Shahab3 schrieb:Das unterliegt offenbar der künstlerischen Freiheit. Historisch, sprachlich und ehtnisch betrachtet hat Armenien nichts mit "Europa" zu tun.
historisch:
Die gesicherte Existenz eines Nachfolgestaates der Hethiter mit dem Namen Hayasa ist seit 1400 v. Chr. auf dem Territorium des historischen Armeniens bekannt. Nach Rafayel Ischhanian zeigt der Suffix -asa im Hethitischen einerseits die Pluralform, andererseits die Zugehörigkeit an, so wie der Suffix -k im Altarmenischen. Übersetzt man daher Hay + asa ins Armenische, so kommt Hay + k dabei heraus, also Armenier bzw. das Land der Armenier.
Das armenische Siedlungsgebiet, dessen Zentrum sich in früherer Zeit zeitweise bis zum Mittelmeer ausdehnte, lag immer wieder im Spannungsfeld sowohl der lokalen Mächte als auch der geopolitischen Interessen.
Im Mittelalter übereigneten armenische Könige ihre Herrschaftsgebiete in Kaukasien an das Byzantinische Reich und ließen sich mit ihrer Gefolgschaft vor allem in Kappadokien nieder. In der Folgezeit entstand in Kilikien das Königreich von Kleinarmenien.
Nach Römern, Persern, Arabern und Mongolen eroberte Russland 1828 den Norden des Landes, das heutige Armenien.
Ein großer Teil des Volkes blieb aber im Bereich des Osmanischen Reiches.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war die Situation geprägt durch die Interessen des russischen Großreiches im Norden, der europäischen Kolonialmächte, insbesondere England, im Süden und durch die lokalen Herrschaftsansprüche des Iran und der Türkei. Versuche der armenischen Bevölkerung, sich von der türkischen Herrschaft zu entlasten oder gar zu befreien, führten Ende des 19. und Anfangs des 20. Jahrhunderts zu ihrer Vertreibung und Vernichtung im ganzen türkisch kontrollierten Gebiet. Seit dieser Zeit bestand Armenien nur noch als Republik innerhalb der Sowjetunion.
sprachlich:
Rafayel Ischchanian ist ferner der Ansicht, daß die Armenier ein autochones Volk dieser Region sind. Ausgangspunkt seiner These ist die Arbeit von T. Gamkrelize und W. Iwanow die anhand ihrer linguistischen Untersuchungen als Urheimat der Indoeuropäer (Armenisch gehört zur Familie der indoeuropäischen Sprachen) das östliche Anatolien und das iranische Hochland identifiziert haben, sowie Lehnwörter im Armenischen aus dem Assyrischen und dem Akkadischen.
Wenn diese Theorie zutrifft - und es gibt wenige gute Gründe daran zu zweifeln - dann sind die heutigen Armenier die Nachfolger der Hethiter oder stammverwandter indogermanischer Völker, die schon in der Antike das anatolische Hochland beherrschten und gefürchtete Gegner sogar des pharaonischen Reiches waren.
Die Armenier sind also keinesfalls den benachbarten Türken zuzuordnen.
Wenn sprachliche Zuordnungen erfolgen sollen, dann sind die Armenier - wie die Kurden - eher in einer sprachlichen Beziehung zu den Iranern im Osten oder den indogermanischen Völkern (Slawen usw.) im Norden des Kaukasus zu sehen.
ethnisch:
Was heißt ethnisch - über die sprachliche Verwandtschaft hinaus?
Ich würde lieber von
"kulturell" sprechen.
Und ein wesentlicher Bestandteil der Kultur ist die Religiosität.
Die Armenier - so wie heute die Kurden - bewohnten
als christliches Volk seit Jahrhunderten das Randgebiet der heutigen Türkei bis weit nach Anatoilien hinein.
Die Armenische Apostolische Orthodoxe Kirche - eine altorientalische Kirche - ist eine der ältesten „eigenberechtigten" (sui juris) Kirchen und beansprucht apostolische Gründung. Der Überlieferung nach haben die Apostel Judas Thaddäus und Bartholomäus in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts in Armenien gepredigt, die ersten Gemeinden gegründet.
Armenier kann man daher kutlurell keinesfalls zum (schiitisch-islamischen) Iran zuordnen.
Nach alledem ist die Zuordnung zum (christlich-orthodox geprägten) Osteuropa insbesondere under kulturellen Geischtspunkten noch die schlüssigste Entscheidung.