Schneemann schrieb:Ich vermute mal, dass die relativ hohen israelischen Verluste (rund 60 Tote unter den Streitkräften) auch dadurch zu erklären sind, dass man nicht auf Kollateralschäden hinarbeitend bzw. blindlings zuschlagend vorgeht, sondern wirklich "hineinschaut" in die Verstecke.
Es kommen viele Faktoren zusammen. Das ist nur einer davon.
Zunächst, die Verluste sind nach meiner Auffassung nach wie vor nicht hoch wenn man sich mit anderen Operationen dieser Art vergleicht.
Die Bodenoffensive läuft seit zwei Wochen. Das ist eine ähnliche Zeitspanne wie der Bodenangriff auf Fallujah. Dort hatten die Amerikaner noch leicht höhere Verluste. Gegenüber Grozny ist es noch deutlicher. Vukovar könnte man sich auch ansehen, aber das ist die Kriegsführung schon ganz deutlich eine andere.
Die beste Analogie ist auf jeden Fall Falujah, aber auch hier muss man festhalten, dass die Hamas deutlich besser vorbereitet ist als die Aufständischen im Irak damals.
Das ist auch ein großer Unterschied im Vergleich zu Cast Lead. Die Hamas hat deutlich dazugelernt und hat obendrein noch bessere Hardware.
Hier ein episodenhafter Blick auf vor denen die israelischen Einheiten in Gaza stehen:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.timesofisrael.com/amid-the-tunnels-and-the-traps-of-hamass-militarized-gaza/">http://www.timesofisrael.com/amid-the-t ... ized-gaza/</a><!-- m -->
Das ist mit nicht vergleichbar mit dem was die Amerikaner so gegen sich hatten. Das ist praktisch auf dem Niveau der Hisbollah, nur halt in wirklich Urbanen Gebiet mit Jahren akribischer Vorbereitung.
Es ist nur natürlich, dass es in einen solche Lage beständig zu Verlusten im Feindkontakt kommt.
Natürlich könnte man viel viel härter vorgehen und so einiges an Verlusten vermeiden. Aber das macht keine westliche Armee sondern halt nur die Russen. Tatsächlich kämpft die IDF zumindest was die schweren Gefechte anbelangt, wenn sich die Hamas in Masse stellt und den Kampf aufnimmt nicht großartig anders als die Amerikaner oder die Briten in Irak und Afghanistan. Wo sie halt deutlich anders vorgehen sind die Luftangriffe wo mit extrem viel mehr Sorgfalt vorgegangen wird als das vor allem die Amerikaner praktizieren.
Aber damit ist es halt auch irgendwann vorbei wenn die Truppe am Boden Feindkontakt hat und Verluste erleidet.
Ein weiterer Punkt den man bei dieser statistisch gesehen geringen Zahl an Gefechten mit Todesfolge auch bedenken muss, mancher Event mit größeren Verlusten war ganz einfach zu viel Pech. Shit happens, especially in war. Das der falsche Schützenpanzer ausfällt kann passieren. Das das im Feindgebiet passiert auch. Das da dann noch gleich Hamaskämpfer mit modernen ATGMs da sind, die einen erfolgreichen Angriff hinkriegen und das Ding noch unglücklich effektiv trifft bevor die Soldaten absitzen - man steckt nicht drin.
Und letztlich sollte man auch nicht vergessen, die IDF ist eine Wehrpflichtigenarmee. Diejenigen die da in Gaza rumturnen sind genau das: Wehrpflichtige und Reservisten. Das sind keine geschlossenen Einheiten aus erfahrenen Berufssoldanten oder irgendsoetwas. Klar gibt es ein Offiziers und Unteroffizierkorps aus Berufssoldaten, aber die Mannschaften und auch der Größte Teil der Unteroffiziere sind Wehrpflichtige oder Teilzeitsoldaten. Die sind gut, für Reservisten und Wehrpflichtige sogar extrem gut, aber sie werden in der Masse und durch die Bank nicht immer mit amerikanischen Berufssoldaten mithalten können.
Das heißt nicht, dass die Einheiten schlechter wären, weniger leistungsfähig sind und im Kampf weniger zu Stande bringen, es ist aber schlicht so, dass durch die weniger vorhandene Erfahrung mehr schief geht.
Man nehme die Geschichte von Vorgestern wo die Hamas einen Wachposten mit vier Mann zusammengeschossen hat. Die israelischen Soldaten dort haben völlig versagt. Kein ordentlicher Wachdienst, keine ordentliche Gegenwehr. Wie passierte das? Es waren Wehrpflichtige kurz nach der Grundausbildung aus der Kfir Brigade. Kfir ist eine Brigade die eigentlich im Westjordanland stationiert ist und halt die übliche Counter Terror Geschichte runterspielt. Sie sind mit solchen Lagen wie vor Gaza nicht vertraut. Wenn dann noch die Führung versagt und den Soldaten den Ernst der Lage nur unzureichend klar macht passiert sowas. Friktionen, normal für eine Bürgerarmee und militärisch nicht weiter tragisch. Sie aber halt furchtbar blöd aus und treibt den Bodycount hoch.
Zitat:Zudem scheint man diese Vorgehensweise - die zudem sehr zu Lasten der Infanterie geht - noch nicht allzu schnell beenden zu wollen; nun wurden erneut Reservisten eingezogen, was die Zahl der mobilisierten Truppen auf beinahe 90.000 bringt...
Bei MP.net sagen die Israelis dass das kein Hinweis auf irgendwas ist, die 16.000 Mann lösen einfach nur die Reservisten ab, die seit nem Monat im Westjordanland rumturnen weil Einheiten vor dort nach Gaza verlegt wurden.
Muss ja nicht sein, dass Mann die Reservisten länger als einen Monat von Arbeit und Familie fernhält wenn es sich vernünftig einrichten lässt.