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Normale Version: Israel vs. Syrien
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(11.12.2024, 12:28)Pogu schrieb: [ -> ]Eben nicht!!!

Ich bitte darum die Diskussion nicht auf einem solchen Niveau zu führen.

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Eine abschließende völkerrechtliche Bewertung kann es erst dann geben, wenn der Prozess auch tatsächlich abgeschlossen ist, was aktuell trotz faktischer Machtübernahme nicht geschehen ist und so schnell auch nicht geschehen wird. Bis dahin ändert sich am völkerrechtlichen Status Syriens erstmal nichts, einseitig so einfach sowieso nicht. Ohne jetzt auf jedes hier vorgebrachte Argument eingehen zu wollen zeigen die Beiträge hier im Strang abermals, dass solche völkerrechtlichen Fragen hier nur bedingt sinnvoll diskutiert werden können (weil Ratio allein für das Völkerrecht nicht reicht).
(11.12.2024, 09:58)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Das behauptest du lediglich. Ob die Rechtszustände weiter gelten oder nicht, hängt allein davon ab, ob es eine Kontinuität gibt oder ob man den Zustand als eine Diskontinuität einstufen muss.
Und völkerrechtlich besteht hier sogar recht eindeutig eine Diskontinuität, zum einen weil das Land in verschiedene Bereiche zerfallen ist und die HTS nicht ansatzweise das ganze Land regiert, zum zweiten weil die HTS weder von Israel noch sonst international anerkannt wird als neue Regierung Syriens, zum dritten weil die HTS selbst erklärt nicht der Rechtsnachfolger des Assad-Regimes zu sein und weil das Assad-Regime nicht mehr existiert. Diskontinuität bedeutet, die Rechtszustände gelten eben nicht mehr.
Aber genau von dieser Kontinuität muss grundsätzlich immer ausgegangen werden.
Was ist in Syrien geschehen? Der letzte Premierminister der Assad-Regierung hat zunächst eine Übergangsregierung gegründet und am Folgetag dann die Amtsgeschäfte offiziell an den Premierminister der Rebellenregierung übergeben. Dabei wurden keine staatlichen Strukturen zerschlagen oder umgebildet, stattdessen übernahmen die Minister der Rebellenregierung lückenlos die Staatlichen Ministerien Syriens.
Es gibt hier also defacto eine klare Kontinuität. Wir haben hier eine Übernahme der Staatsgewalt und sehr deutliche keine Debellation, Zerschlagung des bisherigen staatlichen Strukturen.

Das die neuen Machthaber nicht die volle militärische Kontrolle über alle Landesteile haben bzw. die Staatsgewalt nur mittelbar über Verbündete Kräfte ausüben tut dem keinen Abbruch.
Bislang (!) gab es eben keine Dismembration des Syrischen Staates. Das wäre erst der Fall wenn sich die Kurden oder meinetwegen auch die Alawiten am Küstenstreifen für unabhängig erklären.

Ob man die HTS jetzt als die legitime syrische Regierung anerkennt ist dabei nebensächlich. Man kann sich auch als die illegitime syrische Regierung verstehen. Nichts daran ändert den Umstand, dass das Völkerrechtssubjekt Syrien weiter existiert und Rechtszustände den Syrischen Staat betreffen fortbestehen.

Das ist mit Syrien jetzt nicht anders als mit Afghanistan. Die Islamische Republik Afghanistan mag gefallen sein, der Afghanische Staat ist damit aber nicht erloschen. An Stelle der Islamischen Republik ist das Islamische Emirat getreten, die Taliban (die sicher auch nicht jeden Flecken Afghanistan unmittelbar kontrollieren) vertreten das Land nun völkerrechtlich, egal was wir von denen halten.

Oder um den Wissenchaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages zu zitieren:
Die Nichtanerkennung einer Regierung durch einen anderen Staat oder Teile der Staatengemeinschaft hat jedoch keine Folgen für die Rechtspersönlichkeit eines Staates; auch bleiben dessen völkerrechtliche Pflichten in vollem Umfang bestehen. Die Anerkennung von Regierungen ist nicht konstitutiv, sondern ihr kommt lediglich politische und mithin deklaratorische Bedeutung
zu.

Zitat:Ich schrieb es ja explizit: diese ach so pöse syrische Aggression gegen israelische Kampfflugzeuge welche Syrien angreifen und bombardieren - ich meine natürlich welche sich gegen Syrien verteidigen, ist eindeutig eine syrische Aggression. Und deshalb, weil syrische Luftraumverteidigung der nicht mehr existenten Regierungstruppen eines nicht mehr existenten Staates versuchte vor 6 Jahren gegen die fortwährenden israelischen Bombardierungen in Syrien vorzugehen, ist es natürlich absolut Legal hier und jetzt in Syrien alles kurz und klein zu schlagen. Zweifelsohne, denn alles andere wäre ja einfach antisemitisch.
Es ist legal dort alles kurz und klein zu schlagen weil ein Kriegszustand existiert.
Man kann übrigens auch argumentieren, dass die HTS eine Al Quaida nahe Terrororganisation ist und Staaten aus Präventationsgründen das Recht haben mit allen Mitteln zu verhindern, dass aufgegebenes Militärgerät in die Hände von Terroristen fällt. Die einschlägigen Resolutionen des GWOT gelten schließlich fort, Al Quaida und seine Ableger können weiterhin global bekämpft werden.

Zitat:Wozu also überhaupt irgendeine Diskussion über Recht?
Denn Israel behält sich ja ohnehin vor in präventiver Selbstverteidigung absolut jeden nach Belieben anzugreifen der seine Sicherheitsinteressen berührt. Das ist ja immer Notwehr, per definitionem. Wenn jemand Waffen besitzt, berührt er Sicherheitsinteressen, also darf man ihn nach belieben angreifen. Also darf jedes Land der Welt jedes andere Land der Welt angreifen wenn dort Waffen sind, denn damit sind ja dann Sicherheitsinteressen gegeben.
Was Israel hier halt praktiziert ist reine Anarchie und das bloße Recht des Stärkeren. Dann hoff mal darauf, dass Israel unbegrenzt weiter der Stärkste sein wird, auch wenn es irgendwann völlig allein und unter Sanktionen stehend sein wird. Aber egal, man hat ja noch Atomwaffen und alle anderen müssen halt nachgeben oder sterben, denn dass ist der Kern der israelischen "Rechts"auffassung.


Ich weiß nicht warum wir diese Diskussion führen, aber du hast die Frage der Legalität der Operation aufgeworfen.
Wer Israel angreift wird angegriffen. Wer sich gegen Israel stellt wird bekämpft. Das ist eigentlich sehr einfach.
Während des laufenden Krieges hat Israel bis zu dieser Aktion niemanden präventiv angegriffen. Hamas hat den Krieg mit Israel begonnen, Hezbollah und die Houthis sind aus freien Stücken in den Krieg eingetreten. Iran und Syrien wurde als unterstützende Staaten in den Konflikt mit hineingezogen, zu militärischen Auseinandersetzungen kam es aber erst nach dem Iranischen Raketenangriff.
Eine besondere Aggressivität sehe ich hier nicht.

Zitat:Und nicht-Völkerrechtsubjekte kann man also nach belieben angreifen? Denn die Intention der Charta der Vereinten Nationen ist es, dass nur Staaten irgendwelche Rechte haben, aber alles sonstige völlig rechtlose nach belieben tötbare Masse von Vogelfreien ist ?!
Terrorgruppen darf man seit dem GWOT ziemlich weitgehend bekämpfen, ja. Sie sind dabei nicht vogelfrei, die Bekämpfung erfolgt nach den einschlägigen Regelungen des Kriegsvölkerrechts. Entsprechend sind die aktuellen Angriffe der Amerikaner auf ISIS in Syrien ja auch legal.

Zitat:Assad ist aber nicht mehr. Aber ich habe schon verstanden: die Vogelfreien in Syrien müssen für alle Zeiten nach belieben israelische Angriffe erdulden, weil ihre Vorfahren irgendwann mal gegen Israel Krieg geführt haben und Israel keinen Frieden mit ihnen schließt.
Ja, das ist so. Die neue Syrische Regierung hat die Möglichkeit Israel um Frieden zu ersuchen. Israel sollte dann in Friedensverhandlungen eintreten, kann dann aber weitgehende Bedingungen stellen und ist mitnichten verpflichtet einfach quo ante bellum zu beschließen.
Wenn ein Friedensschluss so nicht zustande kommt ist die syrische Regierung gezwungen den Kampf fortzusetzen. Ist sie dazu nicht in der Lage kann sie bedingungslos kapitulieren.

Zitat:Und gerade eben deshalb ärgere ich mich so sehr über die israelische Unfähigkeit und Dummheit: denn Israel hat überhaupt keinerlei Plan oder Vision über wir schmeißen Bomben auf alles und jeden hinaus. Wie ein beschränkter Hinterhofschläger der glaubt unbegrenzt mit seinem Verhalten davon kommen zu können. Es ist diese Visionslosigkeit, Strategielosigkeit und dümmliche Schlägermentalität welche mich aufregt. Staat Chancen wie in Syrien und in Gaza jetzt zu nutzen, ist die einzige Idee von Zukunft, nicht weiter als bis morgen Vormittag zu denken und möglichst viele Bomben abzuwerfen.
Du immer mit deinen großen Visionen. In Israel herrschen Realpolitiker die sich das Träumen schon lange abgewöhnt haben. Zurecht.
Die Kalkulation ist sehr einfach: Die Beziehungen mit dem neuen syrischen Regime mögen sich entwickeln wie sie wollen, wenn man ihnen jetzt die Spielzeuge nicht überlässt ist das ein realer und greifbarer Sicherheitsgewinn. Alles weitere wird sich zeigen. Wenn HTS an guter Nachbarschaft interessiert ist, wird es an dieser Aufräumaktion nicht scheitern.

Real sieht die Strategielosigkeit gerade folgendes Ergebnis:
Hamas militärisch völlig zerschlagen, Sinwar, Haniyya, Deif und viele weitere tot, Gaza in Trümmern, Geiselabkommen wahrscheinlich
Hezbollah militärisch geschlagen, das Raketenarsenal weitestgehend vernichtet, Terrorinfrasrtuktur an der Grenze zerstört, alle Führungskader ausgeschaltet, günstiges Waffenstillstandsabkommen
Assad in Syrien ist Geschichte, das syrische militärische Potential wurde weitgehend ausgeschaltet
Erfolgreicher Schlag gegen die iranische Flugabwehr und Atomanlagen, die iranische Achse gegen Israel ist vollständig und nachhaltig zerbrochen
Äußerst geringe israelische Verluste, Wirtschaftliche Lage stabil, Moral hoch, Situation im Westjordanland stabil und eine schwierige US Administration wird gerade durch die wahrscheinlich israelfreundlichste seit Staatsgründung ersetzt.

Wie schon mal gesagt: Davon die Hälfte und ich hätte am 8. Oktober ohne weiteres unterschrieben.
Zitat:Was ist in Syrien geschehen? Der letzte Premierminister der Assad-Regierung hat zunächst eine Übergangsregierung gegründet und am Folgetag dann die Amtsgeschäfte offiziell an den Premierminister der Rebellenregierung übergeben. Dabei wurden keine staatlichen Strukturen zerschlagen oder umgebildet, stattdessen übernahmen die Minister der Rebellenregierung lückenlos die Staatlichen Ministerien Syriens.
Es gibt hier also defacto eine klare Kontinuität. Wir haben hier eine Übernahme der Staatsgewalt und sehr deutliche keine Debellation, Zerschlagung des bisherigen staatlichen Strukturen.
Das sehe ich auch so. Im Übrigen ist es die offizielle Position der Bundesrepublik Deutschland, was als Indikator durchaus Relevanz besitzt. Der syrische Staat ist nicht untergegangen, damit bestehen alle Rechtsverhältnisse fort.
Zum Rückzug der russischen Seesstreikräfte aus Syrien, aber auch zur Ausschaltung der syrischen Flottenkräfte durch die IAF:
Zitat:Satellite Photos Show Russian Navy Exodus From Syria, Syrian Missile Boats Sunk at Pier [...]

New satellite photos from the Tartus naval base on the edge of the Mediterranean Sea show Russian Navy ships anchored off the coast of Syria after abandoning Moscow’s only overseas naval base. Photos also show the destruction of Syrian Navy missile boats at the in Latakia. [...] The imagery shows sunken Osa-class missile boats that were armed with SS-N-2C Styx surface to surface anti-ship cruise missiles. The Israel Defense Forces confirmed the IDF attacked the remnants of the Syrian fleet in port on Tuesday. Defense minister Israel Katz said the Israeli Navy conducted the attack.
https://news.usni.org/2024/12/10/satelli...nk-at-pier

Die Syrer haben ca. zehn bis zwölf Boote der Osa-Klasse (Modelle der Klassen I und II) noch zu UdSSR-Zeiten erhalten gehabt.
Zitat:Israel Destroys Syria's Navy at the Pier [...]

Drone footage from Latakia shows rows of destroyed Syrian surface combatants; open-source analysts have cataloged at least six destroyed Soviet Osa-II class missile boats, along with one Petya-III class frigate. The Osa-II was designed to carry the Soviet Styx anti-ship missile, an outdated design vulnerable to jamming. Until recently, Syria was known to have 10 Osa-II missile boats in its inventory; they saw action against Israel in 1973, during the Yom Kippur War, with little success. It appears unlikely that they will face Israeli forces again. [...]
https://maritime-executive.com/article/i...t-the-pier

Kann man fragen, ob diese Boote als Ziele Sinn ergeben? Ihre uralten Styx sind vermutlich kaum mehr der Rede wert, wenn denn überhaupt noch einsatzfähig, aber als (von den Raketen entblößte) Patroller hätte man diese Boote seitens der neuen syrischen Regierung - wie immer die dann auch aussehen mag - dann doch vielleicht noch nutzen können. Und sei es nur, um den Küsten einen gewissen Schutz zu geben bzgl. Schmugglern oder Menschenschleppern. Insofern verstehe ich diese Attacken seitens der IAF tatsächlich nicht...

Schneemann
Die drusischen Dörfer im israelisch-syrischen Grengebiet bitten per Akklamation um Annerktierung durch Israel:
Zitat:The Druze of Mt. Hermon(Jabal Al Sheikh) request officially to be annexed to Israel.
"They (HTS) will come for our women and daughters...".
https://x.com/Anthonioseo/status/1867407016819667271

Auch die in der mehrheitlich drusischen und griechisch orthodoxen Stadt Suwayda im Südosten Syriens bittet man um Annektierung durch Israel:

Zitat:The Druze leader of al-Suwayda in southwestern Syria also issued a resolution on behalf of his village: We will not agree to live under the rule of the rebels, who are identical to ISIS, we want to live under Israeli rule and become part of Israel.
https://x.com/NoaMagid/status/1867358843707306392

Wenn man möchte könnte man daraus eine sehr solide völkerrechtliche Begründung für alles mögliche zaubern, etwa ein drusisches Protektorat südlich von Damaskus unter israelischen Schutz.
(13.12.2024, 10:19)Nightwatch schrieb: [ -> ]Die drusischen Dörfer im israelisch-syrischen Grengebiet bitten per Akklamation um Annerktierung durch Israel:
https://x.com/Anthonioseo/status/1867407016819667271

Auch die in der mehrheitlich drusischen und griechisch orthodoxen Stadt Suwayda im Südosten Syriens bittet man um Annektierung durch Israel:

https://x.com/NoaMagid/status/1867358843707306392

Wenn man möchte könnte man daraus eine sehr solide völkerrechtliche Begründung für alles mögliche zaubern, etwa ein drusisches Protektorat südlich von Damaskus unter israelischen Schutz.

Die sinnvollste Lösung für Syrien wäre wohl wenn man zugibt dass die multikulturelle syrische Gesellschaft gescheitert ist und sich einvernehmlich in 4 Staaten aufteilt. Kurden im Nordosten, Drusen im Süden, Alewiten an der Küste und der Hauptteil Syriens für die Sunniten. Die Christen würden sich dann wohl in die drei ernstgenannten Staaten verteilen.
(13.12.2024, 10:29)lime schrieb: [ -> ]Die sinnvollste Lösung für Syrien wäre wohl wenn man zugibt dass die multikulturelle syrische Gesellschaft gescheitert ist und sich einvernehmlich in 4 Staaten aufteilt.
Eigentlich schon. Aber....
Zitat:Kurden im Nordosten
Würden noch vor der vor der Unabhängigkeitserklärung von der Türkei gewaltsam annektiert. Ein Kurdenstaat ist mit Erdogan nicht zu machen.
Zitat:Drusen im Süden
Würde ich für unabhängig kaum lebensfähig erachten, müsste also tatsächlich Israel angegliedert werden, was wieder neue Probleme mit sich brächte.
Zitat:Alewiten an der Küste
Ja, aber nach dem Ende Assads, dürfte es dafür zu spät sein. Allenfalls eine Vereinigung mit dem Libanon wäre denkbar, wenn der sich nicht selbst am Rande des Failed States bewegen würde.
Zitat:Die Christen würden sich dann wohl in die drei ernstgenannten Staaten verteilen.
Die Christen könnten sich in so einem Fall eigentlich nur den benachbarten Alawiten anschließen. Alleine wären sie zu schwach, sowohl für einen eigenen Staat, als auch, um in den islamistisch beherrschten Gebieten sicher leben zu können.

Ich halte eigentlich sogar umgekehrt ein "Vielvölker-Großsyrien" für die bessere Alternative. Eine große nordarabische Föderation autonom verwalteter Gebiete auf den Territorien von Syrien, dem Irak und Libanon. (Aber ich glaube, das erwähnte ich bereits...)
(13.12.2024, 10:29)lime schrieb: [ -> ]Die sinnvollste Lösung für Syrien wäre wohl wenn man zugibt dass die multikulturelle syrische Gesellschaft gescheitert ist und sich einvernehmlich in 4 Staaten aufteilt. Kurden im Nordosten, Drusen im Süden, Alewiten an der Küste und der Hauptteil Syriens für die Sunniten. Die Christen würden sich dann wohl in die drei ernstgenannten Staaten verteilen.

Der arabische Nationalismus scheint jedenfalls mancherorts gescheitert (Libyen, Irak, Syrien). Diktator kannst du dort nur sein, wenn es dir gelingt, die verschiedenen Stämme unter dir zu vereinen, sowie auch Deine von Dir bevorzugte Elite sowie jene die für dich auch tatsächlich in der Peripherie kämpfen hinreichend zu beglücken und zu kontrollieren. "Multi-ethnisch" ist ja vielleicht nicht einmal der richtige Ausdruck, den wir beide gewählt haben in der Diskussion. Wir reden ja nicht wirklich von verschiedenen Ethnien, sondern von Menschen des selben Kulturkreises, die seit Ewigkeiten dort leben. Diese Konstellation ist aber durch die Stammeskultur dort so schwierig. Es interessiert ja am Ende auch nicht wirklich ob man ein katholischer Bayer, oder ein protestantischer Hesse, oder ein Baumgeister verehrender Thüringer ist. Eben weil da eine nationale Einheit darüber steht. Zum Beispiel über eine gemeinsamen Sprache, die man in Syrien ja durchaus spricht. Aber das Stammesgefüge aus sich nicht zuträglich gegenüberstehenden Stämmen ist so labil, macht alles abhängig von der Macht und Gunst bestimmter Clans. Wenn nicht genug Geld für alle da ist und Du einzelne begünstigst und einige dieser Kreise auf ganz neue Ideen kommen, was Du vielleicht gar nicht in der Hand hast, und diese dann auch noch empfänglich für äußere Kräfte sind, weil die mehr bieten, dann implodiert das Ganze oder fällt zusammen wie ein Kartenhaus und das sehen wir auch in Syrien. Die Frage für die Zukunft Syriens wird sein, inwieweit sich die Syrer weiterhin als Syrer sehen. Es gibt Kräfte die ihnen das austreiben wollen, es gibt Kräfte, die einen syrischen Nationalstaat mit militärischer Selbstverteidigungsfähigkeit vielleicht mit äußerer Gewalt gar nicht entstehen lassen wollen. Es lässt sich hier einiges erahnen, aber nichts vorhersagen. Es ist auch schwierig zu sagen, welche Option die wenigsten Opfer fordert.
Zusammenfassung Kartenmaterial f+r die Annektierung Wink
https://x.com/HAHazony/status/1867641662245421385
Um mal den Beitrag von KheibarShekan aufzugreifen:

Ist Syrien tatsächlich eine Stammesgesellschaft ?! Ich habe da meine Zweifel. Natürlich gibt es dort verschiedene Völker / Religionen, aber abgesehen von relativ bedeutungslosen Wüstengebieten im Osten sind tatsächliche Stämme hier meiner Meinung nach weniger bedeutend als beispielsweie in Libyen et al

Das Problem sind hier meiner Ansicht nach weniger Stämme (gleicher Nationalität / gleicher Religion) - sondern verschiedene Völker / Ethnien.
(15.12.2024, 14:59)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Das Problem sind hier meiner Ansicht nach weniger Stämme (gleicher Nationalität / gleicher Religion) - sondern verschiedene Völker / Ethnien.

Es sind zu 80-85% Araber und zu 10% Kurden. Ergo, aus meiner Sicht, rein ethnisch gesehen, ein homogenes Volk. Religiös gesehen sind wiederum die nicht-Sunniten in ihrem Bevölkerungsanteil zu vernachlässigen. Es sind zu >74% Sunniten. Aber über die Hälfte der Syrer leben in der Peripherie und dort regiert(e) eben nicht der Staat bzw. nicht ohne Zustimmung der lokal ansässigen arabisch, tribalistischen Strukturen, die bei der arabischen Ethnie sehr bedeutsam sind. Und darin liegt die große Kunst arabische Staaten zentral zu regieren.
(15.12.2024, 16:40)KheibarShekan schrieb: [ -> ]Aber über die Hälfte der Syrer leben in der Peripherie und dort regiert(e) eben nicht der Staat bzw. nicht ohne Zustimmung der lokal ansässigen arabisch, tribalistischen Strukturen, die bei der arabischen Ethnie sehr bedeutsam sind.
Lokalfürsten/Warlords sind aber nicht das gleiche wie Stammesführer, auch wenn das Ergebnis ähnlich ist.
(15.12.2024, 14:56)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]....
Aber, wie wir hier ja gelernt haben, darf Israel noch in 1000 Jahren Syrien bombardieren, solange Israel keinen Frieden schließt kann Syrien Frieden schließen wollen wie es will, der Krieg endet dann ja doch nicht, solange nicht beide Seiten zustimmen.
...
dazu ein Kommentar des SPIEGEL:
Zitat:Vor einer Woche haben sich die Syrerinnen und Syrer von 54 Jahren Diktatur des Assad-Regimes befreit. Seit einer Woche befindet sich das Land in einer Phase des Übergangs. Je länger dieses Vakuum dauert, desto schamloser drückt der Nachbar Israel seine Interessen durch. Er hat die Besetzung der Golanhöhen ausgeweitet und angekündigt, die israelische Bevölkerung dort verdoppeln zu wollen – auf syrischem Staatsgebiet wohlgemerkt. Man wolle sich »weiter etablieren, entwickeln und ansiedeln«, so Israels Premier Benjamin Netanyahu.

Mit der gleichen Selbstverständlichkeit lässt er militärische Einrichtungen Syriens bombardieren, seit die Assad-Truppen das Weite gesucht haben. Sie waren mit Iran verbündet, einem Erzfeind Israels. Doch das war einmal.

Dennoch setzte Israel nach Angaben von Aktivisten auch heute seine massiven Bombardierungen fort. In der Nacht zu Montag habe das Land die syrische Mittelmeerküste so schwer angegriffen wie seit mehr als zehn Jahren nicht. Israels Armee erklärte, bis zu 80 Prozent der militärischen Kapazitäten zerstört zu haben. Die Bundesregierung kritisiert das scharf. »Die territoriale Integrität darf nicht angefasst werden«, so ein Sprecher des Auswärtigen Amtes.

Es gebe »absolut keine völkerrechtliche Grundlage, um ein Land, das man nicht mag, präventiv zu entwaffnen«, sagt auch Ben Saul, Uno-Sonderberichterstatter für die Förderung der Menschenrechte. »Das ist völlig gesetzlos«, so Saul. Wenn das Schule machte, wäre es ein Rezept für weltweites Chaos.

Doch genau das scheint das Kalkül von Netanyahu zu sein: Chaos außerhalb des Landes zu stiften, um die Macht im Inneren zu festigen. (Lesen Sie hier (S+) das große Porträt meiner Kollegin Juliane von Mittelstaedt und meines Kollegen Thore Schröder über das System Netanyahu.)

Lesen Sie hier mehr: Israel bombardiert Syriens Küste
Der Golan ist nach den Annektierung durch Israel und der Anerkennung durch die Vereinigten Staaten nicht mehr syrisches Staatsgebiet. Und natürlich wird der israelische Golan nun mehr weiter entwickelt, was auch sonst.
"Die Besetzung ausgeweitet" ist schon grammatikalisch völliger Unsinn. Besetzung ist nur der Vorgang, wenn überhaupt müsste es "Besatzung" heißen. Wobei der Vorwurf ins Leere geht, Israel hat schließlich nicht vor dort als besatzsmacht aufzutreten.

Die Kritik des Sprechers des Auswärtigen Amtes ist wohlfeil. Die territoriale Integrität Syriens darf selbstverständlich angefasst werden. Es besteht ein Kriegszustand.
Aber selbst wenn nicht: Da Türken und Amerikaner lustig in Syrien rumturnen und dort tatsächlich nachh gutdünken als Besatzungmächte agieren kann Israel im Sinne der völkergewohnheitsrechtlichen Allgemeinen Übung analog handelt.
Komischerweise wird sich aber immer nur über israelische Aktivitäten in Syrien das Maul zerrissen.

Und das Ziel des Oberbösewichts in Jerusalem (als ob es dort irgendjemanden in Politik und Militär gibt, der die Operationen gegen Syrien nicht unterstützt) ist nicht "Chaos zu stiften um die Macht im Inneren zu festigen", sondern ohne größeres Risiko immens viel Spielmaterial vom Brett zu nehmen. Ein spatz in der Hand ist bessser als die Taube auf dem Dach usw usf.

Seine Macht kann uns muss er sich dadurch nicht sichern. Nichts was in Bezug auf Syrien geschieht hat irgendeinen Einfluss auf seine (aktuell komfortable) Knessetmehrheit, seine (aktuell recht gut für ihn verlaufenden) Prozesse, den Fortgang des Krieges in Gaza oder auf Umfrageergebnisse für Wahlen in frühestens vielen Monaten.

Mit anderen Worten, das gewohnt niedrige Niveau bei SPON.
(16.12.2024, 19:54)Nightwatch schrieb: [ -> ]Komischerweise wird sich aber immer nur über israelische Aktivitäten in Syrien das Maul zerrissen.

Es wird von Israel ein rechtlich und moralisch perfektes Verhalten gefordert. Allerdings die, die das fordern erfüllen ihre eigenen Massstäbe nicht mal im entferntesten. Damit meine ich die restliche Akteure im Nahen Osten, von der Türkei bis zum Iran und alles dazwischen.

Persönlich bin ich der Meinung wenn z.B. die Drusen aus Syrien raus wollen dann sollen sie das machen und sich Israel anschliessen. Die anderen Probleme in Syrien sind leider nicht so leicht lösbar, die Kurden sollten schon lange einen eigenen Staat haben.
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