Zitat:a) 1991 wurde auf die irakischen Belange in keinsterweise eingegangen. Die USA setzen auf rohe Gewalt,
Was heißt, es wurde nicht auf die Belange eingegangen? Der Irak hatte Kuwait überfallen und die UN erteilte daraufhin ein Mandat, um Kuwait mit einer multinationalen Truppe unter US-Führung wieder zu befreien (übrigens hat man sich an diese Vorgabe auch strikt gehalten und nicht - wie von Schwarzkopf und anderen favorisiert - einen Sturm auf Bagdad eingeleitet). Es war hier insofern Saddam, der in maßloser Überschätzung seiner Kräfte und entgegen aller Warnungen sich auf den Waffengang auch einließ, einen Abzug kategorisch ablehnte und sein Land in ein Debakel führte. Im Krieg von 1991 selbst betrugen die zivilen Opfer übrigens nur etwa 1% der Gesamtopfer.
Zitat: 2003 wurde der Irak völkerrechtswidrig von den USA angegriffen und jahrelang besetzt.
Da stimme ich dir zu. Der Angriff von 2003 war übrigens nicht nur völkerrechtswidrig, sondern auch die Gründe waren bewusst und wider besseren Wissens konstruiert worden - obwohl selbst die CIA gesagt hatte, dass die Behauptungen nicht haltbar seien. Allerdings muss man auch anmerken, dass die zivilen Opfer beim eigentlichen Waffengang ebenfalls sehr gering waren (unter 5%).
Zitat:Dadurch wurde Punkt c) überhaupt erst ermöglicht.
Jein. Der Punkt ist dahingehend korrekt, dass die USA mit zu wenigen Truppen in den Kampf gingen und mit ihren 160.000 Mann das Land nicht so kontrollieren konnten (1991 hatte man über 500.000 Soldaten aufgeboten), wie sie es hätten tun können müssen, um im Vakuum der Nach-Saddam-Zeit halbwegs eine öffentliche Ordnung zu etablieren (wozu sie verpflichtet gewesen wären). Sie konnten die Anfangsphase der religiösen Gewalt diese nur bedingt eindämmen, ja waren überfordert und lavierten dann schließlich sogar zwischen den Konfessionen hin und her bzw. schlossen Zweckbündnisse. Aber: Die große Masse der im Bürgerkrieg getöteten irakischen Zivilisten kam nicht durch US-Waffen im Rahmen von Anti-Terror-Operationen etc. zu Tode, sondern wurde von ihren eigenen Glaubensgenossen und Landsleuten umgebracht, wobei viele Hassreflexe (vor allem gegen die Schiiten) noch auf die Indoktrinierung unter Saddam oder auf sunnitischen Extremismus zurückzuführen waren. Insofern: Die USA tragen teils Verantwortung, weil sie schlicht und leichtsinnigerweise zu wenige Ordnungs- und Streitkräfte aufgeboten hatten, aber für die Masse der Exzesse vor Ort waren immer noch die Täter und Tätergruppen im Bürgerkrieg verantwortlich.
Zitat:b) gehörte dabei zu den Kriegsvorbereitungen.
Nein. Man hatte die Sanktionen nach 1990 beschlossen, um den Irak von neuen Aufrüstungen abzuhalten und um ein neues Programm hinsichtlich von Massenvernichtungswaffen zu verhindern (und damals war diese Gefahr wirklich aktuell; in Israel hat man 1991 Gasmasken in großen Mengen ausgegeben, weil man im Kontext der Scud-Angriffe auch Gasattacken in Erwägung ziehen musste). 1994/95 hatte man dann, sowohl bei der UN als auch bei der Regierung Clinton, allerdings begriffen, dass die Sanktionen vor allem die kleinen Leute treffen. Infolgedessen wurde 1995 das "Oil-for-Food Programme" beschlossen, wonach der Irak Öl ausführen und dafür Lebensmittel kaufen können sollte. Das ganze Programm wurde aber teilweise stark unterlaufen, nicht zuletzt auch vom Saddam-Regime selbst, das sich nicht nur daran bereicherte, sondern das auch wusste, dass unzufriedene Menschen im Land besser propagandistisch instrumentalisiert werden können. Nichtsdestotrotz hatte das Programm einen gewissen Erfolg, u. a. wurde das Anti-Polio-Programm (was besonders auf Kinder zielte) wieder umgesetzt, wurden Medikamente gegen Malaria und Tuberkulose eingeführt und konnte die Kalorienzuführung pro Person im Durchschnitt um über 80% erhöht werden. Diese zeitweiligen Erfolge wurden jedoch von Saddam selbst zunichte gemacht, als er 1998 die UN-Inspekteure aus dem Lande hinauswerfen ließ. Dies führte wiederum zu neuen kleineren Konfliktlagen und zu einer neuerlichen Sanktionenverschärfung, und dieser Zustand hielt bis 2003 an. Kurz: Es war Saddam selbst, der letztlich die schlechte Versorgungslage mit bedingte, teils gezielt, teils billigend in Kauf nehmend. Von einer "alliierten Vorbereitung" auf den Waffengang von 2003 kann hingegen aber keinesfalls gesprochen werden, wenn man die Sanktionen der 1990er Jahre einzustufen versuchen würde. Sie wären de facto schon zweitrangig bis irrelevant gewesen, wenn denn Saddam die Inspekteure nicht hätte ausweisen lassen, noch ehe "Iraqi freedom" ein Begriff einer anderen Regierung unter Bush jr. wurde...
Schneemann.