03.10.2006, 00:12
Zitat:Lara posteteich seh das etwas differnzierter
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Mit dem Überlassen der Wohlfahrt, überläßt der Staat der Religion die "Sorge" um die, sehr grob gesagt, Armen. Das sich dann aber die Religion der Armen bedient, ist zwangsläufig. Da die Armen aber immer mehr werden, wird es über kurz oder lang zu Problemen kommen.
"Wess Brot ich eß, des Lied ich sing"
Lieber das Deutschlandlied, als ein Kirchenlied.
erst mal, Staatskirchenrecht ist nichts anderes als ein Ringen um die Konkordanz von (Mutter) Kirche und (Vater) Staat. Auch die Kirchen beanspruchen für sich die Sorge für den ganzen Menschen, von der Empfängnis bis zur Totenruhe. Das ist Ausfluss der frühchristlichen Gemeinschaft der Gemeinde, die sich um die persönliche Daseinsvorsorge der Gemeindemitglieder kümmerte - und sich aus dieser Wurzel in die kirchliche und die öffentliche Daseinsvorsorge gespalten hat. Es geht also nicht um die Übernahme staatlicher Fürsorge (Wohlfahrt) durch die Religionen oder besser Kirchen, sondern beides zusammen - politische und Kirchengemeinde - haben sich aus der gleichen Wurzel entwickelt, wobei die religiöse Wurzel historisch sogar die tiefer reichende Wurzel ist.
Damit stehen die Kirchen in Europa und Deutschland in Konkurrenz zum Staat, der als "Sozialstaat" nach dem Grundgesetz ebenfalls verpflichtet ist, einen sozialen Mindeststandard zu gewährleisten.
Die beste Abgrenzung dafür bietet das "Subsidiaritätsprinzip", eine elementare Ausprägung des deutschen Verfassungsrechts (Isensee, Promovationsschrift: "Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht: eine Studie über das Regulativ des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft" - Berlin 1968, 2. Aufl. 2001), wonach soziale Leistungen zunächst und vorrangig von Trägern der "freien Wohlfahrt" erbracht werden sollen. Deshalb gibt es beispielsweise im Bayerischen Kindergartengesetz ausdrücklich den Vorrang freigemeinnütziger Träger vor den Kommunen (keine Erziehungsmonopole). Die öffentliche Hand ist dagegen verpflichtet, diejenigen, die diese Leistungen erbringen, so zu alimentieren, wie die öffentliche Hand das im Zweifel auch bei eigenen Einrichtungen tun würde.
Daher wurden in der Vergangenheit soziale Träger (Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz usw. in alphabetischer Reihenfolge) mit ihren Kindertagesstätten, Krankenhäusern und Altenheimen entsprechend bezuschusst, und haben in der Zeit ganze "Wohlfahrtskonzerne" aufgebaut.
Obwohl der "Subsidiaritätsgrundsatz" auch ausdrücklich im Europäischen Recht festgeschrieben ist, wird seit einigen Jahren eine andere Politik verfolgt. Danach sollen (angeblich) entsprechende Leistungen z.B. der ambulanten Krankenpflege "ausgeschrieben" werden.
Das führt nun dazu, dass nicht die beste Qualität die Ausschreibung gewinnt, sondern der Anbieter, der in der gleichen Zeit die meisten Personen "abfertigen" kann (satt, sauber, still ...).
Die einzelnen Anbieter sind nicht mehr im Qualitätswettbewerb (wer bietet dem Patienten oder Betreuten für das gleiche Geld die meiste Zuwendung und Hingabe) sondern im Preiswettbewerb - was zu Lohndumping und ruinösen Verdrängungswettbewerben führt; bis hin zum entwürdigenden "fixieren" der Patienten ....
In den USA ist ein völlig anderer Ansatz:
da ist der Einzelne und seine persönliche Verantwortung im Vordergrund, nicht die gemeinschaftliche staatliche oder öffentliche Fürsorge.
Das freiwillige (atruistisch motivierte) Engagement von Einzelpersonen und Personengemeinschaften tritt an die Stelle der Staatsfürsorge.
Dieses angelsächsiche System ist wirtschaftlich hocheffizient, für die "Verlierer" im Wirtschaftswettbewerb (die z.T. von Anfang an kaum Chancen haben) aber äusserst unsozial.
Das skandinavische System ist deutlich sozialer, aber deshalb nicht weniger effizient.
Deutschland war früher mehr dem skandinavischen System zuzuordnen, und ist jetzt diffus irgendwo zwischen beiden Lagern angesiedelt.
In den islamischen Ländern gibt es eine religiös motivierte, ethische Verpflichtung, den Armen der Gemeinde durch Spenden zu helfen, wobei diese Spende dann überwiegend religiös gebildeten Organisationen zu Gute kommt. Davon profitieren Organisationen wie die sunnitischen Muslimbrüder oder deren Ableger, die Hamas genauso wie die schiitische Hizbollah mit ihren Sozialeinrichtungen von der religiös begründeten Spendenbereitschaft der Muslime.
Auch in den buddhistischen Ländern gibt es eine hohe Spendenbereitschaft der Gläubigen, die dort vor allem den Klöstern und Mönchen zu Gute kommt.