@QF
Zitat:
Die entscheidende Frage ist: wieviel Munition braucht der Panzerkampf wirklich und wie lange dauert er wirklich ?! Wieviel Schuß Munition braucht ein Panzer-Bataillon dass eine feindliche Panzer-Kompanie aus dem Feld schlagen will?! Wie lange dauert ein solcher Panzerkampf in dem dafür typischen Gelände? Wie lange in untypischem Gelände und wie verändert sich hier der Mun-Verbrauch? Wir haben hier verschiedene Kriegsbilder vor Augen.
Grundsätzlich sollte die Antwort immer lauten: Es dauert länger und man braucht mehr als man denkt.
Ausrüstungskonzepte die auf minimale Durchhaltefähigkeit in taktischer wie operativer Hinsicht setzen halte ich nicht für praxistauglich.
Kein Mensch weiß in welchen Kontext westliche Panzerwaffen den nächsten Panzerkampf bestreiten werden. Der einzig sinnvolle Ansatz ist da ein Höchstmaß an technischer Flexibilität.
Die ist mit dem jetzigen MBT Ansatz gegeben. Es besteht kein Grund sich da ohne Not in teuren Experimenten zu versteigen.
Zitat: Der entscheidende Nachteil aber ist die geringe Geschwindigkeit der Raketen hier und jetzt (das könnte man aber natürlich noch steigern) und vor allem anderen die niedrige Kadenz. LAHAT wird durch Hardkillsysteme im Vergleich relativ leicht abgefangen werden können. Und durch die niedrige Kadenz kann man die im Panzerkampf sehr kurzen Bekämpfungszeitfenster nicht richtig nutzen.
Zweifellos ist das der Fall. Dementsprechend auch meine Eingang geäußerte These, dass die Raketengestützte Panzerabwehr keine Zukunft hat. Daran ändern auch irgendwelche Kinetic ATGMs nichts. Sie sind einfach zu schwer und zu sperrig als das man sie in taktisch relevanter Zahl mitführen könnte.
Ansätze wie LAHAT richten sich weniger gegen Panzerfahrzeuge mit APS. Es ist viel eher direkte Feuerunterstützung über mittlere Reichweiten.
Zitat:Das Draco System von Oto Melara hat eine 76mm Maschinenkanone von 120 Schuß in der Minute. Die 75mm Ares Maschinenkanone hatte 60 Schuß in der Minute bzw bei einem zweiten Prototypen 100 Schuß in der Minute.
Bei meinen Ausführungen bin ich im weiteren sogar immer nur von 60 Schuß in der Minute ausgegangen (also 1 pro Sekunde) und habe bei dir auf der Gegenseite einen Weltklasse-Ladeschützen angesetzt.
Draco hat ein Revolvermagazin mit 12 Schuss , im Reservemagazin nocheinmal 24. Die Kadenz ist damit nur theoretischer Natur und kann nicht durchhaltefähig erzielt werden. Kein Wunder das aus diesem Konzept nichts wurde, AA funktioniert damit nicht.
Du brauchst letztlich sowas wie eine 75mm Version der Oerlikon Millenium oder der Denel DPG. Nur das gibt es eben nicht und wie gesagt, ich würde vermuten, dass es da einfach physikalische Grenzen gibt.
Zitat: Der wäre auch bei einem MG extrem, wenn man dieses einfach durchschießen lassen würde. Aber das ist gar nicht das Konzept. Du hast es anscheinend nicht richtig verstanden: Die Idee ist nicht, im Dauerfeuer so lange wie möglich durchzuschießen sondern Feuerstöße zu setzen. Dabei schlagen dann in extrem kurzen Abstand mehrere Geschosse ein. Beispielsweise lädt und feuert dein KPz 1 Schuß, und meiner in der gleichen Zeit zwei Salven mit jeweils ca 5 Schuß. Auf 1 Schuß von dir kommen 10 Schuß.
Ich habe das schon verstanden. Dein Munitionsverbrauch ist aber eben zehnmal so hoch. Und das kriegst du einfach nicht im Fahrzeug unter.
Klar, 75 Geschosse nehmen deutlich weniger Platz weg als 120mm. Aber zehnmal weniger? Das geht einfach nicht auf. Moderne Kampfpanzer führen kaum mehr als 50 Schuss mit. Es ist völlig illusorisch in dein kleineres Fahrzeug 500 75mm Geschosse zu packen.
Das wäre ein Haufen von wahrscheinlich eineinhalb Kubikmetern. In einem ordentlich gepanzerten Magazin vervielfacht sich das. Erst recht wenn man einen Autolader dazupackt. Das kriegt man nicht mal in einen MBT rein, in ein Fahrzeug das noch kleiner sein und auch noch irgendwelche Hyperschallraketen mitführen soll erst recht nicht.
Zitat:Ein Leopard 2 hat im Turm gerade mal 15 Schuß. Ein Weltklasse-Ladeschütze schafft 10 Schuß in der Minute, womit die gesamte Mun im Turm in 1 1/2 Minuten verschossen werden kann. Die 27 Schuß unten können nur dann nach oben geladen werden, wenn der Turm in einer ganz bestimmten Stellung ist. Darüber hinaus kann hier unter gar keinen Umständen diese extrem hohe Kadenz aufrecht erhalten werden.
Es ist überhaupt nicht der Ansatz des MBTs eine extrem hohe Kadenz zu erreichen. Das war und ist nicht nötig. Man agiert seit jeher und auch in Zukunft mit gezielten Einzelschüssen. Was halt jetzt dazu kommt ist die Koordinierung von bis zu drei Panzern, die mit leicht gestaffelter Schussabgabe ein APS überwinden. Kadenz ist dafür nicht nötig. Ich brauche jeweils einen Schuss von drei Panzern die sitzen.
Demgegenüber versuchst du mit deinem Konzept alles auf ein Fahrzeug zu packen (was grundsätzlich vernünftig ist!). Es funktioniert aber nicht, da der Munitionsverbrauch zu hoch und die Durchschlagfähigkeit des verwendeten Kalibers zweifelhaft ist (und obendrein existieren solche Autokanonen garnicht). Im Gefecht könnte das sicher alles mal aufgehen. Deine Feuerstöße zerstören das APS und irgendwas knackt dann auch mal den Panzer.
Aber das ist nicht Durchhaltefähig. Im Gefecht gehe Schüsse fehl. Man schießt unter Feuer, überhastet, in schlechter Sicht, aus der Bewegung heraus über zu große Entfernungen auf sich bewegende Ziele – was auch immer, die Trefferquote ist niedriger. Fatal bei beschränkten Munitionsvorrat.
Was bei dir und deiner tollen Kadenz noch hinzukommen würde ist der psychologische Faktor. Einen so wunderbaren Feuerzauber würde man im Gefecht natürlich auch viel eher nutzen wollen. Mit dementsprechend steigendem Munitionsverbrauch.
Zitat:Die gleiche Kanone in einem Panzer mit 40 bis 45 Tonnen wie ich ihn andenke hätte sehr sicher einen Munitionsvorrat von über 100 Schuß.
Damit bist du ganz und gar nicht durchhaltefähig.
Ein generischer MBT führt 50 Schuss mit und kann damit im Idealfall 50 Ziele bekämpfen (= zerstören). Mit deinem Ansatz (10 Schuss für jeden Schuss den MBT) kannst du im Idealfall 10 Ziele bekämpfen (= die APS runterschießen). Zusätzlich brauchst du noch zehn ATGMs die die Panzerung durchschlagen.
Logistisch betrachtet führt das mindestens zu einer Vervierfachung der Belastung. Es muss doppelt soviel Munition bereit gestellt und zusätzlich eine Logistikkette für die ATGMs aufgebaut werden. Und das Magic Autocannon System ist doch beträchtlich wartungsintensiver als die simple 120mm Kanone.
Zitat: 200 Schuß bei einer effektiven Kadenz von 50 Schuß in der Minute reichen 4 Minuten.
15 Schuß bei 10 Schuß in der Minute reichen 1 1/2 Minuten. 27 weitere Schuß bei 8 Schuß in der Minute reichen ca 4 Minuten.
Ich komme bei meinem Panzer auf 4 Minuten (ohne PALR). Du kommst bei deinem Panzer auf 5 1/2 Minuten, aber davon können 2 Drittel der Mun nur nachgeladen werden, wenn der Turm in einer ganz bestimmten Position ist.
Das ist doch eine sinnentleerte Rechnung. Auschlaggebend ist doch die Zahl der Ziele die die bekämpfen kannst. Wenn du pro Beschuss 2 Feuerstöße a 5 Geschosse aufwenden willst kannst du bei 200 Schuss zwanzigmal angreifen. Mit deiner eigentlich angedachten 100 Schuss Kanone nur zehnmal.
Ein Leopard, Leclerc oder M1A2 können viermal so oft angreifen. Challenger und Merkava mehr als fünfmal so oft.
Damit ist man durchhaltefähig. Du musst quasi nach jeden pobligen Gefecht sofort zurückverlegen und aufmunitionieren. Herkömmliche Panzerbewegungen sind damit nicht durchführbar. Mit deinem Konzept provozierst du nur so Geschichten wie Phase Line Bullet 91. Kaum ist die Lage mal suboptimal geht im längerem Kampf die Munition aus und die Position wird aufgegeben.
Unnötig zu erwähnen, dass in noch extremeren Lagen – etwa Golan 73 – dein Konzept noch viel schneller und dramatischer zusammenbricht.
Es ist einfach ein Vabanquespiel eine Waffe aufzustellen, die nur in Schönwetterlagen und da halt sehr gut funktioniert. Wir brauchen auch dann durchsetzungsfähige Kräfte wenn es mal nicht optimal läuft (passiert im Krieg ständig) und der Gegner tatsächlich mal was auf die Reihe bekommt (selten aber soll vorkommen).
Zitat:Und umgekehrt: wenn das deine Panzer mit 15 Schuß im Turm leisten können, dann können es meine mit 200 Schuß erst recht. Den niemand zwingt einen dazu, so schnell zu schießen.
Der Unterschied ist in Wahrheit: Einzelfeuer bei dir gegen Feuerstöße bei mir. Da ich mehr Mun mitführe (kleineres Kaliber) reicht die Mun bei beiden Konzepten ungefähr gleich lang. Der wahre Unterschied ist aber, dass bei dir immer nur 1 Geschoss kommt und bei mir mehrere. Das erhöht die Trefferwahrscheinlichkeit und erhöht die betroffene Fläche am Panzer (Zielsetzung Hardkillsytem ausschalten).
Es ist völlig belanglos wie lange du mit maximaler Kadenz Dauerfeuer schießen kannst. Du schreibst, dass du pro Beschuss zehn Geschosse einsetzen willst. Dadurch limitierst du die Zahl der Bekämpfungsfähigen Ziele extrem.
Ein herkömmlicher MBT hält in einem wirklichen Gefecht vier bis fünfmal so lange Stand wie dein Panzerfahrzeug. Ein herkömmlicher MBT kann die vier bis fünffache Zahl an Gegnern bekämpfen.
Da hörst doch schon auf. Die ganze Debatte über APS können wir uns schenken wenn dein Konzept nicht mal für stinknormalen Panzerkampf geeignet ist.
Zitat:Da bei MBT das APS das primäre Ziel der Kanone wäre, spielt das gar keine Rolle.
Bei einer Kadenz von 60 Schuss die Minute ist es durchaus denkbar, dass Hardkillsysteme eine komplette Salve abfangen.
Zitat:
Was auch locker reicht. Was nützen dir deine 5 Munitionssorten, wenn du dann von jeder nur noch 3 im Turm greifbar hast?! Lieber mehr von einem Typ.
Natürlich reicht es locker in einer spezifischen Lage. Wenn sich diese jedoch ändert oder du in eine andere hineinschlitterst stehst du dumm da. Ein MBT ist da um mehrere Größenordnungen flexibler. Technisch, operativ und taktisch.
Zitat:APS sind nicht das einzige Ziel. Primär geht es auch darum, die Kanone gegen andere Ziele (feindliche Infanterie/Luftziele/Stellungen/leichter gepanzerte Fahrzeuge etc) als andere MBT hin zu optimieren und dafür die KEP Fähigkeit aus der Kanone auszulagern.
Und ja, man kann APS durch ein großes Feuervolumen neutralisieren. Schon hier und heute setzten SPz ihre deutlich schwächeren MK auf diese Weise gegen MBT ein, indem sie diese blenden, ihnen Optiken und Anbauten zerschießen etc
Es ist völlig unnötig für andere Ziele auf eine 75mm Kanone zu setzen. Wenn der jetzige Waffenmix des MBTs nicht ausreichend sein sollte, dann wäre es viel ökonomischer auf schwerere Maschinengewehre und/oder einer Waffenstation mit einer Maschinenkanone zu setzen.
Ich sehe diese Lücke aber grundsätzlich nicht weil die 120mm Kanone über die Munition eben eine enorme Bandbreite hat. Moderne MBTs sind heute mit ihrer Kombination aus verschiedenen Munitionsarten sowie mittleren und schweren MGs ohne weiteres in der Lage ‚feindliche Infanterie/Luftziele/Stellungen/leichter gepanzerte Fahrzeuge‘ effektiv zu bekämpfen.
Obendrein existieren auch noch Schützenpanzer.
Es besteht kein wirklicher Grund hier weitere Investitionen vorzunehmen. Und erst recht besteht kein Grund, dafür auf die 120mm Kanone zu verzichten.
Zitat:Wenn das mit MBT möglich ist, geht das auch mit PALR, und erst recht mit PALR auf lKPz.
Es ist ungleich schwieriger 3 KEPs zu bekämpfen als 3 herkömmliche ATGMs. Aber auch dieser Einwand muss wieder an der Durchhaltefähigkeit scheitern. Kein Panzerfahrzeug kann soviel ATGMs mitführen wie ein MBT KEPs.
Und kein herkömmliches Panzerfahrzeug kann mehr als zwei Raketen unter Vollschutz einsetzen.
Zitat: Als ob eine solche Kanone nur im Dauerfeuer alles raushauen könnte.... Gerade weil ich kaliberbedingt sehr viel mehr Munition mitführe als dein 120mm MBT, kann ich den Kampf viel länger führen. Insbesondere auch gegen andere Ziele als MBT. Der Feuerzauber ist primär gegen die APS notwendig, aber nun lass mal deinen Kampfpanzer in den OHK ziehen, in den Kampf gegen feindliche Stellungssysteme etc - dann hast du 15 Schuß und ich 200. Die ich ebenso im Einzelfeuer verschießen kann. Du kannst 15 Ziele ausschalten, ich 200.
Du kannst mit 1000 Schuss nur 10 Beschüsse durchführen wenn du zwei Salven a 5 Schuss einsetzen willst. Das ist das entscheidende Kriterium. Du hast nur Munition für einen Bruchteil eines herkömmlichen Panzergefechts. Du bist nicht Durchhaltefähig.
Was du im OHK mit deiner Kanone leisten kannst ist da völlig irrelevant. Es wäre wahnsinnig die Fähigkeit zum Nachhaltigen Panzerkampf aufzugeben um dafür mehr Feuerunterstützung für die Infanterie liefern zu können. Das ist in den meisten westlichen Armeen sowieso eine Geschichte die von pobligen Schützen- oder Transportpanzern ohne weiteres abgedeckt werden kann und wird.
Für die paar Lagen in denen ich mehr als MK-30 brauche reicht der MBT so wie er heute ist zigmal aus. Es gibt keinen gesteigerten Grund für 75mm im OHK.
Zitat: Und genau daran zweifle ich in Bezug auf die Kriegsführung morgen. Kampfpanzer werden heute und morgen nicht mehr primär andere MBT bekämpfen. Sie werden jetzt schon überwiegend gegen andere Ziele eingesetzt. Die NLOS Fähigkeiten im Panzerkampf sind einfach zu stark geworden, demgegenüber spielt der LOS Kampf MBT gegen MBT keine Rolle mehr.
Durch die Einführung von APS sehe ich diesen Trend eben nicht. Praktisch jedes NLOS Waffensystem das ist operativ relevanten Zahlen eingesetzt werden kann schon mit den heute aktuellen APS Systemen bekämpft werden. Den Trend den du beschreibst hätte es ohne Zweifel gegeben, aber das aufkommen dieser neuen Technologie verhindert das effektiv.
MBTs werden in Zukunft so schwer zu bekämpfen sein wie praktisch nie zuvor in der Geschichte. Es sind völlig neue technische und doktrinelle Ansätze (die leichte Infanterie hat ein massives Problem) nötig um dem entgegenzuwirken.
Die angerissene Artilleriegranate ist keine Lösung. Das System ist schon von sich aus zu beschränkt (zu geringer Radius, Zielposition muss extrem genau bekannt sein) und es kann durch APS ohne weiteres abgewehrt werden.
Zitat:Allein schon dass du diese Arbeit als "nieder" bezeichnest, spricht Bände.
Ist sie nun mal auch. Ein Waffensystem sollte immer optimal darauf ausgerichtet sein seine primäre Aufgabe zu erfüllen. Die Ausrichtung auf sekundäre oder tertiäre Aufgaben führt in die Irre.