(01.03.2024, 00:27)voyageur schrieb: [ -> ]Ambiguïté stratégique , das bedeutet doch das nichts genaues gesagt wird. OK schwer für einen Naturwissenschaftler zu akzeptieren.
Guter Hinweis, das ist natürlich die "Arbeitsweise" der Diplomatie.
Anekdote am Rande: Talleyrand hat einmal gesagt:
Wenn ein Diplomat 'ja' sagt, meint er 'vielleicht', wenn er 'vielleicht' sagt, meint er 'nein' und wenn er 'nein' sagt, ist er kein Diplomat.
Wenn eine Dame 'nein' sagt, meint sie 'vielleicht', wenn sie 'vielleicht' sagt, meint sie 'ja' und wenn sie 'ja' sagt, ist sie keine Dame.
Für mich als Naturwissenschaftler ist diese Ambiguitè tatsächlich schwer zu akzeptieren, denn ich bin gewohnt in klar definierten und damit unzweideutigen Prozessen zu denken. Aber ich lerne gerne dazu und habe natürlich auch noch andere Seiten.
Zitat:Und es geht darum sich dynamisch an Situationen anpassen zu können. Frankreich ist nicht im krieg mit dem russischen Volk, wird aber wie Europa von Putins Regime angegriffen.
(...)
Wenn ich den Begriff "Krieg" einmal weglasse und dafür "Konflikt" verwende, sind nach meinem Verständnis beide Parteien direkt im Konflikt miteinander, selbst wenn nur eine der beiden Parteien einseitig angreifen würde. Es sei denn man würde diese Angriffe stoisch und unbeantwortet über sich ergehen lassen.
Nach meinem Verständnis reicht es, wenn eine Seite den Konflikt eröffnet. Dadurch tritt sofort die andere Seite nolens volens in den Konflikt ein. Das gilt für den Rüpel auf dem Schulhof, der einen Mitschüler anrempelt genau so wie für souveräne Staaten und Bündnisse.
Ich habe meine Verwunderung hier schon mehrfach darüber ausgedrückt, dass im Westen das Narrativ verbreitet wird Russland sei im Krieg, wir aber nicht. Das ist Augenwischerei und ein Herumreden um den heißen Brei. Wir sind zum jetzigen Zeitpunkt im Krieg mit Russland! Putin hat dies übrigens von Anfang an verstanden und benutzt es, um sein eigenes Narrativ in der russischen Bevölkerung einzusetzen. Schließlich muss man in diesen Zeiten die 'Menschen hinter die Fahne bekommen'.
Natürlich ist mir klar, dass man im Westen, um diese Verallgemeinerung erneut zu verwenden, den beschriebnen Weg geht, um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen und dies gleichzeitig den Versuch darstellt den Krieg einzuhegen. Sicherlich spielt auch die Vorgehensweise des Westens eine Rolle Russland als 'Gegner' im Sinne des 'boiling the frog' weichzukochen.
Das hat ja auch zwei Jahre mehr oder weniger gut funktioniert, nur dass die Russen nicht mitgespielt haben und ihr Land trotz aller mehr oder weniger unwirksamen Sanktionen sehr früh und konsequent auf Kriegswirtschaft umgestellt haben.
Sie scheinen eben nicht 'weichgekocht' zu sein, sondern durchaus in der Lage diesen Krieg noch mehrere Jahre hindurch weiter zu führen.
Ich glaube, dass die Äußerungen von Macron wohl überlegt waren. Er hat es selbst im Nachgang so formuliert. Dass Attal 'nachlegt' bestätigt mich in meiner Einschätzung.
Ich sehe darin, zumindest in Frankreich, einen Paradigmenwechsel. Man ist dort offensichtlich bereit um 'höhere Einsätze zu spielen' und erhöht dann auch bewusst das Risiko.
Dass dieser Schritt aus Sicht der Franzosen geboten war, bekräftigt mich in meiner Einschätzung, dass die Ukraine im dritten Kriegsjahr sichtbar auf eine schwere militärische und vielleicht auch politische Krise zusteuert.
Ansonsten hätte es ja aus Sicht des Westens ein 'weiter so' in der Unterstützung der Ukraine getan.