Aus aktuellem Anlass einmal einen älteren Strang wieder ausgegraben: Dass der Ukrainekrieg eine zumindest tendenzielle Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen Russland und China bzw. Indien hervorbringt, ist ja bereits eingetreten. Gleiches gilt auch für die BRICS-Staaten insgesamt was die (Nicht-)Bereitschaft zu Sanktionen angeht. Bei Südafrika mache ich zwar noch ein Fragezeichen, aber zumindest Brasilien unter Bolsonaro dürfte eher weniger Zurückhaltung entwickeln, im Kontext des Krieges die Zusammenarbeit nicht doch auszubauen. Gleichwohl muss auch darauf hingewiesen werden, dass hier sehr unterschiedliche Protagonisten am Werk sind, nicht nur geographisch getrennt, sondern auch aus völlig anderen kulturellen Sphären stammend.
Zitat:Stärkung der BRICS-Gruppe
Putin und Xi wenden sich vom "egoistischen" Westen ab
Mit der BRICS-Gruppe versucht Präsident Putin ein Gegengewicht zu westlichen Bündnissen zu schaffen. Russland will zusammen mit Brasilien, Indien, China und Südafrika eine neue Weltordnung kreieren. Aber so geeint, wie sie erscheinen, sind die fünf Staaten nicht. [...] Die BRICS-Länder, zu denen auch Brasilien, Indien und Südafrika gehören, sollten mehr "Verantwortung übernehmen" und sich für "Gleichheit und Gerechtigkeit" in der Welt einsetzen, forderte der chinesische Präsident Xi Jinping in seinen Eröffnungsworten zum virtuellen Gipfel. "Einseitigen Sanktionen" müsse man sich entgegenstellen. Die fünf sogenannten BRICS-Staaten - benannt nach ihren Anfangsbuchstaben - treffen sich seit 2009 einmal pro Jahr. Der diesjährige Gipfel findet wegen der strengen Corona-Maßnahmen in China, das formeller Gastgeber ist, jedoch nur als Videoschalte statt. [...]
Der Kremlchef wies in dem Zusammenhang der BRICS-Gruppe eine besondere Rolle zu. Die Organisation müsse vorangehen bei der Schaffung einer "multipolaren Welt", in der die Beziehungen der Staaten untereinander auf dem Völkerrecht beruhten. Anders als die großen Industrienationen (G7), die am Sonntag in Bayern unter deutschem Vorsitz zu ihrem diesjährigen Gipfel zusammentreffen, haben die BRICS-Mitglieder Kritik an Russland bislang vermieden und die Sanktionen des Westens wiederholt verurteilt. Indien etwa nimmt in dem Konflikt eine neutrale Haltung ein, weil das Land lange und enge Beziehungen zu Russland hat und ein Großteil seiner Militärausrüstung von dort kommt. Zuletzt hat es genau wie China seine Öl-Einfuhren aus Russland deutlich erhöht. Auch Brasilien hat sich wegen der negativen Auswirkungen auf Handel und Wirtschaft gegen Sanktionen ausgesprochen. [...]
Zudem sagte der Kremlchef, dass Russland mit seinen BRICS-Partnern "alternative internationale Transfermechanismen" und eine "internationale Reservewährung" entwickle, um die Abhängigkeit von Dollar und Euro zu verringern. Viele Experten haben allerdings erhebliche Zweifel daran, dass Russland den westlichen Sanktionsdruck langfristig ohne größere Schäden abfedern kann. [...]
Trotz der ablehnenden Haltung bei Sanktionen sind die BRICS-Partner sich keinesfalls in allen Fragen einig. Es gibt sogar handfeste Konflikte zwischen ihnen. Vor allem die Beziehungen zwischen Indien und China sind weiterhin angespannt, seit es vor zwei Jahren zu einem tödlichen Zwischenfall an der gemeinsamen Grenze in der Himalaya-Region gekommen war. Indien bildet zudem gemeinsam mit den USA, Japan und Australien das sogenannte Quad-Bündnis.
https://www.n-tv.de/politik/Putin-und-Xi...19088.html
Schneemann
Was für Veränderungen wären denn konkret die Folge ? Man schreibt omniös: der Dollar würde geschwächt (klar), und es werde Veränderungen geben, aber was für welche konkret ? Wie sähen die sich daraus ergebenden Umstände konkret aus ?
Als Hauptmotive einer Entdollarisierung erkenne ich Erhöhung der Resilienz gegenüber Sanktionen und Währungsschwankungen. Furcht vor einer drohenden Dollarabwertung. Gleichzeitiges Antreiben selbiger.
Die USA sind mit 35 Billionen verschuldet. Der Dollar kann sich nur zunehmend schnell abwärts bewegen, weil das eigene Wachstum das bereits nicht mehr kompensieren kann. Trump will eine alte Idee reaktivieren und den Dollar an die Goldreserven koppeln. Das Problem war schon immer. Seit seiner Entkopplung. Dass die USA soviel Edelmetall als Gegenwert gar nicht im Keller liegen haben. Ob mit oder ohne Kopplung an Gold. Eine Abwertung des Dollar wird in den USA einen Boom in der Fertigungsindustrie auslösen, weil man Jobs aus Schwellenländern zurückholen und günstig exportieren kann. Die USA könnten durch eine massive Abwertung des Dollar ihrer ökonomischen Entwicklung einen Schub verleihen. Wer Dollar im Keller liegen hat, bezahlt den Preis einer solchen Verjüngungskur.
(27.07.2024, 14:19)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Was für Veränderungen wären denn konkret die Folge ? Man schreibt omniös:...
Solche Quelle schreiben einen derartigen Unfug, dass es nicht einmal als schlechte Satire durchgeht.
Das ist wie bei Russia today: Die kündigen seit ihrer Gründung einmal wöchentlich die Entdollarisierung und das Ende des Dollars an.
Die Frage ist halt: Wer will Rubel, wer will Rial, wer will Glasperlen?
(28.07.2024, 01:33)Schwabo Elite schrieb: [ -> ]Die Frage ist halt: Wer will Rubel, wer will Rial, wer will Glasperlen?
Die Russen und die Iraner würden eine Bezahlung von Öl oder Gas in Rial, Rubel oder Yuan innerhalb von BRICS etablieren wollen. Die Chinesen wollen vor allem den Yuan als bevorzugtes Zahlungsmittel in Asien etablieren. Vielleicht einigt man sich auf einen Währungsmix oder eine gemeinsame digitale Währung.
(28.07.2024, 02:26)KheibarShekan schrieb: [ -> ]Vielleicht einigt man sich auf einen Währungsmix oder eine gemeinsame digitale Währung.
Die einigen sich auf gar nix ....
Man muss sich nur die Bezahlung der Ölexporte aus Russland nach Indien anschauen.
Nicht einmal bilateral bekommen die irgendwas gebacken.
Die sog. "BRICS-Staaten" (Vorsicht: Eine jüdische Erfindung von Goldman Sachs
), haben bisher nichts zu Stande gebracht.
Ausser der Gründung einer Entwicklungsbank mit einer Bilanzsumme von 10 Mrd. €, was in etwa der Stadtsparkasse Buxtehude entspricht.
Und die gehört de facto den Chinesen.
(28.07.2024, 04:07)Schwabo Elite schrieb: [ -> ]...
Die sog. "BRICS-Staaten" ... , haben bisher nichts zu Stande gebracht.
Ausser der Gründung einer Entwicklungsbank mit einer Bilanzsumme von 10 Mrd. €, was in etwa der Stadtsparkasse Buxtehude entspricht.
...
Du untertreibst schamlos: Die Sparkasse Harburg-Buxtehude hat
nach Wikipedia eine Bilanzsumme von 4,694 Mrd. Euro.
Wir diskutieren das Währungs-Thema übrigens hier
https://www.forum-sicherheitspolitik.org...p?tid=6905
Und wenn wir weiter hinausgehen, dann ist BRICs (mit dem Anhängsel "s" für Südafrika) ja im Wesentlichen keine währungspolitische, sondern eine Handels- bzw. Wirtschaftspolitische Konstruktion. Wie stark der Handel etwa der südamerikanischen Länder mit China steigt, ist z.B. hier
https://www.forum-sicherheitspolitik.org...47&page=18 genannt.
Die Frage, ob dann für diesen Handel weiterhin der US-$ als Verrechnungseinheit genutzt werden soll, stellt sich bei massiv steigendem Handelsvolumen natürlich zwangsläufig. Erst recht, wenn man zum Handel dann auch die anderen "Transferleistungen" wie z.B. Dienstleistungen oder Auslandsüberweisungen aus anderen Gründen (Touristik, Familienunterstützung usw.) dazu nimmt.
Wobei es aber auch ein Faktum ist - und hier wiederhole ich mich -, dass es seit grob zwei Jahrzehnten, auch hier im Forum, immer wieder die Tendenz gab, den Schwanengesang auf den Dollar anzustimmen. Im Kern hat sich dann aber, allen Finanzkrisen oder Konflikten und Unkenrufen zum Trotz, immer nichts an der Dollardominanz (und teils auch Eurodominanz) geändert.
Und die Ursache hierbei ist eben oftmals, dass die kolportierten Antagonisten des Dollar alles andere als wirklich wirtschaftlich und innenpolitisch stabil agieren. Und das sehen wir aktuell auch wieder:
- China leidet unter sehr starken staatlichen Einmischungen, einer massiven Immobilienkrise und einer gedämpften Auslandsnachfrage, dazu kommt das Damoklesschwert eines möglichen Taiwan-Konfliktes.
- die Russen blähen ihre Wirtschaft derzeit künstlich mit massiven Investitionen in die Rüstungsproduktion auf (wo jeder Analyst weiß, dass dies ein Fass ohne Boden ist), deren Folgen noch nicht absehbar sind; dazu kommen noch Vetternwirtschaft und eine massive Korruption auch in staatlichen Organen.
- Indien ist relativ positiv zu sehen und zeichnet sehr gute Wachstumsraten, leidet aber an infrastrukturellen und auch ethnisch-religiösen Problemen; zudem ist man mit Peking nun sich nicht so grün und bandelt deswegen in sicherheitspolitischen Fragen mit Washington an.
- Brasilien hat Potenzial, leidet derzeit aber immer noch unter einer starken Wirtschaftskrise (wenngleich sich aktuell abschwächend) und einer sehr zählebigen Inflation. Hinzu kommen innenpolitische Krisen, bis hin zu den vergeigten Bolsonaro-Jahren, die das Land immer noch beschäftigen. Das drückt auch auf Auslandsinvestitionen. Entwicklung bleibt abzuwarten...
- Südafrika - ah ja, das "Schwergewicht". Ethnische/Tribalistische Konflikte, hohe Jugendarbeitslosigkeit, ein massives Kriminalitätsproblem und eine himmelschreiende Korruption. Derzeit stagniert das Land...
Nun die Gretchenfrage: Wenn ich viel Geld hätte, würde ich dieses in das Konglomerat dieser fünf sehr unterschiedlichen Länder investieren?
Kurze Antwort: Nein.
Schneemann
(28.07.2024, 11:46)Schneemann schrieb: [ -> ]Wobei es aber auch ein Faktum ist - und hier wiederhole ich mich -, dass es seit grob zwei Jahrzehnten, auch hier im Forum, immer wieder die Tendenz gab, den Schwanengesang auf den Dollar anzustimmen. Im Kern hat sich dann aber, allen Finanzkrisen oder Konflikten und Unkenrufen zum Trotz, immer nichts an der Dollardominanz (und teils auch Eurodominanz) geändert.
...
Schneemann
das ist kein Thema, das sich innerhalb weniger Jahre entwickelt. Der internationale Finanzplatz London hat den Niedergang des Comonwealth über Jahrzehnte hin überlebt. Genauso entwickeln sich Volkswirtschaften nicht innerhalb von Jahren sondern - wenn es schnell geht (China) - in Jahrzehnten.
Dass der Iran auch einer formalen Staatenbund BRICs beitreten könnte hat nur am Rande mit dem Strangthema und noch weniger mit dem Währungsthema zu tun.
Wir sollten diese Währungsdiskussion daher tatsächlich hier
https://www.forum-sicherheitspolitik.org...p?tid=6905 fortsetzen.
(28.07.2024, 04:07)Schwabo Elite schrieb: [ -> ]Die sog. "BRICS-Staaten" (Vorsicht: Eine jüdische Erfindung von Goldman Sachs), haben bisher nichts zu Stande gebracht.
Ausser der Gründung einer Entwicklungsbank mit einer Bilanzsumme von 10 Mrd. €, was in etwa der Stadtsparkasse Buxtehude entspricht.
Und die gehört de facto den Chinesen.
Du lebst in der Vergangenheit. Die Wirtschaftskraft der BRICS liegt höher als jene der G7
https://de.wikipedia.org/wiki/BRICS#/med...ICS_G7.svg
und der Anteil des Dollars im Außenhandel Asiens wurde innerhalb von nur 10-15 Jahren bereits signifikant reduziert. Das bedeutet, dass bereits heute lokale Währungen genauso wichtig geworden sind. Der Prozess, den Du für unmöglich hälst, findet bereits statt. Die Hauptgründe dafür sind, dass China mit seiner gewaltigen Wirtschaftskraft den Yuan im Außenhandel bevorzugt und Russland inzwischen ebenfalls. Russland und Iran sind die beiden Länder mit den global größten fossilen Energiereserven, gemeinsam mit Venezuela mehr als der Rest der Welt. Diese Güter zukünftig nicht mehr in Dollar zu handeln ist eben möglich und ggf. seitens zukünftig nach BRICS - Regeln abzurechnen. Das schließt nicht aus, dass gewisse Geschäfte mit gewissen Ländern auch in Drittwährung, wie Dollar, Euro, Schweizer Franken, usw. abgewickelt werden. Ist ja am Ende immer so und vertragsabhängig, im Rahmen der gesetzlich zur Verfügungen stehenden Optionen, Kosten, Risiken, usw.
Schneemann schrieb:Wobei es aber auch ein Faktum ist - und hier wiederhole ich mich -, dass es seit grob zwei Jahrzehnten, auch hier im Forum, immer wieder die Tendenz gab, den Schwanengesang auf den Dollar anzustimmen. Im Kern hat sich dann aber, allen Finanzkrisen oder Konflikten und Unkenrufen zum Trotz, immer nichts an der Dollardominanz (und teils auch Eurodominanz) geändert.
Doch doch.. Das ist ein laufender Trend. Inzwischen handeln die Chinesen mit dem Ausland mehr in Yuan als in Dollar. In Asien sowieso. Und das ist für BRICS am Ende maßgeblich.
Erich schrieb:Dass der Iran auch einer formalen Staatenbund BRICs beitreten könnte hat nur am Rande mit dem Strangthema und noch weniger mit dem Währungsthema zu tun.
Der Iran ist BRICS beigetreten.
(28.07.2024, 11:46)Schneemann schrieb: [ -> ]Nun die Gretchenfrage: Wenn ich viel Geld hätte, würde ich dieses in das Konglomerat dieser fünf sehr unterschiedlichen Länder investieren?
Drum hat der Goldman-Sachs-Investmentbanker die BRICS auch erfunden.
Schrottpapiere mit viel Potential nach oben.
Da hat man einfach eine rosa Schleife drum gemacht, und viele Investoren haben die Derivate dann gekauft.
Die gemeinsamen Interessen sind denkbar dürftig. Und der neue Hegemon wäre China.
Die BRICS-Partner China und Indien treffen sich bspw. in losen Abständen an der Grenze, um ohne den Einsatz von Schußwaffen, per Prügelei, Konflikte auszutragen.
Soweit ist Südafrika noch nicht ...
(28.07.2024, 13:30)KheibarShekan schrieb: [ -> ]...
Der Iran ist BRICS beigetreten.
seit August 2023 "Kandidat und
wirksam zum 01.01.2024 - insofern hast Du formal recht.
Mit Saudi-Arabien, der Iran, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten und Äthiopien firmieren die Staaten inzwischen als BRICS-plus (oder BRICS+). Wer dagegen nur von BRICs spricht, geht auf den Stand bis 31.12.2023 zurück.
Allerdings ist mit der Aufnahme 2024 noch keine abschließende bzw. vollständige
Einbindung in die gesamten Strukturen der Organisation verbunden. Die erfolgt erst schrittweise.
Und bei diesen Strukturen ist vieles noch nebulös bzw. "unfertig". Die bislang größter Erfolg der Organisation
"war die Gründung der New Development Bank (NDB) im Jahr 2014, einer Entwicklungsbank nach dem Vorbild der Weltbank. Bisher begab die Bank Kredite im Umfang von lediglich etwas mehr als 30 Milliarden US-Dollar." (
).
Das war die Intention meiner - zugegeben sehr erklärungsbedürftigen - Stellungnahme.