römer zerstört. Hier haben wir schon mal eine Differenz von immerhin 65 Jahren.

Dann haben wir ja schon festgestellt, daß bereits vor den Römern 5 mal mehr Juden in der Diaspora lebten als in Palästina. Das Leben in der Diaspora begann also eben nicht 70 n Chr oder 135 n Chr, sondern diese bestand schon.

Und archäologisch ist keine Vertreibung der Juden feststellbar, sondern ein durch die Kriege der Römer dort bedingter massiver Bevölkerungsrückgang. Nur Teile der jüdischen Eliten wanderten in der Folge dieser Kriege aus, nicht aber die Juden als Volk. Es gab ja nicht einen Aufstand der Juden an dessen Ende die Zerstörung des Tempels stand, sondern mehrere nacheinander. Bei der Niederschlagung dieser Aufstände löschten nun die Römer einen Grosteil der Juden in Palästina aus, ganze Städte und Gegenden wurden vernichtet und die Zivilbevölkerung ausgelöscht und ihre Reste versklavt.

Was man findet ist keine Auswanderung, sondern schlicht und einfach eine Auslöschung. Nur Teilen der Eliten gelingt (teilweise durch Kollaboration – siehe Flavius Josephus – De Bello Judicae) die Auswanderung bzw Flucht. Diese Eliten lassen sich dann in der Diaspora bei den dort schon bestehenden starken jüdischen Gemeinden nieder und erlangen dort in der Spätantike an vielen Stellen die Macht bzw die Deutungshoheit über die Religion.


Die Juden in der Spätantike:

In der Spätantike gibt es drei entscheidende Faktoren die das Judentum geprägt haben:

1 der Kampf zwischen den Ausgewanderten Eliten aus Palästina und den Eliten der Diaspora um die Führung und die Religiöse Hoheit, insbesondere zwischen den Ausgewanderten Priestern des Tempels und den Juden in der Diaspora die dem Hellenistischen Judentum anhängen (wo die Thora in griechischer Sprache verbreitet wird!)

2 Der Einfluss der Juden die im Partherreich und dann im Reich der Sassaniden siedeln (beispielsweise erhält der Babylonische Talmud dort um das Jahr 500 n Chr herum seine endgültige Form)

3 Der Aufstieg des Christentums, daß als jüdische Sekte begann, dann aber zunehmend in Konkurrenz zu den Juden getreten ist


Durch den Aufstieg des Christentums (dem sich übrigens auch sehr viele hellenistische Juden zuwandten!) gerieten die Christen in einen zunehmenden Gegensatz mit der in der Spätantike noch weit verbreiteten jüdischen Religion. Denn wenn die Christen recht hatten und der Messias in der Gestalt von Jesus schon auf der Erde gewesen war, dann musste die jüdische Religion falsch sein und umgekehrt. Da sich die beiden Religionen widersprachen, aber im Endeffekt Äste desselben religiösen Baumes waren, kam es schon sehr früh zu Auseinandersetzungen beider Gruppen und dann zu zunehmender Gewalt.

Zeitgleich fand im Judentum selbst ein innerer Machtkampf statt. Es standen sich zwei Gruppierungen feindlich gegenüber, zum einen die der Priester des Tempels und der ausgewanderten Eliten. Diese wandten sich gegen weitere Missionierung (und zwar aus dem Grund, weil dies ihre Macht untergraben hätte). Diese Gruppe definierte die Juden erstmals ethnisch, nicht zuletzt um durch diesen Exklusivitätsanspruch ihre eigenen Machtansprüche und ihren Herrschaftsanspruch über die Juden erhalten zu können.

Auf der anderen Seite stand das Hellenistische Judentum das sich selbst weiter primär Religiös definierte, für Missionierung und Anpassung der jüdischen Religion an die Hellenistisch-Römische Kultur stand. Aus diesem Inneren Machtkampf gingen die Ausgewanderten Eliten und Priester als Sieger hervor, sie erlangten die Deutungshoheit und religiöse Herrschaft.

In der Folge dessen traten sehr viele hellenistische Juden zum Christentum über und förderten dadurch die Verbreitung dieser Religion erheblich.

Unter dem Kaiser Caracalla erhielten dann alle Juden im Reich das römische Bürgerrecht, wie alle anderen Einwohner innerhalb der Grenzen auch. Mit dem Aufstieg des Christentums zur wichtigsten Religion im römischen Reich begann jedoch der Kampf der Christen gegen die Juden. Wie schon erläutert aus dem religiösen Widerspruch, da ja die Christen schlicht und einfach falsch liegen mussten, wenn die Juden recht hatten und umgekehrt.

In manchen Gegenden waren es auch die Juden selbst die dort zuerst auf die Christen losgingen, aus dem gleichen Mechanismus heraus. Insbesondere in Ägypten wo es eine sehr starke jüdische Bevölkerung gab, ging sehr viel Gewalt von den Juden gegen andere religiöse Gruppen aus.

Nach dem Ende der letzten Christenverfolgungen durch den römischen Kaiser Diokletian (während dieser Zeit erreichten die Juden ihren Höhepunkt an Zahl und Einfluss da sie im Gegensatz zu den Christen eben nicht verfolgt wurden), erlangte das Christentum dann aufgrund seiner Verbreitung und politischen Bedeutung unter dem Kaiser Konstantin den Status einer Staatsreligion.

Die Christen änderten unter Konstantin ihre Politik grundliegend. Sie unterwarfen sich im völligen Gegensatz zu ihrem vorherigen Verhalten bedingungslos dem Kaiser und unterstützten Konstantin wo es nur ging. Auf der Gegenseite erhob der Kaiser das Christentum zur Staatsreligion und förderte seine Ausbreitung in großem Maße.

Und der Kaiser ging auf Geheiß der Christen nun mit den Mitteln des Staates gegen die Feinde der Christen vor, und das hieß insbesondere gegen die Juden. In der Folge dessen wurden die Bürgerrechte der Juden durch Konstantin eingeschränkt. Den Judengesetzen des Konstantin folgten weitere solche Gesetze und immer weiter zunehmende Einschränkungen und Beschränkungen durch Theodosius und viele andere der römischen Kaiser.

Durch die zunehmenden Wirren innerhalb des Reiches, die beginnende Völkerwanderung, die zunehmende Gewalt und Rechtlosigkeit und den immer schärfer werdenden Kampf des Christentums gegen die Juden nimmt deren Zahl dann am Ende der Antike erheblich ab. Es gibt Zwangstaufen, ganze jüdische Gemeinden gehen in den Wirren der Bürgerkriege und der Völkerwanderung unter. Am Ende der Antike hatte sich im gesamten Mittelmeerraum ein erheblicher Judenhaß ausgebreitet, und die jüdische Diaspora in Europa wurde durch den Untergang des römischen Reiches und die Völkerwanderung dramatisch reduziert.

Die Juden waren bis zu dieser Zeit im römischen Reich überwiegend Stadtbewohner gewesen. Mit dem Untergang der Städte, dem religiösen Fanatismus der Christen, dem Zusammenbruch des Handels und der Zivilisation und dem Umstand das die Landbevölkerung massiv Christlich geprägt war, konnten sich die Juden nicht mehr halten.

Juden die vor der Zerstörung der Städte durch Barbarische Heere oder römische Armeen aufs Land flohen durften dort aufgrund des Drucks der Christen auf dem Land nicht siedeln. Der wirtschaftliche Niedergang, die Verelendung und die immer schwierigere Versorgungslage ließen aber selbst dort wo es nicht zu Kriegshandlungen kam ein Weiterleben in den Städten nicht zu.

Viele Juden wandten sich in dieser Zeit dann ebenfalls dem römischen Christentum zu, daß in dem Untergang des römischen Reiches das nahe Weltende sah und jährlich die Widerkehr von Jesus erwartete.

Dem stand dann mit der Missionierung der Germanischen Stämme dem apokalyptischen römischen Christentum das unbedarfte germanische Christentum gegenüber, das insbesondere in seiner frühen Form des Arianismus keine Vorbehalte gegen die Juden hatte.

Die Machtübernahme durch Germanische Stämme im westlichen Teil des Reiches rettete dort dann zumindest die Reste der jüdischen Diaspora dort. Nach germanischem Recht das bei christlichen germanischen Stämmen stärker galt als Christliche religiöse Vorbehalte gegen die jüdische Religion galten Juden als schutzlose Fremde und damit als Mündel des Königs. Die Zwangstaufe der Juden wurde von den Germanischen Herrschern abgelehnt. Es wurde den Juden jedoch verboten Waffen zu tragen, womit Juden auch unter germanischer Herrschaft als Unfreie galten.
Ich hatte im Grunde die Idee, einen eigenen Thread hierzu zu eröffnen (s. Israel-Strang). Beim Durchforsten fand ich nun Quintus Strang und dachte, ich hole ihn mal kurzerhand aus der "Versenkung". Wenn wir also nun uns in Zukunft ob der Herkunft der Juden, ob Volk oder Religionsgemeinschaft, streiten wollen, dann bitte hier... :wink:

Schneemann.
Ich halte das nach wie vor für eine Debatte die man aus völkerrechtlichen Gründen nicht führen muss und auch nicht führen sollte, da sie eindeutig volksverhetzende Züge trägt
Vielleicht nur noch einmal kurz zur besseren Erklärung: Mir ging es eher darum, dass der Israel-Strang nicht allzu sehr überladen bzw. "entführt" wird mit Diskussionsansätzen, egal ob nun fundiert oder unfundiert, über die Geschichte des Judentums. Das sind im Grunde alles philosophisch-religiöse und vor allem historische Sachverhalte. Und diese sind hier und in diesem Strang besser aufgehoben als im Israel-Strang.

Schneemann.
(17.10.2024, 21:43)Nightwatch schrieb: [ -> ].... Gibt weltweit keine einzige andere Volksgruppe, denen ein derart elementares Recht wie das Leben und Wirken in der eigenen Heimstatt aufgrund irgendwelcher willkürlich ausgedachter Legalfiktionen verwehrt werden soll. Aber das ist natürlich gut und richtig und hat rein garnichts mit stumpfen Antisemitismus zu tun.
...
Juden sind keine Volksgruppe sondern Gläubige einer Religion, wie Buddhisten, Christen, Hindus oder Muslime auch. Der Begriff "Juden als Volk Gottes" ist ein ausschließlich religiös-theologischer Begriff. Wer den Begriff "völkisch" auflädt bedient sich einer faschistoiden Rassenlehre, die nicht nur Deutschland in's Verderben geführt hat.
Merkste selbst, nicht?

Und wer den Anhängern einer Religionsgemeinschaft Sonderrechte gegenüber anderen einräumt, ist gegenüber den Anhängern anderen Religionen diskriminierend. Eine religiöse Diskriminierung ist mit einem westlichen Verständnis von Menschenrechten unvereinbar. Danach ist die Religions- und Weltanschauungsfreiheit ein Freiheitsrecht des Einzelnen.
Kritik an religiöser Diskriminierung oder an Regierung und Staat Israel hat absolut nichts mit Antizionismus zu tun.
Merkste selbst, nicht?

Diese reflexartige Keule ist weder angebracht noch sonst irgendwie geeignet, die Diskriminierung im israelischen Herrschaftsbereich und die unverhältnismäßige Gewaltanwendung durch israelische Streitkräfte zu rechtfertigen..
Zitat:Luftangriff im Nordlibanon
»Sie sagen, sie sammeln Leichenteile aus Olivenbäumen«

... Bei einem Luftschlag auf ein christliches Dorf im Nordlibanon sollen mindestens 20 Menschen getötet worden sein. Eindrücke von SPIEGEL-Reporter Christoph Reuter. ....
(17.10.2024, 22:08)Kongo Erich schrieb: [ -> ]Juden sind keine Volksgruppe
Ja das habe ich mir gedacht. Klasssiche Haltung, lässt tief blicken.

Die Juden zählen zu den Ethnoreligiösen Gruppen, sie umfassen damit sowohl eine ethnische als auch eine religiöse Identität, die eng miteinander aber durchaus abgrenzbar verwoben sind.

Einerseits ist die Konvertierung selbst zum Judentum in orthodoxer Ausprägung möglich. Das Judentum als Religion wirkt insofern über das jüdische Identiät als Volk hinaus. Andererseits geht auch die jüdische Identität als Volk weit über den Religionsbezug hinaus. Die Juden - und das ist völlig unabhängig davon was man davon persönlich halten mag oder die objektive Wahrheit ist der entscheidende Punkt - sind auch ohne Religionsbezug ein gemeinsames Volk, mit einer eigenen von anderen Gruppen abgrenzenden nationalen und tatsächlich auch ethnischen sowie kulturellen Identität

Historisch erkennt man diese Tatsache beispielsweise schon daran, dass die Zionistische Bewegung die letztlich zur Gründung Israels geführt hat fast vollständig säkular geprägt gewesen ist und vor allem über die marxistische Schiene dem Atheismus of näher gestanden ist als den religiösen Wurzeln der eigenen Volksgruppe. David Ben Gurion war bekennender Atheist und übezeugter Jude. Chaim Weizmann und Theodore Herzl waren absolut säkular geprägt und lebten ihre jüdische nationale Identität losgelöst von religiösen Überzeugungen. Dito die Sozialistin Golda Meir, oder die sozialistisch und säkular bis atheistisch geprägte Kibbuzim Beweung oder der klassische linke Arbeitzionismus heutzutage in Israel - sie alle identifizieren sich als Juden ohne irgendwie irgendetwas mit der Torah zu tun zu haben.

Und das ist ihr gutes Recht. Das gute Recht jeden Volkes Es steht weder dir noch mir (zB im Hinblick auf die Palästinenser) zu eine Gruppe die sich als Volk begreift den Volkstatus abzusprechen, solange es auf eine gemeinsame Abstammung und Kultur, territoriale Verbundenheit und eine gemeinschaftliche Organisation verweisen kann.
Das ist das Selbstbestimmungsrecht der Völker edin ein eherner Grundpfeiler nicht nur des Völkerrechts sondern der Zivilisation an sich.

Wer das negiert disqualifiziert sich für mich als Diskussionsteilnehmer. Und noch einiges meh, aber das muss ich nicht ausführen.


(17.10.2024, 22:14)Broensen schrieb: [ -> ].
Da muss ich Erich ausnahmsweise Recht geben: "Rassismus" ist hier der falsche Begriff, da es heute weder eine jüdische, noch eine israelische Ethnie gibt, sondern nur eine Religion und eine Nation, leider beides nicht ausreichend voneinander getrennt.
Erich hat vollkommen unrecht, wie erläutert. Es gibt selbstverständlich eine jüdische Ethnie, die sich nicht allein auf die Religionszugehörigkeit reduziert. Insfoern ist Rassimus hier der vollkommen korrekte Begriff. Die Negierung des Jüdischen Volkes ist Rassimus.

Aber gut, es ist spät und ich were darüber keine eigene Abhandlung mehr verfassen. Hier zusammengefasst was AI dazu ausspuckt, dass darf im Sinne der Diskussion eins zu eins als meine Position betrachtet werden:

Zitat: Jews are considered an ethnic group, but with some important nuances that make Jewish identity complex, as it encompasses religious, cultural, historical, and sometimes national elements.

1. Ethnic Group Definition:

An ethnic group typically shares common ancestry, cultural heritage, language, and historical experiences. Jews fit many of these characteristics:
Common Ancestry: Jewish people trace their roots back to ancient Israel, particularly to the Biblical patriarchs (Abraham, Isaac, and Jacob). Despite the dispersion (Diaspora) over millennia, there is a sense of shared lineage among Jews, even though Jewish communities have developed in diverse parts of the world.
Cultural Heritage: Jews share a rich cultural heritage, including religious texts (such as the Torah and Talmud), customs, and traditions. While these may vary slightly between different Jewish communities (e.g., Ashkenazi, Sephardi, Mizrahi), there are core elements that unite them.
Language: Historically, Jews shared Hebrew as a liturgical and cultural language, though many different languages developed in various Jewish communities, such as Yiddish (for Ashkenazi Jews) and Ladino (for Sephardic Jews).
Shared Historical Experiences: Jews have a long history marked by significant events, including the Exodus from Egypt, the Babylonian exile, the destruction of the Second Temple, the Diaspora, and the Holocaust. These shared experiences have reinforced a collective sense of Jewish identity.

2. Religion and Ethnicity Intertwined:

Judaism is a religion, but Jewish identity often transcends religious practice. This makes Jewish identity unique compared to many other ethnic groups where religion may not play as central a role:
Secular and Religious Jews: Some Jews may identify strongly with the cultural or ethnic aspects of Jewishness while not practicing the religion. Secular Jews, for example, may not follow Jewish law (Halacha), but still feel a strong connection to Jewish history, heritage, and the broader Jewish community.
Religious Conversion and Ethnicity: People can convert to Judaism, and once converted, they are fully considered part of the Jewish people, even if they do not share the same ancestry. This adds a religious dimension to Jewish identity that is not present in many other ethnic groups. Converts are typically considered part of the Jewish "people" in a broader sense, linking them to the same history and traditions.

3. Subgroups and Diversity:

Jewish communities have developed distinct subgroups over centuries of living in different regions, contributing to the diversity within the ethnic group:
Ashkenazi Jews: Originating from Central and Eastern Europe, they are the largest Jewish subgroup today. They developed distinct cultural and religious traditions, as well as Yiddish as a language.
Sephardi Jews: Descended from Jews expelled from Spain and Portugal in the late 15th century, Sephardi Jews have a rich history in the Mediterranean, North Africa, and the Middle East.
Mizrahi Jews: Jews from the Middle East and North Africa, including countries like Iraq, Iran, Yemen, and Morocco, who also have unique traditions and cultures.

Despite this diversity, these groups still share the core elements of Jewish identity, reinforcing the idea of Jews as an ethnic group with a common heritage.

4. Modern Perspectives:

Zionism and National Identity: The modern Zionist movement emphasized the Jewish people as a nation, with the goal of creating a Jewish state in their historic homeland. This added another dimension to Jewish identity, making Jews not only a religious and ethnic group but also a national one, especially in the context of the state of Israel.
Genetics and Shared Ancestry: Modern genetic studies have shown that Jewish populations, particularly Ashkenazi, Sephardi, and Mizrahi Jews, share certain genetic markers, suggesting a common ancestry despite centuries of separation. This provides biological support for the idea of Jews as an ethnic group.

Conclusion:

Jews are indeed an ethnic group, but Jewish identity is multi-dimensional, encompassing religion, culture, and shared historical experience. Some Jews may prioritize the religious aspects of their identity, while others may emphasize ethnic or cultural connections. This blend of ethnicity, religion, and national identity makes Jewish identity unique.

Im Übrigen habe ich noch nicht verstanden wie das Bestreiten des Existenz eines jüdische Volkes nun argumentativ dazu führen soll, das Anhänger der jüdischen Religion nicht in Ostjerusalem leben dürfen, weil der israelische Staat da für das Gebiet einen Rechtscharakter definiert, den die UN nicht anerkennen will.
Das hat schlicht nichts mit nichts zu tun.
(17.10.2024, 22:51)Nightwatch schrieb: [ -> ]Es gibt selbstverständlich eine jüdische Ethnie, die sich nicht allein auf die Religionszugehörigkeit reduziert.
Okay, der weit gefassten Definition von "Ethnie" nach, ist das wohl richtig. Aber nach der alten, enger gefassten Vorstellung von "Rasse" eher nicht.
Nichtsdestotrotz halte ich es für problematisch, ein Volk mit der gleichen Bezeichnung wie eine Religionsgemeinschaft zu benennen. Das kann aber natürlich auch mit meiner starken Abneigung gegenüber organisierten Religionen und deren Einfluss auf Staaten zu tun haben.
Für mich definiert sich eine Jude anhand seiner Religion, ein Israeli anhand seiner Nationalität. Historisch begründet gibt es natürlich auch das Volk Israel. Alle drei sind aber mMn für sich zu betrachten, insofern wäre der Begriff Rassismus nur dann angebracht, wenn er sich gegen die letztgenannte Gruppe richtet, in den anderen beiden Fällen sind es andere -nicht weniger verwerfliche- Formen der Diskriminierung.
Zitat:Die Negierung des Jüdischen Volkes ist Rassimus.
Dem kann ich nun wirklich nicht folgen. Rassismus ist doch gerade dann gegeben, wenn jemand aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer Rasse, Ethnie oder einem Volk ausgegrenzt, benachteiligt oder auch mehr wird. Wenn nun aber die Existenz einer solchen Rasse/Ethnie/Volk negiert wird, dann kann das doch dementsprechend gar nicht Rassismus sein.
Zitat:Im Übrigen habe ich noch nicht verstanden wie das Bestreiten des Existenz eines jüdische Volkes nun argumentativ dazu führen soll, das Anhänger der jüdischen Religion nicht in Ostjerusalem leben dürfen, weil der israelische Staat da für das Gebiet einen Rechtscharakter definiert, den die UN nicht anerkennen will.
Nur für die Akten: Das ist nicht meine Position, mir ging es nur darum, dass ich Rassismus für den falschen Begriff halte, wenn es um die Diskriminierung von Juden geht, da diese zumindest in meiner Wahrnehmung eben keine "Rasse"/Ethnie darstellen, sondern eine Religionsgemeinschaft. Das ist für mich aber eine rein nomenklatorische Frage ohne Wertung. Keinesfalls möchte ich daraus irgendwelche Schlussfolgerungen ableiten, es geht mir ausschließlich um die Begrifflichkeiten.
(18.10.2024, 00:08)Broensen schrieb: [ -> ]Okay, der weit gefassten Definition von "Ethnie" nach, ist das wohl richtig. Aber nach der alten, enger gefassten Vorstellung von "Rasse" eher nicht.
Volk und Rasse sind sehr unterschiedliche Konzepte. Bei der Definition von Völkern auf Rassentheorien abstellen zu wollen ist eine überkommene Idee noch aus dem 19. Jahrhundert, die sich mit dem Ende des Nationalsozialismus dankenswerterweise aus der Geschichte verabschiedet hat.

Ich glaube auch nicht, dass wir darüber ausholend darüber diskutieren müssen und schon garnicht in diesem Thread. Deshalb kurz und auf den Punkt:
Die Aufspaltung der Menschheit nach Völkern ist um ein bis zwei Größenordnungen engmaschiger als es eine wie auch immer geartete Einteilung der Menschen in Großgruppen im auffälligen genetischen Verwandtschaften je sein könnte.
Im Bezug auf das jüdische Volk bedeutet das, dass eine recht enge genetische Verwandtschaft zwischen den jüdischen Subgruppen Ashkenazi, Sephradi und Mizrahi nachweisbar ist und sich dieses gemeinsame genetische Erbe geographisch auf die Levante und den Nahen Osten eingrenzen lässt. Diese genetische Erbe teilen sich die Juden jedoch mit allen anderen Völkern und Volksgruppen dieses Großraums.

Siehe hierzu auch Beitrag #978

Zitat:Nichtsdestotrotz halte ich es für problematisch, ein Volk mit der gleichen Bezeichnung wie eine Religionsgemeinschaft zu benennen. Das kann aber natürlich auch mit meiner starken Abneigung gegenüber organisierten Religionen und deren Einfluss auf Staaten zu tun haben.
Für mich definiert sich eine Jude anhand seiner Religion, ein Israeli anhand seiner Nationalität. Historisch begründet gibt es natürlich auch das Volk Israel. Alle drei sind aber mMn für sich zu betrachten, insofern wäre der Begriff Rassismus nur dann angebracht, wenn er sich gegen die letztgenannte Gruppe richtet, in den anderen beiden Fällen sind es andere -nicht weniger verwerfliche- Formen der Diskriminierung.
Private Befindlichkeiten ändern halt wenig an etablierten wissenschaftlichen Standpunkten.

Versuchen wir mal die Begrifflichkeiten sauber voneinander zu trennen:

Religion: Konzentriert sich auf gemeinsame spirituelle Überzeugungen, Regeln, Mythen, Rituale und bietet meistens allen interessierten Menschen ungeachtet seiner Herkunft und sonstigen Gruppenzugehörigkeiten einen Zugang.
Ethnie: Bildet durch tatsächliche oder wahrgenommene gemeinsame Abstammung, Geschichte, Kultur, Sprache, Heimstatt, Religion oder Tradition eine homogene Einheit und grenzt sich von anderen Gruppen ab. Die Zugehörigkeit wird vererbt und kann in der Wahrnehmung oft anders als bei Religionszugehörigkeiten nicht aufgekündigt werden.
Volk: Eine kohäsive Gruppe, die oft eine gemeinsame, aber nicht notwendigerweise ethnienbezogene Identität mit (potenziellen) politischen Bestrebungen verbindet. Der Wunsch der Gruppe nach Selbstbestimmung oder Autonomie ist zentral und basierend zumeist auf spezifischen territorialen Ansprüchen.
Nation: Umgesetzte, organisierte und gelebte politische und kulturelle Einheit, besitzt bzw strebt nach einem souveränen Staat oder Selbstverwaltung.

Bezogen auf die Juden heißt das:

Religion: Das Judentum ist eine monotheistische Religion mit gemeinsamen identitätsstiftenden geistigen Überzeugungen, heiligen Texten, Ritualen und Geboten. Das Judentum ist die religiöse Grundlage des jüdischen Volkes, steht aber potentiell allen interessierten Menschen offen.
Ethnische Gruppe: Juden sind als Anhänger des Judentums als ethnoreligiöse Gruppen zu verstehen. Sie haben über den gemeinsamen Glauben hinaus eine über Jahrtausende zurückverfolgbare Geschichte und daraus resultierende Abstammung, gemeinsame Sprachen, gemeinsame Heimstatt, gemeinsame Kultur. Entscheidend - Juden verstehen sich als Juden ohne zwingend religiös sein zu müssen. Die Juden wären auch dann eine Ethnie, wenn sie dem Jawheglauben kollektiv entsagt hätten.
Volk: Die Juden sind nur nur eine Ehtnoreligöse Gruppen, sondern haben auch ein (mittlerweile wieder,n beginnend im 19. Jahrhundert) starkes kollektives Bewusstsein mit klaren politische Bestrebungen, im Hinblick auf Souveränität und Selbstbestimmung. Man begreift sich als ein Volk mit einer gemeinsamen Geschichten mit einem eigenen Land - unabhängig davon ob man in Israel oder der Diaspora lebt.
Nation: Mit den Unabhängigkeitsbestrebungen in der jüdischen Heimat und kuliminierend in der Gründung des Staates Israel 1948 bildet das jüdische Volk wieder eine Nation, die sowohl politische Souveränität als auch eine kulturelle Einheit verkörpert. Israel repräsentiert so die nationale Identität des jüdischen Volkes, wobei die jüdische Nation über den Staat hinausgeht und auch in der Diaspora eine kollektive Identität bewahrt.

Insofern, vielleicht wäre es einfacher die hätten ihren Laden damals Judäa anstatt Israel genannt? Springender Punkt jedenfalls: Ein direkter Sprung von Religion zu Nation gibt es nicht. Das geht auch bei Juden nur über die Ausprägung der Gruppenidentifikation als Ethnie und Volk.

Zitat: Dem kann ich nun wirklich nicht folgen. Rassismus ist doch gerade dann gegeben, wenn jemand aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer Rasse, Ethnie oder einem Volk ausgegrenzt, benachteiligt oder auch mehr wird. Wenn nun aber die Existenz einer solchen Rasse/Ethnie/Volk negiert wird, dann kann das doch dementsprechend gar nicht Rassismus sein.
Ich glaube du scheiterst daran, dass du diverse Begrifflichkeiten für dich viel enger definierst als sie es tatsächlich sind.

Rassismus ist eine Weltanschauung, die Menschen aufgrund ihrer angenommenen "Rasse" oder ethnischen Herkunft diskriminiert, herabsetzt oder ungleich behandelt.

Die Leugnung der Existenz der Juden als ethnische Gruppe beraubt die Juden ihrer über die Religion hinausgehende oben beschriebene gemeinsame kollektive Identität und hat zum Ziel die legitimen Ansprüche des jüdischen Volkes gegenüber den durchaus auch legitimen Ansprüchen anderer Ethnien zu marginalisieren und zu unterdrücken.
Die Verweigerung des universalen (!) und unveräußerlichen (!) Rechts auf Anerkennung als zusammengehörige Gruppe ist eine Form der Entmenschlichung, mithin Rassismus. Und steht in bester Tradition der jahrhundertelangen historischen Diskriminierung des jüdischen Volkes.

Aber ich baue dir eine Brücke: Nenne es ethnische Diskriminierung. Per Definition schlicht eine Unterform des Rassismus.

Zitat: Nur für die Akten: Das ist nicht meine Position, mir ging es nur darum, dass ich Rassismus für den falschen Begriff halte, wenn es um die Diskriminierung von Juden geht, da diese zumindest in meiner Wahrnehmung eben keine "Rasse"/Ethnie darstellen, sondern eine Religionsgemeinschaft. Das ist für mich aber eine rein nomenklatorische Frage ohne Wertung. Keinesfalls möchte ich daraus irgendwelche Schlussfolgerungen ableiten, es geht mir ausschließlich um die Begrifflichkeiten.
Ich glaube der Eindruck ist auch nicht entstanden.

Erich schrieb:mit dieser Argumentation akzeptierst oder unterstützt Du argumentativ die Annexion der Krim und der Ostukraine mit Donezk und Luhansk durch Russland, und öffnest erneut den Weg für territoriale Eroberungskriege, die eigentlich seit dem 2. Weltkrieg und der Nachkriegsordnung auch völkerrechtlich "abgeschafft" sein sollte
Die Aneignung von Territorium im Offensivkriegen ist unzulässig. Die Annektierung in Verteidigungskriegen ist komplexer und prinzipiell möglich.

Zitat: Wer in Ostjerusalem leben darf sind die Bewohner von 1967 und deren Abkömmlinge, und ob weitere Personen zuziehen können ist alleine Sache einer palästinensischen Selbstverwaltung und nicht Angelegenheit einer Besatzungsmacht.
Nein. Die Besatzungsmacht hat die Verwaltung übernommen. Das ist ja geradezu das Wesen einer Besatzungsmacht.
Eine palästinensische Selbstverwaltung existiert nicht, hat nie existiert und war zu keinen Zeitpunkt vor der jordanischen und später israelischen Besatzung ein Thema.
Wenn überhaupt war mal angedacht Jerusalem zur freien Stadt zu machen, eine Idee die aber keine Konfliktpartei je akzeptiert hat.
Faktisch ging die Herrschaft und Verwaltung Jerusalems nach dem Fall des osmanischen Reiches und dem Ende der britischen Mandatszeit im Westteil auf den Staat Israel und im Osten auf Jordanien als Besatzungsregime über. Nach der Eroberung der Westbank 1967 ging die jordanische Besatzung in eine israelische über und die zwanzigjährige Teilung der Stadt wurde aufgehoben.
Seither wird die Jerusalemer Stadtverwaltung in freien und demokratischen Kommunalwahlen durch alle Bewohner der Stadt bestimmt. Die Stadtverwaltung ist dann selbstverständlich uneingeschränkt berechtigt ihre Stadt fortzuentwickeln, Wachstum und Zuzug in die Stadt zu ermöglichen.

Die Idee man könne eine Stadtentwicklung anhand eines willkürlichen Frontverlaufs von vor 70 Jahren festschreiben und alle kriegsbedingten faktischen Änderungen ignorieren ist geradezu absurd und wäre in der politischen Forderung, dass keine Juden (nicht mal Israelis!) nach Ostjerusalem ziehen dürfen, offener Rassismus.

Jerusalem mag frei, getrennt, besetzt, vereinigt, annektiert, unabhängig, von Marsmenschen kontrolliert oder sonst irgendetwas sein, der Status der Stadt gestern, heute oder morgen kann in keinster Weise Auswirkungen auf das unveräußerliche Recht einer ethnischen Gruppe in ihrer jahrtausendealten Heimstatt zu leben. Zwischenstaatliche Territorialstreitigkeiten haben darauf überhaupt keine Auswirkungen. Wer dies leichtfertig vermischt arbeitet in Bezug auf das jüdische Volk mit klassisch antisemitischen Motiven.

Noch empörender wäre diese Forderung angesichts der Tatsache, dass Jordanien nach der Eroberung Ostjerusalems durch ihren (illegalen) Angriffskrieg 1948 die Juden aus Ostjerusalem (illegal) vertrieben und die Jahrtausendelange Präsenz der Juden in der Altstadt unterbrochen hat. Sich nun argumentativ an diese durch eine ethnische Säuberungen entstandene historische Anomalie von zwei Jahrzehnten judenreiner jordanischer Besatzung klammern zu wollen und sie quasi als die anzustrebende Ordnung der Dinge hinzustellen spräche für sich selbst.
(18.10.2024, 10:19)Nightwatch schrieb: [ -> ]Ich glaube auch nicht, dass wir darüber ausholend darüber diskutieren müssen und schon garnicht in diesem Thread. Deshalb kurz und auf den Punkt:
Dein "kurz" ist schon wirklich ausführlich. Wink
Zitat:Insofern, vielleicht wäre es einfacher die hätten ihren Laden damals Judäa anstatt Israel genannt?
Umgekehrt! Das Volk sollte nicht nach der Religion benannt sein.
Das ist ja mein Problem dabei: Es widerstrebt mir vollends, eine Ethnie oder ein Volk anhand der Religionszugehörigkeit zu definieren. Es gibt unzählige Ethnien, die eine mehr oder weniger einheitliche Religionszugehörigkeit haben, teilweise auch in exklusiver Form, also eine Religion, die sonst keiner hat. Und selbstverständlich stellen Anhänger einer Religion, die zudem weitere Merkmale miteinander teilen, eigene Volksgruppen dar. Das trifft z.B. auf die jüdischen Israelis zu, aber auch auf die jüdischen Gemeinschaften in den USA. Diese beiden Gruppen aber als die selbe Ethnie unter der Bezeichnung der sie verbindenden Religion zusammen zu fassen, dem kann ich nicht folgen. Das sind und bleiben für mich zwei paar Schuhe und es bleibt halt das folgende für mich übrig:
Zitat:Ich glaube du scheiterst daran, dass du diverse Begrifflichkeiten für dich viel enger definierst als sie es tatsächlich sind.

Rassismus ist eine Weltanschauung, die Menschen aufgrund ihrer angenommenen "Rasse" oder ethnischen Herkunft diskriminiert, herabsetzt oder ungleich behandelt.
Damit ist die Diskriminierung von Juden für mich kein Rassismus, die von Semiten jedoch sehr wohl. Aber da wir damit schon bei der nächsten vermeintlich "falsch" belegten Begrifflichkeit (Antisemitismus) sind, lassen wird das lieber sein und ich gestehe ein, dass es mir einfach sehr schwer fällt, diese allgemein anerkannten Begrifflichkeiten und Definitionen als "richtig" hinzunehmen.
Broensen:

Du hängst dich meiner Ansicht nach viel zu sehr daran auf, dass die Religion wie das Volk halt einfach den gleichen Namen tragen. Daraus konstruierst du meiner Ansicht nach ein Problem, welches so gar nicht besteht. Und weil du rein persönlich gegen Religionen negativ eingestellt bist, erzeugt dies bei dir ein rein subjektives emotionales Unbehagen, so meine These.

Zitat:Umgekehrt! Das Volk sollte nicht nach der Religion benannt sein.

Warum und mit welchem Recht ?! Das Volk der Juden und die jüdische Religion bestanden immer schon so nebeneinander. Warum also sollte heute dieses Volk nicht das Recht haben, sich nach dieser Religion zu benennen? Wer bist du, wer sind wir überhaupt, dies anderen Menschen vorschreiben zu wollen ?

Zitat:Es widerstrebt mir vollends, eine Ethnie oder ein Volk anhand der Religionszugehörigkeit zu definieren.

Und warum ? Und mit welchem Recht willst du diese, deine Privatmeinung, einfach einem anderen Volk aufdrängen ?

Zitat:Das trifft z.B. auf die jüdischen Israelis zu, aber auch auf die jüdischen Gemeinschaften in den USA. Diese beiden Gruppen aber als die selbe Ethnie unter der Bezeichnung der sie verbindenden Religion zusammen zu fassen, dem kann ich nicht folgen.

Und da hast du meiner Meinung nach ein grundlegendes Missverständnis: die Juden definieren sich als Volk eben nicht allein über die Religion.

Es gibt reihenweise Juden, welche sich ethnisch als Juden sehen, und sich als dem Volk der Juden zugehörig fühlen, die in keinster Weise der jüdischen Religion angehören ! Nightwatch nannte etliche prominente Beispiele !

Und da liegt meiner Meinung nach dein Verständnisfehler: nicht jeder Jude ist jüdischer Religion ! Es gibt Juden die Christen sind, es gibt Juden die Atheisten sind, es gibt Juden die wie du religionsfeindlich sind, und es gibt sogar einzelfallweise Juden welche aus was für Gründen auch immer Muslime sind.

Fakt ist: es gibt die Juden als Volk. Und es gibt die jüdische Religion. Beide hängen sozialkulturell zusammen, aber die Definition wer Jude ist, wird eben nicht allein durch die Religionszugehörigkeit definiert.

Zitat:Für mich definiert sich eine Jude anhand seiner Religion,

Genau das ist meiner Meinung nach dein primärer Fehler. Juden definieren sich sehr oft über die Religion, aber eben nicht ausschließlich, nicht allein, und nicht alle. Es gibt reihenweise Juden die Atheisten sind und der Religion an sich, wie auch der jüdischen Religion ablehnend gegenüberstehen.

Nicht jeder Jude definiert sich über die Religion. Sondern gar nicht so wenige Juden definieren sich selbst über die Volkszugehörigkeit und über diese allein. Sie sind also nicht Juden weil sie der jüdischen Religion angehören, sondern sie sehen sich selbst als Juden, weil sie dem jüdischen Volk angehören !
(18.10.2024, 20:38)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Broensen:
Wenn du meinen letzten Beitrag dazu bitte auch noch rüber holen würdest, hast du schon einen Großteil deiner Antwort.
Zitat:Du hängst dich meiner Ansicht nach viel zu sehr daran auf, dass die Religion wie das Volk halt einfach den gleichen Namen tragen... Und weil du rein persönlich gegen Religionen negativ eingestellt bist, erzeugt dies bei dir ein rein subjektives emotionales Unbehagen, so meine These.
Damit hast auch du -so wie schon Nightwatch- sicher Recht.
Zitat:Und mit welchem Recht willst du diese, deine Privatmeinung, einfach einem anderen Volk aufdrängen ?
Ich will niemandem irgendetwas aufdrängen, die ganze Debatte war von meiner Seite rein semantisch motiviert.
Zitat:Und da liegt meiner Meinung nach dein Verständnisfehler: nicht jeder Jude ist jüdischer Religion !
Richtig, dafür habe ich kein Verständnis. Daher auch meine ursprüngliche, offenbare Fehleinschätzung hinsichtlich der Einordnung der Juden als Ethnie. Es ist und bleibt mir unbegreiflich, dass man die gleiche Bezeichnung für alle Anhänger der Religion weltweit verwendet, wie gleichermaßen für eine ethnische Gruppe in Israel.

Ich akzeptiere allerdings eure Ausführungen dahingehend, dass es offenbar so ist, auch wenn es für mich keinen Sinn ergibt. Eine weitere Diskussion macht aus meiner Sicht daher ebenfalls keinen Sinn, zumal es als rein semantische Diskussion ja auch vollkommen belanglos ist.
Broensen:

Zitat:Es ist und bleibt mir unbegreiflich, dass man die gleiche Bezeichnung für alle Anhänger der Religion weltweit verwendet, wie gleichermaßen für eine ethnische Gruppe in Israel.

Die Juden als Volk sind aber nicht nur eine ethnische Gruppe in Israel. Es gibt auch außerhalb Israels Juden, welche sich als solche verstehen, die sich selbst also als dem jüdischen Volk zugehörig betrachten, die aber weder israelische Staatsbürger sind, noch der jüdischen Religion angehören.

Nicht jeder ethnische Jude ist Israeli. Nicht jeder Jude ist jüdischer Religion.

Es gibt ja auch beispielsweise Deutsche, welche keine deutschen Staatsangehörigen sind. Eigentlich weist sogar schon das Grundgesetz darauf hin, dass es ein Deutsches Volk gibt, getrennt von der Frage der Staatsangehörigkeit, was beispielsweise für Aussiedler aus Osteuropa sogar heute noch rechtlich eine Rolle spielt.

Genau so gibt es ein jüdisches Volk, unabhängig von der israelischen Staatsangehörigkeit und insbesondere unabhängig von der Frage der Religionszugehörigkeit.

Die Juden sind also nicht nur eine ethnische Gruppe in Israel, sie sind ein Volk.

Wie andere Völker aiuch. Unabhängig von der Religion, auch wenn diese für die Kultur und bei sehr vielen Juden auch für die Frage der Zugehörigkeit eine wichtige Rolle spielt.

Ist dir beispielsweise überhaupt die Haskala bekannt ?

Die Haskala, die sogenannte jüdische Aufklärung, welche dann den Anfang des jüdischen Säkularismus bildete ? Zielsetzung der Haskala war schon im 18 Jahrhundert die Trennung von Religion und Politik, die Definiton des Judentums als Ethnie und nicht als Religion, Säkularismus und die Öffnung der Juden zur Mehrheitsgesellschaft wie auch die Integration in diese.

Ironischerweise nimmt heute das vormalige religiöse Selbstverständnis in einer rechtsradikalen und exkludierenden Form bei vielen Juden wieder überhand. Was aber nicht heißt, dass es nicht parallel dazu immer noch einen jüdischen Säkularismus gäbe.

Zitat:Wenn du meinen letzten Beitrag dazu bitte auch noch rüber holen würdest, hast du schon einen Großteil deiner Antwort.

Stimmt, den habe ich leider übersehen. Ist jetzt auch hierüber geholt.
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