Zitat:
Das gilt aber für Drohnenangriffe, Geheimgefängnisse, Folter zur Informationsgewinnung usw noch um so mehr. Und all diese Dinge finden längst statt, ganz ohne rechtsstaatliche Mechanismen. Sind solche Handlungen nicht noch viel eher eine Bedrohung unserer Freiheit? Den wenn der Rechtsstaat hier missachtet wird, warum sollten die relevanten Stellen dann die Anwendung solcher Methoden auf Dauer nur auf den vorgesehenen Bereich beschränken?
Eine Zensur des Internets hätte demgegenüber die Zielrichtung, die Kultur und Denkweise der Menschen dahin gehend zu beeinflussen, dass die Kohäsion der Gesellschaft wie auch ihre psychische Widerstandskraft gegen solche Eingriffe wie terroristische Anschläge gestärkt wird.
Natürlich sind alles Gefahren für unsere Freiheit. Aber das betrifft uns (noch) alles nur recht mittelbar. Auch wenn wir (die USA) diese Dinge in fernen Ländern bis zum Exzess praktizieren, ist nicht zu erwarten das morgen Drohnen über unseren Köpfen schweben. Das wird zweifellos irgendwann einmal geschehen wenn die Entwicklung so weiter geht, aber das liegt in relativ weiter Zukunft.
Eine rigide Zensur des Internets würde unsere Freiheitsrechte hier und jetzt, heute extrem einschränken. Das ist eine unmittelbare Gefahr die uns hochaktuell betrifft und nicht etwas das irgendwann mal relevant wird wenn die Gesellschaft kollabiert.
Und ist es das dann wert? Grundrechte zu schützen in dem man sie aushebelt ist eine Rechnung die niemals aufgehen kann. Eine womöglich etwas wehrhaftere Gesellschaft gegenüber dem Terror ist es nicht wert das man ihr die Freiheit nimmt.
Zitat:Das wahre Problem des Terrorismus sind nicht die Anschläge, sondern wie unsere Medien darauf reagieren und welche Hysterie aus der medialen Hysterie entsteht. Würdest du nicht zustimmen, dass es für eine gelassene Haltung gegenüber Terroristen wesentlich wäre, die Berichterstattung über den Terrorismus zu ändern?
Wie aber soll man dies tun, wenn man keine aktive Zensur betreibt?
Es gibt sicher einen gewissen Hype in den Medien (der stattfindet weil es Umsatz generiert). Das war es dann aber auch im Wesentlichen. Ich sehe hier kein größeres Problem, erst recht keins das so einer extremen Lösung bedarf.
Ich sehe nicht, dass der Hype in den Medien auf das Volk durchschlagen würde. Zumal er nach spätestens zwei Wochen eh wieder vorbei ist und eine neue Sau durchs Dorf getrieben wird. Erst recht nicht sehe ich, dass die Politik nicht in der Lage wäre, den schwachen Kräften innerhalb der Gesellschaft, die ein Mehr an Antiterrormaßnahmen fordern zu widerstehen. Das könnten sie mit Leichtigkeit, die ignorieren noch ganz andere Dinge.
Vielmehr ist es doch gerade die Politik, die noch jeden Terroranschlag ungeachtet der Begleitumstände zum Anlass nimmt ein Mehr an Antiterrormaßnahmen zu fordern und wenn irgend möglich durchzudrücken. Wobei sich diese Maßnahmen natürlich nur sekundär gegen den Terror richten sondern zu forderst den Machterhalt in den kommenden Jahren und Jahrzehnten dienen.
Insofern, man sollte überhaupt nichts gegen die Berichterstattung tun und es einfach ignorieren wenn ein paar versprengte Gestalten am liebsten gleich wieder die Stasi zurückhaben möchten.
Zitat:Und warum nicht das Internet rigide kontrollieren?! Unser Alltagsleben in der Realität wird viel stärker kontrolliert. Kontrolle ist schlicht und einfach notwendig. Niemand würde es akzeptieren, wenn im Supermarkt im Bereich der Zeitungen Tierpornographie offen herum liegen würde zum Einkauf oder man neben der Wursttheke Bomben kaufen könnte. Im Internet ist hingegen alles unkontrolliert verfügbar, da fehlt bei Google gar nur ein Suchbegriff aus exakt 1 Buchstaben und 1 Zahl und 1 Mausklick.
Warum nicht rigide kontrollieren?
Der Flurschaden ist zu groß, die Beschränkungen stehen in keinem Verhältnis zum Nutzen. Das Internet ist ein, in unserer Zeit der Hort der Freiheit. Im immer größeren Maße lässt sich der Grad der Freiheit einer Gesellschaft am Umgang des Staates mit dem Internet ablesen.
Es ist geradezu hanebüchen wegen einer Handvoll Terroristen die absolut wie im Verhältnis gesehen lächerlich geringen Schaden anrichten hier mit der Axt im Walde zu wüten.
Und genau das müsstest du tun. Aus technischer Sicht funktioniert deine rigide Kontrolle des Internets nicht. Es wird immer massenhaft harmloser Content gesperrt, die Liste der False Positives ist ellenlang. Schau nach Großbritannien mit ihrem Terrorpornoraubmordkopierfilter.
Die schreiben mittlerweile Whitelists für Seiten die sie nie sperren weil so manche Sperre nur noch peinlich ist. Das da eine Menge weniger prominenter Content auf der Strecke bleibt versteht sich von selbst. Effektiv ist es jetzt so, dass sie in Großbritannien etwa ein Fünftel (!) des Internets gesperrt haben. Ganz toll.
Für was das Ganze? Es funktioniert eh nicht. Ein Tor Browser aufzusetzen ist nicht komplizierter als Firefox zu installieren. Man lädt das Browser Bundle runter, führt die exe aus und drückt dreimal auf weiter. Ende. Einen VPN Service in Anspruch zu nehmen ist nicht viel komplizierter.
Willst du das alles verbieten so wie Cameron aktuell gegen Verschlüsselung hetzt? Gute Idee. If privacy is outlawed, only outlaws will have privacy.
Unabhängig davon, derjenige der genug Interesse und Eigeninitiative an den Tag legt um sich an dunklen Stellen im Internet zu radikalisieren kommt auch damit klar.
Apropos dunkle Stellen, genau darum geht es effektiv. Es ist mitnichten so, dass sich solch problematisches Zeug über einen Klick via Google erreichen lässt.
Illegaler Content für spezielle sexuelle Neigungen oder ‚Bomben‘ findest du auch im Internet nicht im Äquivalent zur Supermarktwursttheke. Das gibt es zuvorderst – wie in der realen Welt auch – auf dem Schwarzmarkt, sprich im Dark Web. Dahin zu kommen benötigt schon ein ganz klein wenig mehr Aufwand.
Sollte man dagegen vorgehen? Selbstverständlich, wie in der realen Welt auch. Das herkömmliche Arsenal der Strafverfolgungsbehörden ist dazu ausreichend und es scheitert höchstens am Mangel an ausreichend qualifizierten Personal. Selbstverständlich ist dabei jedoch auch die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Es kann etwa nicht sein, Tor zu zerstören nur weil über die dortigen Hidden Services Illegales geschieht. Es schafft ja auch keiner die U-Bahnen ab nur weil dort mit Drogen gedealt wird.
Am Rande bemerkt noch, hört die Radikalisierung auf wenn du das Internet kontrollierst? Glaube ich eher nicht. Radikalisierung geschieht nicht deshalb weil das Internet Möglichkeiten dazu bietet. Wenn du das Internet kontrollierst musst du als nächstes die Moscheen kontrollieren. Und dann ihre Häuser. Wo hörts auf?
Und was ist eigentlich wenn die rigide Kontrolle des Internets eine Radikalisierung ganz anderer Bereiche der Gesellschaft bewirkt? Lohnt es sich dann überhaupt noch?
Zitat:Im realen Leben im Alltag findet rigide Kontrolle statt und unsere Freiheit ist massiv eingeschränkt. Und dies ist auch zwingend notwendig damit die Gesellschaft funktioniert. Im Internet aber soll jeder alles machen dürfen wie er will, nur weil dies gebildeten IT Experten die mit diesem Medium auch eigenverantwortlich und verantwortungsbewusst umgehen können so gefällt?!
Niemand spricht davon, dass man im Internet alles machen dürfe was möglich ist. Im Internet gelten die gleichen Regeln und Gesetze wie in der realen Welt auch. Cybercrime kann, darf, soll und muss genauso verfolgt werden wie reale Verbrechen auch.
Was du forderst geht weit darüber hinaus. Du forderst im Prinzip den digitalen Polizeistaat, Stasi 2.0 on steroids. Weit außerhalb jeder Verhältnismäßigkeit.
Zitat: Ich habe auch gar kein Problem damit, Feinde unserer Nation zu töten. In keinster Weise.
Das rein praktische Problem was ich hier habe ist, dass diese Tötungen mittels Drohnen heillos ineffizient sind. Man verbraucht immense Geldmittel um einige wenige feindliche Anführer zu töten (einen Teil davon hätte man viel günstiger sogar kaufen können) und dann erfolgen die Angriffe noch oft aufgrund gerade zu lachhafter Kriterien.
Ich bewerte die strategische Drohnenkriegsführung nicht viel anders. Insbesondere würde ich es zudem jedoch kritisieren, dass diese Programme viel zu oft von geheimdienstlichen Stellen, d.h. außerhalb jeder institutionellen und rechtlichen Kontrolle geführt werden. Wenn man soetwas machen will dann ist das ein Job für die regulären Streitkräfte, die verhältnismäßig eindeutigen Regeln unterliegen und über ein erhebliches Maß an institutioneller Selbstkontrolle verfügen.
Zitat: Und da ist beispielsweise ein wesentlicher Unterschied zu meiner Konzeption des Propagandakrieges. Den ich würde mich ja gerade eben nicht auf die Kontrolle und Überwachung der Bürger konzentrieren, sondern auf die gezielte Unterdrückung der Medienpräsenz der Terroristen, sowohl passiv (sperren) als auch aktiv (deren Medienpräsenz angreifend).
Vor allem der letztgenannte Punkt ist hier noch etwas zu kurz gekommen in meinen Ausführungen. Mit Angriffen auf die feindliche Propaganda meine ich nicht nur Hackerangriffe auf deren Seiten, Rechner usw, sondern durchaus auch physische Angriffe (auch mit Drohnen) auf deren Medieninfrastruktur usw
Braucht es doch garnicht. Allermeistens ist simples Löschen lassen absolut ausreichend. Nichteinmal Sperren ist notwendig, ein Anruf des BKAs beim Provider und das Problem ist erledigt.
Es spricht nichts dagegen die Maßnahmen die im Kampf gegen Kipo aktuell stattfinden auf Bombenbaucontent und dergleichen auszuweiten. Effektiv wird das eh geschehen wobei es halt zuvorderst am Personal scheitert. Sperren braucht es nicht wie man es mit Zensursula schon erkannt hat. Robustere Maßnahmen – wozu? Lohnt sich das?
Natürlich kann man einen rechtstaatlichen Prozess mit Richtervorbehalt und allem drum und dran dafür konstruieren wenn man lustig ist, aber was kommt denn effektiv bei rum? Das endet wieder genauso wie Onlinedurchsuchung und dergleichen auch. Eingeführt wegen Terror und Kipo nutzt man es effektiv hauptsächlich gegen herkömmliche Schwerkriminelle. Das ist einfach kein so dringendes Problem als das man dafür Instrumente bauen müsste, die man wunderbar missbrauchen kann.
Zitat: Und wenn man keine Salafisten Seiten mehr aufrufen könnte und über Terroranschläge ganz anders berichtet würde, dann wäre dass eine Maßnahme welche deine Freiheit in ihren Grundfesten in Frage stellt?
Ja sie wäre es. Weil eine staatliche Stelle entscheidet über was berichtet werden darf und was nicht. Weil eine staatliche Seite entscheidet welcher politische Content genehm ist und welcher nicht.
Wo fängt das an, wo hört es auf?
Heute sind es vielleicht die ganz radikalen Islamisten und jeder findet das toll. Warum aber nicht auch gleich die ganz radikalen Rechtsextremen? Findet sicher auch jeder toll. Und was ist mit den nicht ganz so ganz radikalen Islamisten? Da muss man doch auch, nicht das einer durch die Lappen geht. Logischerweise gilt das auch für die fast ganz radikalen Rechten. Überhaupt, wenn schon Rechts, dann auch die ganz radikalen Linken. Und natürlich nicht nur die Moslems sondern die christlichen Fundamentalisten auch. Und wenn man schon dabei ist, natürlich auch die normalen Rechten, die ganz Rechten fallen schließlich nicht von den Bäumen. Was haben wir noch? Hooligans? Braucht auch keiner. Warum nicht gleich die Ausländer? Fast alle Islamisten haben Migrationshintergrund. Was ist mit den Anwälten von Linken und Rechten? Was ist mit dem radikalen Umwelt- und Naturschützern? Wer wagt es da noch gegen Überwachung zu protestieren? Wie da verschlüsselt jemand seine Daten, was hat er zu verbergen? usw.
Zitat:Das ist zum Beispiel ein interessanter Punkt: die Mehrheit der Internet-Nutzer kann dies gerade eben nicht. Du kannst das, ich, vermutlich auch noch etliche andere. Die Mehrheit aber glaubt dass, was ihr bei Google als erstes Suchergebnis vorgesetzt wird. Und junge Muslime die sich selbst radikalisieren fangen so an: sie haben irgendwelche Fragen und glauben, was das Internet ihnen als erstes dazu ausspukt. Also muss man die Ergebnisse solcher Suchfragen kontrollieren, dann kontrolliert man die Radikalisierung.
Da machst du es dir schon sehr einfach. Ich würde mal behaupten wollen, das 95% der unter Dreisigjährigen kein Problem damit haben Gema Sperren zu umgehen. Vor allen Dingen aber: Wenn rigide Netzsperren eingeführt werden mutieren Dienste wie Tor und VPN zum Standard. Sieht man überall wo der Staat meint er könnte das Internet kontrollieren. Da kannst du dann wieder bei null anfangen, sprich Türen eintreten.