22.11.2008, 15:24
Im Piraterie-Thread <!-- l --><a class="postlink-local" href="http://forum-sicherheitspolitik.org/viewtopic.php?t=289&start=150">viewtopic.php?t=289&start=150</a><!-- l --> postete
erst mal:
einen speziellen Eintrag für die islamischen Gerichte gibt es hier:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.polixea-portal.de/index.php/Lexikon/Detail/id/150790/name/Union+der+Islamischen+Gerichte+(UIC">http://www.polixea-portal.de/index.php/ ... ichte+(UIC</a><!-- m -->)
Zunächst muss man einmal die traditionellen Stammeskulturen in Somalia und im Jemen näher analysieren, und die Funktion der religiösen Gerichte im Islam dabei betrachten.
Für den "allgemeinen Leser" hat Waris Dirie in ihrer Autobiografie "Wüstenblume" eine sehr gut lesbare Darstellung gebracht.
Diese islamischen "Gerichte" sind vom Grundsatz her Schlichtungsstellen, in denen breit anerkannte Honoratioren (Scheich) versuchen, den Streit zwischen den Clans - etwa über Wasserrechte und Vieh, über Diebstahl, Mord und Totschlag, oder die entlaufene Braut - zu moderieren und zu schlichten. Dabei wird auf der Tradition der weit verbreiteten und in der Gesellschaft verwurzelten religiös ethischen Orientierung aufbauend ein Konsens angestrebt.
Diese Konsensfindung - es geht um Versöhnung, nicht um Verurteilung - wurzelt natürlich in der einzigen Autorität, die es über dem Stammesführer gibt - in der religiösen Ethik und Überlieferung.
Natürlich wird es da auch immer wieder Diskussionen um die Auslegung des Islam geben - darauf beruht ja auch die im Jemen erfolgreiche "Resozialisierung" ehemaliger Quaida-Kämpfer durch quailifzierte islamische Theologen.
Bei den somalischen "Scheichs" geht es aber weniger um akurate Kenntnisse des Islam und der Scharia, als um Lebenserfahrung. Umfassende theologische Studien können in einem Land wie Somalia auch gar nicht gefordert werden.
Als die staatliche Struktur Somalias zusammenbracht waren diese "Gerichte" die einzige traditionelle Autorität neben den Warlords.
Sie waren die einzigen, die in der Lage waren, stammesübergreifend den Bürgerkrieg zwischen den Clans zu beenden.
In Somalia ist aber ein entscheidender Schritt passiert: bis etwa 1990 sind die Entscheidungen (oder besser - "ausgehandelten Vergleiche") der Scheichs freiwillig akzeptiert worden. Danach haben sich die Clans und Warlords (ein Einfluss unseres westlichen Staatengedankens?) über die Scheichs hinweg gesetzt und diese ignoriert.
Die Scheichs mussten sich also einer - anstelle der wegfallenden Autorität - anderen "Macht" bedienen, um ihre Aufgabe zu erfüllen, und das waren die eigenen "bewaffneten Milizen".
Wenn man es in westlichen Begriffen darstellt, dann hat die "richterliche Gewalt" sich eine eigene "ausführende Gewalt" geschaffen, aus Not, weil sonst auch der "richterlichen Gewalt" die Grundlage der Handlung verloren gegangen wäre.
Diesen "islamischen Gerichten" (nur nebenbei - es gibt auch katholische und evangelische Gerichte in Deutschland, so sind die katholischen kirchlichen Arbeitsgerichte aus den Schlichtungsstellen entstanden) haben nun auch mit Gewalt den Bürgerkrieg in Somalia weitestgehend beeendet.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.focus.de/politik/ausland/somalia_aid_109996.html">http://www.focus.de/politik/ausland/som ... 09996.html</a><!-- m -->
(vgl. <!-- m --><a class="postlink" href="http://africa-live.de/index.php?option=com_content&task=view&id=777&Itemid=2">http://africa-live.de/index.php?option= ... 7&Itemid=2</a><!-- m -->)
Allerdings war diese Autorität nun für die so genannte "Regierung" nicht akzeptabel, es war eine "Gegenmacht", von der auch die Regierung ins Exil geschickt wurde.
Und die Warlords aus der Regierung haben es ganz geschickt verstanden, Äthiopien und den Westen - geführt von den USA - für sich einzunehmen.
Bei lockerem Hinsehen erinnern "islamische Gerichte" ja auch sehr an Afghanistan und die Taliban.
Ingenieur schrieb:.....gut, nur sollten wir das ganze dann hier in diesem Forum fortführen;
@Erich
Also die Verbindung Islamische Gerichte - al-Quaida lässt sich jetzt nicht hieb-und stichfest belegen, ist nun aber nicht abwegig, ich halte sie eher wahrscheinlich und dass die Islamischen Gerichte " tief verwurzelt und anerkannt sind" finde ich belegungsbedürftig. Die sind halt neben der Warlord-Regierung/Äthiopien die letzte Alternative.
...
erst mal:
einen speziellen Eintrag für die islamischen Gerichte gibt es hier:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.polixea-portal.de/index.php/Lexikon/Detail/id/150790/name/Union+der+Islamischen+Gerichte+(UIC">http://www.polixea-portal.de/index.php/ ... ichte+(UIC</a><!-- m -->)
Zitat:Union der Islamischen Gerichte (UIC)aber die Grundaussage geht wesentlich tiefer:
Die Gruppierung „Rat für den Aufstand und die Verteidigung der Religion und des Volkes“, auch bekannt unter dem Kurznamen „Union der Islamischen Gerichte“ (UIC, Union of Islamic Movements) kontrolliert seit Mitte 2006 weite Teile des vom jahrzehntelangen Bürgerkrieg zerrütteten Somalia. Nach dem Zusammenbruch aller staatlicher Rechts- und Machtstrukturen in dem Land breitete sich die Union im Juni 2006 auch als – gleichwohl nicht offiziell legitimierte – einzige organisierte Autorität in der Hauptstadt Mogadischu und den umliegenden Provinzen aus.
...
Nach NGO-Berichten begann ihre Ausbreitung ab 1994 und setzte sich 2004 in der Hauptstadt durch. Im Jahr 2005 existierten fast ein Dutzend dieser Gerichtshöfe, die unter der Oberaufsicht des "Supreme Council of Islamic Courts of Somalia" standen. Neben der gesellschaftlich-religiösen Anerkennung durch die mehrheitlich muslimische Bevölkerung wird die Macht der Union durch eigene Milizen gestützt, die denen der Warlords gleichen.
...
Trotz streng konservativer Rechtsauslegung nach den religiösen Vorgaben des Korans sind die Fundamentalisten der Union der Islamischen Gerichte nach Ansicht von Beobachtern nicht selbst als Terrorgruppe einzustufen; sie ließen sich auch nicht direkt vergleichen etwa mit den Taliban in Afghanistan.
...
Zunächst muss man einmal die traditionellen Stammeskulturen in Somalia und im Jemen näher analysieren, und die Funktion der religiösen Gerichte im Islam dabei betrachten.
Für den "allgemeinen Leser" hat Waris Dirie in ihrer Autobiografie "Wüstenblume" eine sehr gut lesbare Darstellung gebracht.
Diese islamischen "Gerichte" sind vom Grundsatz her Schlichtungsstellen, in denen breit anerkannte Honoratioren (Scheich) versuchen, den Streit zwischen den Clans - etwa über Wasserrechte und Vieh, über Diebstahl, Mord und Totschlag, oder die entlaufene Braut - zu moderieren und zu schlichten. Dabei wird auf der Tradition der weit verbreiteten und in der Gesellschaft verwurzelten religiös ethischen Orientierung aufbauend ein Konsens angestrebt.
Diese Konsensfindung - es geht um Versöhnung, nicht um Verurteilung - wurzelt natürlich in der einzigen Autorität, die es über dem Stammesführer gibt - in der religiösen Ethik und Überlieferung.
Natürlich wird es da auch immer wieder Diskussionen um die Auslegung des Islam geben - darauf beruht ja auch die im Jemen erfolgreiche "Resozialisierung" ehemaliger Quaida-Kämpfer durch quailifzierte islamische Theologen.
Bei den somalischen "Scheichs" geht es aber weniger um akurate Kenntnisse des Islam und der Scharia, als um Lebenserfahrung. Umfassende theologische Studien können in einem Land wie Somalia auch gar nicht gefordert werden.
Als die staatliche Struktur Somalias zusammenbracht waren diese "Gerichte" die einzige traditionelle Autorität neben den Warlords.
Sie waren die einzigen, die in der Lage waren, stammesübergreifend den Bürgerkrieg zwischen den Clans zu beenden.
In Somalia ist aber ein entscheidender Schritt passiert: bis etwa 1990 sind die Entscheidungen (oder besser - "ausgehandelten Vergleiche") der Scheichs freiwillig akzeptiert worden. Danach haben sich die Clans und Warlords (ein Einfluss unseres westlichen Staatengedankens?) über die Scheichs hinweg gesetzt und diese ignoriert.
Die Scheichs mussten sich also einer - anstelle der wegfallenden Autorität - anderen "Macht" bedienen, um ihre Aufgabe zu erfüllen, und das waren die eigenen "bewaffneten Milizen".
Wenn man es in westlichen Begriffen darstellt, dann hat die "richterliche Gewalt" sich eine eigene "ausführende Gewalt" geschaffen, aus Not, weil sonst auch der "richterlichen Gewalt" die Grundlage der Handlung verloren gegangen wäre.
Diesen "islamischen Gerichten" (nur nebenbei - es gibt auch katholische und evangelische Gerichte in Deutschland, so sind die katholischen kirchlichen Arbeitsgerichte aus den Schlichtungsstellen entstanden) haben nun auch mit Gewalt den Bürgerkrieg in Somalia weitestgehend beeendet.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.focus.de/politik/ausland/somalia_aid_109996.html">http://www.focus.de/politik/ausland/som ... 09996.html</a><!-- m -->
Zitat:05.06.06, 18:00Dafür war die Bevölkerung den Scheichs dankbar
Somalia
Islamische Miliz nimmt Mogadischu ein
Islamische Fundamentalisten haben nach eigenem Bekunden die Herrschaft in der somalischen Hauptstadt übernommen.
Die Bevölkerung von Mogadischu begrüßte am Montag lebhaft, dass die seit drei Monaten andauernden Kämpfe zwischen den bewaffneten Milizen vorerst ein Ende haben. Menschen riefen „Gott ist groß“ und gratulierten sich gegenseitig. Ein junges Mädchen sagte: „Seit ich geboren wurde, gab es immer nur Krieg in Somalia.“ Die schwer bewaffneten Kämpfer der „Miliz der Islamischen Gerichte“ sind für viele Bewohner in der geschundenen Stadt der letzte Rest einer Autorität.
...
(vgl. <!-- m --><a class="postlink" href="http://africa-live.de/index.php?option=com_content&task=view&id=777&Itemid=2">http://africa-live.de/index.php?option= ... 7&Itemid=2</a><!-- m -->)
Zitat:Obwohl die Bevölkerung dankbar dafür sei, dass die Islamisten sie von den Warlords befreit haben, genössen sie nicht das Recht, für die Menschen von Mogadischu zu sprechen, so der Experte.Die Scheichs haben daben nciht zwischen den Warlords und der so genannten "somalischen Regierung" unterschieden - die ja auch nicht recht viel mehr als ein Zusammenschluß mehrerer Warlords war bzw. ist.
Allerdings war diese Autorität nun für die so genannte "Regierung" nicht akzeptabel, es war eine "Gegenmacht", von der auch die Regierung ins Exil geschickt wurde.
Und die Warlords aus der Regierung haben es ganz geschickt verstanden, Äthiopien und den Westen - geführt von den USA - für sich einzunehmen.
Bei lockerem Hinsehen erinnern "islamische Gerichte" ja auch sehr an Afghanistan und die Taliban.