phantom:
Zitat:Es geht doch um eine prinzipielle Anordnung der gepanzerten Flächen. Bei einem konventionellen Tank stehen die Flächen waagerecht zum Boden. Ziel müsste es doch sein, alle Flächen nach aussen abzuwinkeln, auch wenn das Fahrzeug dann grösser wird.
Auch bei Kettenpanzern könnte man die Flächen zum Boden anders anordnen. Die Frage ist aber, ob dies zwingend sinnvoll ist. Moderne SF und/oder größere Sprengladungen einer SF negieren den Schutz einer schrägen Anordnung zum Boden hin. Und sollte man ein Fahrzeug wirklich nur auf SF hin ausrichten?
Dann wird das Fahrzeug wiederum zu anfällig für RPG Beschuss von der Seite. Zwar könnte man an eine Art Raute als Körper für den Panzer denken, mit den Spitzen jeweils zum Boden und zur Seite (ungefähr so: <> ), aber eine solche Konstruktion würde das Fahrzeug erheblich höher machen und die Geländegängigkeit einschränken und das notwendige Gewicht erhöhen. Und könnte mittels einfachster Techniken vom Feind trotzdem gekontert werden.
Natürlich ist die Idee an sich richtig, die Flächen zur Primärgefahr hin abzuwinkeln, aber nicht um jeden Preis und insbesondere nicht um den Preis einer Überspezialisierung des Fahrzeuges auf ganz bestimmte Gefährdungen. Jede Form von Überspezialisierung wird der Feind nämlich zwingend explorieren.
Zitat:Wenn du das eroberte Gebiet kontrollieren musst, macht es ja wenig Sinn wenn du in jedes Kaff mit dem Abrams einfährst obwohl dort einfach simple Truppenpräsenz nötig ist. Das sind sowieso 95% von allen Einsätzen, Präsenz markieren ähnlich der Polizei.
Das ist einer der typischsten Fehler der westlichen COIN Strategie. Der Glaube, dass man durch (bewegliche) bloße Präsenz, also durch Patrouillen Kontrolle ausüben könnte. Dies ist nicht der Fall.
Natürlich fahre ich nicht in jedes Kaff mit Abrams ein. Sondern ich schaffe dort dauerhaft präsente einheimische Polizeikräfte, beobachte das Kaff heimlich mit Fernspähern und Drohne und erledige Feinde die vom Kaff kommen oder in dieses hinein gehen mit Scharfschützen. Dass ist Kontrolle von Terrain, indem ich die Bewegung in dem Terrain kontrolliere. Kontrolle ist eben nicht, sich selbst in diesem Terrain zu bewegen, ohne einen bestimmten Auftrag.
Bloßes Präsenz zeigen durch Patrouillen ist völlig wirkungslos. Deshalb sind Patrouillen ohne Kampfauftrag sinnlos. Folgender Artikel entspricht in vielen Punkten meinen Ideen dazu:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.bmlv.gv.at/truppendienst/ausgaben/artikel.php?id=777">http://www.bmlv.gv.at/truppendienst/aus ... php?id=777</a><!-- m -->
Zitat:If we fail to patrol, the enemy will emplace IEDs along our prospective lines of operation (if the enemy does intelligence preparation of the battlefield), and when we use those lines again, we will have contact. Contact will come at a time and place of the enemy’s choosing and will meet his tactical purpose.
Although it would be easy to simply take Nike’s approach and "just do it", leaders must ensure we have clear tactical tasks and nested purposes during all patrols.
Every patrol must have a definitive tactical task and associated purpose. Presence patrolling to "show our presence" is a leader’s sin.
Durch bloße Präsenz-Patrouillen verhinderst du eben nicht, dass der Gegner SF legt. Die legt er trotz deiner Präsenz.
Wir müssen endlich aufhören, sinnfrei in der Gegend herum zu fahren, sondern gezielt die Feinde zu jagen und zu töten, die SF legen. Eine Patrouille sollte daher nicht den Zweck haben Präsenz zu zeigen, sondern Feinde zu töten! Eine Patrouille muß Offensiv sein, Aggressiv, sie muß aufklären und töten und dies mit einem ganz bestimmten Ziel/Auftrag. Jede andere Art von Patrouille ist sinnfrei.
Zitat:dann stellst du einfach ein Schild auf "Gebiet war mal erobert" und dann ist die Sache erledigt.
Wenn man ein Gebiet erobert hat, muß man es halten. Durch Patrouillen und bloßes Präsenz zeigen hält man es aber nicht. Da du die Polizei bemüht hast mal ein praktisches Beispiel: da hat die Polizei in einer bestimmten deutschen Stadt die offene Drogenszene vom Bahnhof vertrieben bzw. diese durch etliche erfolreiche Verhaftungen zerschlagen. Durch massive Kontrollen, Durchsuchungen, hartes Vorgehen gegen die Süchtigen, Verhaftungen.
Danach zeigte die Polizei eine Zeitlang nur noch Präsenz am Bahnhofsplatz und in den anliegenden Straßen, sie ging also Patrouille (zur Fuß! und nicht mal per Fahrzeug und dies auf einem viel kleineren, viel leichter kontrollierbaren Gebiet). Trotzdem kehrte die Drogenszene rasch zurück, bzw. bildete sich neu.
Zitat: Ich glaub die Geländegängigkeit in der Extremform, ist nicht nötig. Die armen Soldaten kotzen sich ja gegenseitig voll, wenn man das ausfahren würde, was du hier forderst.
Lieber kotzen als angesprengt werden. Geländegängigkeit ist absolut in Extremform notwendig. Je Geländegängiger ein Panzer ist, desto besser. Das bietet auch im Gefecht mehr Mobilität und damit mehr Möglichkeiten, sich in eine vorteilhafte Position zu bringen. Wenn ich eine bestimmte Position im Gelände von der aus ich den Feind rasch vernichten könnte wegen der mangelnden Geländegängigkeit des Radpanzers nicht anfahren kann, und mit Infanterie zur Fuß entweder aufgrund Feindeinwirkung nicht erreichen kann oder zu langsam, dann kann ich den Feind nicht rasch vernichten. Wenn ich die vorteilhafte Position schnell erreichen kann (unter Panzerschutz), gewinne ich damit den Kampf.
Gerade Panzer müssen daher möglichst Geländegängig sein. Deshalb ist der Boxer ja meiner Meinung nach zumindest mal besser als der Stryker oder die anderen Piranha-Varianten, weil er deutlich gelänldegängiger ist. Trotzdem ist ein Kettenpanzer gegenüber dem Boxer immer noch viel Geländegängiger und er ist bei gleicher Panzerung leichter und kompakter!
(von Dingo und Mungo usw will ich mal schweigen)
Zitat:Das kann der Radpanzer auch. Er muss ja nicht durch die grössten Löcher fahren.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/archive/d/db/20120219201434!Mungo_gelaende.jpg">http://upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... laende.jpg</a><!-- m -->
Wir sprechen hier ja gar nicht mal von Querfeldein-Extrem Gelände sondern von einfachen Feldwegen wie hier im Bild sichtbar, an denen Radpanzer bereits scheitern. Und die Möglichkeit SF ins Gelände auszuweichen ist immens wertvoll, weil sie die weitere Bewegung auch bei festgestellter SF ermöglicht. Heute läuft es oft so: die BW Patrouille fährt los (sogar mit Ziel). Irgendwo am Wegesrand liegt was rum. Ganze Patrouille halt. Pios vor. Stunden vergehen. Und es war eine ad hoc verlegte SF, aber sogar ohne Zünder. Hatte nur das Ziel uns aufzuhalten. Patrouille geht weiter. Der Feind ist weg.
Zitat:Der Panzerungslevel hat doch nichts mit Rad oder Kette zu tun.
Doch hat er. Und zwar aus dem Grund, weil ein Kettenpanzer bei gleichem Gewicht immer kleiner ist als ein Radpanzer und weniger wiegt. Das liegt am Antrieb. Bei einem Radpanzer entfällt viel Gewicht auf den Antrieb, die Räder, das Getriebe, usw dass wird heillso unterschätzt. Das Ergebnis ist, dass selbst schwach gepanzerte Radpanzer erstaunlich groß sind und viel wiegen.
Mal ein Bild von ein paar Dingos wo man das Grundproblem gut sehen kann:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://cdn2.spiegel.de/images/image-147949-panoV9free-ulrv.jpg">http://cdn2.spiegel.de/images/image-147 ... e-ulrv.jpg</a><!-- m -->
Wie man im Vergleich zu den Soldaten gut sehen kann, sind die Fahrzeuge immens hoch. Sie können im Gegensatz zu einem Kettenpanzer nicht auf der Stelle drehen, der Wendekreis ist für unwegsames Gelände zu groß, weshalb sie oft in Engstellen (Feldweg mit schwierigem Gelände links und rechts) nicht wenden können. Die Fahrzeuge sind daher unbeweglich, in schwierigem Gelände langsam und sehr hoch und breit und daher perfekte Ziele für RPG Beschuss.
Das Problem allgemein ist, dass die BW in einem friedlicheren Teil von Afghanistan ist. Die USA im Süden haben gar nicht so sehr das Problem mit SF (dass kommt da nur dazu) sondern mit einem militärisch agierenden Gegner der Panzerabwehrwaffen einsetzt und diesen Einsatz mit SF kombiniert. Das ist ein ganz anderes Geschehen als im Norden und auch ein ganz anderes Geschehen als im Irak. Die Feinde im Irak (wo die von dir propagierten Radpanzer gute Erfolge zeigten) waren viel schwächer!):
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.captainsjournal.com/wp-content/uploads/the_eagle_went_over_the_mountain.ppt">http://www.captainsjournal.com/wp-conte ... untain.ppt</a><!-- m -->
Die BW aber agiert in einem Gebiet, indem der Konflikt eine geringere Intensität hat (vergleichbar dem Einsatz in weiten Teilen des Irak). Deshalb sind dort Bomben das primäre Mittel und organisierte größere Angriffe mit Panzerabwehrwaffen selten bzw nicht gegeben.
Und wir richten uns nun von den Fahrzeugen auf dieses Gebiet aus, obwohl dies sehr speziell ist. Was wenn wir mit denselben Radpanzern dann in ein Gebiet einrücken müssen, in dem die Lage deutlich gefährlicher ist? Oder wenn die Lage dort wo wir sind eskaliert?
Zitat:95% aller Einsätze im Irak und Afghanistan sind solche Einsätze. Es geht doch hier nicht um offene Kampfhandlungen. Du bringst Truppen an einen Ort und die markieren dort Präsenz und versuchen Stabilität zu erzeugen. Das klingt vielleicht unspektakulär, aber so ist doch nun mal der Alltag.
Ein untaugliches Konzept zur Partiansenbekämpfung kann doch kein Argument für oder gegen einen bestimmten Panzertyp sein?!
Und nur bei uns und nur in Afghanistan sind 95% aller Einsätze dergestalt. Im US Gebiet in Afghanistan geht es ganz anders her. Dort bewegen sich Panzer nicht, um Präsenz zu zeigen, sondern um Truppen in ein Gefecht zu transportieren. Und was wenn es bei uns auch so wird? Dann haben wir nicht die Panzer, die wir dann bräuchten!
Zitat:Wenn du Truppen verschieben musst, schneiden ja ein Bradley oder Stryker nicht besser ab ...
Verschieben mit welchem Ziel? Bloße Verlegung? Transport in einen Kampfeinsatz? Druck erzeugen? Gewaltsame Aufklärung?
Ein Bradley schneidet da im Vergleich immer besser ab. Das Problem ist nur, der Einsatz des Bradley ist auch viel teurer, logistisch aufwendiger, teurer usw
Truppen verschieben sollte aber eben kein Selbstzweck sein, sollte nicht der bloßen Präsenz dienen. Und das ist das Problem mit diesem Spezialfahrzeug. Es ist speziell darauf konstruiert, Truppen nur zum Präsenz zeigen möglichst sicher gegen SF zu verschieben. Das ist eine extreme Überspezialisierung auf ein Konzept hin, dass gegen Partisanen wirkungslos ist und sich nur speziell im Irak so bewährt hat.
Diese Fahrzeuge könnte man natürlich durchaus nutzen: Für den bloßen Truppentransport von Stützpunkt A zu Stützpunkt B. Für die Logistik. Für Transportaufgaben (Munition, Sprengstoff usw). Aber es ist eine sinnlose Fehlinvestition wenn man es als Taxi fürs bloße Präsenz zeigen vorsieht.
Zusammenfassung:
Ein Kettenpanzer hat eine höhere Geländegängigkeit und Beweglichkeit (systeminhärent). Und Geländegängigkeit ist sowohl im konventionellen Krieg wie auch im Assymetrischen Krieg immens wichtig.
Ein Kettenpanzer hat immer einen viel geringeren Bodendruck (systeminhärent).
Ein Kettenpanzer hat bei gleichem Gewicht eine geringere Größe und zugleich einen besseren Panzerschutz. Geringere Größe heißt, er ist ein kleineres Ziel und kann besser Deckung im Gelände nehmen.
Oder er hat bei gleicher Größe ein geringeres Gewicht bei größerem Panzerschutz.
Ein Kettenpanzer kann leichter mit einer stärkeren Bewaffnung versehen werden. Größere Kaliber sind hier konstruktiv leichter möglich.
Ein Kettenpanzer kann modularer gebaut werden, als dies ein Radpanzer könnte, da bestimmte Aufgaben wie Pionierpanzer oder Bergepanzer von Radpanzern systeminhärent viel schlechter wahrgenommen werden können.
Ein Kettenpanzer kann deshalb insgesamt mehr Aufgaben wahrnehmen und ist daher weniger spezialisiert als ein Radpanzer.
Ein Kettenpanzer hat ein größeres psychologisches Drohpotential als ein Radfahrzeug. Allein der Anblick und das Geräusch des Kettenfahrzeuges kann auf die Gegner psychologisch viel mehr einwirken (Panzer-Schock).