Hi Bastian,
eine recht interessante Analyse zum KOSOVO-Krieg, die grundsätzlich auch auf Taiwan (oder andere Sperationsbewegungen wie seinerzeit Biafra und Nigeria) anwendbar ist hat Dr. Dieter Deiseroth (vormals Richter am Oberverwaltungsgericht Münster) für die Uni Kassel gemacht;
ich zitier mal einige Sätze:
Zitat:Die Anwendung militärischer Gewalt gegen einen anderen Staat durch einen Einzelstaat oder mehrere in einem Bündnis zusammengeschlossene Staaten verletzt, auch wenn sie nicht als Krieg, sondern als "humanitäre Intervention" deklariert wird, den Tatbestand des völkerrechtlichen Gewaltverbots des Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta.
...
Daraus läßt sich zugleich auch die normative Zielsetzung, also der Zweck der Regelung ableiten, dass nämlich nach der UN-Charta die Anwendung militärischer Gewalt nur noch in denjenigen Fällen rechtmäßig sein soll, die in der Charta als Ausnahmen von Art. 2 Ziff. 4 ausdrücklich normiert sind: Art. 42 (= Gewaltanwendung durch den UN-Sicherheitsrat), 51 (= individuelle und kollektive Selbstverteidigung) und 53 (= Gewaltanwendung durch regionale Sicherheitseinrichtung mit Ermächtigung des UN-Sicherheitsrates) der UN-Charta. Auch die Staatenpraxis ("subsequent practice") gibt zu einer anderen Auslegung des Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta keine Veranlassung.
....
Eine Berufung auf das Selbstverteidigungsrecht nach Art. 51 UN-Charta kommt für eine (militärische) "humanitäre Intervention" durch Einzelstaaten oder ein Staatenbündnis ebenfalls nicht in Betracht. Denn das Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung ist nach Art. 51 UN-Charta nur "im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen" gegeben. ...
Source: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.uni-kassel.de/fb10/frieden/rat/FRIKORR/deiseroth.html">http://www.uni-kassel.de/fb10/frieden/r ... eroth.html</a><!-- m -->
Taiwan ist kein Mitglied der Vereinten Nationen (das wollten die damals aus Trotz selbst nicht) und deshalb ist nach dem Völkerrecht der UN-Charta weder individuelle noch kollektive Selbstverteidigung der "abtrünnigen Provinz" gegen China möglich, und die beiden anderen Alternativen setzen eine Beschlußfassung durch den UN-Sicherheitsrat (gegen die Veto-MAcht VR-China) voraus. *)
Daraus folgt in deutschem, nationalen Recht, dass eine Intervention in Taiwan ein (verbotener) Angriffskrieg wäre, der sich gegen die territoriale Integrität Chinas richtet.
Art. 25 I Grundgesetz: <!-- m --><a class="postlink" href="http://dejure.org/gesetze/GG/26.html">http://dejure.org/gesetze/GG/26.html</a><!-- m -->
§§ 80 f StGB: <!-- m --><a class="postlink" href="http://dejure.org/gesetze/StGB/80.html">http://dejure.org/gesetze/StGB/80.html</a><!-- m -->
und inzwischen auch das
VStGB:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.rechtliches.de/info_Gesetz_zur_Einfuehrung_des_Voelkerstrafgesetzbuches.html">http://www.rechtliches.de/info_Gesetz_z ... uches.html</a><!-- m --> und (etwas wissenschaftlicher untersucht)
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.ruhr-uni-bochum.de/fhv/publications/huvi/werlenerlich.pdf">http://www.ruhr-uni-bochum.de/fhv/publi ... erlich.pdf</a><!-- m -->
Eine recht gute Zusammenfassung der Rechtslage findet sich unter
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.jurawiki.de/AngriffsKrieg">http://www.jurawiki.de/AngriffsKrieg</a><!-- m -->
<!-- m --><a class="postlink" href="http://de.wikipedia.org/wiki/Angriffskrieg">http://de.wikipedia.org/wiki/Angriffskrieg</a><!-- m -->
=>für einige Poster unter unseren Forumsmitgliedern könnte denn auch § 80 a StGB interessant werden <=
<!-- m --><a class="postlink" href="http://dejure.org/gesetze/StGB/80a.html">http://dejure.org/gesetze/StGB/80a.html</a><!-- m -->
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edit:
*) Das ist auch der Grund, warum Blair und Bush so völlig idiotisch auf die Massenvernichtungsmittel im Irak und den unmittelbar bevorstehenden Angriff fixiert waren und jede Latrinenparole als Beleg ausgegeben haben - da ein Beschluß des UN-Sicherheitsrates zum Einmarsch nicht zu erreichen war, haben sich die beiden Herren und ihre Gefolgsleute auf die "Selbstverteidigung" kaprizieren müssen, um einen an sich völkerrechtswidrigen Angriff auf einen souveränen, unabhängigen Staat, ein Mitglied der UN, durchführen zu können (Anschein der Legitimität).
Dabei hatten die Amerikaner für sich schon gesetzlich festgestellt, dass, wenn’s hart auf hart kommt – den USA sogar eine Invasion Hollands mit gewaltsamer Ausschaltung des Gerichtshofes „gestattet“ würde,
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.dsz-verlag.de/Artikel/NZ28/NZ28_3.html">http://www.dsz-verlag.de/Artikel/NZ28/NZ28_3.html</a><!-- m -->
was zu ernsthaften Zerwürfnissen zwischen der EU und den USA geführt hatte.
<!-- w --><a class="postlink" href="http://www.mann-europa.de/download/istgh040702.pdf">www.mann-europa.de/download/istgh040702.pdf</a><!-- w -->
Die USA haben das Statut nach langen Verzögerungen nun doch noch unterzeichnet, auch wenn der derzeitge Präsident gerne die Unterschrift unter das Statut zurückziehen möchte. Andere bedeutende Staaten wie z.B. China, Indien und Indonesien haben das Statut bisher nicht unterzeichnet.
(Source: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.jochen-birk.de/icc-liste.htm">http://www.jochen-birk.de/icc-liste.htm</a><!-- m --> Stand: 18. Mai 2003)