10.09.2011, 10:34
die aktuellen Vorkommnisse im Nahen Osten haben Veranlassung gegeben, den Thread wieder aufzumachen.
Um den Einstieg zu ermöglichen geb ich mal kurz zusammengefasst einige Postings aus dem Syrien-Strang wieder:
Er hat seine Chance vertan, und es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann er abtreten muss.
Der Türkei geht es - nach meiner Meinung zweifelsfrei - nicht um die Demokratisierung Syriens sondern um die Stärkung als Regionalmacht.
Daher wird die Aktion in Syrien nach taktisch-strategischen Gesichtspunkten und nicht nach Notwendigkeit durchgeführt.
Und für die Akzeptanz eines Eingreifens in Syrien verschafft sich die Türkei jetzt erst mal die nötige Anerkennung der arabischen Massen mit einem populistischen Vorgehen gegen Israel:
1.
die Geschichte mit der Gazah-Friedensflotte, die auf hoher See in internationalen Gewässern mit mehreren Todesopfern von Israelischer Marine angegriffen wurde ist dazu ein willkommener Anlass
2.
das Zyprisch-Israelische Abkommen zur Ausbeutung der Gasfelder im östlichen Mittelmeer - ohne Berücksichtigung der Interesen Nordzyperns, des Libanon und der Ägypter und Palästinenser (Gazah) gibt der türkisch-israelischen Konfrontation noch einen tieferen Grund.
3.
ein weiterer Punkt - spekulativ -: wenn sich die Türkei gegen Israel wendet, wird sie zwangsläufig in einen Konflikt mit der Israel-Schutzmacht USA geraten.
Da kann dann ein Vorgehen gegen Syrien, den Protege des Iran, durchaus gelegen kommen, um die Widerstände gegen die türkisch-israelische Konfrontation etwas zurück zu drängen.
Das würde für ein Vorgehen zu einem Zeitpunkt sprechen, zu dem der türkisch-israelische Konflikt besonders hoch kocht.
Nachdem nun Libyiens Gaddafi-Regierung in den letzten Zügen liegt wird sich zwangsläufig das Objektiv wieder mehr auf Syrien richten.
Mit den erfolgreichen Revolten von Ägypten über Libyien bis Tunesien besteht jetzt schon ein starke populistische Strömung gegen den "Despoten von Damaskus", der nicht mal der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam angehört.
Die Golf-Fürsten und das wahabitische Saudi-Arabien wollen mit dem Sturz Assads auch den iranischen Einfluss in Syrien zurück drängen.
Lediglich der Irak ist - wegen seiner starken schiitischen Bevölkerungsmehrheit, die nach Teheran hört - ein unsicherer Kantonist. Der Irak und der Iran könnten die kurdische Minderheit in der Türkei und in Syrien (die als Minderheit einer sunnitisch-arabischen Mehrheitsregierung wohl eher skeptisch gegenüber stehen) animieren, in der Türkei entsprechend zu "zündeln".
Daher hat Ankara in einer Präventivaktion schon mal vor einigen Tagen dort für "klare Verhältnisse" gesorgt.
Wenn jetzt die Proteste nicht abflauen - und die Golf-Fürsten werden wohl dafür sorgen, dass das nicht der Fall ist (ein Schmuggel-Transit von den Saudis über Jordanien sowie entlang der türkische Grenze bietet sich ja regelrecht an) - dann kann es nicht mehr lange dauern, bis die Türkei der syrischen Opposition auch offen Unterstützung gewährt.
Um den Einstieg zu ermöglichen geb ich mal kurz zusammengefasst einige Postings aus dem Syrien-Strang wieder:
Erich schrieb:...
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,768041,00.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 41,00.html</a><!-- m -->
Zitat: 11.06.2011(mit Video-Bericht)
Aufstand in Syrien
Türkei wirft Assads Truppen Gräueltaten vor
Es ist die größte Operation der syrischen Armee seit Wochen: Tausende Soldaten sind laut Augenzeugenberichten in die Stadt Dschisir al-Schughur im Norden des Landes eingefallen. Sie verbreiten dort Angst und Schrecken. Der türkische Premier Erdogan spricht von Gräueltaten.
...
....
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,768065,00.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 65,00.html</a><!-- m -->
Zitat: 11.06.2011....
Syrien
Assads Truppen bereiten Angriff auf aufständische Stadt vor
Kampfhubschrauber, Panzer, Artillerie - die syrische Armee geht mit schweren Waffen und Eliteeinheiten brutal gegen das eigene Volk vor. Es soll bereits Hunderte Tote gegeben haben. Der Flüchtlingsstrom in die Türkei schwillt an, Tausende warten an der Grenze.
...
Türkei wirft Assads Truppen Gräueltaten vor
Der türkische Präsident Abdullah Gül warnte Assad vor weiterer Gewalt. "Wir verfolgen die Lage in Syrien täglich nachrichtendienstlich genau, und zwar äußerst genau", sagte Gül. Sein Land sei zivil und militärisch auch auf das Schlimmste vorbereitet. "Natürlich wollen wir nicht, dass diese schlimmsten Szenarien wahr werden. Aber die Dinge entwickeln sich nicht in die richtige Richtung", sagte er.
Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan, der sich in der Vergangenheit oft als "Freund" Syriens dargestellt hatte, warf dem Nachbarn "Gräueltaten" an Zivilisten vor. Die syrischen Behörden verhielten sich "leider nicht menschlich", sagte er wenige Tage nach einem Gespräch mit Assad. Die Führung in Damaskus unterschätze die Lage, so Erdogan.
...
tienfung schrieb:.....
Zitat:17.06.2011, 11:06 Uhr...
Syrische Flüchtlinge in der Türkei
Hinter der Grenze lauert das Grauen
Die Flüchtlinge berichten von Hinrichtungen, Leichen auf den Straßen, willkürlicher Gewalt: Syriens Herrscher Assad vertreibt sein eigenes Volk, Tausende haben sich über die Grenze in die Türkei gerettet. Dort werden sie nicht immer mit offenen Armen empfangen.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,...97,00.html
Erich schrieb:. <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/ausland/syriengegenregierung100.html">http://www.tagesschau.de/ausland/syrien ... ng100.html</a><!-- m -->
Zitat:Konferenz in Istanbulfolgt Syrien den Libyern?
Syrische Opposition formiert sich
Die syrische Opposition hat bei ihrer bislang größten Konferenz seit Beginn des Aufstandes im März über eine Strategie zum Sturz des Regimes beraten. Bei dem Treffen wurden auch Pläne für die Zeit nach einem möglichen Sturz von Präsident Baschar al Assad geschmiedet.
Vier-Punkte-Plan
...
Stand: 16.07.2011 16:21 Uhr
Erich schrieb:mal unabhängig von der Frage ob Intervention oder nicht - was passiert, wenn Assad die Kontrolle endgültig verliert?
Syrien ist in mehrere, ethnisch relativ geschlossene Siedlungsgebiete aufgeteilt - Kurden, Drusen, Alawiten, sunnitische Moslems ... ich denke, Syrien würde aus dem Nach-Osmanischen "Kunststaat" (wie der Irak) in verschiedene ethnische Regionen auseinanderfallen, was man je nach Intensität der Teilung und persönlicher Vorliebe als "Kantonisierung" (nach der Schweiz) oder als "Balkanisierung" (nach Jugoslawien) bezeichnen dürfte.
In diesen ethnisch geschlossenen Siedlungsgebieten werden die unterschiedlichsten Regionalmächte versuchen, Einfluss zu gewinnen
= bei den Alawiten wird wohl iranischer Einfluss bleiben
= bei den Drusen könnten die Israelis gute Karten haben
= die Kurden werden versuchen, eine Rückbindung mit dem "irakischen Kurdistan" zu erreichen
= und im sunnitisch-arabischen Siedlungsgebiet werden die Türkei einerseits und die arabische Liga (finanziert durch Saudi-Arabien andererseits) um Einfluss wetteifern.
Die Türkei hat ihre neue Aussenpolitik ja bewusst ausgeweitet - nach Osten, in Richtung der zentralasiatischen Turk- oder Turanstaaten (wie Aserbaidschan) und natürlich sind die Regionen des ehemaligen osmanischen Reiches ebenfalls im Fokus der neuen türkischen Aussenpolitik.
Die Chancen, dass sich die Türkei ein großes Maß an Einfluss sichert, sind m.E. nicht schlecht, jedenfalls nicht schlechter als die der wahabitisch (fundamentalistischen) Saudis. Gerade der türkisch-sunnitische Islam dürfte in Syrien relativ offene Türen finden.
Die Türkei wird also gut daran tun, sich zumindest für den "Fall X" vorzubereiten.
Dann aber liegt es auch nahe, zu einem bestimtmen Zeitpunkt die Initiative zu ergreifen, um die Entwicklung in eine selbst gewünschte Richtung zu beeinflussen und zu forcieren. Ein solcher Zeitpunkt kann - und wird am Günstigsten - sein, bevor das Chaos restlos ausbricht.
Und die taktisch beste Situation wäre, wenn die Türkei - ähnlich wie die Nato in Libyen - auf Seite der Oppositon zum Schutz der Zivilbevölkerung eingreifen würde. Dann wird von Anfang an mit der Machtübernahme durch die Opposition auch die Einflussmöglichkeit der Türkei mit kommen.
....
Exirt schrieb:Wo bleibt denn jetzt die angekündigte Reaktion der Türkei?
Oder haben die das jetzt wirkungsvoll mit Hilfe Israels aus dem Bewußtsein der Öffentlichkeit in der Türkei geschoben? Irgendjemand Infos?
Shahab3 schrieb:@Kriegsgedanke: "Syrien vs. Türkei"Assad ist jetzt schon "nur noch Geschichte", ganz egal, wie lange er noch an irgendwelchen Posten klammert.
Ein Angriff/Grenzübertritt türkischer Truppen war und ist vor einem etwaigen Sturz der syrischen Regierung absolut kein denkbares Szenario. Die Spekulation darüber ist insofern müßig und komisch.
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Er hat seine Chance vertan, und es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann er abtreten muss.
Der Türkei geht es - nach meiner Meinung zweifelsfrei - nicht um die Demokratisierung Syriens sondern um die Stärkung als Regionalmacht.
Daher wird die Aktion in Syrien nach taktisch-strategischen Gesichtspunkten und nicht nach Notwendigkeit durchgeführt.
Und für die Akzeptanz eines Eingreifens in Syrien verschafft sich die Türkei jetzt erst mal die nötige Anerkennung der arabischen Massen mit einem populistischen Vorgehen gegen Israel:
1.
die Geschichte mit der Gazah-Friedensflotte, die auf hoher See in internationalen Gewässern mit mehreren Todesopfern von Israelischer Marine angegriffen wurde ist dazu ein willkommener Anlass
2.
das Zyprisch-Israelische Abkommen zur Ausbeutung der Gasfelder im östlichen Mittelmeer - ohne Berücksichtigung der Interesen Nordzyperns, des Libanon und der Ägypter und Palästinenser (Gazah) gibt der türkisch-israelischen Konfrontation noch einen tieferen Grund.
3.
ein weiterer Punkt - spekulativ -: wenn sich die Türkei gegen Israel wendet, wird sie zwangsläufig in einen Konflikt mit der Israel-Schutzmacht USA geraten.
Da kann dann ein Vorgehen gegen Syrien, den Protege des Iran, durchaus gelegen kommen, um die Widerstände gegen die türkisch-israelische Konfrontation etwas zurück zu drängen.
Das würde für ein Vorgehen zu einem Zeitpunkt sprechen, zu dem der türkisch-israelische Konflikt besonders hoch kocht.
Nachdem nun Libyiens Gaddafi-Regierung in den letzten Zügen liegt wird sich zwangsläufig das Objektiv wieder mehr auf Syrien richten.
Mit den erfolgreichen Revolten von Ägypten über Libyien bis Tunesien besteht jetzt schon ein starke populistische Strömung gegen den "Despoten von Damaskus", der nicht mal der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam angehört.
Die Golf-Fürsten und das wahabitische Saudi-Arabien wollen mit dem Sturz Assads auch den iranischen Einfluss in Syrien zurück drängen.
Lediglich der Irak ist - wegen seiner starken schiitischen Bevölkerungsmehrheit, die nach Teheran hört - ein unsicherer Kantonist. Der Irak und der Iran könnten die kurdische Minderheit in der Türkei und in Syrien (die als Minderheit einer sunnitisch-arabischen Mehrheitsregierung wohl eher skeptisch gegenüber stehen) animieren, in der Türkei entsprechend zu "zündeln".
Daher hat Ankara in einer Präventivaktion schon mal vor einigen Tagen dort für "klare Verhältnisse" gesorgt.
Wenn jetzt die Proteste nicht abflauen - und die Golf-Fürsten werden wohl dafür sorgen, dass das nicht der Fall ist (ein Schmuggel-Transit von den Saudis über Jordanien sowie entlang der türkische Grenze bietet sich ja regelrecht an) - dann kann es nicht mehr lange dauern, bis die Türkei der syrischen Opposition auch offen Unterstützung gewährt.