Zitat:Wichtig wären hier allein die relativen VErnögens- und EInkommensunterschiede innerhalb der römischen Gesellschaft, und die waren vorhanden und wurden schamlos für politische Zwecke ausgenutzt
Das Problem ist überhaupt: heutige Ansichten und Kultur und Ideen von Staat nach damals zu übertragen. Das ganze Klientel und Patronatssystem war z.B. anfänglich eine wichtige Einrichtung und staatstragend, sich Stimmen zu kaufen nicht gefährlich für den Staat, der Kauf der Stimmen gegen Lebensmittel!! in diesen Zeiten der Subsidenzwirtschaft von über 90% der Bevölkerung Roms sogar lebenswichtig. Dazu: man konnte sich zwar ein Amt für viel Geld kaufen, aber wegen dem Volkstribunat und dem Vetorecht konnte man gegen den Willen der anderen damit überhaupt nichts anfangen. Es kostete nur und brachte nur dann etwas ein, wenn man 1 Kriegsbeute machte, 2 eine Provinz ausbeutete und 3 sich aus der Staatskasse bediente.
Dazu sorgte das für eine Umverteilung nach Unten, die meisten machten mit einer politischen Karriere Miese, nur als Provinzstatthalter oder als Feldherr konnte man Einnahmen erzielen und aus der politischen Laufbahn Profit schlagen.
Schauen wir uns mal die Wirtschaft von Rom an, als der römische Imperialismus und die Expansion außerhalb Italiens begann:
Die absolute Masse der Bevölkerung war extrem arm, aber jedermann war schwer bewaffnet und stellte Waffen und Kriegsausrüstung für sich und seine Familie. Die Mehrheit dieser Kleinbauern hatte gerade mal so viel Land, dass man eben nicht verhungerte und die geringsten Überschüsse wurden ja in die Kriegswaffen investiert.
Die Ritter definierten sich dadurch, dass sie sich zumindest EIN Pferd leisten konnten. Die Senatoren durch einen bestimmten Landbesitz. Die entsprechend reicheren Gens waren nun im Vergleich zu den 90% immer kurz vorm Verhungernden natürlich schon reich, wie du richtig anmerkst. Es gab aber keine Sozialen Systeme, keine Absicherung usw,
Früher, als es noch einen König gab, und einen reinen Abstammungsadel hatte dieser Adel ja Gefolgsleute, sie dienten den Adligen und dafür verteilte er Erträge von seinem Besitz unter sie. Daraus entwickelte sich dann das Patronatsystem und das Stimmenkaufen das du so kritisierst.
Als der Expansionismus aber gerade begann, war das Stimmenkaufen gegen Lebensmittel für den Staat überlebenswichtig, die Bürger konnten nur so Fehlernten ausgleichen und blieben bei Störungen nur durch die Versorgung durch den Adel am Leben. Umgekehrt waren diese Bürger ja allesamt bewaffnet und durchaus gefährlich für die Adligen, wenn sie gegen deren Interessen handelten. Direkt vor dieser Epoche der Expansion hatten sich die unteren Klassen ja durch Gewalt !! politische Rechte erkämpft, und da es keine Staatsarmee und überhaupt keine Truppen außer diesen Bürgern gab, mußte der Adel nachgeben. Sein Vermögen reichte eben nicht !! zur Aufstellung eigener Truppen aus Söldnern oder Berufssoldaten, er konnte sich eigene Streitkräfte gegen die Bürgerstreitkräfte nicht leisten.
Den Stimmenkauf darf man sich auch nicht als Kauf gegen Geld vorstellen, er erfolgte ja gegen eine Zuteilung von Agrarischen Ernteerzeugnissen, die die Klientel aber sogar brauchte, schlicht und einfach um zu überleben, denn die Waffen kosteten ja einiges, waren aber bis zum Beginn der Expansion außerhalb Italiens ebenfalls überlebensnotwendig da Rom bis dahin immer um sein Überleben kämpfte.
Man stellt sich das alles falsch vor: Die Senatoren konnten auch kaum Handel treiben, es gab de facto kaum Handel. Die gesamten Einnahmen lagen ja in Form von Landwirtschaftlichen Produkten vor, die wurden dann im begrenzten Umfang innerhalb des römischen Gebietes getauscht, Tauschhandel d.h. ohne Geld. Dann wurde ein kleiner Teil gegen Luxuswaren ins Ausland umgesetzt und der Grosteil als Zuwendung für die eigene Klientel verwendet, die diese Zuteilung schlicht und einfach auch brauchte, dafür im Gegensatz als Bewaffnete Macht hinter ihrer Adelssippe stand.
Das waren ja nicht nur Stimmen bei der Volksabstimmung, dass waren ja im Endeffekt bewaffnete Streitkräfte.
Die Aggression ins Ausland ging dann von denen aus, die sich ihre Klientel nicht mehr halten konnten, die langsam aber sicher an Einfluß gegen die Reicher werdenden verloren, und sie ging von diesen Bewaffneten selber aus, die ihre Patrone in diese Kriege drängten, da sie von dem Hungerleider Dasein weg wollten und neues Land erobern wollten, dass dann unter sie verteilt endlich zum Leben reichen würde.
Der Druck zur Expansion nicht nach Norden sondern in den Mittelmeerraum unter andere höher stehende Staaten begann durch das Volk, dass diesen Druck politisch umsetzen konnte, gerade durch die Abhängigkeit vieler der Reichen von ihrer Bewaffneten Macht und ihren Stimmen und durch die Institutionen, die es mit Gewalt und ihren Waffen erzwungen hatte wie den Volkstribunen.
Gerade weil Rom eine Republik war, war es möglich, dass diejenigen die bei der Verteilung Italiens zu kurz gekommen waren, jetzt auf Expansion ins Ausland setzten.
Zitat:Für die Frage ob die Stadt Rom für sich betrachtet eine Republik blieb oder nicht und warum ist die Machtverteilung das einzig entscheidende.
Ja, aber die Machtverteilung änderte sich ja erst dadurch, dass man so viele Kriege im Ausland erfolgreich führte, dadurch ging das Kleinbauerntum unter, weil es wirtschaftlich damit überfordert wurden und weil diese Kleinbauern schlicht und einfach alle umkamen. Die Verluste Roms gegen die Karthager führten dann zu einer Verschiebung und Veränderung der Sozialstruktur. Und weil dann durch die Beute aus diesen Kriegen überhaupt erst die Vermögen entstanden, die einen Geldadel schufen und diesem ermöglichten, sich Macht durch Geld zu erkaufen.
Zitat:Das muss eine Entwicklung sein, die mir entgangen ist. Kannst Du mir sagen, wo ich das nachlesen kann?
u.a. Herbert Heftner der Aufstieg Roms
Zitat:Natürlich führte römische Herrschaft zu günstigeren Geschhäften für Römer im vormaligen Ausland.
Das schon, aber bedenke dass Handel für Senatoren sogar eigentlich VERBOTEN war. Die wirklich Reichen in Rom durften offiziell gar nicht handeln sondern nur direkte Einnahmen aus landwirtschaftlichen Produkten erzielen. Die Ritter die ausreichend Reich wurden, kamen damit automatisch in den Stand von Senatoren und kauften sich dann Land und gaben dann den Handel auf.
Erst in der Spätzeit pervertierte das dann. Wir sprechen ja auch von Zwei Jahrhunderten in denen sich das langsam veränderte.
Als diese Expansionistische Epoche begann, gab es noch überhaupt keinen Handel in signifikanten Umfang, der Handel spielte in der Wirtschaft der Republik nur eine völlig untergeordnete Rolle, nur Landbesitz und dann Landwirtschaft zählten. Warum also, sollten die Römer expandieren?? wenn der Handel keine Rolle spielte? Später dann, das war aber dann eben schon die Endzeit, da wurden Kriege für den Handel geführt, da war es aber auch schon fast vorbei. Aber am Anfang stand eben nicht der Handel, weil es einen solchen fast gar nicht gab.
Zitat:Dass es Leute mit Überzeugungen gab, habe ich nicht bestritten. Dass es zuviele gab, die sich ihre politische Mehrheit kauften, war mein Punkt.
Wie gesagt war das anfangs gar nicht das Problem. Das entwickelte sich erst zum Problem, als der Römische Staat immer schlechter sein Territorium verwalten konnte und damit Mißbrauch Tür und Tor öffnete. Vor allem die Führung der Verwaltung von Provinzen war das worüber man stritt, den die konnte man dank Gesetzeslücken nach Belieben ausbeuten.
Weil der römische Staat eben nicht funktionierte als er größer wurde, weil er von seiner Konstruktion her auf einen kleinen Stadtstaat zugeschnitten war, und weil die Kleinbauernklasse im ununterbrochenem Krieg erfolgreich ihre Eigene Vernichtung herbeikämpfte, entstand dann erst überhaupt die Situation, die mit den erbeuteten Kriegsvermögen diese Korruption ermöglichte.
Anfangs galt es als unmöglich, wenn man einmal von einer Seite „gekauft“ worden war, dann wieder für eine andere Seite zu stimmen, man band sich mit der Lebensmittelzuteilung an seinen Herrn und verließ diesen nicht. Am Beginn der Expansion war in Rom Korruption außergewöhnlich selten, die Römer waren betont bäurisch und schlicht und reagierten auf alles Fremde/Griechische/Luxuriöse und vor allem auf den Handel sehr negativ.
Anfangs galt es auch für Ritter als sehr unschicklich Handel zu Treiben, die Ritter waren noch nicht die Händlerschicht des Reiches, sondern schlicht und einfach die Berittenen.
Im Laufe von 200 Jahren, durch die unvorstellbar gewaltige Kriegsbeute und die endlosen Kriege in dieser Zeit änderte sich Rom völlig, so dass am Ende der Republik einfach die Korruption und das unfähige Staatssystem jeden Versuch der Reform zunichte machten und nur diese beiden Punkte allein es eben Individuen ermöglichten, als Privatpersonen gegen den Staat zu agieren.
Der Reform stand auch der starke Konservatismus der meisten Römer entgegen. Mit der Republik ging nicht nur die Republik Rom unter, es ging im Endeffekt auch das Volk der Römer und die wirkliche Römische Kultur unter, nur die pervertierte Oberschicht blieb übrig und herschte dann über andere Völker die eine griechisch/römisch/sonstige Mischkultur aufwiesen.
Es ist kein Zufall, dass die Ausweitung des Bürgerrechts und der massive Wiederstand der einfachen Römer gegen diese Ausweitung und der Beginn der Bürgerkriege alle zusammenfallen, zusammenfallen auch mit den militärisch enormen Verlusten gegen die Teutonen und Kimbern.
Beschließend: Zweifellos liegst du richtig, wenn man nur die Endzeit der Republik betrachtet, aber der Keim, der Anfang lag viel früher, in einer Zeit als die Dinge (Handle, Korruption, Stimmenkauf) noch nicht so lagen. Es stellt sich daher die Frage, warum die Römer überhaupt expandierten, warum griff Rom Karthago an?? Und da Rom zu dieser Zeit !! noch überhaupt keinen ernsthaften Handel in signifikanten Umfang betrieb, kann der Handel nicht der Grund gewesen sein.