Ich habe mich jetzt noch mal explizit schlau gemacht, mit Geschichtsstudenten debattiert und bei Lazenby nachgelesen, also:
Allgmein: Die Leistungen die Hannibal vollbracht hat, liegen schon WEIT über allem, was bei Kriegsausbruch zu erwarten war. Die Römer waren militärisch derart überlegen, dass Karthago diesen Krieg höchstwahrscheinlich verlieren musste. Hannibal schaffte es dann mit der von ihm geführten Armee tatsächlich mit Cannae eine Situation herzustellen, in der ein Sieg Karthagos eine begrenzte Zeitlang möglich gewesen wäre.
Aber: Wegem einem strategischen Fehler der Karthagischen Zentralregierung, nämlich dem Fehler, zu spät mit dem Aufbau einer gleichwertigen Flotte begonnen zu haben, wurde diese Chance vertan. Direkt nach Cannae hätte Karthago alle Reserven zu Hannibal nach Italien senden müssen.
Im Gegensatz zu der lange favourisierten Dolchstoß Theorie, nach der die Karthager das aus politischen Gründen nicht gemacht haben, um die Alleinherrschaft Hannibals über Karthago als Folge zu verhindern, war der wahre Grund der, dass die Römer die See und alle wichtigen Häfen beherschten. Als Karthago aber dann doch noch eine Flotte als REAKTION auf die Schlacht von Cannae aufstellte, kam diese zu spät!! Rom hatte die Verluste ausgeglichen und es hätte nichts mehr gebracht.
Zitat:Wäre er nach Rom marschiert und hätte angefangen zu belagern wären bestimmt mehr Bundesgenossen abgefallen.
Nachdem ich jetzt lang darüber debattiert habe, muß ich dir zustimmen. Es wären tatsächlich mehr Bundesgenossen abgefallen, noch wichtiger: viele wären früher abgefallen.
Man darf nicht vergessen, dass viele Bundesgenossen erst nach einigen Monaten oder sogar 1 bis 2 Jahre nach Cannae zu Hannibal überliefen. Viele liefen erst dann über, als die Römer mit ihrer extreme Züge annehmenden Ausrottungskriegführung in Süditalien anfingen, z.B. sogar erst nach der Auslöschung der Stadt Capua.
Viele Bundesgenossen, wie z.B. Capua haben direkt nach Cannae Boten nach Rom gesandt, die forderten das volle römische Bürgerrecht, dafür, dass sie bei Rom blieben. Als Rom das ablehnte!, forderten sie wenigstens das latinische Bürgerrecht, und erst als Rom das auch noch ablehnte, liefen sie über!!
Ein sofortiger Vorstoß Hannibals nach Rom und die Belagerung der Stadt noch im gleichen Jahr nach Cannae hätte dazu geführt, dass viele dieser Bundesgenossen sofort zu Hannibal übergelaufen wären. Aber:
Es hätte nichts genutzt!! Nach allem was ich jetzt gelesen habe, hätte allein das Wehrpotential der Römer und der Latiner selbst gereicht, die Karthager auf Dauer zu schlagen. Das nach Cannae noch verbliebene Rekrutierungspotential war immer noch größer als das von Karthago.
Rom selbst hätte Hannibal zu keinem Zeitpunkt einnehmen können.
Wenn Hannibal also einige Monate nach Cannae, zum günstigsten Zeitpunkt, als die römischen Auslandstruppen gebunden waren und da im Kampf befindlich nur schwer hätten heimkehren können Rom belagert hätte, dann hätte er Rom noch mehr Schaden zugefügt, hätte den Krieg noch einige Jahre in die Länge gezogen und es wären noch mehr Römer drauf gegangen, aber dennoch hätte er Rom selbst nicht erobern können.
Die einzige Chance Rom zu nehmen wären Verstärkungen von gut ausgebildeten Truppen aus der Heimat gewesen, so wie sie z.B. zur gleichen Zeit nach Spanien gesandt wurden. Aber die Karthager waren keine Dummköpfe, und auch die politische Opposition gegen Hannibal in Karthago war nicht so verrückt, den Sieg nur wegen ihres politischen Wiederstandes gegen Hannibal aufs Spiel zu setzen. Tatsächlich versuchten sie einige Numidische Reiter zu Hannibal zu entsenden, das scheiterte aber.
Der Grund, warum Hannibal Rom selbst nicht hätte einnehmen können und warum Karthago ihn zum Entscheidenden Zeitpunkt hat nicht Verstärken können war der Mangel an Transportraum in Schiffen und der Mangel an notwendigen Kriegsschiffen um diese Transporte zu sichern. Roms Flotte beherschte das westliche Mittelmeer. Obwohl die Karthager dann, direkt nach Cannae mit dem Flottenbau begannen, und einige Jahre später
Sowohl Verstärkung zu Hannibal, als auch nach Sizilien schafften, war es dann zu spät, und Rom hatte mehr Truppen im Feld und in Italien als vor Cannae.
Zitat:Was die Belagerung angeht muß ja nicht erstürmt werden sondern nur als Abschreckung dienen so das sie nicht wirklich rauskönnen.
Das Problem wäre dabei der Tiber gewesen. Die Römer hätten mit ihren Schiffen nach Belieben auf dem Fluß in die Stadt raus und rein fahren können. Es wäre daher Hannibal unmöglich gewesen, die Stadt komplett abzuriegeln. Zwar hätte er mit Bogenschützen mit Brandpfeilen und mit neu gebauten Geschützen dann Verluste bei den Römern verursachen können, er hätte aber den Fluß nicht sperren können damit, zumal die Römer ja selbst auch über bessere und vor allem mehr Geschütze verfügten.
Zitat:Außerdem glaube ich schon das 35.000 Karthager psychologisch einwirken,vielleicht wäre Panik ausgebrochen.Du meinst zwar das sie hysterich wären aber würde das vielleicht sich nicht ändern wenn Hannibal vor den Toren stehen würde?
Das wäre möglich gewesen.
Man vergleiche dazu die Situation Karthagos im 1 Punischen Krieg!! Als die Römer unter Regulus vor Karthago standen, haben die Karthager einen Friedensschluß zu Gunsten Roms angeboten. Es ist denkbar, dass die Römer, obwohl noch in der Theorie stärker als die Karthager, dann ebenfalls Hannibal einen solchen Friedensschluß angeboten hätten.
Wir haben ja heute noch den Laut des Vertrages zwischen Hannibal und Makedonien:
Dort steht, dass Hannibals Primärziel ein Frieden!! Mit Rom sei, in dem Rom auf die Gebiete Italiens beschränkt würde, Rückgabe der Küste Illyriens an Makedonien und von Sizilien an Karthago, abzüglich der griechischen Gebiete Siziliens die unabhängig werden sollten, Erneuerung des Ebro Vertrages, d.h. Gallien und Germanien für Rom, Iberien für Karthago....
Dieser Vertrag wurde kurz nach Cannae geschlossen, der größte Feldherr aller Zeiten macht Rom darin scheinbar sogar Zugeständnisse, in der Hoffnung, dass die Römer annehmen und man zu einem Ende kommt. Man muß sich das mal vor Augen führen, in der offenbar überlegenen Position gibt Hannibal nach und Rom würde nur Sizilien verlieren, dass ohnehin verwüstet war, Illyriens Küste war Rom sowie so egal.
Hannibals klares strategisches Kriegsziel gegen Rom war also ein Vergleichsfrieden!!!
Warum eigentlich? Weil Rom, nur die Römischen Bürger selbst militärisch viel zu stark waren. Hannibal brauchte Zeit, der ganze zweite Punische Krieg war ja ein Präventivkrieg, hätte Hannibal nicht angegriffen, hätten die Römer angegriffen, und Hannibal wollte Rom so weit schwächen, dass Karthago die erforderliche Zeit erhielt, seine Eroberungen in Spanien und Nordafrika zu konsolidieren, dann wären Karthago und Rom gleichstark gewesen, und der nächste punische Krieg wäre gekommen.
Ich bin der Überzeugung, dass Hannibal aus Verzweiflung angegriffen hat, weil Karthago politisch keine andere Chance mehr hatte. Sein Ziel war nicht die Vernichtung Roms, sondern ein Vergleichsfrieden, um dann erst, in einem dritten Punischen Krieg, NACH weiteren Aufrüstungen Rom endgültig niederzumachen.
Zitat:Außerdem woher würden denn die Karthager überhaupt Hilfe bkommen?Direkt aus der Stadt Karthago oder aus anderen näherliegenden Städten,vielleicht aus Spanien?
Sowohl aus Spanien als auch aus Karthago selbst. Von Spanien aus hätte man aber nicht über den Landweg marschieren können, da die Alpenpässe wie auch Massilia selbst von Römern gehalten wurden, dazu standen römische Armeen am Ebro und auch die Pyrenäen Pässe waren unter römischer Kontrolle. Die Hilfe hätte also im Jahr von Cannae, und auch im Jahr danach per Schiff kommen müssen, ABER:
Die Karthager hatten bei weitem nicht genug Schiffe, vor allem viel zu wenig Kriegsschiffe und daher begannen sie erst als Folge der Schlacht von Cannae wieder mit der Flottenrüstung, als diese aber zum Tragen kam, war es bereits wieder zu spät.
Zitat:Wie stark wäre eigentlich das Kontingent der Makedonier wenn sie untertützt hätten.
Die makedonische Armee war über 100 000 Mann stark, davon war aber nur ein geringerer Teil zu gebrauchen, die wirklich gegen Römische Legionen einsatzfähigen Truppen wären wohl bei um die 30 000 Mann Infanterie und immerhin 5000 Mann Kavallerie gelegen, das hätte aber gerreicht.
Zitat:Zwar war der Seeweg an der Adria versperrt damit Hilfe aus Mekdonien kommt aber wie sah es auf dem Landwege aus?
Eine reizvolle Idee: Auf dem Landweg, an der Küste Illyriens entlang, das wäre ein kühner Marsch gewesen, von ähnlich legendärer Art, wie der Marsch Hannibals über die Alpen, alles weglose Wildnis an dieser Küste. Makedonien verfügte aber sogar über Schiffe, auch hätte es sich mit den Illyrieschen Piraten verbünden können, die auch eine Flotte hatten, es wäre daher, unter einem gewissen Risiko möglich gewesen, an der Römischen Flotte vorbei Truppen nach Italien zu bringen.
Stattdessen aber bekämpften die Makedonen allein die numerisch schwachen römischen Verbände im Gebiet des heutigen Albanien, die sich auf einen Guerilla Krieg verlegten. Ohne irgendwelche Erfolge gegen diese Römer zu erzielen verplemperten die Makedonen Jahre!! damit, diese römischen Guerillas erfolglos in den Bergen zu jagen. Und dann war es wieder zu spät und die Zeit vertan. Die Makedonen waren aber militärisch sehr fähig, die Konfusion bei ihnen lag an der Zerstrittenheit der Oberschicht und dem ständigen Kampf der Adelsfamilien gegen den König und die Zentralgewalt.
Zusammenfassende Analyse:
1 Nach dem Söldnerkrieg war Karthago derart am Boden, dass Rom darauf verzichtete, Karthago sofort zu erobern. Man wandte sich den zu diesem Zeitpunkt stärkeren Gegnern zu.
2 Hamilkar, der Vater von Hannibal wusste, dass Rom aber auf Dauer auch Karthago wieder angreifen und einkassieren würde, auch wenn die Römer erst mal die Kelten angriffen, Karthago musste also so schnell wie möglich wieder stark werden.
3 Daher began er mit der Eroberung Iberiens und schuf eine, den Legionen qualitativ überlegene Armee aus Afrikanern und Iberern. Ihm gelang es, in einer Phase als Rom in heftige Kämpfe verwickelt war, Karthago binnen kurzen zur militärischen Großmacht AN LAND aufzurüsten. Dabei wurde die Flottenrüstung vernachlässigt!! Man hatte aber gar nicht die Mittel für beides.
4 Rom stellte diese Veränderung mit Erschrecken zu spät fest, und konnte nun, als es alle direkten Gegner los war, nicht mehr wie geplant Karthago sofort und direkt vernichten
5 Rom began daher mit einer Aggression in Richtung Iberien. Das Ziel war ein weiterer Provinzial und Zermürbungskrieg, mit dem Ziel, Karthago Iberien wegzunehmen und es damit entscheidend zu schwächen.
6 Hannibal, der neue Oberbefehlshaber weiß darum, und beschließt sich, obwohl die Karthager noch nicht so weit sind zum Präventivkrieg, er greift Rom selbst an, um den Provinzkrieg in Iberien zu verhindern, den einen solchen hätte Rom sicher gewonnen, da die karthagische Herrschaft über Iberien noch nicht gesichert war.
7 Er marschiert nach Italien, eine reine Verzweiflungstat, ihm ist klar, dass er die Römer nicht wirklich besiegen kann. Sein strategisches Ziel ist es, Makedonien in den Krieg hineinzuziehen und mit den Makedonen zusammen dann Rom so weit zu schwächen, dass Karthago die fehlende Zeit für die Aufrüstung auf römisches Niveau erhält, Makedonien bleibt aber aus internen Streiterein heraus erst mal neutral.
8 Er schlägt die Römer entgegen allem Erwarten mehrmals hintereinander und immer vernichtender, es folgt der Sieg bei Cannae, jetzt treten auch die Makedonen in den Krieg ein, ihr Kriegseintritt nützt aber nichts, die Makedonen sind aus Innenpolitischen Gründen heraus nicht handlungsfähig.
9 Damit ist das Strategische Ziel und Konzept fehlgeschlagen, Hannibal kann allenfalls noch ein Unentschieden herausschinden, darauf zielt auch ab da seine Strategie.
10 Iberien geht verloren, und ein Unentschieden ist damit nicht mehr möglich, es geht nur noch darum, die Herrschaft über Afrika zu bewahren.
11 Da Hannibal die alles entscheidende Endschlacht von Zama gegen die Römer verliert!!, ist damit auch der Krieg verloren, Rom verzichtet aber darauf, Karthago sofort auszulöschen, weil es kein Risiko eingehen will, dann in der Folge doch noch alles gegen die Makedonen zu verlieren. Man scheut die potentiellen Verluste und schont daher Karthago selbst noch einmal
Strategische Fehler:
Der strategische Fehler Karthagos war es, alles auf die Landarmee abzustellen und daher bis zu Cannae die Flottenrüstung zu vernachlässigen. Karthago mußte aber wohl so handeln, um in den ersten Kriegsjahren eine Invasion Nordafrikas durch Rom zu verhindern, daher war ein Gros der karthagischen Streitkräfte in Karthago selbst stationiert.
Hinweis: Hannibal selbst stellte noch vor dem Marsch über die Alpen mehrere tausend Mann von seiner Armee ab, die er nach Hause nach Karthago sandte, um die Heimat zu verstärken.
Dieser strategische Fehler ist aber nur in der Rückbetrachtung einer, und nur wegen der Schlacht von Cannae, die den Sieg theoretisch möglich gemacht hätte einer, ein Sieg wie bei Cannae war aber in den ersten Kriegsjahren absolut nicht abzusehen, wie hätte Karthago das vorhersehen sollen??
Der entscheidende strategische Fehler war, das Hannibal selbst auf die Makedonen setzte. Er wusste wohl nicht genug über die Innenpolitischen Zustände Makedoniens und dachte wohl, dass ein Königreich mit einem König an der Spitze handlungsfähiger sein würde. Es schien auch zu logisch: Makedonien mußte Rom genau so fürchten wie Karthago, man war also der natürliche Verbündete.
Dies war deshalb ein strategischer Fehler, weil in Makedonien der Adel ständig gegen den König agierte, und die Makedonen militärisch aus lauter Uneinigkeit und Internen Kämpfen weit unter ihrem Potential waren.
Ein geeintes, handlungsfähiges Makedonien, wie es Hannibal bei seinem Kriegsplan voraussetzte, und er hätte den Vergleichsfrieden den er anstrebte auf jeden Fall erzielt und damit die Zeit gehabt, Karthago erst richtig stark zu machen.
Nach Cannae wäre sogar, wenn seine Ausgangsüberlegungen richtig gewesen wären, ein Sieg über Rom drin gewesen.
Aber: Seine Ausgangsüberlegung einer gemeinsamen Aktion von Karthago und Makedonien war ein Fehler, weil er Makedonien falsch einschätzte und daher hat er den Krieg verloren.
Der Krieg wäre aber auch so gekommen und verloren gewesen, Lazenby und viele andere, hervorragende Kenner der Materie die darüber promoviert haben, sind allesamt der Meinung, dass der Krieg für Karthago von Beginn an eine verlorene Sache war. Hannibal hat viel, viel mehr rausgeholt als man am Anfang erwarten konnte, fast hätte es sogar gerreicht, aber eben nur fast.
Und wenn man schon all die Wenns betrachtet, muß man auch das Wenn zu Gunsten Roms betrachten, Rom hätte auch JEDE der Schlachten gegen Hannibal von Anfang an gewinnen können, das Potential dazu hatte Rom, nach Cannae gewannen die Römer nur noch, und das bis zum Ende!!