@Schneeemann:
Die Selbstreflektion gab es in Israel eigentlich erst nach dem 16. September 1982. Zur Erinnerung: damals umstellen israelische Truppen das palästinenische
Flüchtlingslager Sabra & Shatila mit etwa 80.000 Palästinensern. Dann rückten mit israelischer Genehigung etwa 150 Falangisten in das Lage ein, die mindestens 700 - nach palästinensicher Darstellung sogar 2.500 - Menschen niedermetzelten, während die israelischen Soldaten untätig zuschauten. Erst nach internationalem Druck wurde das Gemetzel am Folgetag von Israel unterbunden.
Nachdem vorher aufgrund der israelischen Invasion des Libanon - die weit über die selbst behaupteten Grenzen der "Operation "Frieden für Galiläa" hinausging - sämtliche PLO-Kämpfer den Libanon verlassen mussten (unter Aufsicht der "Multinational Force in Lebanon - MNF" zwischen dem 21. August und dem 1. September) waren die Flüchtlinge im Lage dem Terror schutzlos preisgegeben.
Das Massaker hat in Israel damals 400.000 Demonstranten in Tel Aviv auf die Straßen gebracht. In einer Untersuchung wurde auch dem
"Kriegstreibe Ariel Sharon" Mitschuld am Massaker gegeben. Er hätte - in Kenntnis der dortigen Vorgänge - sofort den Befehl zur Unterbindung geben müssen.
Während in Israel diese Episode aber inzwischen weitestgehend vergessen und vergeben scheint (wie sonst hätte Sharon je wieder politische Macht erhalten können?) hat die damals drei Jahre andauernde Besetzung des Libanon durch israelische Truppen zu einem anderen "Erfolg" geführt.
Die Schiiten des Libanon, deren Dörfer besondes unter den Angriffen der israelischen Truppen und der pro-israelischen SLA auf (vermeintliche oder tatsächliche palästinensische Unterkünfte) leiden mussten hatten sich zu eine "Partei Gottes" (Hisbollah) zusammen gefunden.
Das sind diejenigen, die - wer erinnert sich noch? - im letzten Libanon-Krieg den Israeli endgültig den Nimbus einer "unbesiegbaren Armee" genommen haben.
Ob der
Begriff "Apartheitsstaat" >nicht wirklich gerechtfertigt< ist, muss ich nach den subjektiven Berichten von Kollegen, die längere Zeit dort gelebt haben, und nach den objektiven Fakten (Zugang zu elementaren Dingen wie Wasserversorgung, Gesundheitsschutz usw.) bezweifeln.
In dem Zusammenhang:
Die Nationalisten um Menachem Begin haben nach dem 6-Tage-Krieg eine Rückgabe der Westbankregion
"Judäa und Samaria" immer ausgeschlossen. Die damals klar geäusserte Politik der israelischen "Hardliner" hat sich bis heute nicht geändert, sie wird wohl nur nicht mehr so laut verbal vorgetragen - aber immer noch durchgeführt.
Ostjerusalem wurde damals defakto annektiert, in der Umgebung für "für Siedlugnsbau benötigter" Grund und Boden beschlagnahmt, und auf de Westbank wurden strategisch wichtig gelegene Dörfer der Araber zerstört - die Bewohner zur Flucht "ermuntert".
Die Flucht von 300.000 Palästinensern in den Libanon und nach "Transjordanien", die Besetzung der Westbank durch israelische Truppen, die faktische Annektion Ostjerusalems und die Zerschlagung der arabischen Armeen haben erst zur Sammlung der Fedayin im "Palästinensichen Nationalrat" und zur Verabschiedung der "Palästinensischen Nationalcharta" (Juli 1968) geführt.
Damit wollten die Palästinenser ihr Schicksal "selbst in die Hand nehmen".
So hat
- zusammenfassend - jeder Sieg der israelischen Streitkräfte, der mit (massiven) Landgewinnen verbunden war - 1967 gegen die arabischen Armeen, 1982 im Libanon, um nur einige zu nennen - durch die damit verbundenen Auswüchse auf die einheimische Bevölkerung den Keim für die Bildung von Terrororganisationen gelegt, die von den Arabern als legitimer Widerstand in einem assymetrischen Krieg verstanden werden.
Ursächlich für die ganze Misere - und damit kommen wir zurück zu den Artikeln der Haaretz - ist eine Gedankenwelt, die den Zionisten als "Volk Gottes" einen "göttlichen Anspruch" auf Gebiete einräumt, die seit Jahrtausenden von den Palästinensern - den Nachfahren der islamisierten Einheimischen - besiedelt sind. Und damit verbunden ist ein Überlegenheitsdünkel gegenüber diesen Einheimischen, der sich in vielen kleinen Details genauso wie in der "nationalen Politik" durchsetzt.
Das Erkennen, dass es sich hier um Menschen mit genau denselben Rechten handelt wie sie - selbstverständlich - für die israelischen Bewohner beansprucht werden, setzt sich erst langsam in den Köpfen in Israel fest. Die Artikel der Haaretz sind ein Zeichen dafür.
Zitat:Die Antwort ist einfach: Je mehr Israelis er umgebracht hat, desto stürmischer und mit mehr Jubel dürfte er empfangen werden. Ein wirkliches Schuldbewusstsein gibt es da bei den Palästinensern nicht; ...
Falsch: der palästinensiche Mörder, der mehrere Israeli umgebracht hat, sitzt nicht (wie der israelische Terrorist) gemütlich im Hausarrest und gibt Interviews, sondern (wenn er überhaupt noch lebt) atmet gesiebte Luft.
Auch in Israel fehlt wohl oft ein wirkliches Schuldbewusstein.
Erich