@Thomas Wach
Zitat:Naja, Shahab, du mußt aber bitte schon mal trennen zwischen der echten Analyse der Zusammenhänge und der Schilderung der Sichtweisen der Akteure. Erich geht da eher auf die Hintergründe ein, wenn auch etwas zu ideal. Du schilderst hier aber auch nur die Sicht der Hizbullah, aber weder wird die Hizbullah alles bekommen, was sie will, noch ist die Hizbullah der Libanon.
Na das ist doch eben der Kern meiner Kritik. Es wird eben über Zukunftsperspektiven fabuliert, ohne die Hintergründe in Betracht zu ziehen. Und mir gehts hier nicht darum, daPartei für die Hizballah zu ergreifen. Sondern wenn man über die zukünftige Entwicklung und Reaktionen dieser Gruppe spekulieren will, muss die Sache eben auch aus der Sicht der Hizballah betrachten. Schließlich sind sie diejenigen, die man dazu bringen will sich militärisch möglichst nahtlos in den Libanon zu integrieren und ihren Kamof gegen Israel einzustellen. Und da bedarf es eben umfassenderer, tiefgründiger Lösungen, die über sozialprogramme für mindebemittelte Islamisten stark hinausgehen.
Zitat:Der Libanon hat an sich kein Problem mit Israel mehr. Der Libanon hat an sich kein Problem mit Israel mehr. Scheebafarmen hin oder her, man ist weder besetzt noch direkte bedroht und das hätten wir sicher auch gut 50% der libanesischen Bevölkerung vor diesem Konflikt bestätigt.
Die These ist schonmal grundlegend falsch. Der Libanon ist DAS Flüchtlingsland Nummer1 in der Region. Die Palästinenser, die dort in den Lagern leben verursachen und erleiden natürlich enorme soziale Probleme, die von einem Kriegs und Kriesengschüttelten und vor allem derart kleinen Land, nicht so einfach weggesteckt werden können. Das ist für alle beteiligten Seiten ein enormer Ballast, der auf die Israelproblematik zurückzuführen ist. Also das komplette Spektrum von sozialem Gefälle, Ghettoisierung und ethnischer Balkanisierung, die zum Teil auch hausgemacht ist.
Dass das ein paar junge Lifestyle-Libanesen in Beiruter Cafes oder beim Tanzen in der Disco recht wenig interessiert, steht doch auf einem ganz anderen Papier, geht aber an den tatsächlichen Realitäten vorbei. Zudem ist es doch kein Geheimnis aus welcher politischen und militärischen Situation heraus die Hizbollah überhaupt ins Leben gerufen und aktiv wurde. Auch hierbei führt uns der Weg wieder nach Israel. Und was den aktuellen Konflikt betrifft unter dessen Vorzeichen Erich ja nach einer Lösung sucht, da spielt Israel eben erstrecht eine entscheidende Rolle.
Wie hier trennt und die Hizbollah als separat libanesisches Phänomen betrachtet, versteht die Zusammenhänge dort nicht. Sorry.
Zitat:Sicher, niemand kann dort Israel leiden, auch sicher die antisyrischen Kräfte nicht,die bei Sunniten und Christen zu finden sind.
Die genannten antisyrischen Kräfte rekrutieren sich eigentlich aus allen Lagern. Der Hintergrund dazu ist eigentlich weniger ein religös ethnischer gewesen. Zudem sind die Syrer ja bekanntlich säkular. Ihr Interesse an der Hizballah ist nicht religiöser, sondern machtpolitischer Natur. Der Iran würde ich hingegen beides unterstellen.
Zitat:Aber ein echtes Problem gibt es da nicht, da konstruiert, ich wiederhole, das konstruiert die Hizbullah sich eien Pseudobedrohung zu Recht, um ihre auf Kampf und religiösen radikalismus eingeschworenen Kämpfer bei der Stange zu halten.
Wie ich oben ausgeführt habe, stellt Israel tatsächlich den politischen Feind da. Das geschieht nicht nur aus religiöser Indoktrination, sondern hat konkrete Gründe. Und zwar nicht nur im Umfeld der Hizballah. Ganz unabhängig davon, ob man Klischees durch Propaganda noch zusätzlich fördert.
Wer tut das zudem nicht und hält seine Schäfchen so beisammen? Schließlich gehts doch um die Bekämpfung des weltweit operierenden islamischen Terrors in Irak, Afghanistan, Libanon und soweiter, oder etwa nicht?! Im Gegensatz zu Erich, stell ich dazu aber als vermeintliche Lösung keine Sozialprogramme für US-GI's in den Raum. Auch wenn sich viele Soldaten sicherlich aus einem sozial bedenklichen Umfeld rekrutieren und Bedarf bestünde, so erfasst das doch nicht den Auslöser der Krise und politischer und militärischer Handlungsweisen. Insbesondere unter der gegebenen Situation der zurückliegenden Kämpfe ist mit Streetworkern der Hizbollah weder eine Niederlage, noch der Sinn und Unsinn ihrer Existenz und schon garnicht die Beilegung Ihreres Kampfes einzutrichtern. Da Bedarf es umfassender Diplomatie und einer Lösung die ganz zwangsweise über ein Entgegenkommen Israels führen muss.
Zitat:So Unrecht hat da Erich absolut nicht, wenn er sagt, dass man den Hizbullahkämpfern eine Perspektive geben sollte. Das sind nämlich wirklich meistens junge Leute ohne viel Bildung und echte Chancen im neuen glitzernden Libanon von 2005. Der demographische Jugendboom läßt grüßen. Nur, da hast du wohl Recht, das sind indoktrinierte Seelen, bös gesagt, die haben ne echte gehirnwäsche durch udn sind auf Kampf eingeschworen
Sorry. Da kann ich nur mit dem Kopf schütteln. So leicht stellt sich die Situation eben leider nicht dar.
Zitat:Und da muss sich die Hizbullah eben in eien Reihe stellen mit dem radikalen Iran, muss Solidarität bekunden mit den Palästinensern.
Militärisch "müssen", tut die Hizballah eigentlich nicht viel. Ich bezweifel sogar mal ganz stark, dass sie eine derart umfangreiche Konfronation mit Israel überhaupt im Sinn hatten. Zumal ja vorher niemand wissen konnte, dass das derart glimpflich für die Organisation abläuft.
Ihre Legitimation erarbeitet sie sich im Libanon vielmehr durch Sozial- und Bildungsprogramme, sowie ihre politische Arbeit. Dort besteht auch die Hauptpropagandafront! Dort kann sie finanzielle Mittel bereit stellen und wirken, wie niemand sonst im Libanon.
Der Kampf gegen Israel ist wiederum eng mit der Gründungsgeschichte der Hizballah und dem weiteren Verlauf ihrer militärischen Karriere verbunden. Die Bedeutung der militärischen Arbeit für ihre Legitimation im gesellschaftlichen und politischen Leben des Libanon ist also eher zweitrangig und teilweise vermutlich sogar hinderlich. Ich gebe Dir aber insoweit Recht, dass die Legitimation des Waffenarsenals argumentativ über den israelischen Feind erfolgt.
Zitat:Das ist aber kein Problem der Libanesen, sondenr die Hizbullah und dessen radikaler Arm wagt den Schritt nicht bzw. verhindert ihn, die Hizbullah zu einer echten libanesischen Partei zu machen. Stattdessen will man lieber die radikale, islamistische Internationale mit einem starken schiitischen part verstärken.
Oh. Da empfehle ich Dir den sehr interessanten Artikel im Time Magazin(?), den Turin vor ein paar Tagen gepostet hat. Dort wird sehr deutlich geschildert, wo der Unterschied zwischen der islamischen Internationalen und der Hizbollah besteht. Grundlegend andere Denkmuster, Motivationen. Bitte lesen!
Zitat:Das ist allein die Entscheidung der Hizbulah und des Irans und es gibt bei allem Ärger über Israel auch im Libanon leute, die das nicht vergessen werden. Nicht heute und nicht morgen, aber mit ihrer internationalistischen, auf den iran udn seinen schiitischen Halbmond ausgerichtet Politik wird sich die Hizbullah auch im Libanon auf kurz oder lang Feinde machen. Momentan, im Angesicht der israelischen Agression hält da noch das Kollektiv Libanon. Aber ewig wird das auch nicht gut gehen.
Das mußt du auch bedenken.
Die Hizballah und der Iran haben es bisher sehr gut verstanden, die Straßen für sich zu gewinnen. Aber auch das kann man nicht nur ihrem politischen Gespür, sondern auch und vor allem der derzeitigen politischen Situation, salopp gesagt: "USA/Israel vs Islamische Welt" zu verdanken. PR-mässig war der jüngste Hizballah Widerstand gegen Israel ohne Zweifel ein wahrer Coup. Aber es wird eben auch ersichtlich, dass diese Entscheidungen über Krieg oder Frieden
eben nicht alleine von Hizbollah oder dem Iran abhängen. Und hier spanne ich den Bogen wieder nach Israel und USA. Daher sprach ich in einem meiner letzten Posts davon, dass eine Lösung des Libanon/Hizbollah "Problems" nur im Zuge von Verhandlungen über Israel, USA, Iran, Syrien und den Libanon führt. Aber eben nicht über die UNIFIL. Letzteres anzunehmen ist einfach nur blauäugig.