Quintus Fabius schrieb:Das ist ein interessanter Punkt den ich aufgreifen möchte: erstaunlicherweise sind die heutigen "professionellen" Berufsarmeen in den westliche Ländern hier deutlich weniger leistungsfähig als es früher die Wehrpflichtarmeen waren, obwohl selbst ich früher wie du angenommen hatte, dass eine Berufsarmee schneller und flexibler ist.
Ich kann das aus eigener Erfahrung beurteilen. Eine Milizarmee wie die Schweiz ist untauglich für einen heutigen Einsatz. Eine Ansammlung von Dilettanten die ab und zu mal etwas übt. Der Ruf ist gefühlte 20x besser als das was wirklich geleistet wird. Von taktischem Vorgehen, wie man sich wirklich auf dem Gefechtsfeld verhalten müsste, haben wir null Ahnung. In jedem Game (Shooter) lernst du mehr. Du kannst es nirgends testen, es fehlt a) die Zeit, b) die professionelle Ausbildung (die Lehrer können auch nichts / keinerlei praktische Erfahrung) und c) es fehlt schlicht adäquates Material womit man Differenz erzeugen könnte. Weil man so ein grosses Heer ausstatten muss, fehlt schlicht das Geld um eine kleinere Infanterie besser als den Gegner auszurüsten.
Zitat:Aus diesen Umständen ergeben sich meiner Meinung nach einige zwingende Schlußfolgerungen welche beim ARMATA eigentlich gut umgesetzt sind:
Keine Ahnung bezüglich ARMATA, aber in einen kämpfenden Panzer gehören Profis, alles andere ist ein Witz.
Zitat:Konkret: auf der einen Seite haben wir exakt 1 MQ Reaper (genau genommen sind es 4, weil immer 4 zusammen eine CAP bilden damit immer genau 1 durchgehend vor Ort ist) und auf der anderen Seite haben wir also 600 Infanteristen mit allem drum und dran.
Nichts hast du. Das ist nur der Infanterist mit seiner Basic-Ausrüstung (Lohn, Altersvorsorge, Krankenkasse, Versicherungen, Unterkunft und Verpfegung, Munition, Gewehr, Kleider, Stiefel). Da hast du weder das Transportflugzeug, noch LKW für Versorgung, noch Fahrzeuge die dich in der Region fahren könnten, noch Helikopter die dich tief ins gegnerische Gebiet fliegen, noch eine Aufklärung aus der Luft, keine Artillerie von der du dir so viel versprichst, keinen Rettungshelikopter und keinerlei Luftunterstützung aller Art (Drohnen / Kampfflugzeuge).
Du rechnest mit einem läppischen Bruchteil aller Kosten die wirklich anfallen, wenn ein Infanterist funktionieren soll. Dass z.B. die Arbeitskraft in Deutschland verloren geht, interessiert dich überhaupt nicht. Wir müssen wirklich schauen, dass die Anzahl an Infanteristen nicht zu hoch ist. Wir brauchen aber Vollprofis, weil die Anforderungen viel zu hoch an einen Amateur sind. Das heisst, dass man selbstverständlich für eine sich verschärfende Situation eine Milizarmee aufbauen können muss ... sich jetzt aber eine halten, ist völlig unsinnig.
Zitat:Die einfache Antwort ist: die Drohne kann nicht einmal das Dorf durchsuchen, sie kann weder mit den Menschen dort sprechen, keine HUMINT gewinnen, ...
Wenn die Bevölkerung dich nicht zu einem überwiegenden Anteil auf seinem Territorium haben möchte, ist der Einsatz von Infanteristen viel das schlimmer Übel. Dass du das nach dem Irak und Afghanistan nicht checkst?!
Zitat:Gegenüber einem ernsthaften Gegner gefährdet ein Gros dieser Technik die Infanterie mehr als dass er ihr nützt. Deine Sichtweise ist hier meiner Meinung nach zu stark auf assymetrische Konflikte hin verengt.
Deine Analyse ist komplett falsch, eine US-Armee wird doch mit jeder konventionellen Armee spielend fertig. Das wurde zur Genüge im Irak bewiesen. Die regulären Truppen mit Panzern und Flugzeugen sind definitiv nicht das Problem. Das Problem ist der in der Zivilbevölkerung abtauchende / sich versteckende Gegner, der sich auf Terroranschläge verlegt, wenn es ungünstig für ihn verläuft.
Letzteres wäre auch kein unlösbares Problem, wenn deine Gegner nicht einen grösseren Support in der Zivilbevölkerung geniessen würden. Wollen alle von dir befreit werden, funktioniert das mit Bodentruppen so wie im zweiten Weltkrieg. Es ist mühsam, aber schlussendlich kein Problem ... in dem Umfeld funktioniert die Infanterie sehr gut.
Wäre im Irak der Support der Zivilbevölkerung so wie im zweiten Weltkrieg, wo die Franzosen die verhassten Deutschen aus dem Land haben wollten, dann wäre der Irak heute befriedet. Wahrscheinlich in kaum mehr als einem Jahr. Aber es ist nicht so, der Westen und vor allem die USA sind in grossen Teilen der Bevölkerung verhasst und in Syrien wäre das nicht anders. Meinst du, du kommst dort als uneingeschränkter Befreier in die Dörfer ... ganz bestimmt nicht, 70% sehen dich mit sehr gemischten bis völlig ablehnenden Gefühlen und dann gibts bestimmt noch 10% die dir am liebsten in den Arsch treten würden, so sie denn die Möglichkeit dazu hätten.
Zitat:Um es in einem vereinfachenden ganz primitiven Beispiel auszudrücken: in ernsthaften Kriegen genügt es nicht, seinen Weg durchs Gelände mit GPS und Navi zu finden, man muss auch mit Karte und Kompass umgehen können und wenn diese fehlen anhand von Sternen und primitiver Navigation agieren können. Man muss eben alles beherrschen und haben: Hochtechnologie wie auch ihr Gegenteil.
Bezüglich Navigation geb ich dir Recht, da kann etwas Survival wirklich nicht schaden. Aber ... du musst dich doch nicht im Faustkampf üben, wichtiger ist, dass du deine Waffe immer in bestem Zustand hältst und genügend Munition hast / dich taktisch so verhältst, dass du immer mit der Waffe einen Vorteil im Kampf erzeugen kannst. Es macht null Sinn, dass man im Rambo-Style das "volle" Spektrum an allen Nahkampfoptionen benötigt. Das führt im Gegensatz zum Film, nur zu unnötig hohen Verlusten und jede Menge Fehlurteilen.
Zitat:Wir brauchen hier leichte Spähfahrzeuge wie den Fennek welche schleichend und auch mit vom Fahrzeug aus gestarteten und kleinen Drohnen agieren, aber wir brauchen ebenso Panzeraufklärer mit vollumfänglich geländegängigen Spähpanzern mit hoher Geschwindigkeit und Feuerkraft und wir brauchen auch einfache Späher welche "zur Fuß durch die Büsche schleichen".
Halt ich für kompletten Unsinn in Zeiten von Drohnen. Sorry so ein Unsinn heute noch zu propagieren macht das Militär und all die Forderungen nur noch viel unglaubwürdiger als es sich häufig schon darstellt. Ihr müsst doch alles weglassen, was nicht wirklich benötigt wird, nur so könnt ihr eure Glaubwürdigkeit aufrecht erhalten. Stattdessen versucht jede Gattung bis zum Sankt Nimmerleinstag seine Geräte und Mannstärke zu verteidigen.
Zitat:In einem echten Krieg hat der einzelne Mensch keine Bedeutung und er darf auch gar keine haben, sonst wird man verlieren.
Bei der eigenen Landesverteidigung, ja. Aber sicher nicht in Afghanistan, Irak oder Syrien, das wäre wirklich bescheuert. Nein, in diesen Einsätzen muss auf möglichst grosse Sicherheit unserer Truppen wert gelegt werden.
Zitat:Du hast genau einen Ansatz der auch ganz hervorragend ist, negierst aber irgendwie, dass es auch anders kommen könnte und dann hast du keinen Plan B und kein Material welches die notwendige Redundanz hätte.
Ich hab den Plan B. Du baust eine viel bessere Rakete. Es ist um Faktoren einfacher eine 100 kg schwere Rakete neu aufzulegen als die 20 Tonnen Waffenplattform (Jet) dauernd neu zu konstruieren. Man kann an X-Richtungen schrauben, Resistenz gegen Schrapnell, Störungsresistenz, Geschwindigkeit und, und, und ... . Notabene müsste da sofort der Pilot raus, wenn man deine geforderten Plan B umsetzen müsste.
Zitat:Gerade das Wechselspiel von Kampfpanzern, PALR, abstandsaktiven Schutzmaßnahmen usw bietet hier ein Lehrstück für diese Umstände.
Es gibt doch keinerlei Sicherheit für den Panzer, ... nur gegenüber PALR. Jede JDAM plättet deine Panzer mit Leichtigkeit. Deshalb gibt es null Zwang neue PALR aufzulegen, solang wir die Luftüberlegenheit sicher können. Panzer sind schlicht inoperabel für unsere Gegner.
Zitat:Wenn man im ständigen Wettlauf verschiedener Systeme sich zu sehr auf eines versteift, fehlt einem einfach die Redundanz, sollte dieser eine spezialisierte Ansatz dann im Krieg nicht funktionieren, dann hat man keine Alternativen mehr.
Aus meiner Sicht macht es null Sinn sich ewig breit abzustellen. Mach die Dinge besser die du schon aufgegleist hast. Nicht ständig x-Sachen parallel entwickeln, die man allesamt leicht kontern kann!
Für dich macht es vielleicht Sinn, wenn du dich auf Steinzeitniveau zurück bomben lässt und dann auf Low-Level noch funktionierst. Für mich nicht, wir müssen unsere Verteidigung so ausrichten, dass wir dem Gegner das Grossgerät zerschlagen können und dann mit einer durch die kleinere Profiarmee (Lehrer) aufbaute Milizarmee, den Gegner am Boden von unserem Territorium fernhalten können. Das wird aber nur eine grossen Krise gebraucht, deshalb macht das für momentane Zeit mit Frieden in Europa, einem geeinten Wirtschaftsraum, NATO ... keinen Sinn, sich ein solches Heer halten.