Zitat:CommanderR. postete
.... auf jeden Fall ein Armutszeugnis für den Geistigen Zustand der meißten Amerikaner ....,
Diese Aussage kann ich nicht nachvollziehen und ist m.e. grundsätzlich fehl am Platz. Es ist für mich ein seltsames Demokratieverständnis, wenn man den Teil der Bevölkerung, der anderen Meinung ist in dieser unsachlichen Form beleidigt, denn die Demokratie basiert auf freier Meinungsäusserung und nicht auf dumm oder intelligent (und übrigens ist die Aussage "die Mehrheit" mathematisch falsch, haben doch nur ca. 60% gewählt, davon 51,5% für Bush, d.h. knapp 1/3 der Amerikaner hat ihm tatsächlich seine Stimme gegeben
).
Ich bin vom Ausgang der Wahl auch enttäuscht, hätte mir auch Kerry gewünscht. Aber die Gründe für dieses Ergebnis sind vielfältiger und komplexer als nur auf den "geistigen Zustand" beruhend. Demokratien können bei Wahlen und Abstimmung nicht verhindern (auch in Europa nicht), dass Wähler eigene Erfahrung und vorallem (egoistische) Interessen als Entscheidungsbasis nehmen. Arbeitsplatzverlust und soziale Probleme machen nicht allen die gleiche Sorge, über Rekkorddefizit und Ueberwachungsstaat kann man auch differnzierter Meinung sein. Und über die Steuersenkungen beklagen sich auch nicht alle. Dann kommen die Patrioten (und davon gibt es in den USA mehr als genug, auch in anderen Ländern), die grunsätzlich konservativen mit Parteigehorsam, koste es was es wolle. Und natürlich die verschiedenen Abhängigkeiten zur aktuellen Regierung. Und die Terrorbedrohung trägt ihren Teil bei, je nachdem wie real oder bedrohlich man sie empfindet. Und die Propaganda hat immer ihren Erfolgt, vorallem wenn man genügend Geld dafür hat. Und nicht alle Amerikaner finden es schlecht, dass Bush Saddam beseitigt hat.
Aber wieso tun alle immer nur so, als ob dies nur in den USA so ablaufe?
Wieso wählen auch die Russen Putin, obwohl die Menschen dort noch in mieseren Verhältnissen leben, reich und arm noch mehr Distanz haben und die eigenen Soldaten in Tschtschenien verbluten und die letzte Geiselnahme fast soviele Tote gegeben hat wie tote US-Soldaten im Irak in einem Jahr? Dumme Russen?
Und wie kann es möglich sein, dass Berlusconi in Italien gewählt wurde? Er manipuliert, besticht, ist korrupt, nur auf Eigeninteresse aus und reduziert den Sozialstaat wo er nur kann? Dumme Italiener?
Und der bisherige australische Premier wurde mit Glanzresultat wiedergewählt, obwohl er voll auf der Linie von Bush ist und auch Soldaten im Irak sterben lässt? Dumme Australier?
Und wieso wählen die Mehrheit der Israeli Sharon, einen Hardliner, der nur Verwüstung und Terror in die Region und ins eigene Land erreicht hat? Dumme Israeli?
Leben da wirklich nur überall geistig minderbemittelte Menschen?
Das eigene Empfinden und die eigene Meinung in ehren, aber damit ist man weder intelligenter noch hat man Anspruch, dass sie alle die gleiche haben sollten. Ich finde es z.B. auch erschreckend, dass 39 % der Türkinnen (Umfrage von 2004) es richtig finden, dass der Ehemann sie schlagen darf, wenn sie z.b. sich wagen zu widersprechen. Dies basiert aber primär auf einer anderen Erziehung, Kulturkreis, Religion u.a., aber deswegen würde ich diese Frauen nie als "dumm" bezeichnen.
Und da wären dann noch die "intelligenten" Kämper im Irak, die aus primären Eigeninteresse (persönlich oder in einer Sache) den Tod von Tausenden von eigenen Kindern und Frauen bewusst in Kauf nehmen.
Auch wenn es ein alter Hut ist: auch die Deutschen waren mal begeistert von Hitler, und dies sicher nicht nur aus Dummheit. Fehler der Siegermächte nach dem 1. Weltkrieg u.v. m. haben da auch mitgeholfen .....
Für mich liegt das Primäre all dieser Probleme bei den Poltikern, und nicht bei der Bevölkerung. Von denen könnte man erwarten, dass sie ihrer Verantwortung gerecht werden, aber das dürfte noch lange mehr als ein Wunschtraum sein, da steuert der Egoismus pur ..........