So, ich fange jetzt mal mit der Seite zuvor an...
Nightwatch schrieb:
Zitat: Das klingt auf dem Papier richtig und gut. Wenn dann mal die ersten Tausend Bürger umgebracht worden sind sieht es sehr schnell ganz anders aus. Der Staat muss bei Bedrohung der Nationalen Sicherheit zu wesentlich härteren Mitteln greifen als den normalen Methoden in Friedenszeiten.
Sonst verliert er die Kontrolle über die Situation und der Mob gerät in Panik.
Der Staat darf aber nicht den Fehler machen, dass er, nur um die nationale Sicherheit zu erhalten, den Staat mit seinen Grundsätzen selbst aushebelt. Und selbst wenn er denn dies nicht tut, so bleibt die Frage, ob der Zweck, der anscheinend – wie von dir schon angemerkt – die Mittel heiligt, nicht ziemlich am Ziel vorbei geschossen ist. Wieviele Personen haben denn relevante Dinge gesagt (wenn es überhaupt welche waren)? 2, 3 oder 5? Und was war der Preis? Hunderte, wenn nicht gar tausende von Personen wurden gefoltert ohne das man relevante Dinge erfahren hat, egal ob in Guantanamo, Abu Ghraib, Bagram oder in Polen oder sonst wo, quasi auf Verdacht hin. Das Ansehen des Staates USA als Leuchtturm der Freiheit hat dadurch ferner enorm Schaden genommen. Insofern hat der Staat sich letztlich einen Bärendienst durch die „Sondermaßnahmen“ erwiesen. Die Welt ist durch die Anwendung der Folter nämlich nicht sicherer geworden, im Gegenteil, die Abneigung und der Zorn gegen die USA und den Westen hat dadurch zugenommen, womit wiederum auch das Anschlagsrisiko gestiegen ist. Natürlich wäre es nun wiederum nur recht und billig zu sagen, dass man deswegen eben wieder weiter foltern muss, bzw. diese Vorgehensweise sogar ausdehnen sollte, um die Sicherheit zu erhalten; aber man sollte vielleicht mal versuchen auch den Aspekt zu sehen, dass man eine Büchse der Pandora geöffnet hat, die einen Kreislauf in Gang setzen könnte, der letztlich wiederum den Staat selbst zerstört, schlicht weil das Vertrauen zerstört wurde. Mehr Sicherheit, mehr Folter, mehr Staat, etc. kann also genau den entgegengesetzten Effekt haben (und hat ihn auch schon teils). Die Stabilisierung der viel gerühmten nationalen Sicherheit könnte insofern schlussendlich also das Gegenteil bewirken, nämlich den Staat destabilisieren.
Zitat: Ich sehe keine größere psychologische Belastung durch den U-Boot-Krieg. Der lief im ganzen Atlantik über Jahre hinweg, ob jetzt die Schiffe vor der eigenen Haustür versenkt werden oder auf der anderen Seite des großen Teiches macht unterm Strich nicht viel aus.
Das ist nicht ganz richtig. Die Amerikaner reagierten sehr empört und allergisch, wenn eines ihrer Schiffe versenkt wurde, besonders in den Jahren 1939/40, weshalb die Deutschen auch – nach Möglichkeiten – US-Schiffe schonten. Die Versenkung der
Athenia oder die Kaperung der
City of Flint sind nur zwei Beispiele, was Reaktionen angeht. Erst ab 1941 – noch vor der eigentlichen Kriegserklärung im Dezember –, als die US-Navy schon quasi im Atlantik mit zur Kriegspartei geworden war und z. B. Geleitzugsicherungen der Briten übernahm, ging diese Empfindlichkeit zurück. Als 1942 dann die Deutschen mit ihren U-Booten überraschend vor der Küste auftauchten, konnte man jedoch (wieder) ein Ansteigen der psychologischen Belastung sehr gut erkennen; plötzlich war der Krieg nämlich greifbar nahe.
Zitat: Bedenke dabei das die Gesellschaften damals noch ganz anderes gewohnt waren. In Europa äscherte man sich die Städte gegenseitig ein. Solche Anschläge sind da doch marginal und hätten mit Sicherheit nicht zu einer Reaktion geführt wie sie heute entstehen würde.
Die US-Gesellschaft war – im Gegensatz zur europäischen – nicht so kriegsgewöhnt; die Wirkung solcher Attacken sollten also nicht unterschätzt werden, aber gut, ist jetzt etwas spekulativ von mir.
Zitat: Ein symmetrischer Krieg wie es nun mal der 2. Weltkrieg war lässt sich schlecht mit einem asymmetrischen Konflikt vergleichen, gerade was derartiges anbelangt.
Ein rein symmetrischer Krieg war der Zweite Weltkrieg auch nicht, was die zahlreichen Partisanenbewegungen zeigen. Mitunter war die psychologische Belastung der Truppen, auch wenn es einen klaren Gegner im Großen gab, nicht zu unterschätzen und ähnelte der der Truppen heute; etwa wenn der „Postenklau“ umging, Nachschubbahnen gesprengt wurden, die Gerüchte von „Werwölfen“ kursierten, Minenfallen oder Scharfschützen drohten oder man nicht wusste, warum das Soldatenkino, das man zwei Minuten vorher verlassen hatte, einem gerade um die Ohren geflogen war.
Schneemann.