Ich kann den Gedanken von Attar absolut nachvollziehen und dazu muss man nur einen Blick auf die Zahlen werfen.
Das Europa Geschäft ist bereits heute recht unbedeutend für den iranischen Ölexport. So naiv ist man in Teheran dann doch nicht, als dass man nicht längst auf Asien setzt. Nur noch Spanien, Italien und Griechenland importieren aktuell überhaupt noch iranisches Erdöl und das auch in recht überschaubaren Mengen. Der Umfang von Spanien und Italien liegt bei etwa 2-3 Mio Tonnen über das Jahr gerechnet. Längerfristige Zahlen aus Griechenland kenne ich nicht, dürften aber auch nicht wirklich interessant sein, da man den Griechen das Öl bewusst zum Schleuderpreis verkauft, um die Europäer zu spalten. Das ist insofern bereits abgeschrieben.
Bleibt die Frage, was 2-3 Mio Tonnen Öl Exportausfall für den Iran bedeuten.
China hat in diesem Jahr etwa ~
25 Mio. Tonnen iranischen Erdöls (+ weitere 800.000 Tonnen Erdgas) importiert. Alleine die Steigerungsrate gegenüber dem Vorjahr übertrifft einen Totalausfall Europas um ein Vielfaches. Selbst wenn der vollkommen unwahrscheinliche Fall eintritt, dass der Weltmarkt derart überversorgt mit Erdöl ist, dass sich überhaupt kein neuer Abnehmer zu keinem Preis für die 2-3 Mio Tonnen Öl erwärmen kann, muss man daraus eben Joghurt Becher herstellen und sie danach exportieren. Zum Beispiel nach Italien.
Übrigens wirkt sich jede Meldung über den Iran positiv auf den Ölpreis aus. Eine Ölpreissteigerung von nur einem Dollar beschert dem Iran eine jährliche Zusatzeinnahme von
1 Mrd.$.
Der Ölpreis hält sich inzwischen zuverlässig auf 100-110$ pro Barrel, beim einem iranischen Haushaltsplan der konservativ auf 81,50$ pro Barrel basiert. >Klingel<
Da von beiden Seiten eine Rückkehr zu Verhandlungen über das Atomprogramm ausgeschlossen wird, wäre dieser "(Öl-)Preis für die Bombe" sehr annehmbar.
Es gibt eine ganz andere, wesentlich plausiblere Erklärung für das gezielte Aufbauschen und Entladen des Zorns gegen die britische Botschaft:
Zitat:Tehran invokes revolutionary fervor
By M K Bhadrakumar
On Monday, Iran's powerful Guardian Council endorsed the Majlis' resolution adopted the previous day to downgrade the country's ties with Britain. The speed with which the process gathered momentum conveys the message that it carries the stamp of a decision at the highest levels of the Iranian leadership.
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So, what is on the Iranian mind? Some serious conclusions can be drawn. First, Tehran estimates that a US-British-Israeli axis is in any case gearing up for a confrontation. The strategic ambiguity - "all options are on the table" - no longer exists really, after the hardline policy speech by US National Security Adviser Tom Donilon at the Brookings Institution in Washington last week.
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Second, Tehran estimates that this confrontation may take place within Obama's first term as president - because it may well ensure the success of his bid for a second term. The manner in which the Obama administration jacked up the tensions with Iran almost in parallel with the commencement of his re-election bid hasn't escaped Tehran's attention. Third, emanating out of the above, Tehran has little choice left but to take to the high ground, as it is no longer a matter of Iran being flexible on the nuclear issue or not, of Iran being conciliatory toward Israel or not, or of Iran being "moderate" on the Palestine problem and the Arab-Israeli conflict or not.
It is pure power play and realpolitik. A similar situation arose in 1980 when Tehran couldn't care less anymore what the US and Britain thought of its revolution, and Tehran feels today once again that it is far better off without the British hanging about. The Iranian historical consciousness still regards Imperial Britain as a poisonous serpent that every now and then crept up from India to devour the succulent Persian fruit.
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All in all, Tehran is left in no doubt that the time has come to switch the Iranian nation into a revolutionary mode. The intrusion into the British Embassy invokes archetypal symbols of defiance and resistance, which are embedded in the Iran's revolutionary consciousness - especially when the collective memory about Britain is summoned. It is Iran's ultimate line of defense - as was the hostage crisis with the US in the months following the revolution when Iran came under siege.
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<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.atimes.com/atimes/Middle_East/ML01Ak02.html">http://www.atimes.com/atimes/Middle_East/ML01Ak02.html</a><!-- m -->
Bhadrakumars Begründung klingt für mich sehr schlüssig. Die Führung im Iran ist aufgrund
der Summe der Ereignisse zu der Ansicht gelangt, das die Konfrontation unausweichlich ist. Die Regierung versucht nun die Emotionen der Massen gegen den Feind gezielt zu schüren und den revolutionären Spirit zu beleben. Die Regierung versucht das Land damit einen Schritt in Richtung "Kriegsmodus" zu steuern und England ist dafür DAS perfekte Ziel.