Man ist das viel Material...
Zitat:Zuerst einmal wollte ich nur ausdrücken, daß das Bild einer freien, rechtstaatlichen Wahl im westlichen Sinne nicht aufrecht zuerhalten ist.
Ich glaube nicht, dass jemand diese Illusion haben würde. Palästina ist immer noch zum großen Teil okkupiert, eine funktionierende Verwaltung gibt es aus diversen Gründen nicht (eigene Kämpfe, Unfähigkeit, israelische Angriffe) und daher sehe ich auch keinen Spielraum, wie sich westliche politische Kultur hätte entwickeln können. Hier ging es tatsächlich nur um eien Wahlim eigentlichen Sinne. Die Rahmenbedigungen waren sicher katastrophal, nur sind sie dies im allgemeinen.
Zitat:Warum jede Partei wegen einer Besatzung einen bewaffneten Arm Deiner
Meinung nach haben muß, ist mir unklar. Vielmehr behaupte ich, daß der faktische
Zwang durch die anderen konkurierenden Parteien, die ihre Truppen auch gegen
die Mitbewerber einsetzen, geben ist (->klassisches Gefangenendilemma).
*staun* Mal ne Frage, hast du vielleicht Volkswirtschaft studiert?
Ich glaube ehrlich gesagt kaum, dass hier rational choice auch nur ansatzweise eine gute Erklärung liefern kann. Gut, ich bin generell kein Fan von Rational choice, da ich andere Ansätze bevorzuge, aber die Erklärung ist meines Erachtens kaum angemessen. Palästina ist ein arabisches Gebiet, das durch Stämme und Clans in gewisser Weise und durch lokale Loyalitäten bestimmt war. Historisch war der Wderstand daher dezentral, erst nach und nach bündelte sich das in der PLO, die der damals aktuellen Ideologie des arabischen Nationalismus entsprung. Deren geistige Herrschaft ist aber wohl vorbei und die islamistischen Prediger erhielten Zulauf. Dabei ist deren Struktur schon seit jeher dezentral und verteilt sich auf verschiende bündelnde Zentren.
Einigend aber war immer der Kampf gegen Israel. Wie du da jetzt auf das Gefangendilemma kommst (eine überdies sehr westliche Denkart *gg*), kann ich nur schwer nachvollziehen. Alle wesentlichen politischen Akteure auf Seiten der Palästinenser müssen in gewisser Weise aus zwei Gründen bewaffnete Untergruppen haben: Erstens, ohne ihr Engagement gegen ISrael verlieren sie jegliche politische Unterstützung der Bevölkerung, die die Okkupanten raus haben will. Zweitens, es existierte nie eine das ganze palästin.Volk und dessen Strömungen repräsentierende Zentralorganisation, die sozusagen ein Gewaltmonopol gehabt hätte. Bzw.mein fehler, die existierte, aber dies nur eien Zeit lang in Form der PLO. Aus diversen Gründen, die man mit Rational Choice nicht mal ansatzweise fassen kann, entwickelten sich neue Teilgruppierungen. Selbst in der PLO. Die aber hatten ihre jeweilige politische Agenda und wollten sie auch umsetzen. Aber dafür mussten sie im Kampf gegen Israel eine Rolle spielen.. Natürlich ist dies eien Konkurrenzsituation, aber mit nem Gefangendilemma hat das wenig zu tun.
Zitat:Eine eigene "Palästinensische Nation" (auch es wenn eine Art Staatsvolk gibt,
sind die kulturelle Unterschiede zu den Nachbarn eher gering.) anzunehmen,
halte ich für sehr fraglich.
Starke, gewagte Thesen von dir!
Die Einteilung in Staatsvölker und Kulturvölker ist übrigens eien vereinfachende ziemlich westliche Kategorisierung. Wie so oft, würde ich acht geben, mit diesem "westlichen mind-set" da unten zu operieren. Was man feststellen ist, ist folgendes: Die letzten 50 Jahre haben im kollektiven Gedächtnis einer bestimmten Gruppe von Arabern eine tiefe Spur hinterlassen, die man nicht so ohne weiteres negieren kann. Sowas ist unheimlich identitätsstiftend, da gemeinsam erlittene Geschichte sie durchaus bewußt werden läßt, das sie zusammen gehören.
Zitat:So sind Fatah und Hamas doch sehr durch
"ausländische" Einflüsse und Ideologien geprägt. Somit hätte auch eine westlich
geprägte, arabische Parteien in den PA-Gebiet entstehen können, sofern es eine
relevante Vorlage im arabischen Raum gegeben hätte.
Was heißt hier ausländisch?? Die Fatah ist heute eien Mischung aus verstaubtem arab. Nationalismus und neu eingesickertem Islamismus, während Hamas ziemlich deutlich den traditionellen Islamismus der Moslembrüderschaften repräsentiert. Sicherlich sind das alles Einflüße von außen, nur passen sie entsprechend zu dne Strukturen udn Strömungen, die für den ganzen Raum kennzeichnend sind.
Und was soll denn bitte schön eine westliche Partei in einer nicht westlichen Gesellschaft??? Das paßt doch hinten und vorne nicht.
Zu deinen Überlegungen: Ich denke, das ein Bürgerkrieg wie eine islamistische Gesellschaft die absoluten Randmöglichkeiten darstellen. Außerdem ist heute nur schwer abzuschätzen,wie es weitergeht. Erstmal ist viel rhetorisches udn politisches Manövrieren angesagt.
Zitat:Manche Argumente halte ich aber für schwer nachvollziehbar, so will es mir nicht in den Kopf, daß man der Hamas geführten Regierung weiter Geld zahlen soll, weil man das für die Fatah auch gemacht hat und auch das schon Geldverschwendung war.
Mir ging es darum aufzuzeigen, dass jetzt übetriebenes moralisieren a la "wir bezahlen jetzt doch keine Terroristen" einfach deplatziert ist und so nicht stimmt. Überdies darf man das soziale Engagement der Hamas nicht vergessen.
Zitat:Btw. habe ich heute in der SZ (S.2) gelesen, daß nur ein Teil der europäischen Finanzhilfen an die Regierung geht, ein anderer Teil aber direkt für Projekte eingesetzt wird. Den nicht an die Regierung fliessenden Teil kann man ja weiterzahlen, den für die Regierung dagegen sollte man sperren.
Klingt an sich gut, nur wäre da wohl das dümmste, was man machen kann. Denn die Sicherheitsapparate und die Verwaltung werden nunmal von der Autonomiebehörde mit westllichem Geld bezahlt. Kriegen die kein Geld mehr, dann darf sich tnccat dann doch freuen, dass er mit dem Bürgerkrieg Recht behält.
Zitat:Ein wenig widersprüchlich finde ich es auch, wenn man davon spricht, daß die Hamas keine politische Partei im westlichen Sinne sei, die wahlen nicht westlichen Standards entsprächen, das gleichzeitig aber die Hamas als legitimer demokratischer Vertreter der Palästinenser sei.
Mal ein anderer Vergleich, schon nach der Regierungsbeteiligung der FPÖ in Österreich gab es Boykottmaßnahmen, da kann man meiner Meinung nach die Hamas nicht boykottieren.
Auch denke ich, daß die Araber uns eher auslachen, wenn die Hamas als erklärter Feind des Westens auf einmal keine Terrororganisation ist, weil sie gewählt wurde und sofort akzeptiert wird, als wenn man sie jetzt erstmal ein wenig boykottiert.
Mhm, die Araber dürften so oder so keine hohe Meinung von uns haben.
Aber egal..
Also, aus welchen Gründen auch immer versuchen wir da unten Demokratie zu etablieren. Wir versuchen, Standards und Vorstellungen, die bei uns sich über Jahrhunderte entwickelt haben und die inzwischen eine einzigartie gesellschaftliche Umgebung finden nach da unten zu kopieren.
Also müssen wir uns doch wohl daran gewöhnen müssen, dass Demokratie unter
völlig anderen sozialen und gesellschaftlichen Bedingungen da unten andere Mechanismen, andere Standards bedeuten muss! Ich denke,dass man sich das mal klar machen müßte. Demokratie ist da unten nicht mehr als ne Methode um ne Regierung zu wählen. Trotzdem ist aber solch eine Regierung dann das Ergebnis der Willenskundgebung des palästin. Volkes. Und nach dem Muster unter den Bedingungen ist die hamas die demokratisch legitimierte Regierung. Ich sehe da keinen Widerspruch. Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, wie da unter den herrschenden Bedingungen da Parteien nach Artikel 21 GG oder nach dem Parteiengesetz aus den 60er Jahren entwickeln sollten... Über solche Vorstellungen lachen die Arber nicht ganz zu Unrecht.