Shahab3:
Meiner Ansicht nach wird der Einfluss von Entwicklungshilfe auf solche außenpolitischen Fragen welche du hier ansprichst überschätzt. Ich will mal als Beispiel die Mongolei bemühen, welche immense Mengen von deutschen Entwicklungshilfegeldern erhalten hat. Von Beginn an (seit 1992) haben deutsche NGOs, Stiftungen, die Botschaft usw, versucht massiv Einfluss auf die Mongolei zu nehmen wobei entsprechende Entwicklungshilfeprojekte als Hebel eingesetzt wurden. Der "Erfolg" war im Verhältnis zum Aufwand marginal. Gerade anfangs nahmen deutsche Gruppen wie beispielsweise die Konrad-Adenauer-Stiftung Einfluss, aber es wurde hier keine nachhaltige Beeinflussung erzielt und trotz des Fundamentes welches noch die DDR gelegt hatte verlor man an Einfluss und Möglichkeiten. Die Zahl und Vielzahl deutscher Produkte welche um 1992 bis 2002 herum noch deutlich sichtbar in den Regalen war nahm drastisch ab, die Zahl der Deutsch lernenden Mongolen nahm ab (früher vergleichsweise stark) und die Bedeutung Deutschlands für die Mongolei nahm ab.
Hier und heute ist vom deutschen Einfluss primär Operta als Bergbauunternehmen geblieben, aber dass ist eine Neugründung mehrere deutscher Firmen zusammen welche sich in der Mongolei weitgehend unabhängig von den Entwicklungshilfeprojekten entwickelt hat. Tatsächlich haben die namhaften deutschen Firmen in der Mongolei sich weitgehend losgelöst von der Entwicklungshilfe dort etablieren können. Was ist also von der deutschen Entwicklungshilfe dort geblieben?! Jede Menge Potemkinsche Dörfer von Aufforstungs- Umweltschutz und Ökotourismus Projekten welche allesamt im Endeffekt als gescheitert, sinnfrei und nicht nachhaltig zu betrachten sind. Und jede Menge schlechte Erfahrungen und Erinnerungen von Mongolen an die arroganten, perversen, saufenden "Entwicklungshelfer" und die deutsche "Community" welche sich um sich herum aufbaute und von denen einige ihrer prominenten Vertreter inzwischen nach Deutschland fliehen mussten weil sie aufgrund krummer Geschäfte in der Mongolei in eine prekäre Situation gerieten (darunter der Deutsche welcher als erster eine deutsche Brauerei dort aufbaute).
Interessant auch der Vergleich hier mit Japan. Auch Japan hat immense Mengen an Entwicklungshilfegeldern in die Mongolei geschüttet und ebenfalls im Vergleich dazu nur magere Ergebnisse erzielt. Sowohl japanische Firmen wie japanische Produkte hinken hinterher.
Dabei ist die Mongolei immens reich an Rohstoffen und korrupt bis ins Mark und würde daher eigentlich ein Musterbeispiel für ein Land bieten, indem man die Rohstoffe unter Preis für die Möglichkeit sich an entsprechenden Entwicklungshilfegeldern zu bereichern an sich reißen kann.
Auch der Kulturexport ist auf diese Weise vielleicht nicht am besten und effizientesten gewährleistet. Früher lernten und sprachen viel mehr Mongolen die deutsche Sprache und die Beziehungen und die Sichtweise Deutschlands waren positiver. Heute schließen Universitäten und Privatschulen die früher gut besuchten Deutsch-Kurse und stellen internationale Schulen in der Mongolei ihre Lernpläne von Deutsch auf Englisch oder auf Chinesisch um.
Was also ist schief gelaufen? Und warum erging es Japan ebenso?
Phantom:
Zitat:Entwicklungshilfe wäre, wenn unsere Landwirtschaft nicht mit 100ten von Milliarden subventioniert würde.
Die ganze EU ist wenn man sie sich mal genau ansieht mehr eine Landwirtschafts-Subventionen-Verteilungsmaschinerie als irgend etwas anderes.
Auf der Gegenseite erhält man so eine gewisse Autarkie was die Lebensmittel angeht und eine gewisse Qualitätssicherung, also eine gute Qualität der Lebensmittel (eigentlich). Die Lebensmittelkatastrophen in der VR China zeigen meiner Meinung nach klar auf, dass hier bei einer Marktwirtschaftlicheren Lösung deutlich mehr Kontrolle und Druck auf die Erzeuger erfolgen muss.
Interessantererweise steigt ja der Anteil ausländischer Lebensmittel ständig an. Diese kommen aber wiederum ebenso aus Staaten, welche ihre Landwirtschaft speziell für diesen Export stark subventionieren, und so essen wir jetzt eben subventionierte chilenische Äpfel statt subventionierter Äpfel vom Bodensee....
Zudem ist noch die Frage, ob ein Import hochwertiger Lebensmittel aus dem Ausland dann den dortigen Bauern/Menschen überhaut zugute kommt oder ob hier nicht einfach nur die Zwischenhändler dann mehr Geld verdienen, die Bauern in der Dritten Welt aber weiter im Elend verharren.
Quinoa ist ein interessantes und gutes Beispiel für eine solche Fehlentwicklung. Diese Pflanze wird in Südamerika angebaut und war dort ein Arme-Leute-Essen. Heute wird es als Bio-"Getreide" hier in Deutschland sehr teuer verkauft und die Händler kommen kaum mit dem Ankauf und Import nach, so gut verkauft es sich. Die Bauern vor Ort aber sind immer noch arm und haben im Schnitt weniger von ihrem Quinoa als vorher. Sie verkaufen es jetzt und kaufen sich von dem Erlös billiges chinesisches Mehl und leben so schlecht oder noch schlechter als je zuvor.
Wenn wir also die Lebensmittel der Dritten Welt anstelle unserer eigenen importieren, ist damit für die Dritte Welt noch rein gar nichts gewonnen.
Auch diese sogenannten Fair-Trade-Produkte zeigen klar auf, was für ein Missbrauch und Betrug hier betrieben wird und wie sehr sofort der Gute Wille und die Kaufbereitschaft der Kunden in Deutschland ausgenutzt werden. Überhöhte Preise für Produkte die nur einen Teil "fair gehandelter" Produkte enthalten, nichts anderes als reinrassige Kundentäuschung.
Von daher ist die Frage, ob eine Reduzierung der eigenen Landwirtschaft (nichts anderes wäre die Kürzung der Subventionen) und der Ersatz derselben durch Importe überhaupt irgend etwas gutes hervor bringen würde. Eventuell wäre damit weder uns noch den Bauern in der Dritten Welt damit geholfen, im Gegenteil.
Findige Unternehmen würden sich die Assymetrie in der Information immer zunutze machen um beide Seiten zu betrügen! Das principal-agent problem würde sich so noch deutlich verschärfen.
<!-- m --><a class="postlink" href="https://de.wikipedia.org/wiki/Prinzipal-Agent-Theorie">https://de.wikipedia.org/wiki/Prinzipal-Agent-Theorie</a><!-- m -->
Das soll jetzt alles nicht als Plädoyer für die derzeitigen bizarren Subventionen verstanden werden, aber in einem Import von Lebensmitteln aus der Dritten Welt liegt auch nicht das Heil, für keine von beiden Seiten.